Parlamentskorrespondenz Nr. 659 vom 16.09.2003

REGIERUNGSVORLAGEN

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DIE ASYLGESETZ-NOVELLE 2003

Nächste Woche wird sich der Ausschuss für innere Angelegenheiten mit der Asylgesetz-Novelle 2003 befassen. Es ist zu dieser Thematik ein Hearing geplant.

EFFIZIENTERE ABWICKLUNG DER ASYLVERFAHREN

Im entsprechenden Gesetzentwurf wird vorgeschlagen, der inhaltlichen Prüfung des Asylantrages ein Zulassungsverfahren vorzulagern. In diesem Zulassungsverfahren sollen unzulässige und offensichtlich unbegründete Anträge schnell gefiltert werden können und Asylwerbern, bei denen klar ist, dass sie Flüchtlinge und somit asylberechtigt sind, rasch Asyl gewährt werden können, heißt es in den Erläuterungen zu dieser Vorlage.

ZULASSUNGSVERFAHREN IN DER ERSTAUFNAHMESTELLE

Das Zulassungsverfahren wird in einer Erstaufnahmestelle geführt; Asylwerber können ihre Anträge nur in einer Erstaufnahmestelle einbringen. Wird der Antrag bei einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gestellt, ist dieses ermächtigt, den Schutzsuchenden zu durchsuchen, wenn er seine Dokumente und Gegenstände, die Aufschluss über die Reisebewegung und/oder Fluchtgründe geben könnten, auch über Aufforderung nicht vorlegt, und der Erstaufnahmestelle vorzuführen, damit der Schutzsuchende seinen Asylantrag einbringen kann. Werden Dokumente bzw. Gegenstände, die Hinweise auf die Identität, die Staatsangehörigkeit oder den Reiseweg geben können, gefunden, dürfen diese vorläufig sichergestellt werden. Ist es möglich, werden die Schutzsuchenden bereits von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erkennungsdienstlich behandelt.

Asylwerber, über deren Asylantrag noch keine Zulassungsentscheidung getroffen wurde, genießen faktischen Abschiebeschutz; sie dürfen vor einer Zulassungsentscheidung nicht außer Landes gebracht und nur in Ausnahmefällen in Schubhaft genommen werden.

VERFAHRENSKARTE UND AUFENTHALTSBERECHTIGUNGSKARTE

Nach Einbringung des Asylantrages wird dem Asylwerber eine Verfahrenskarte ausgestellt, die ihn im Verfahren erkennbar macht und mit der die notwendigen Verfahrensschritte administriert werden. Die Verfahrenskarte selbst gibt dem Asylwerber kein Aufenthaltsrecht. Während des Zulassungsverfahrens ist der Asylwerber in der Erstaufnahmestelle oder einer angegliederten Betreuungseinrichtung unterzubringen.

48, längstens jedoch 72 Stunden nach Einbringung des Antrages ist die Ersteinvernahme durch ein Organ des Bundesasylamtes vorzunehmen. Zweck dieser Ersteinvernahme ist eine erste Abklärung der Identität, der Staatsangehörigkeit, des Fluchtweges und von in Österreich lebenden Verwandten des Asylwerbers und, wenn erforderlich, eine umfassende Befragung über die Fluchtgründe.

Kommt der Asylwerber nicht aus einem „Dublinstaat“ (EU-Mitgliedsstaat) oder einem sicheren Drittstaat oder ist nicht bekannt, welche Reiseroute nach Österreich gewählt wurde, ist das Verfahren als zulässig zu erklären und dem Asylwerber ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zu gewähren. Als Bescheidersatz erhält er die Aufenthaltsberechtigungskarte, die als Identitätsnachweis dient und ihn zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt.

Ist der Asylwerber über einen „Dublinstaat“ oder einen sicheren Drittstaat eingereist, so ist Österreich für die Prüfung des Asylantrages unzuständig und der Antrag wird als unzulässig zurückgewiesen; die Zurückweisung wird mit einer Ausweisung verbunden. Dies Ausweisung (in einen „Dubinstaat“ oder sicheren Drittstaat) ist sofort vollstreckbar. Zur Sicherung der Ausweisung wird vorgeschlagen, eine Festnahme und die Verhängung von Schubhaft zu ermöglichen. Sollte der zurückgewiesene Asylwerber nicht binnen zweier Monate abgeschoben werden können, wird die zurückweisende Entscheidung ex lege in eine Zulassung umgewandelt.

Ist der Asylwerber über einen Flugplatz eingereist, gelten Sondernormen. Die Entscheidung, ob die Asylwerber der Erstaufnahmestelle am Flugplatz oder einer anderen Erstaufnahmestelle vorzuführen sind, trifft das Bundesasylamt.

