Parlamentskorrespondenz Nr. 585 vom 25.07.2002

SITZUNG DES BUNDESRATS MIT REKORDVERDÄCHTIGER TAGESORDNUNG

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Wien (PK) - Keine Spur von Ferien im Parlament: Dem Bundesrat lag am Donnerstag eine rekordverdächtige Tagesordnung mit 55 Punkten - darunter die ASVG-Novelle, das Universitätsgesetz und die Änderung der Gewerbeordnung - vor. Dazu kamen die Erklärung des Salzburger Landeshauptmanns mit anschließender Debatte sowie drei von den Sozialdemokraten eingebrachte Dringliche Anfragen zur Causa Gaugg. Vor Eingang in die Tagesordnung der 690. Sitzung des Bundesrats waren die wiedergewählten steirischen S-Bundesräte Johanna Schicker und Horst Freiberger angelobt worden.

Bundesratspräsident BIERINGER gab bekannt, dass die SPÖ-Fraktion drei dringliche Anfragen zum Thema "Postenschacher für den FPÖ-Abgeordneten Gaugg - gesetzwidrige Zerschlagung der Selbstverwaltung" eingebracht habe. Die beiden Anfragen an den Bundeskanzler und die Vizekanzlerin werden zusammengezogen und unter einem verhandelt. Im Anschluss daran wird jene an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen diskutiert.

GWG-NOVELLE 2002 * NOVELLIERUNG VON ÖKOSTROMGESETZ, ElWOG UND ENERGIEFÖRDERUNGSGESETZ * ÄNDERUNG DER GEWERBEORDNUNG * ABKOMMEN MIT UNGARN ÜBER DIE BESCHÄFTIGUNG IN GRENZZONEN

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Bundesrat REISENBERGER (S) konzentrierte sich auf die Liberalisierung des Gasmarktes, was er als eine großartige Leistung qualifizierte. Experten der E-Control rechneten, laut dem Redner, mit ca. 10 - 20 % Ersparnis. Dies sei ein Erfolg des gemeinsamen Marschierens der Länder im Interesse der Wirtschaft und der privaten Haushalte, sagte Reisenberger. Diese Lösung sei aber auch im Hinblick auf die Importabhängigkeit auf dem Gasmarkt von besonderer Bedeutung. Positiv bewertete Reisenberger auch die Missbrauchsaufsicht und das Tariftransparenzgesetz.

Weniger positiv beurteilte er die vorliegende Änderung der Gewerbeordnung. Vor allem kritisierte er, dass die unabhängigen Verwaltungssenate nun auch für das Administrativverfahren als Berufungsinstanz zuständig seien. Damit sei eine drei Wochen davor beschlossene Regelung wieder aufgehoben worden.

Auch Bundesrat AGER (V) begrüßte das Gaswirtschaftsgesetz, das allen zugute komme. Er unterstrich, dass im Hinblick auf Ökostrom Österreich nun eine Vorreiterrolle in Europa übernommen habe. Damit seien unterschiedliche Interessen unter einen Hut gebracht und parteiübergreifend im Interesse des Landes gearbeitet worden. Ager sprach die Hoffnung aus, dass diese Vorgangsweise beispielgebend für andere Materien werde. Im Gegensatz zu seinem Vorredner hält er die Novellierung der Gewerbeordnung für richtig, da darin technische und praxisorientierte Klärungen für den Standort Österreich vorgenommen würden.

Bundesrätin AUER (S) schloss sich der Kritik Reisenbergers an der Gewerbeordnung an. Sie widmete sich dann ausführlich dem Abkommen zwischen Österreich und Ungarn, das Erleichterungen für die Grenzgänger bringt. In diesem Zusammenhang schnitt sie die gute wirtschaftliche Entwicklung des Burgenlandes seit 1995 an, hob besonders das hohe Wachstum im Vergleich zum BIP hervor und führte aus, dass der wirtschaftliche Zuwachs 7,5 % betragen habe. Die Aufnahme des Bezirks Jennersdorf in dieses Abkommen sei ein Beitrag, die exponierte Lage des Burgenlandes zu einer besonderen Stärke, die Risken und neue Chancen mit sich bringe, werden zu lassen.

Bundesrat Dr. LINDINGER (F) widmete sich dem Ökostromgesetz. Die erneuerbare Energie liege praktisch vor der Haustür und man erspare sich sowohl Primär- als auch Sekundärschäden, pries Lindinger die ökologische Stromerzeugung. In Zukunft werde es bundeseinheitliche Einspeisetarife und Stromkennzeichnung geben. Dadurch könnten auch die Kosten gesenkt werden, sagte Lindinger. Er hofft aber, dass die Förderung des Ökostroms nicht aus dem Gewinn nicht-ökologischer Stromerzeugung erfolge.

Das Herz von Bundesrat SCHENNACH (G) hängt, wie er selbst sagte, am Ökostromgesetz. Auch er begrüßte die einheitliche Stromkennzeichnung und die Abschaffung der Kompetenzzersplitterung zwischen Bund und Ländern. Ebenso positiv seien die einheitlichen Einspeisungstarife für Ökostrom und die Erhöhung des Quotenziels. Als richtig bezeichnet er auch die Abschaffung des Zertifikatenhandels bei den Kleinwasserkraftwerken zu Gunsten von Einspeisungstarifen. Das werde eine große Herausforderung für die Wiener Börse, meinte Schennach.

Schennach kritisierte jedoch "planwirtschaftliches Denken", das in diesem Gesetz vorherrsche, was ihn hindere, seine Zustimmung dazu zu geben. Vor allem die Festlegung der Tarife auf zehn Jahre sei seiner Meinung nach falsch. Ebenso lehne er es ab, das Mindestziel zur absoluten Obergrenze zu machen. Ein weiterer Kritikpunkt betreffe die Tatsache, dass der Förderzuschlag zu Ökostrom gedeckelt werden soll, denn dadurch werde es zu keinem Neubau kommen. Auch halte er es für nicht richtig, dass nur die Volleinspeisung eine Voraussetzung für die Förderung sein soll. Dadurch gebe es keine Möglichkeit, private Verkäufe zu lukrieren und der private Ökostromhandel werde verhindert. Durch all diese Regelungen würden wirtschaftliche Dynamik und wirtschaftliche Innovation unterbunden, meinte Schennach. Er bedauerte auch die Übergangsregelung bis zu zwei Jahre für die klare Stromkennzeichnung beim Händlermix. Dies alles sei ein vergebene Chance trotz vieler Verbesserungen, fasste Schennach zusammen.

Bundesrat LEDOLTER (V) bezeichnete die nun zu diskutierenden Gesetze als weitere "mutige und zielstrebige" Reformen der Bundesregierung. Auch er unterstrich die Vorbildwirkung Österreichs beim Ökostrom und wies die Vorwürfe seines Vorredners hinsichtlich eines planwirtschaftlichen Vorgehens zurück. Bei manchen Maßnahmen, wie bei den Mischanlagen, müsse man eben mit Realismus vorgehen, sagte Ledolter. Als eigentlichen Erfolg bezeichnete er es, dass durch die Vereinheitlichung der Förderungen die Kraft-Wärme-Koppelungszuschläge standardisiert werden. Zum Abkommen mit Ungarn meinte Ledolter, dass die gute wirtschaftliche Entwicklung nicht zuletzt auch auf den Beitrag guter Unternehmer zurückzuführen sei. Abschließend kritisierte er, die SPÖ argumentiere immer mehr populistisch und erteilte dem Vorschlag Gusenbauers nach Einführung eines Mehrheitswahlrechtes eine klare Absage. 

Bundesrat KRAML (S) vertrat die Ansicht, dass mit dem vorliegenden Gesetz brauchbare Lösungen für Österreich geschaffen würden, die in die Zukunft wiesen. Sie gäben den Energieversorgern neue Möglichkeiten, und dies sei auch im Interesse der Konsumenten. Hervorzuheben sei der Schwerpunkt auf die erneuerbare Energie, der zu begrüßen sei. Der Ausbau des Ökostroms und die damit verbundene Ressourcenschonung sollte geringfügige Mehrkosten wert sein. Der Gewerbeordnungsnovelle könne seine Fraktion jedoch nicht die Zustimmung geben, gebe es hier doch Maßnahmen, die nicht goutiert werden könnten.

Bundesrat KLAMT (F) sah die Gewerbeordnungsnovelle hingegen positiv und sprach sich auch für die Annahme des Abkommens mit Ungarn aus. Ebenso begrüßte er die in Rede stehende Weichenstellung hin zu einer neuen Energiepolitik, zumal der erneuerbaren Energie die Zukunft gehöre. Besonderes Augenmerk verdienten hier Österreichs Wasserkraftwerke, die richtungweisend seien.

Bundesrat Mag. HOSCHER (S) befasste sich mit den Entwicklungen auf dem europäischen Strommarkt und replizierte sodann auf die Frage nach der Neuordnung der Ampelschaltung.

Bundesrat WEISS (V) sprach zum Thema Gaswirtschaft aus der Sicht seines Bundeslandes und bedankte sich beim Bundesminister dafür, dass die Argumente Vorarlbergs hinsichtlich der Gasgesetznovelle aufgegriffen worden seien. Weniger erfreulich sei die Entwicklung im Elektrizitätsbereich, wo den Interessen der Länder nicht Rechnung getragen worden sei, zumal in die Rechte der Länder eingegriffen werde.

Hier werde eine wichtige Verfassungsbestimmung aus Sicht der mittelbaren Bundesverwaltung unterlaufen, könne der Bund doch nun konsenslos Entscheidungen treffen, was nicht goutiert werden könne, zumal dieser Schritt offensichtlich bereits Folgewirkungen in anderen legistischen Bereichen habe. Da die Interessen der Länder also nicht gewahrt seien, könne er, Weiss, hier seine Zustimmung aus eben diesen Gründen nicht geben.

Staatssekretärin ROSSMANN bilanzierte aus Sicht der Regierung das "Gesamtpaket" zu Ökostrom und Gas, mit dem eine neue Epoche der energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen eröffnet werde. Es handle sich hier um ein "historisches Kapitel" der heimischen Energiewirtschaft. Dabei ging die Rednerin auf die durchwegs positiven Entwicklungen auf diesem Gebiet seit 1998 ein und zeigte sich mit diesen zufrieden. Diese Vorlage werde Verbesserungen für Wirtschaft und Konsumenten bringen und bedeute somit einen wichtigen Schritt für die heimische Volkswirtschaft, betonte Rossmann.

Bundesrat HAGEN (F) griff die Argumentation von Bundesrat Weiss auf und verwies auf die Haltung des Vorarlberger Landeshauptmanns in dieser Frage.

Gegen die Vorlagen erfolgte kein Einspruch.

EU-NACHTARBEITS-ANPASSUNGSGESETZ

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Bundesrätin BACHNER (S) erinnerte an die historische Komponente des Nachtarbeitsverbots für Frauen, welches seit 1919 existiere. Bereits damals habe sich gezeigt, dass es zu erheblichen gesundheitlichen Schädigungen komme, wenn man in der Nacht arbeiten müsse. Dies galt und gelte besonders für Frauen, weshalb die bisher geltende Regelung nach wie vor ihren Sinn habe, gebe es doch diese Auswirkungen im gesundheitlichen Bereich auch heute noch. Der gegenständliche Entwurf müsse daher zurückgewiesen werden, betonte die Rednerin.

Bundesrat STEINBICHLER (V) verwies darauf, dass die Vorlage auch Vorteile beinhalte, so sei sie ein wesentlicher Schritt zur Gleichberechtigung, und auch die Gesundheitsvorsorge werde nachhaltig verbessert. Im übrigen werde im Falle einer Gesundheitsgefährdung oder bei Betreuungspflichten ein Recht auf einen Tagesarbeitsplatz schlagend. Generell befinde man sich mit dieser Regelung im europäischen Gleichklang, man solle also die damit verbundenen Verbesserungen nicht übersehen.

Bundesrätin Mag. TRUNK (S) unterstrich die Argumentation ihrer Fraktionskollegin und wies die These zurück, dieses Gesetz sei ein Schritt zur Gleichberechtigung der Frau. Nachtarbeit sei schlecht für Mann und Frau, eine derartige Argumentation sei mithin "zynisch". Verbesserungen könne sie hier nicht sehen, vielmehr bedeute diese Vorlage eine deutliche Verschlechterung für die Arbeitnehmer, weshalb ihre Fraktion sie ablehne, betonte Trunk, die vor den zu erwartenden Folgekosten im Gesundheitsbereich warnte.

Bundesrätin HAUNSCHMID (F) verteidigte das EU-Nachtarbeits-Anpassungsgesetz, das die freiwillige Arbeit von Frauen auch in der Nacht ermögliche. Die Kritik der SPÖ, die 30 Jahre nichts erreicht habe, sei doppelzüngig, meinte Haunschmid. Auf der einen Seite werden nämlich die Unternehmer als Kapitalisten dargestellt, und auf der anderen Seite fordere SPÖ-Chef Gusenbauer Unterstützungen für die "armen, kleinen Betriebe".

Staatssekretärin ROSSMANN wies darauf, dass die Bundesregierung gezwungen war, die Übergangsbestimmungen hinsichtlich der Nachtarbeit für Frauen, die ausgelaufen waren, zu adaptieren. Sie selbst habe jahrelang in der Nacht gearbeitet und sie wisse daher sehr gut, welche Nachteile damit verbunden sind. Viele Bereiche seien jedoch auf Nachtarbeit angewiesen, gab Rossmann zu bedenken. Man habe es sich nicht leicht gemacht und daher sämtliche erforderliche Schutzmechanismen einzogen, betonte sie. Ganz gezielt habe man daher das Recht auf Versetzung auf Tagesarbeitsplätze, vor allem für Mütter mit Kindern unter 12 Jahren, eingeführt. Außerdem werden die Intervalle bei den Gesundenuntersuchungen auf zwei Jahre verkürzt und jährliche Untersuchungen nach dem 50. Lebensjahr vorgeschrieben.

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit kein Einspruch erhoben.

ÄNDERUNG DES FREMDENGESETZES, DES ASYLGESETZES UND DES AUSLÄNDERBESCHÄFTIGUNGSGETZES

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Seine Fraktion könne den zur Diskussion stehenden Vorlagen nicht zustimmen, kündigte Bundesrat WÜRSCHL (S) an. Er sprach von einem "typischen Machwerk", das sowohl die Handschrift der Freiheitlichen als auch der ÖVP trage. Der FPÖ gehe es anscheinend in erster Linie darum, die Ausländer zu traktieren und zu ärgern, da sie nun gezwungen werden, Deutschkurse zu besuchen. Bei der ÖVP wiederum stehe im Vordergrund, billige Arbeitskräfte ins Land zu holen, wodurch der Arbeitsmarkt destabilisiert werde. Dies sei eine Integration ohne soziale und politische Rechte, kritisierte er. Für die Sozialdemokraten stehe der Mensch im Vordergrund; sie treten dafür ein, unterstrich Würschl, dass integrative Maßnahmen in der Gesellschaft gesetzt werden.

Bundesrat FASCHING (V) widersprach seinem Vorredner vehement. Er frage sich, wo eine Destabilisierung des Arbeitsmarktes stattfinde, zumal es jetzt um 46.000 Beschäftigte mehr gebe als während der SPÖ-ÖVP-Regierung. Sodann erläuterte er die Eckpunkte der Vorlage, die u.a. eine Harmonisierung des Ausländerbeschäftigungsrechts mit dem Fremdenrecht, eine klare Definition der Schlüsselarbeitskräfte, zahlreiche Verfahrensvereinfachungen, die Schaffung von Wirtschaftssaisonniers, die Integrationsvereinbarung und die Verhinderung von Missbrauch bringe.

Die Änderungen im Fremden-, Asyl und Ausländerbeschäftigungsrecht seien ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen, da sich die Integrationsmöglichkeiten nun nur mehr auf die wenigen Schlüsselarbeitskräfte reduzieren, erklärte Bundesrat FREIBERGER (S). Durch die geplante Erweiterung des Saisonnier-Modells, das bis auf zwölf Monate ausgedehnt werden kann, komme es zudem in allen Branchen zu einem Verdrängungswettbewerb, befürchtete er. Auch der verpflichtende Deutschkurs sei seiner Ansicht nach völlig sinnlos, denn die Zuwanderer wollen von sich aus die Sprache lernen, wie die Erfahrungen in der Vergangenheit zeigen.

Angesichts des Asylmissbrauchs war es höchste Zeit, dass dieses Gesetz gekommen ist, meinte Bundesrat HAGEN (F). Auch die Saisonnier-Regelung stelle eine vernünftige Lösung dar, da viele Betriebe, etwa in der Landwirtschaft, eine größere Anzahl an Mitarbeitern nur für einen bestimmten Zeitraum benötigen. Was den Integrationsvertrag angeht, so denke er, dass Deutschkenntnisse eine Grundvoraussetzung dafür sind, um sich besser integrieren zu können. Man "komme den Leuten voll entgegen", war er der Auffassung, da 50 % der Kosten für den Deutschkurs von Österreich getragen werden. Integration könne aber keine Einbahnstraße sein; wenn man in einem fremden Land leben will, dann müsse man sich an die Kultur und die Gepflogenheiten anpassen.

Bundesrat SCHENNACH (G) sprach von einem der schlimmsten Gesetze dieser Bundesregierung. Es sei sozial unverträglich, scheinheilig und stehe wohl unter dem Motto, ein guter Ausländer sei nur einer, der nur kurz dableibt, arbeitet und dann wieder geht. Man sei anscheinend nicht am Menschen interessiert, sondern nur an der Arbeitskraft. Schennach erinnerte daran, dass Österreich vor genau 40 Jahren zwei Anwerbungsbüros in Belgrad und Istanbul eröffnet hat, um möglichst viele Arbeitskräfte in unser Land zu holen. Dieser Verantwortung sei man sich wohl nicht mehr bewusst, kritisierte Schennach. Im besonderen verurteilte er, dass die so genannte Integrationsvereinbarung einen Zwang zum Deutschlernen vorsehe, was nicht den Prinzipien eines modernen Staates entspreche. Glauben Sie nicht, dass jeder Ausländer bzw. jede Ausländerin selbst weiß, dass man Deutschkenntnisse braucht, um in Österreich zu überleben? Außerdem gehe es nicht nur um die Sprachbeherrschung, sondern auch um die soziale, berufliche und politische Integration, gab er zu bedenken. Besonders paradox sei auch, dass die ausländischen Jugendlichen ausgebildet werden, dann aber nicht arbeiten dürfen.

Innenminister Dr. STRASSER wies darauf hin, dass man einen "furchtbaren Rucksack" übernommen habe, der nun Schritt für Schritt abgearbeitet werde. Zu Recht gab es Kritik an dem bisherigen Gesetzesflickwerk, das durch sehr klare Regelungen und vor allem eine echte, aktive Integrationspolitik ersetzt werde. Zum ersten Mal in der Geschichte der Zweiten Republik werde Integration tatsächlich betrieben, unterstrich er. So werde sein Ressort eine Reihe von Projekten starten, die u.a. die Beratung und Betreuung von Zuwanderern, Qualifizierungsmaßnahmen, spezielle Angebote für MigrantInnen, psychologische Betreuung etc. umfassen. Schon in den nächsten Wochen werden auch die Durchführungsverordnungsentwürfe für die Integrationsvereinbarung vorgelegt, kündigte er an. Eigentlich müsste es seiner Ansicht nach eine Selbstverständlichkeit sein, dass jemand, der nach Österreich kommt und hier leben und arbeiten will, zumindest Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzt.

Österreich sei selbstverständlich ein Asylland, aber kein typisches Einwanderungsland, wie Kanada, Australien oder die USA, führte der Innenminister weiter aus. Österreich habe aber Interesse an einer geregelten Zuwanderung, wenn dies der Arbeitsmarkt, die Wirtschaft und die Gesellschaft verträgt. Das sind die Grundprinzipien der Ausländer- und Flüchtlingspolitik der österreichischen Bundesregierung und auch der Europäischen Union, betonte er mit Nachdruck.

Bundesrätin WIMMLER (V) hält die Einführung von verbindlichen Sprachkursen für sehr wichtig. Sie berichtete von ihren eigenen Erfahrungen in Kapfenberg, wo 10 % der Bevölkerung nicht Deutsch als Muttersprache haben. Ihr gehe es vor allem um die Mütter, die - oft aus kulturellen Gründen - nicht aus ihrem Familienbereich herauskommen. Aus diesem Grund lernen auch die kleinen Kinder nicht die deutsche Sprache, bevor sie in die Schule eintreten. Diesen Menschen werde man mit dem vorliegenden Gesetz helfen, war sie überzeugt.

Kein Einspruch.

ÄNDERUNG DES VERSAMMLUNGSGESETZES

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Bundesrat ROSENMAIER (S) meinte, dass Demonstrationen immer umstritten seien, liege in der Natur der Sache. Demonstrationen seien aber ein legitimes Mittel, um Protest zum Ausdruck zu bringen. Es dürfe keine generelle Kriminalisierung von Demonstranten geben, auch wenn sich immer wieder einige Chaoten in Demonstrationen mischten. Rosenmaier sprach sich gegen ein generelles Vermummungsverbot aus und betonte, man könne nicht alles per Gesetz erzwingen.