OFFENSICHTLICH UNBEGRÜNDETE ASYLANTRÄGE

Im Fall eines offensichtlich unbegründeten Asylantrages oder wenn die inhaltliche Entscheidung ohne weiteres Ermittlungsverfahren möglich ist, kann das Bundesasylamt aus dem Zulassungsverfahren in das inhaltliche Verfahren „umsteigen“. Soll wie in der Erstaufnahmestelle abweisend entschieden werden, steht dem Asylwerber – wie im Falle einer negativen Zulassungsentscheidung – Rechtsberatung, Akteneinsicht und eine weitere Vernehmung zu. Ist der Asylwerber prima facie ein Asylberechtigter, kann bereits nach der ersten Einvernahme Asyl gewährt werden, sodass die Anerkennung als Asylberechtigter binnen 48, längstens 72 Stunden erfolgen kann.

Die Vorlage sieht auch vor, dass Asylwerber von Beginn an umfassende Informationen über das Asylverfahren haben und von den einvernehmenden Organen über ihre Rechte und Pflichten im Asylverfahren informiert werden. Darüber hinaus wird den Asylwerbern ein Rechtsberater zur Seite gestellt; das Anforderungsprofil der Rechtsberater wird im Gesetz festgeschrieben.

FAMILIENVERFAHREN

Wird eine Familieneigenschaft im Bezug auf einen Berechtigten behauptet, hat das Bundesasylamt lediglich festzustellen, ob diese Familieneigenschaft besteht; in diesem Fall ist der Schutz des Berechtigten auf den Asylwerber auszudehnen. Liegt die Familieneigenschaft in Bezug auf einen anderen Asylwerber vor, werden die Verfahren „verbunden“; Zweck dieser Regelung ist es, über die Anträge aller Familienangehörigen die gleiche Entscheidung zum gleichen Zeitpunkt zu erlassen. Jeder Asylantrag wird einzeln geprüft, die Einvernahmen finden nicht im Beisein der anderen Familienmitglieder statt.

SONDERBESTIMMUNGEN FÜR FOLTEROPFER UND TRAUMATISIERTE

Für Folteropfer und Traumatisierte werden im Verfahren besondere Sicherheitsmechanismen eingebaut. Das Verfahren ist laut der Vorlage zuzulassen, wenn im Zulassungsverfahren in der Ersteinvernahme oder in einer weiteren Einvernahme medizinisch belegbare Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Opfer von Traumatisierungen oder Folteropfer sein könnten; es muss sich um Geschehnisse handeln, die im Zusammenhang mit dem die Flucht auslösenden Ereignis vorgefallen sind und der Asylwerber durch diese traumatisiert wurde.

ASYLVERZICHT

Die Vorlage beinhaltet auch eine Bestimmung, wonach Asylberechtigte – abgesehen von einem Aberkennungsverfahren – auf das ihnen von Österreich gewährte Asylrecht verzichten können. Dieser Antrag ist schriftlich und persönlich vor dem Bundesasylamt einzubringen; der Verzicht wird dem Fremden bescheinigt. Diesen Personen ist bis zu ihrer Ausreise aus dem Bundesgebiet einmalig ein befristetes Aufenthaltsrecht bis zu drei Monaten zu gewähren. (120 d.B.)

BUND SCHLIESST MIT VORARLBERG PATIENTENCHARTA AB

Das Land Vorarlberg und der Bund haben eine Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte geschlossen. Bereits in der vorletzten Gesetzgebungsperiode wurde eine solche Vereinbarung mit dem Land Kärnten abgeschlossen, in der letzten Legislatursperiode erfolgte ein bilateraler Abschluss mit den Bundesländern Burgenland, Oberösterreich, Niederösterreich und der Steiermark.

Die Vereinbarung enthält Regelungen zu wesentlichen Bereichen von Patientenrechten: das Recht auf Behandlung und Pflege, das Recht auf Achtung der Würde und Integrität, das Recht auf Selbstbestimmung und Information, das Recht auf Dokumentation und hinsichtlich der Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen. Besondere Bestimmungen gibt es für Kinder: Neben der Aufklärung des Erziehungsberechtigten (erforderlichenfalls des gesetzlichen Vertreters) ist auch den Minderjährigen eine ihrem Alter und ihrem geistigen Entwicklungsstand angemessene Aufklärung zu geben; mündige Minderjährige sind grundsätzlich aufzuklären. (201 d.B.)

VERBESSERUNG DER RECHTSPOSITION DER HEIMBEWOHNER

Das „Heimvertragsgesetz“ verpflichtet die Träger von Alten- und Pflegeheimen, Interessenten an Heimplätzen auf deren Verlangen vorweg die wesentlichen Informationen über ihr Leistungsspektrum zu geben, darüber hinaus werden für den zivilrechtlichen Heimvertrag zwingende Inhalte vorgeschrieben. Klargestellt wird zudem, dass Mängel bei der Erbringung einer Leistung durch den Heimträger zur Minderung des Entgelts führen können. Dem wirtschaftlichen Schutz der Bewohner sollen gewisse Vorgaben für Kautionen dienen. Ergänzt werden diese Regelungen durch Kündigungsbeschränkungen.

Die Vorlage betrifft allein zivilrechtliche Angelegenheiten, für die der Bund in Gesetzgebung und Vollziehung zuständig ist. Auf die den Ländern zukommende Kompetenz für die Errichtung, den Betrieb und die Erhaltung von Pflegeheimen ist dabei aber Rücksicht zu nehmen. (202 d.B.) (Schluss)