Bundesrat SCHÖLS (V) unterstrich, bei der Novellierung des Versammlungsgesetzes gehe es nicht darum, das Demonstrationsrecht einzuschränken und die Versammlungsfreiheit und die Meinungsfreiheit in Frage zu stellen, vielmehr wolle man der Gesellschaft und den Exekutivbeamten "einen Versuch anbieten", die Sicherheit zu erhöhen. Wenn jemand demonstriere und damit eine Haltung zum Ausdruck bringe, dann solle er mit seiner ganzen Person dahinterstehen, wandte er sich gegen Vermummungen. Die vorgesehenen Gesetzesbestimmungen sieht er als guten Lösungsansatz.

Bundesrat BINNA (S) bekräftigte, Gewalttätigkeit bei Demonstrationen würden von der SPÖ aufs Schärfste abgelehnt. Prinzipiell seien Demonstrationen aber ein legales und legitimes Mittel. Binna fürchtet, dass die Änderung des Versammlungsgesetzes ein erster Schritt ist, um die Donnerstags-Demonstrationen zu unterbinden. Mit einem Regenschirm könne auch Gewalt ausgeübt werde, skizzierte er, Demonstrationen bei Regen seien daher gefährdet.

Bundesrat HAGEN (F) hielt fest, die Gesetzesänderung sei aus Sicht der Exekutive "sehr, sehr wünschenswert". Es gehe nicht darum, Demonstranten "irgendwelche Regenschirme" abzunehmen, erklärte er, vielmehr solle durch das Vermummungsverbot verhindert werden, dass Demonstranten Gesetzesbrüche begehen und sich hinter ihrer Anonymität verstecken. Niemand habe etwas gegen das Demonstrationsrecht, versicherte der Bundesrat. Zum Schutz der Exekutive und der Allgemeinheit müsse jetzt aber gehandelt werden, früher habe es Gewalt in dieser Intensität nicht gegeben.

Bundesrat SCHENNACH (G) führte aus, er lehne Vermummungen bei Demonstrationen ab. Hinter dem Schutz einer Maske würden leichter Handlungen gesetzt, die man sonst nicht machen würde. Trotzdem ist er der Ansicht, dass man mit der vorliegenden Gesetzesänderung "der Problematik keinen guten Dienst erweist". Nicht nur drohten Jugendliche kriminalisiert zu werden, durch das Einschreitungsgebot für die Exekutive gegen wenige Vermummte bei einer Demonstration könnte es auch zu kontraproduktiven Unruhen kommen.

Bundesrat Dr. LINDINGER (F) stellte fest, die Gewaltbereitschaft bei Demonstrationen nehme seit einigen Jahren kontinuierlich zu, insbesondere von linker Seite. So habe es zwischen Februar und Dezember 2000 221 Demonstrationen gegeben, bei denen 88 Polizeibeamte, aber nur 7 Demonstranten verletzt worden seien. Kern der Gewalt seien die Vermummten, dies zeige sich auch in anderen Ländern. "Wer sich vermummt, will seine schlechte Absicht verbergen", sagte Lindinger.

Bundesrat Mag. TUSEK (V) legte ein klares Bekenntnis zur Demonstrations- und Versammlungsfreiheit ab. Diese seien ein Grundrecht der Demokratie und dürften in keiner Weise geschmälert werden. Die Gewaltbereitschaft bei Demonstrationen habe aber, so Tusek, zugenommen, darauf müsse Österreich - wie bereits drei andere EU-Länder zuvor - reagieren. Friedliche Demonstrationen seien zu schützen. Zaunlatten, Pflastersteine und Eisenstangen hätten auf einer Demonstration nichts verloren.

Gegen die Änderung des Versammlungsgesetzes wurde vom Bundesrat mehrheitlich kein Einspruch erhoben.

ÄNDERUNG DER STRASSENVERKEHRSORDNUNG

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Bundesrat SCHENNACH (G) konstatierte, es sei eine der Hauptproblematiken der vorliegenden Gesetzesänderung, dass es für Drogenkonsum im Straßenverkehr keine Grenzwerte gebe. De facto würden 0,0 "Promille" eingeführt. Außerdem hält er es für bedenklich, dass man Verkehrsteilnehmer vom Verwaltungsstrafrecht ins Strafrecht überführe, wenn im Rahmen einer Verkehrskontrolle die Einnahme von Drogen festgestellt wird.

Bundesrat HENSLER (V) meinte, es sei unbestritten, dass Sicherheit ein Grundrecht des Bürgers sei, auch Sicherheit im Straßenverkehr. Daher sei es enorm wichtig, dass man im Zusammenhang mit Drogen und Straßenverkehr einen "Weg des Konsenses und des Weitblickes" gegangen sei. Drogen hätten im Straßenverkehr nichts verloren, bekräftigte Hensler und wandte sich auch generell gegen jede Freigabe von Drogen.

Bundesrat BODEN (S) erklärte, nicht nur Alkohol oder Geschwindigkeitsüberschreitungen würden die Verkehrstauglichkeit eines Lenkers herabsetzen, sondern auch der Konsum von Drogen. Deshalb sei es richtig, einen Amtsarzt einzuschalten, wenn eine entsprechende Beeinträchtigung eines Lenkers vermutet wird. Der vorgesehene Bluttest ist Boden zufolge deshalb erforderlich, weil es 250 Substanzen mit unterschiedlichen Wirkungen gebe.

Bundesrat GRISSEMANN (F) wertete das Lenken eines Fahrzeuges in einem durch Suchtmittel beeinträchtigten Zustand als gesellschaftliches Phänomen. Daher begrüßte er die vorliegende Gesetzesnovelle, die seiner Ansicht nach zu mehr Sicherheit im Straßenverkehr beitragen wird. Grissemann räumte ein, dass es keine Untergrenze für Drogen im Straßenverkehr gibt, meinte aber, man könne das Gesetz in einer späteren Novellierung noch verbessern, wenn entsprechende wissenschaftliche Grundlagen vorliegen.

Bundesrat Mag. HOSCHER (S) meinte, Alkohol sei mit Abstand die Droge Nummer 1, gefolgt von den Medikamenten, an dritter Stelle rangieren Drogen und Suchtgifte. Seiner Meinung nach sei es notwendig, verstärkt in die Forschung zu investieren, denn dieses Thema sei weitgehend unerforscht.

Die Vorlage wurde nicht beeinsprucht.

ÄNDERUNG DES FÜHRERSCHEINGESETZES

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Bundesrat STEINBICHLER (V) unterstrich die Notwendigkeit dieses Gesetzes, gehe es doch vorwiegend um junge Lenker. Er verwies auf den Geschwindigkeitsrausch der jungen Leute und auf die Tatsache, dass gerade diese Personengruppe schwere Fahrzeuge mit hoher PS-Zahl fahre. Da es sich um ein sinnvolles Gesetz handle, werde seine Fraktion zustimmen.

Bundesrat BODEN (S) begrüßte die Einführung des Mehrphasenführerscheins, haben doch mangelnde Fahrroutine und die hohe Risikobereitschaft der Jugendlichen zu schweren Verkehrsunfällen geführt. Durch gezielte Maßnahmen solle nun die Risikobereitschaft der jungen Lenker eingeschränkt werden. Psychologische Gruppengespräche mit den Jugendlichen sollen genauso helfen wie ein Schleudertraining in Teesdorf, damit im Notfall keine falsche Handlungen gesetzt werden.

Bundesrat WEILHARTER (F) kam auf die Kostenfrage des Mehrphasenführerscheins zu sprechen, wies darauf hin, dass die vorgeschriebene Stundenanzahl in Theorie und Praxis moderater gestaltet werden soll, so dass sich in Summe die Kosten für den Führerschein nicht erhöhen werden. Besonders hob er die Bemühungen der Kraftfahrorganisationen, des Kuratoriums für Verkehrssicherheit, der privaten Versicherungswirtschaft und des Gesetzgebers hervor, die Verkehrssicherheit anzuheben.

Kein Einspruch.

EUTELSAT

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Bundesrat BODEN (S): Dieses Gesetz ist eine reine EU-Anpassung. Die Sozialdemokraten stimmen dieser Vorlage zu.

Es wird einhellig beschlossen, keinen Einspruch zu erheben.

ÄNDERUNG DES VERFASSUNGSGERICHTSHOFGESETZES * ÄNDERUNG DES VERWALTUNGSGERICHTSHOFGESETZES * VERWALTUNGSVERFAHRENSNOVELLE 2002

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Bundesrat KRAML (S) sprach die Regelung der Massenverfahren an, die im Verwaltungsgerichtshofgesetz vorgesehen ist, wies aber darauf hin, dass die SPÖ zwar für eine solche Regelung sei, aber man hätte sie gleichzeitig auch für den VfGH mitbeschließen können. Die vorliegende Regelung ist eine einfachgesetzliche und scheint verfassungswidrig zu sein, erklärte Kraml. Im Ausschuss habe die SPÖ Gesprächsbereitschaft signalisiert, sie wurde aber nicht angenommen.

Bundesrat WEISS (V) wehrte sich gegen die Mutmaßung seines Vorredners, der Verfassungsgerichtshof müsse mit gleichartigen Entlastungen zuwarten, weil er erst gefügig gemacht werden müsse. Erleichterungen für einen Gerichtshof von seinem Wohlverhalten abhängig zu machen, hielt Weiss für eine rechtspolitisch bedeutsame Unterstellung.

Im Zusammenhang mit dem VwGH wies der Bundesrat darauf hin, dass ein Viertel der Mitglieder des VwGH aus den Landesverwaltungen kommen soll, was in der Praxis aber nicht der Fall ist. Die Gründe hiefür seien seinem Dafürhalten nach bei den Ländern zu suchen. Der Länderanteil könnte erhöht werden, wenn das Wohnsitzgebot für Wien gelockert wird. Die neue Form der Kommunikation biete zudem die Möglichkeit, Teile der Arbeit disloziert zu erledigen. Damit könnte auch die Raumnot beim Gerichtshof beseitigt werden.

Bundesrat Dr. BÖHM (F) bedauerte genauso wie der SPÖ-Redner vor ihm, dass keine vergleichbare Regelung für den VfGH zu Stande gekommen sei. Dazu hätte es einer Verfassungsänderung bedurft, für die es aber aufgrund einer unsachlichen Junktim-Forderung seitens der SPÖ keine Mehrheit gab. Auch ging es nicht um eine Sanktionierung des VfGH.

Die drei Beschlüsse wurden nicht beeinsprucht.

UNIVERSITÄTSGESETZ 2002 * ÄNDERUNG DES UNIVERSITÄTS-STUDIENGESETZES

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Bundesrätin AUER (S) teilte mit, dass ihre Fraktion dem Universitätsgesetz nicht zustimmen werde, denn die "Botschaften", die Gehrer bei der Universitätsreform übermitteln wollte, haben ihr Ziel nicht erreicht, weil sie unumsetzbar sind: Das betreffe die Autonomie. Mit Verantwortung werde Abbau von Mitbestimmung und Demokratie verbunden. Weltklasse wolle die Ministerin dadurch erreichen, dass sie sich an das europäische Mittelmaß anpasst. Meilensteine seien keine Meilensteine, sondern eher Hinkelsteine. Die offene Planung war so offen, dass Ideen und Vorschläge, die Gehrer nicht ins Konzept passten, in langen Sitzungen verschwunden seien. Die Finanzierung sei ein gut gehütetes Staatsgeheimnis, so dass bis heute niemand wisse, was die Reform wirklich kostet. Nein sage die SPÖ zu diesem Gesetz, weil es nicht zukunftsweisend sei, den jungen Wissenschaftern keine gerechten Chancen für Mitwirkung einräume und Studierenden aus der Mittelschicht und der ärmeren Schicht den Zugang zu den Universitäten erschwere.

Bundesrat HÖSELE (V) wies darauf hin, dass auch der Vorsitzende der Rektorenkonferenz, Dr. Georg Winckler, dem neuen Universitätsgesetz positiv gegenüber steht. Er bezeichnete es nämlich als eine tragfähige Basis; insbesondere sei es zu begrüßen, dass das kameralistische Haushalten ein Ende finden wird. Es habe in den letzten Monaten zwar große Diskussionen über die bestmögliche Weiterentwicklung der Universitäten gegeben und viele Anregungen, die im Rahmen des Begutachtungsverfahrens vorgebracht wurden, konnten auch berücksichtigt werden. Wettbewerb und Autonomie statt Bürokratie und Zentralismus sei die Devise. Es komme zu einer Leistungsevaluierung und Profilbildung, wodurch die bestmögliche Ausbildung der Jugend gewährleistet werde. Insgesamt wurden die quantitativen und qualitativen Rahmenbedingungen deutlich verbessert, war er überzeugt.

Bundesrätin Mag. TRUNK (S) zeigte sich zunächst besorgt über den Fortbestand und den Ausbau der Universität in Klagenfurt, die für die Region Kärnten von sehr großer Bedeutung sei. Was die Uni-Reform betrifft, so hätten die Sozialdemokraten diesbezüglich ein klares Bekenntnis abgelegt und auch die Bereitschaft zur Zusammenarbeit signalisiert, führte Trunk weiter aus. Bedauerlicherweise wurden die Vorschläge der Opposition nicht berücksichtigt, weshalb ihre Fraktion nicht zustimmen könne. Die SPÖ habe auch nichts gegen ein Mehr an Autonomie, "aber Autonomie ohne Marie" könne nicht funktionieren. Im besonderen kritisierte sie die Einschränkung der Mitentscheidungsrechte.

Mit dem Universitätsgesetz 2002 werde ein Meilenstein gesetzt und allen Beteiligten sei daher sehr herzlich zu gratulieren, erklärte Bundesrat Dr. BÖHM (F). Sodann erläuterte er die Grundpfeiler der "einschneidendsten Universitätsreform der Zweiten Republik" und hob u.a. die Umwandlung der Universitäten von zuletzt teilrechtsfähigen Anstalten des Bundes in vollrechtsfähige, juristische Personen des öffentlichen Rechts hervor. Damit habe der Anfang der 90er Jahre eingeleitete Prozess, die Universitäten von staatlich gelenkten Einrichtungen in autonome, d.h. eigenverantwortliche und leistungsfähige Institutionen überzuführen, sein Ziel erreicht. Durch die "Einführung von dreijährigen Globalbudgets und dem Entfall der bisher zu wahrenden Kameralistik" sehe er eine ganz entscheidende Verbesserung der Rahmen- und Arbeitsbedingungen der universitären Lehre und Forschung. Weiters machte Böhm auf die Einführung von Leistungsvereinbarungen und die autonome Gestaltung der Binnenorganisation aufmerksam. Unwahr sei, dass der Universitätsrat zu einer Politisierung führe und dass die Dozenten in ihrer Stellung beeinträchtigt werden. Er unterstrich zudem, dass es Mitbestimmung weiterhin, wenn auch in angemessener Weise, geben wird.

Bundesrat Mag. TUSEK (V): Durch das vorliegende Gesetz werde die größte Universitätsreform seit 1848 umgesetzt. Es wurde ein sehr ehrgeiziges Ziel verfolgt, denn die österreichischen Universitäten sollen in Zukunft zur Weltspitze gehören. In diesem Bereich wurden die Chancen bis dato noch nicht ausreichend genützt und an alten verkrusteten Strukturen festgehalten. Man blicke auf einen dornigen Werdegang zurück, der jedoch gekennzeichnet war von einer sehr guten Kooperation zwischen den Betroffenen, den Experten, den Politikern und den Beamten im Ressort. Bundesministerin Gehrer habe es sich nicht leicht gemacht und über eineinhalb Jahre lang viele Diskussionen geführt. Die Reform sei ein beträchtlicher Gewinn für die Universitäten selbst, die eigenverantwortlich tätig werden können. Er sei überzeugt davon, dass sich dies auch positiv auf die Studenten auswirken wird.

Bundesrat Dr. LINDINGER (F) befasste sich mit den markantesten Neuerungen der Universitätsreform, wobei die Autonomie an erster Stelle zu nennen sei. Die Universitäten bekommen nun die Budget-, die Personal- und die Organisationshoheit und können ihre Ziele selbst definieren. "Wir träumen von einer Weltgeltung unserer Universitäten, die wir schon lange nicht mehr haben", meinte der Bundesrat. Nicht das Mittelmaß sei der Weg zum Erfolg, sondern eine qualifizierte Ausbildung, welche die Studenten für adäquate Berufe befähigen soll.

Mit der Universitätsreform haben wir das umgesetzt, was die Rektorenkonferenz in ihrem "Gelbbuch" festgehalten hat, erklärte Bundesministerin GEHRER, nämlich weniger Regulierung, mehr Wettbewerb, stärkere Leistung, nach Kompetenz und Verantwortung differenzierte Mitbestimmung und strategische Zielvereinbarungen mit dem Staat. Die Zielvorstellungen, die nach internationalen Expertenmeinungen die ganz wichtigen Eckpunkte für eine moderne, zukunftsorientierte Universität darstellen, wurden mit dem Universitätsgesetz 2002 umgesetzt: Autonomie und Selbständigkeit, persönliche Verantwortung, Gewaltenteilung und Subsidiarität. Man habe mit dem Gesetz einen sehr wichtigen Schritt gesetzt, aber die nächsten Herausforderungen, wie eben die Implementierung dieser Reform, stehen schon vor der Tür.

Keine Einsprüche.

BUNDESLUFTREINHALTEGESETZ * STRAHLENSCHUTZ-EU-ANPASSUNGSGESETZ

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Ihre Fraktion hätte dem Luftreinhaltegesetz prinzipiell zugestimmt, wenn nicht der Abänderungsantrag breite Ausnahmebestimmungen für die landwirtschaftlichen Betriebe gebracht hätte, argumentierte Bundesrätin AUER (S). Jeder österreichische Gewerbebetrieb müsse sich an scharfe Luftreinhaltebestimmungen halten, nur die Großbauern sollen sich mit diesem Gesetz "alles richten können" und werden damit aus der Verantwortung entlassen, kritisierte sie.

Bundesrat STEINBICHLER (V) war überzeugt davon, dass das Luftreinhaltegesetz wesentliche Verbesserungen bringe, da biogene Materialen nicht mehr außerhalb von Verbrennungsanlangen verbrannt werden dürfen. Was die Kritik an den Ausnahmebestimmungen betrifft, so müsse man zur Kenntnis nehmen, dass eine "geruchlose Landwirtschaft" mit Viehhaltung nicht vereinbar und nur bei massivem Einsatz von Mineraldünger möglich sei.

Bundesrat Dr. LINDINGER (F) wies darauf hin, dass die Luftreinhaltemaßnahmen den Produktionsprozess in der Industrie spürbar verteuerten. Zur vorgesehenen Ausnahmeregelung für die Landwirtschaft im Bundesluftreinhaltegesetz merkte er an, dass Landwirtschaft mit üblen Gerüchen verbunden sei, wisse jeder. Bio-Bauern sei es nicht möglich, Kunstdünger zu verwenden. Besonders begrüßt wurde von Lindinger das künftige Verbot des Verbrennens von nicht biogenen Materialien außerhalb geeigneter Anlagen.

Der Bundesrat erhob gegen beide vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates keinen Einspruch.

PROTOKOLLE ZUR DURCHFÜHRUNG DER ALPENKONVENTION

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Bundesrätin FÖSLEITNER (V) wies auf die Bedeutung der Bauern zur Sicherung der Ernährung und der Lebensgrundlagen für die Bevölkerung hin und mahnte eine Verantwortung der Politik zur Erhaltung bäuerlicher Strukturen in sensiblen Regionen ein. Ein umweltkonformes Produktionssystem in Berggebieten könne nur aufrecht erhalten werden, wenn die Rahmenbedingungen stimmten, betonte sie. "Schrankenloser Liberalismus" würde zu einer Konzentration der Produktionsstätten in günstigen Lagen und zum Rückzug der Erzeugung aus schwierigen Standorten führen. In diesem Sinn begrüßte Fösleitner die zur Ratifikation vorliegenden Durchführungsprotokolle zur Alpenkonvention.

Bundesrat GASTEIGER (S) hielt fest, es erfülle ihn mit Freude und Stolz, den Protokollen zur Alpenkonvention nach über einem Jahrzehnt der Verhandlungen heute zustimmen zu dürfen. Durch die Alpenkonvention bekämen die Alpen einen Sonderstatus innerhalb der EU. Für Österreich seien alle Bereiche der Alpenkonvention wichtig, sagte Gasteiger, von der Energie- über die Landwirtschaft bis zum Tourismus, von besonderer Bedeutung sei aber der verankerte Verzicht auf den Bau einer weiteren hochrangigen Straßenverbindung zum Alpentransit. Die Bundesregierung ist seiner Auffassung nach dringend aufgefordert, in der Frage des Transitvertrages "hart zu bleiben".

Bundesrätin HAUNSCHMID (F) erklärte, es sei bemerkenswert, dass es gelungen sei, acht EU-Alpenländer an einen Tisch zu bringen und eine gemeinsame Lösung in der Frage der Alpenkonvention zu finden. Heute würden nach zehn Jahren Auseinandersetzung acht von zwölf Protokollen beschlossen. Haunschmid sprach sich für die Erhaltung sowohl der Natur als auch von Kultur, Brauchtum und Tradition in der Alpenregion aus und wandte sich insbesondere gegen eine Privatisierung der Wasserversorgung.

Bundesrat SCHENNACH (G) beklagte, dass für die Diskussion so großer Errungenschaften wie die Ratifizierung der Protokolle zur Alpenkonvention angesichts der umfangreichen Tagesordnung der heutigen Bundesratssitzung zu wenig Zeit bleibe. Mit den Protokollen erhalte das Gerippe Alpenkonvention Fleisch, skizzierte er. Besonderen Dank zollte Schennach den NGOs und Umweltschutzorganisationen, die sich durch Rückschläge in den 80er-Jahren nicht abschrecken hätten lassen. In Bezug auf die Umsetzung der Protokolle betonte er, Alpenschutz zum Nulltarif werde es nicht geben.

Bundesrat KEUSCHNIGG (V) verwies auf die "Prozesshaftigkeit" der Alpenkonvention. Der Ruf nach einem besseren Schutz der Alpen bestehe seit Jahrzehnten, unterstrich er, nunmehr habe man mit der Einigung auf die Protokolle einen wesentlichen Zwischenschritt erreicht. Keuschnigg äußerte die Hoffnung, dass Innsbruck Sitz des ständigen Sekretariats der Alpenkonvention werden wird und brachte zur Unterstützung der Bewerbung Innsbrucks einen Entschließungsantrag ein.

Bundesrat GRUBER (S) unterstrich, es sei "eine wunderschöne Sache", wenn sich acht Alpenländer und die EU in der Frage des Schutzes der Alpen zusammenschließen, um übergreifende Politik zu machen und sich in den wichtigsten Bereichen abzustimmen. Seiner Ansicht nach ist es aber sehr spät für entsprechende Maßnahmen, es sei bereits "5 nach 12". Gruber vermisst außerdem konkrete Schritte zur Umsetzung der Alpenkonvention, etwa Mittel der EU zur Verlagerung des Transitverkehrs von der Straße auf die Schiene.

Bundesrat Mag. GUDENUS (F) äußerte Kritik am Transitvertrag und sprach von einer "unglücklichen Formulierung". Positiv bewertete er hingegen die vorliegenden acht Durchführungsprotokolle zur Alpenkonvention. Es sei in den letzten Jahren ein Bewusstseinswandel eingetreten, umriss Gudenus, was man früher als Fortschritt gesehen habe, beurteile man heute als Hindernis oder als umweltschädlich. Er sprach sich auch gegen die Privatisierung der Wasserversorgung aus.

Bundesrätin SCHICKER (S) stellte fest, mit der heutigen Ratifizierung von acht Durchführungsprotokollen zur Alpenkonvention würden die jahrelangen Bemühungen zum Schutz der Alpenregion auch für Österreich zum Abschluss gebracht. Ihrer Meinung nach wird die konkrete Umsetzung der Protokolle aber schwierig werden. Bei den Alpen handelt es sich für sie um ein Natur- und Kulturerbe, das es zu schützen und zu bewahren gelte. Dabei spielten die Bergbauern eine bedeutende Rolle, ihre Arbeit müsste daher, so Schicker, aufgewertet werden und mehr Anerkennung finden.

Bundesministerin GEHRER zeigte sich über die einhellige Zustimmung zu den Durchführungsprotokollen zur Alpenkonvention erfreut.

Der Bundesrat erteilte den vorliegenden Durchführungsprotokollen zur Alpenkonvention einhellig die verfassungsmäßige Zustimmung. Ebenfalls einstimmig wurde der Entschließungsantrag betreffend Unterstützung der Bewerbung Innsbrucks als Sitz des ständigen Sekretariats der Alpenkonvention angenommen.

ROTTERDAMER ÜBEREINKOMMEN BETR. GEFÄHRLICHE CHEMIKALIEN UND PESTIZIDE * ÜBEREINKOMMEN ÜBER WEITRÄUMIGE GRENZÜBERSCHREITEDNE LUFTVERUNREINIGUNG * STOCKHOLMER ÜBEREINKOMMEN ÜBER PERSISTENTE ORGANISCHE SCHADSTOFFE * PROTOKOLL VON CARTAGENA ÜBER DIE BIOLOGISCHE SICHERHEIT

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Bundesrat KEUSCHNIGG (V) wies darauf hin, dass alle vier vorliegenden Staatsverträge vom Nationalrat einstimmig genehmigt wurden und es unter anderem um den Schutz von Entwicklungsländern im Zusammenhang mit dem internationalen Handel von gefährlichen Chemikalien und um den Schutz der Polarkappen vor schädlichen Luftverunreinigungen gehe.

Bundesrat GASTEIGER (S) sieht in den vorliegenden Staatsverträgen einen "umweltpolitischen Meilenstein". Erstmals werde es Staaten ermöglicht, die Einfuhr von gefährlichen Chemikalien zu untersagen.

Bundesrat Dr. LINDINGER (F) erläuterte, aufgrund der in Österreich bestehenden strengen Gesetze hätten die vorliegenden Abkommen keine Auswirkungen auf Österreich, dennoch seien sie wichtig, besonders für Schwellenländer. Diese dürften nicht "zum chemischen Abfallkübel" der Industrieländer werden.

Allen vier vorliegenden Staatsverträgen erteilte der Bundesrat die verfassungsmäßige Zustimmung. Auch gegen die Beschlüsse des Nationalrates, die Staatsverträge durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, erhoben die Bundesräte keinen Einspruch.

STRAFRECHTSÄNDERUNGSGESETZ 2002

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Das Strafrechtsänderungsgesetz 2002 hätte im Zeichen der Terrorbekämpfung stehen sollen, führte Bundesrätin SCHLAFFER (S) aus. Stattdessen verschwinde die Bedeutung dieses Gesetzes jedoch hinter einer Husch-Pfusch-Bestimmung, die anlässlich der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zum so genannten "Homosexuellen-Paragraphen" von FPÖ und ÖVP ausgearbeitet wurde. Ohne Begutachtungsverfahren und ohne wissenschaftliche Begleitung wurde in einer "äußerst unsauberen parlamentarischen Arbeit" eine Neuregelung geschaffen, die nicht nur homosexuelle, sondern auch viele tausende heterosexuelle Jugendliche in die Nähe der Kriminalisierung rückt. Sie frage sich, wie ein Richter die Reife eines unter 16jährigen Jugendlichen zum Zeitpunkt der Tat beurteilen könne. Es sei daher im Interesse der Jugendlichen notwendig, die Zustimmung zu diesem Gesetz zu verweigern. Kritisch stand die Bundesrätin auch der Novelle zum Waffengesetz gegenüber, das ihrer Ansicht nicht weitreichend genug ist. Es müsste nämlich endlich ein Verbot für den Besitz privater Waffen ausgesprochen werden, forderte sie u.a. in einem von ihr eingebrachten Entschließungsantrag.

Bundesrat HÖSELE (V) bezeichnete den Entschließungsantrag der Sozialdemokraten als billige, populistische Aktion, da das Problem nicht an der Wurzel angepackt werde. Was das Schutzalter von Jugendlichen angeht, so dürfe seiner Meinung nach Liberalität nicht mit Regellosigkeit verwechselt werden. Er sei auch im Sinne der Rechtssicherheit dankbar dafür, dass so rasch eine neue Bestimmung ausgearbeitet wurde, die einerseits die Beendigung von Diskriminierung und andererseits den Schutz der Jugend vor Missbrauch gewährleiste.

Bundesrätin AUER (S) sprach von völlig überschießenden Bestimmungen. Die Änderungen im Strafrecht, das am stärksten in das Leben der Menschen eingreife, führen z.B. im Bereich der Telefonüberwachung dazu, dass in Zukunft genaue soziale Bewegungsprofile erstellt werden können. Falsch sei es auch, den Begriff Neutralität aus dem Gesetz zu streichen, kritisierte sie.

Bundesrat Dr. ASPÖCK (F) begrüßte im Namen seiner Fraktion das Strafrechtsänderungsgesetz und bedankte sich für diesen weiteren gelungenen Reformschritt. Positiv beurteilte er auch die Anhebung der Strafsätze bei den terroristischen Straftaten, da dies zu mehr Ausgewogenheit im Strafrecht führe.

Bundesminister Dr. BÖHMDORFER wehrte sich gegen den Vorwurf, dass die Richter die Reife von Jugendlichen nicht einschätzen können. Damit unterschätze man die tägliche intellektuelle Leistung der Richter, gab er zu bedenken. Der Tatbestand bestehe zum einen darin, dass aus bestimmten Gründen Kinder oder Jugendliche noch nicht reif genug sind, um die Bedeutung des Vorgangs einer sexuellen Handlung zu erkennen. Zudem weise der Tatbestand ein zweites Element auf, nämlich die Ausnützung der altersbedingten Überlegenheit. Gerade dieser Umstand hinterlasse bei den missbrauchten Kindern besonders tiefe Spuren. Aus diesem Grund wurden die beiden Tatbestandselemente zusammengefügt und ergeben insgesamt einen Schutz, auf den wir glauben, nicht verzichten zu können.

Er habe mit diesem Gesetz eine Zeitlang gehadert, meinte Bundesrat Mag. GUDENUS (F). Aber nach vielen Gesprächen und der ausführlichen Beschäftigung mit der Materie sei er überzeugt, dass es sich um ein gutes Gesetz handle, das zur Rechtssicherheit beitrage. Er sehe es jedoch nicht als Vorstufe für die Angleichung des Zivilrechtes, betonte er mit Nachdruck. Was die Kritik an den Aussagen des Volksanwaltes Stadler betrifft, so halte er die diesbezüglichen Rügen von Seiten der Minister Böhmdorfer und Molterer für nicht gerechtfertigt, fügte Gudenus noch an.

Mit Stimmenmehrheit kein Einspruch; der S-Entschließungsantrag betreffend sofortige Ausarbeitung einer Waffengesetz-Novelle fand keine Mehrheit.

ZUSAMMENARBEIT MIT DEM INTERNATIONALEN STRAFGERICHTSHOF

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Bundesrat Dr. LIECHTENSTEIN (V): Der gegenständliche Beschluss trage dem Umstand Rechnung, dass das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs von Österreich am 28.12.2000 ratifiziert wurde. Es soll das erste internationale Tribunal eingerichtet werden, das bei Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen zuständig ist. Bisher wurde das Statut, das die Vertragsstaaten verpflichte, mit dem Internationalen Strafgerichtshof umfassend zusammenzuarbeiten, von 67 Staaten ratifiziert, informierte Liechtenstein.

Auch die SPÖ begrüße die Einrichtung dieses Internationalen Strafgerichtshofes, betonte Bundesrätin AUER (S). Es sei zu hoffen, dass diesem Gerichtshof jene internationale Anerkennung entgegengebracht werde, die er brauche und verdiene. Man sollte jedoch auch darüber nachdenken, ob nicht auch für den Bereich der Folter eine spezifische Rechtsbestimmung geschaffen werden soll.

Fast 100 Jahre lang dauere schon die Diskussion über den Internationalen Strafgerichtshof, erklärte Bundesrat Mag. GUDENUS (F). Der Vorrang der nationalen Strafverfolgung werde durch das neue Weltstrafgericht nicht angegriffen, sondern sogar noch abgesichert. Er halte daher die Vorgangsweise der USA für nicht ganz gerechtfertigt.

Ein internationaler Strafgerichtshof könne sich naturgemäß nicht auf gesatztes Recht stützen, erläuterte Bundesrat KONECNY (S). Er sei daher überzeugt davon, dass Ergänzungskonventionen und Weiterentwicklungen dieses Rechtsinstruments beschließen müssen. Sodann kam er auf den Entschließungsantrag der SPÖ zu sprechen, in dem die Bundesregierung ersucht wird, sich mit Nachdruck für eine Anerkennung des Internationalen Strafgerichtshofes durch die USA einzusetzen. Weiters soll einem etwaigen Ansuchen der USA, ein bilaterales Abkommen zu schließen, das Anklagen von US-Soldaten vor dem Gericht verhindern soll, die Zustimmung verweigert werden.

Kein Einspruch; der S-Entschließungsantrag fand keine Mehrheit.

ZINSENRECHTS-ÄNDERUNGSGESETZ * ÄNDERUNG DES RECHTSPRAKTIKANTENGESETZES * ÜBEREINKOMMEN ZUM SCHUTZ VON MINDERJÄHRIGEN

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Bundesrätin Mag. TRUNK (S) befasste sich zunächst mit dem Zinsenrechtsänderungsgesetz, das von ihrer Fraktion aufgrund der mangelnden Konsumentenschutzbestimmungen abgelehnt werde. Die Erweiterung der Ausbildungsmöglichkeiten von Rechtspraktikanten, die in Zukunft auch in Justizanstalten arbeiten können, werde von der SPÖ hingegen ausdrücklich begrüßt. Ebenso zustimmen werden die Sozialdemokraten den beiden Übereinkommen über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen.

Bundesrat Mag. HIMMER (V) wies darauf hin, dass die Zahlungsverzugs-Richtlinie in das österreichische Recht eingefügt wird. Dabei werden die gesetzlichen Verzugszinsen für Geldforderungen im geschäftlichen Verkehr angehoben. Darüber hinaus wird klargestellt, dass die außergerichtlichen Betreibungs- und Einbringungskosten ein Teil des dem Gläubiger aus dem Verzug erwachsenden Schaden sind.

Bundesrat Dr. NITTMANN (F) konzentrierte sich in seiner Wortmeldung auf die Änderungen im Bezug auf die Ausbildung von Rechtspraktikanten. Aus eigener Erfahrung als Bezirksanwalt wisse er, dass jede zusätzliche Perspektive, die ein Rechtspraktikant während seiner Gerichtspraxis gewinnen kann, von Vorteil ist. Er hoffe, dass mit dieser Gesetzesnovelle nicht nur die Kenntnisse der Rechtspraktikanten über den Strafvollzug vertieft werden, sondern dass damit ein Beitrag zur Sensibilisierung eines größeren Juristenkreises für die Probleme des kollektiven Lebens hinter Gittern leistet und zur Festigung rechtstaatlicher Verhältnisse in den Haftanstalten geleistet wird.

Keine Einsprüche.

Bundesratspräsident BIERINGER gibt bekannt, dass von Seiten der SPÖ ein Verlangen auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage betreffend Gefährdung der unparteiischen Amtsführung des Bundesministers für Justiz durch laufende Zahlungen aus seiner ehemaligen Kanzlei vorliegt. Die Behandlung wird nach Erledigung der Tagesordnung erfolgen.

2. ABGABENÄNDERUNGSGESETZ 2002 * ÄNDERUNG DES ERBSCHAFTS- UND SCHENKUNGSSTEUERGESETZES

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Bundesrat Dr. MAIER (V) hielt fest, dass die nachfolgenden Redner zu den vorliegenden Gesetzesänderungen Stellung nehmen werden. Er selbst hinterfragte die Sinnhaftigkeit der Einbringung der dringlichen Anfragen seitens der SPÖ.

Bundesrat ROSENMAIER (S) konstatierte, das Tabaksteuergesetz sei stets umstritten gewesen. Er selbst zeigte sich über die vorgesehene Zweckbindung der Tabaksteuererhöhung für die Gesundheitsvorsorge erfreut. Das 2. Abgabenänderungsgesetz wird ihm zufolge außerdem eine Verbesserung bei der Lohnsteuerprüfung bringen.

Auch Bundesrat WEILHARTER (F) erwartet sich Vorteile für die Betroffenen von der Zusammenlegung der Lohnsteuerprüfungen. Damit werde auch mehr Kapazität frei, skizzierte er. Weilharter rechnet zudem mit einer Eindämmung der Steuerhinterziehung in gewissen Bereichen durch das 2. Abgabenänderungsgesetz.

Gegen beide vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erhob der Bundesrat einstimmig keinen Einspruch.

AUSTRIA WIRTSCHAFTSSERVICE-ERRICHTUNGSGESETZ * ÄNDERUNG DES BANKWESENGESETZES UND DES KARTELLGESETZES

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Bundesrat KALTENBACHER (S) erläuterte, Zweck des Austria Wirtschaftsservice - Errichtungsgesetzes sei die Zusammenführung der Institutionen für unternehmensbezogene Wirtschaftsförderung des Finanz- und des Wirtschaftsministeriums. Ziel sei es, eine wirtschaftsorientierte und kundenfreundliche Stelle zu schaffen. Kaltenbacher befürchtet jedoch, dass es durch die Zusammenführung der Förderstellen zu einer Benachteiligung von klein- und mittelständischen Betrieben gegenüber der Industrie kommen wird und kündigte daher die Ablehnung der Gesetzesvorlage durch die SPÖ an.

Bundesrat Dr. MAIER (V) glaubt dem gegenüber, dass die Zusammenführung der Förderstellen auch Erleichterungen für Klein- und Mittelbetriebe bringen wird, da künftig Doppelgleisigkeiten vermieden würden.

Bundesrätin HAUNSCHMID (F) befasste sich mit Fragen der Tourismusförderung und bedauerte, dass keine eigene Tourismusförderungsbank eingerichtet wird. Dennoch glaubt sie nicht, dass der Tourismus um seine Förderung fürchten muss. Zum Austria Wirtschaftsservice-Errichtungsgesetz brachte Haunschmid einen Vier-Parteien-Entschließungsantrag ein, in dem der Finanzminister und der Wirtschaftsminister ersucht werden, spätestens bis Ende 2004 einen Bericht vorzulegen, um die Auswirkungen der Neuordnung der Wirtschaftsförderung auf Klein- und Mittelbetriebe zu evaluieren.

Mehrheitlich kein Einspruch. Der Entschließungsantrag betreffend die Förderung von Klein- und Mittelbetrieben wurde vom Bundesrat einstimmig angenommen.

DEREGULIERUNGSGESETZ - ÖFFENTLICHER DIENST * ÄNDERUNG DES BUNDES-PERSONALVERTRETUNGSGESETZES

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Bundesrat WÜRSCHL (S) meinte, bei einem Deregulierungsgesetz-Öffentlicher Dienst müsste es um Verwaltungsvereinfachungen und um Effizienzsteigerungen gehen und es müsste über eine Optimierung der Aufgabenverteilung in diesem Bereich nachgedacht werden. Die vorgesehene Auflösung der Verwaltungsakademie hat seiner Auffassung nach mit diesen Zielen aber nichts zu tun. Würschl zufolge ist eine zentrale Bildungseinrichtung auf Bundesebene notwendig. Er glaubt zudem, dass der Regierung nicht die Optimierung der Ausbildung für öffentlich Bedienstete ein Anliegen ist, sondern dass es ihr darum geht, eine öffentliche Einrichtung zu zerschlagen und Parteifreunden bestimmte Aufträge "zuzuschanzen".

Bundesrat SCHÖLS (V) warf der SPÖ vor, in der Vergangenheit qualifizierte Verbesserungen des Personalvertretungsgesetzes verhindert zu haben. Was die nunmehrige Änderung des Gesetzes betrifft, hielt er fest, er sehe keine Notwendigkeit, jetzt außertourliche Personalvertretungswahlen in neu organisierten Dienststellen durchzuführen.

Bundesrätin Mag. TRUNK (S) brachte einen Fall sexueller Belästigung von zwei Frauen in der Grazer Stadtverwaltung durch einen FPÖ-Stadtrat zur Sprache und hielt Tourismus-Staatssekretärin Rossmann vor, von diesem Fall gewusst, aber nicht gehandelt zu haben. Wenn es zu gröblichen Verletzungen komme, habe man entsprechende Schritte zu setzen, forderte sie. Trunk brachte in diesem Zusammenhang einen Entschließungsantrag ein, in dem Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer ersucht wird, einen Bericht über sexuelle Belästigung im Bereich des öffentlichen Dienstes zu erstellen. Zudem soll nach Ansicht der SPÖ Bundeskanzler Schüssel die Entlassung von Staatssekretärin Rossmann aus der Regierung prüfen.

Sozial- und Frauenminister Mag. HAUPT hielt dazu fest, dass er sofort nach Bekanntwerden der Affäre die Gleichbehandlungskommission eingeschaltet und einen Rechtsbeistand für die beiden Frauen zur Verfügung gestellt habe. Er bekräftige jedoch, dass bis zu einer gerichtlichen Klärung des Sachverhalts die Unschuldsvermutung zu gelten hätte. Allgemein hielt Haupt fest, es sei notwendig, alles daran zu setzen, um auf sexuelle Belästigung, die beim Witz beginne und bei tatsächlichen Übergriffen in die sexuelle Intimsphäre mit Gewaltanwendung ende, mit entsprechender Sensibilität zu reagieren. Verteidigt wurden von ihm die vorgesehene Änderung des Bundes-Personalvertretungsgesetzes und die Auflösung der Verwaltungsakademie.

Bundesrat Dr. NITTMANN (F) erläuterte die wichtigsten Punkte des Deregulierungsgesetzes - Öffentlicher Dienst und hob insbesondere die Ausbildungsreform hervor. Seiner Ansicht nach ist die Ausbildung im öffentlichen Dienst seit langem reformbedürftig, vor allem die Grundausbildung orientiere sich ungenügend am Bedarf und an den Verwaltungszielen. Nittmann zufolge soll sich die Grundausbildung künftig stärker am Bedarf der einzelnen Dienststellen orientieren, zudem solle in Hinkunft dem Managementtraining besonderes Augenmerk geschenkt werden. Die Auflösung der Verwaltungsakademie begründete er mit der massiven Kritik des Rechnungshofes.

Bundesrat BINNA (S) erklärte, Vizekanzlerin Riess-Passer habe zu Beginn ihrer Amtsperiode festgestellt, dass im öffentlichen Dienst um 15.000 Mitarbeiter zuviel seien. Deshalb seien bei Post, Bahn und Telekom Pensionierungen vorgenommen worden. Weil sich das nunmehr mit dem Nulldefizit nicht ausgehe, gebe es einen Aufschrei. Binna stellte aber in Abrede, dass Ärzte für die ÖBB Gefälligkeitsgutachten in Zusammenhang mit Frühpensionierungen erstellt hätten.

Für Bundesrätin Dr. KANOVSKY-WINTERMANN (F) steht der von Bundesrätin Trunk eingebrachte Entschließungsantrag in keinem Zusammenhang mit der vorliegenden Gesetzesnovelle. Positiv bewertete sie die Äußerungen von Sozialminister Haupt zur sexuellen Belästigung von Frauen. Es sei wichtig, einen Frauenminister zu haben, der hier Sensibilität besitze, sagte sie. In Bezug auf das Deregulierungsgesetz - Öffentlicher Dienst lobte Kanovsky-Wintermann den durch den Abbau von Mehrfachzuständigkeiten bedingten freiwilligen Machtverzicht von Vizekanzlerin Riess-Passer. Von einer Zerschlagung der Ausbildung für den öffentlichen Dienst kann ihr zufolge keine Rede sein.

Die Vorsitz führende Bundesratsvizepräsidentin HASELBACH stellte klar, dass der von der SPÖ eingebrachte Entschließungsantrag sehr wohl in Zusammenhang mit dem vorliegenden Verhandlungsgegenstand stehe und verwies insbesondere auf die Erläuterung des Antrages. Haselbach gab jedoch bekannt, dass die SPÖ den Entschließungsantrag mittlerweile zurückgezogen habe und diesen, gestrichen um den letzten Absatz, erneut einbringen wolle.

Bundesrätin Mag. TRUNK (S) begründete die Zurückziehung und neuerliche Einbringung des Antrags damit, dass es ihr nach der Stellungnahme von Frauenminister Haupt und weiteren Erkundigungen nicht mehr zulässig erscheine, Staatssekretärin Rossmann zu unterstellen, unzulässig gehandelt zu haben, weshalb der vorliegende Entschließungsantrag nicht mehr die Forderung enthalte, Bundeskanzler Schüssel möge ihre Entlassung aus der Regierung prüfen.

Der Bundesrat erhob gegen beide vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates mehrheitlich keinen Einspruch. Der Entschließungsantrag der SPÖ betreffend politische Verantwortung für den Grazer Sexskandal blieb in der Minderheit.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG: UNTERSTÜTZUNG DER BEWERBUNG DER STADT SALZBURG FÜR DIE OLYMPISCHEN WINTERSPIELE 2010

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Bundesrat SALLER (V) wertete die Bewerbung Salzburgs für die Olympischen Winterspiele 2010 gemeinsam mit Wintersportgebieten in Tirol und Bayern als bestechend. Seiner Ansicht nach werden die Bewerber auch den Sicherheitsanforderungen, die an die Abhaltung Olympischer Spiele gestellt werden, gerecht. Saller gab zudem zu bedenken, dass Olympische Spiele ein großes wirtschaftliches Projekt seien und der Region Investitionen sichern würden.

Bundesrat GRUBER (S) äußerte sich über den vorliegenden Entschließungsantrag erfreut, auch wenn er, wie er meinte, eine kleine Träne im Knopfloch habe, weil das Gasteinertal nicht vom Konzept umfasst sei. Begrüßt wurde von ihm die breite Zustimmung der Salzburger Bevölkerung zum Projekt.

Bundesrat ASPÖCK (F) sprach sich ebenfalls für die Bewerbung Salzburgs für die Olympischen Winterspiele 2010 aus.

Bundesrat WINTER (S) erklärte, auch als Niederösterreicher stehe er zur Bewerbung Salzburgs für die Olympischen Winterspiele 2010. Er glaubt, dass ganz Österreich davon profitieren würde.

Die dem Bericht des Ausschusses für öffentliche Leistung und Sport beigedruckte Entschließung wurde vom Bundesrat einstimmig angenommen.

60. ASVG-NOVELLE UND PARALLELGESETZE

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Bundesratsvizepräsident WEISS (V) wies darauf hin, dass die von Vorarlberg entsandten Bundesräte den Antrag einbringen, gegen den Gesetzesbeschluss Einspruch zu erheben. Finanzielle Probleme einzelner Krankenkasse sollen durch eine Neugestaltung des Strukturausgleiches, durch eine weitere Erhöhung der Beiträge an den Ausgleichsfonds sowie durch die Verpflichtung einzelner Krankenkassen, Darlehen zu gewähren, behoben werden. Damit werde aber zu wenig dem Gesichtspunkt Rechnung tragen, dass Strukturprobleme nicht durch Einmalzahlungen, sondern nur durch Strukturreformen gelöst werden können, gab er zu bedenken. Abgesehen davon sind für den Einspruch gravierende verfassungsrechtliche Bedenken maßgeblich, auf die von zahlreichen Stellen hingewiesen wurde.

Es sei u.a. davon auszugehen, dass das charakteristische System der Selbstverwaltung keinen einfachgesetzlichen Änderungen unterzogen werden darf, weil damit das Prinzip der Autonomie grundsätzlich untergraben werde. Der Gesetzesbeschluss überschreite in mehrfacher Hinsicht sowohl die verfassungsrechtlichen Grenzen der Selbstverwaltung als auch die durch den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz und das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums zu beachtenden Schranken. Außerdem werde ein grundsätzlicher Systemwechsel vollzogen und die Gebietskrankenkassen in Organisationseinheiten eines zentral geführten Krankenversicherungsträgers umgewandelt, zeigte Weiss auf. Was die Zwangsdarlehen betrifft, so gebe er zu bedenken, dass die betroffenen Gebietskrankenkassen weder über eine Ausfallhaftung des Bundes verfügen noch über zivilrechtliche Ansprüche.

Bundesrat FASCHING (V) stand der 60. ASVG-Novelle positiv gegenüber.

Einzelne Versicherungsträger seien mit unterschiedlichen finanziellen Leistungsfähigkeiten ausgestattet. In den einzelnen Bundesländern gebe es große Unterschiede, was die wirtschaftliche Dynamik, die geographische Struktur, die Beitragsgrundlagen und die Versicherungsstruktur betrifft. Daher wurde bereits vor 40 Jahren ein Ausfallfonds errichtet, der nun neu strukturiert werden muss. Vorgesehen sind nun ein Struktur- sowie ein Zielerreichungstopf, wodurch das Bemühen um eine kostengünstige Verwaltung berücksichtigt werde. Weiters bringt die ASVG-Novelle die Einführung eines unabhängigen Heilmittelstribunals, die Aufhebung der Krankenscheingebühr bei gleichzeitiger Einhebung einer Servicegebühr für die Chipkarte sowie die verpflichtende elektronische Abrechnung der Vertragspartner.

Die vorliegenden Gesetzesbeschlüsse stellen keinen Beitrag zur Sanierung der Krankenkassen dar, meinte Bundesrat FREIBERGER (S). Durch die geplanten Umschichtungen werde keine nachhaltige Reform des Gesundheitssystem erreicht, sondern die Probleme nur hinausgeschoben. Schon die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung haben nur Belastungen für die Menschen gebracht, wie z.B. der "Rohrkrepierer" der unsozialen Ambulanzgebühr, die Erhöhung der Spitalskostenbeiträge sowie der Rezeptgebühren etc. Zugleich wurden den Krankenkassen Mittel entzogen, zeigte Freiberger auf, denn so müssen sie etwa 1,5 Mrd. S mehr zur Spitalsfinanzierung beitragen. Es dränge sich der Verdacht auf, dass das solidarische Gesundheitssystem geschwächt und ein Zweiklassensystem aufgebaut werden soll.

Bundesrätin HAUNSCHMID (F) machte darauf aufmerksam, dass die Bundesregierung ein Krankenkassendesaster übernommen habe, nämlich 7 Mrd. S Defizit. Die Diskussion über die Ausgleichsdarlehen für marode Krankenkassen sei sehr diffizil und müssen darauf vertrauen, was die Bundesregierung ausverhandelt. Schließlich gehe es um den Grundsatz der Solidarität, der für alle im Vordergrund stehen sollte.

Grundsätzlich enthalte dieses Sozialversicherungspaket wichtige Verbesserungen, räumte Bundesrat HAGEN (F) ein. Negativ beurteilte er jedoch die Abschöpfung der Reserven, da diese den Beitragszahlern gehören. 108.000 Unterschriften seien für ihn als Vorarlberger Bundesrat ein klares Signal, gegen dieses Gesetz Einspruch zu erheben. Wünschenswert wären für ihn u.a. eine Zusammenlegung von Krankenkassen im administrativen Bereich auf Länderebene, die Festlegung von Mindeststandards, die Definition eines Leistungskataloges, die Möglichkeit einer Höherversicherung, eine verbesserte Transparenz der erbrachten Leistungen, die Einführung eines Bonus-Systems als Sparanreiz etc.

Die zur Diskussion stehenden Sozialgesetze enthielten ganz gravierende Verbesserungen in den verschiedensten Bereichen, attestierte Bundesrätin HÖLLERER (V). Was die Neukonstruierung des Ausgleichsfonds betrifft, so appelliere sie daran, den Gedanken der Solidarität in den Mittelpunkt zu stellen. Es gebe eine Reihe von Strukturproblemen, die durch einen internen Finanzausgleich abgefangen werden müssen. So seien etwa 60 % der Bauern im Nebenerwerb tätig und zahlen daher in andere Kassen ein. Außerdem gebe es einen sehr hohen Anteil an Pensionisten, was einen stärkeren Bedarf an Heilmitteln nach sich ziehe. Höllerer gab noch zu bedenken, dass die Ausschüttung von Geldern von Reformleistungen der Versicherungsträger abhänge und zudem liege auch ein Tilgungsplan vor.

Bundesrätin GIESINGER (V) merkte positiv an, dass durch die intensive Diskussion über dieses Thema Verbesserungen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf möglich geworden sind. Allerdings sei das Sozialversicherungsgesetz noch immer nicht so gestaltet, dass sie zustimmen könne. Die grundlegenden Probleme werden mit diesen Vorschlägen nämlich nicht gelöst, sondern "auf Kosten anderer werde die Wunde nur zugedeckt". Die Vorarlberger Krankenkasse zahle jetzt schon 10.800 Euro wöchentlich in den Ausgleichsfonds. Sie sehe nicht ein, warum die sparsam und verantwortungsvoll wirtschaftenden Kassen, die das Geld selbst brauchen, um Defizite abzudecken, nun Darlehen zur Verfügung stellen müssen.

Solidarität und Strukturreform müssten die Überschriften für die Weiterentwicklung des Krankenkassensystems ein, meinte Bundesrat HÖSELE (V). Sodann wies er auf ein EDV-Projekt in der steirischen Gebietskrankenkasse hin, dessen Kosten auf das Zehnfache des ursprünglich veranschlagten Betrages angestiegen sind. Dies sei nur ein Beispiel dafür, dass es noch immer viele "Reserven" bei den einzelnen Trägern gibt. Hösele schlug sodann die Schaffung von Landesgesundheitsfonds vor, um die Zersplitterung der Gesundheitsfinanzierung zu beenden.

Mit keinem Wort wurde heute die enorme Belastung der Kassen durch gesetzliche Maßnahmen erwähnt und auf die Tatsache hingewiesen, dass den Krankenkassen in der letzten Zeit immer mehr Aufgaben vorgegeben werden, ohne für die Bedeckung zu sorgen, urteilte Bundesrätin KAINZ (S). Die sozialdemokratische Fraktion werde keinesfalls der 60. ASVG-Novelle zustimmen, da sie den Ruin aller Kassen nach sich ziehen werde. Die einzig wirklich sinnvolle Maßnahme, um die Situation der Sozialversicherung in den Griff zu bekommen, bestehe nur in einer Verbreiterung der Finanzierungsgrundlage, war Kainz überzeugt.

Bundesrat KNEIFEL (V) sprach sich dafür aus, dass sich der Hauptverband gut funktionierende Modelle, wie jenes in Oberösterreich, genauer anschaut. Ein grundlegendes Problem sei seiner Ansicht nach die Vermischung von gesetzgeberischen Aktivitäten und jenen der Selbstverwaltung. Angesichts der Kostenentwicklung (Ausgaben + 6%, Einnahmen + 3%) müsse nun etwas unternommen werden, damit eine Grundversorgung auf hohem Niveau gewährleistet werden kann. Wie die Einigung in der Frage der Abfertigung Neu gezeigt hat, habe die Sozialpartnerschaft eine hohe Problemlösungskompetenz und auch dieses Thema sei bei den Sozialpartnern gut aufgehoben, war Kneifel überzeugt.

Bundesrätin SCHICKER (S) bezeichnete die geplante Sanierung der finanzschwachen Krankenkassen als Enteignungsaktion. Der Zugang der Sozialdemokraten sei ein anderer, meinte sie, ein diesbezüglicher Entschließungsantrag der SPÖ wurde bereits im Nationalrat eingebracht. "Wir wollen faire Chancen für alle" und lehnen eine Zweiklassenmedizin ab, unterstrich sie.

Bundesrat KONECNY (S) fragt sich, wozu man Solidarität, Ausgleichsfonds und Zwangsdarlehen brauche, wenn, wie Gesundheitsstaatsekretär Waneck in einem Interview erklärt habe, die Krankenkassen saniert seien. Dem gegenüber habe der frühere Hauptverbands-Präsident Sallmutter davor gewarnt, dass die Krankenkassen einem Finanzierungsengpass zusteuerten, und, so Konecny, damit Recht behalten. Seiner Meinung nach hat die Regierung entscheidend dazu beigetragen, dass die Krankenkassen in einer ernsten finanziellen Lage sind. So gebe es durch die negative Entwicklung am Arbeitsmarkt, die u.a. durch einen Rückgang der öffentlichen Aufträge bedingt sei, weniger Beitragszahler.

Konecny kündigte an, den Einspruchsantrag von Bundesratsvizepräsident Weiss gegen die 60. ASVG-Novelle zu unterstützen. Er ist zudem überzeugt, dass die angekündigte Beschwerde des Landes Vorarlberg gegen das Gesetz beim Verfassungsgerichtshof Erfolg haben wird.

Gesundheitsstaatssekretär Dr. WANECK erinnerte daran, dass der frühere Hauptverbands-Präsident Sallmutter nicht nur das Ergebnis der Krankenkassen 1999 "verschleiert", sondern auch mit sämtlichen Folgeprognosen Unrecht gehabt habe. So habe er für das Jahr 2000 einen Abgang von 5,7 Mrd. S prognostiziert, tatsächlich habe dieser aber lediglich 2,5 Mrd. S betragen.

Die 60. ASVG-Novelle bezeichnete Waneck als höchst modernes Gesetz, das zahlreiche Verbesserungen bringe und nur in einem einzigen Punkt umstritten sei. In diesem Zusammenhang mahnte er Solidarität von Regionen, die ein höheres Lohnniveau und weniger Pensionisten haben, mit anderen Regionen ein. Weiters betonte der Staatssekretär, dass die Regierung nicht in die Selbstverwaltung der Sozialversicherungsträger eingegriffen, sondern diese vielmehr gestärkt habe.

Bei der Abstimmung lehnte der Bundesrat den Antrag der Vorarlberger Bundesräte Jürgen Weiss (V), Christoph Hagen (F) und Ilse Giesinger (V), gegen die 60. ASVG-Novelle Einspruch zu erheben, mit 31 zu 25 Stimmen ab. Mehrheitlich folgte der Bundesrat der Empfehlung des Sozialausschusses, gegen die 60. ASVG-Novelle keinen Einspruch zu erheben. Auch gegen die anderen vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erhoben die Bundesräte mehrheitlich keinen Einspruch.

BUNDESSOZIALÄMTERREFORMGESETZ * SOZIALVERSICHERUNGSABKOMMEN MIT DER SLOWAKISCHEN REPUBLIK

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Bundesratsvizepräsident WEISS (V) führte aus, die vorliegende Änderung des Bundessozialämterreformgesetzes bringe im Zusammenwirken der Bundessozialämter mit den Sozialeinrichtungen der Länder einen Abbau von Doppelgleisigkeiten, welcher auch zu Einsparungen führen werde, ohne dass es zu Nachteilen für die Betroffenen komme. Er kündigte dennoch an, dass die Vorarlberger Bundesräte der im Gesetz enthaltenen Verfassungsbestimmung keine Zustimmung geben werden. Er sei nicht gegen den Inhalt des Gesetzes, erläuterte Weiss, lehne das Gesetz jedoch aus formalen Gründen ab, weil man in das Prinzip der mittelbaren Bundesverwaltung eingreife.

Bundesrat KALTENBACHER (S) wertete es als positiv, dass zahlreiche Anregungen der Opposition in das Bundessozialämterreformgesetz eingeflossen seien. Besonders begrüßte er, dass die Bundessozialämter erhalten bleiben, auch wenn er große Einschnitte sieht. Die Sozialdemokraten stimmten dem Gesetz zu, sagte Kaltenbacher, werden aber genau darauf achten, dass behinderte Menschen in Österreich "nicht auf der Strecke bleiben".

Bundesrat Ing. KLAMT (F) skizzierte, Menschen mit Behinderungen hätten in der heutigen Leistungsgesellschaft keinen leichten Stand. Sie dürften nicht als Bittsteller angesehen werden, sondern hätten ein Recht auf rasche Hilfestellungen. Erfreut äußerte sich Klamt über das Abkommen zwischen Österreich und der Slowakei über soziale Sicherheit.

Das Bundessozialämterreformgesetz erhielt bei der Abstimmung die erforderliche Zweidrittelmehrheit. Gegen das Abkommen zwischen Österreich und der Slowakei über soziale Sicherheit erhoben die Bundesräte einstimmig keinen Einspruch.

HEILMASSEURGESETZ * PATIENTENCHARTA * ÄNDERUNG DES BUNDESPFLEGEGELDGESETZES UND DES REZEPTPFLICHTGESETZES

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Bundesrätin SCHLAFFER (S) kündigte die Zustimmung der SPÖ zur vorliegenden Patientencharta und zum Medizinischen Masseur- und Heilmasseurgesetz an. Mit dem Heilmasseurgesetz werde eine alte Forderung der SPÖ umgesetzt, unterstrich sie, zudem garantiere der vorliegende Entwurf  Qualitätssicherheit und Berufssicherheit. Ablehnung signalisierte Schlaffer hingegen zur Änderung des Bundespflegegeldgesetzes und zur Änderung des Rezeptpflichtgesetzes. Sie glaubt, dass die angestrebten Einsparungen für die Krankenkassen nicht eintreten werden, und ortet zudem eine Ungleichbehandlung von Pflegebedürftigen.

Bundesrätin WIMMLER (V) nahm zur Änderung des Bundespflegegeldgesetzes Stellung und wies darauf hin, dass damit Personen, die Sterbebegleitung für nahe Angehörige in Anspruch nehmen, die Möglichkeit eingeräumt werde, auf unbürokratischem Weg Vorschuss auf Pflegegeld zu erhalten. Dadurch würden sie finanziell abgesichert. Kein Verständnis zeigte Wimmler für die Ablehnung dieses Gesetzentwurfes durch die SPÖ.

Bundesrätin Dr. KANOVSKY-WINTERMANN (F) äußerte sich über die absehbare Einstimmigkeit in Bezug auf die Ausbildung zum medizinischen Masseur und in Bezug auf die vorliegende Patientencharta erfreut. In diesem Zusammenhang wies sie darauf hin, dass Kärnten beim Abschluss einer Patientencharta eine Vorreiterrolle gespielt habe. Wie ihre Vorrednerin kann auch Kanovsky-Wintermann, wie sie sagte, nicht nachvollziehen, warum die SPÖ der Änderung des Bundespflegegeldgesetzes als Begleitmaßnahme zur Familienhospizkarenz keine Zustimmung erteile.

Kein Einspruch. (Schluss TO/Forts. Dringliche)


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