Parlamentskorrespondenz Nr. 930 vom 28.11.2003

ÄRZTEGESETZ EINSTIMMIG IM AUSSCHUSS ANGENOMMEN

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Wien (PK) - Heute morgen fand eine Sitzung des Gesundheitsausschusses statt, wobei zunächst über die Novelle des Ärztegesetzes ausführlich debattiert wurde. Obwohl SPÖ und Grüne Kritik daran übten, dass der Bereich der Qualitätskontrolle aus dem ASVG herausgenommen und nunmehr einer Gesellschaft für Qualitätssicherung übertragen wurde, fand die Vorlage dann doch - in der Fassung eines Abänderungsantrages - die einhellige Zustimmung. Bundesministerin Maria Rauch-Kallat sprach von einem ersten Schritt und kündigte an, dass in etwa einem halben Jahr ein Entwurf für eine umfassende Gesundheitsreform vorgelegt werde.

Bei der 5. Ärztegesetz-Novelle geht es neben der Umsetzung von gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben darum, aktuell aufgetretene, klarstellungsbedürftige Fragestellungen legistisch einer Lösung zuzuführen. Einen besonderen Stellenwert nimmt dabei die Regelung der Übertragung einzelner ärztlicher Tätigkeiten im Einzelfall an Laien ein, wobei es sich in der Regel um Angehörige des Patienten handelt. Darüber hinaus werden im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung weitere Kompetenzen an die Österreichische Ärztekammer übertragen. Dazu gehören die Erlassung der Ärzteliste-Verordnung sowie die Erlassung von Verordnungen hinsichtlich der Ausbildung von Ärzten. Die Ärztekammer wird zudem eine Gesellschaft für Qualitätssicherung errichten, die für die Ausarbeitung von Kriterien, für die Qualitätskontrolle und die Führung eines Registers zuständig ist. Außerdem ist ein wissenschaftlicher Beirat vorgesehen, der paritätisch durch das Gesundheitsressort und die Ärztekammer mit Fachleuten besetzt wird. (306 d.B. )

Der von den Regierungsparteien eingebrachte Abänderungsantrag sieht u.a. die Möglichkeit von Teilzeitbeschäftigung für Turnusärzte vor. Hinsichtlich der Qualitätssicherung wurde noch festgelegt, dass beim Auftreten von Mängeln die Gesellschaft für Qualitätssicherung den Arzt, Zahnarzt oder die Gruppenpraxis zur Behebung des Mangels aufzufordern hat. Wird dem nicht nachgekommen, dann sei eine Disziplinaranzeige zu erstatten.

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (G) kritisierte vehement, dass die Qualitätssicherung nicht mehr im ASVG festgeschrieben ist und die Ärzte nun quasi sich selbst kontrollieren. Sie frage sich, warum man diesen Bereich an die Ärzte "verkauft" habe. Außerdem bedauere sie zutiefst, dass wieder einmal keine Barrierefreiheit bei den Arztpraxen vorgeschrieben wurde. In Österreich gebe es z.B. nur zwei behindertengerechte Zahnarztpraxen, zeigte sie auf. Behinderte Menschen sind auch von einigen Untersuchungen ausgeschlossen, wie z.B. Mammografie oder Lungenröntgen, weil dies im Sitzen nicht möglich ist.

Abgeordneter Manfred Lackner (S) kündigte die grundsätzliche Zustimmung seiner Fraktion zu der Vorlage an. Allerdings sehe auch er es als problematisch an, dass die Qualitätskontrolle im "Schoß der Ärztekammer" verankert werde und fast keine externen Kontrollen vorgesehen sind. Sinnvoll wäre seiner Ansicht nach daher die Schaffung eines unabhängigen Bundesinstitutes für Qualitätsmedizin, in das alle Akteure des Gesundheitswesens einzubeziehen sind. Dieses Institut sollte die Wirksamkeit von Methoden und Produkten bewerten und insbesondere Kosten/Wirksamkeitsanalysen neuer Medikamente und neuer Behandlungsmethoden durchführen, argumentierte er unter Hinweis auf einen Entschließungsantrag seiner Fraktion.

Abgeordnete Heidrun Silhavy (S) war mit der Lösung hinsichtlich der Qualitätssicherung nicht zufrieden, da es möglich gewesen wäre, zusätzliche Kriterien für Ärzte ohne Vertrag festzulegen. Sie verwies sodann ebenfalls auf einen SPÖ-Antrag, in dem ein verbindlicher Katalog mit qualitativ und quantitativ messbaren Gesundheitszielen für die nächsten zehn Jahre eingefordert wird. Ebenso wie ihre Fraktionskollegin Heidrun Walther verwies sie darauf, dass viele Menschen vor allem in den ländlichen Regionen nicht die Möglichkeit haben, sich ihre Ärzte frei auswählen zu können.

Er sei betroffen darüber, dass so getan werde, als ob es überhaupt keine Qualität in der Gesundheitsversorgung gebe, erklärte Abgeordneter Erwin Rasinger (V). Österreich verfüge über eines der besten Gesundheitssysteme in der Welt und habe in den letzten Jahren in vielen Bereichen (z.B. Ausbildung) weitere große Fortschritte gemacht. Was die Regierungsvorlage betrifft, so sei es nicht richtig, dass sich die Ärzte selbst kontrollieren. Ein wissenschaftlicher Beirat, der mit Experten besetzt ist, erlasse die Guidelines, hob Rasinger hervor.

Sehr positiv sei auch, dass eine Teilzeitmöglichkeit für Turnusärzte eingeführt wird, was eine langjährige Forderung der ÖVP war, betonte Abgeordnete Ridi Steibl (V).

Abgeordneter Elmar LICHTENEGGER (F) begrüßte die Schritte in Richtung mehr Qualitätssicherung und machte darauf aufmerksam, dass erstmals ein Patientenvertreter bei der Qualitätskontrolle mitbestimmen könne. Positiv bewertete er auch die Übertragung von ärztlichen Tätigkeiten an Laien, da Familienangehörige die Bedürfnisse der Kranken oft besser einschätzen können.

Man müsse auch die internationalen Standards im Auge behalten, meinte Abgeordneter Kurt Grünewald (G), und dass Ärzte sich selber kontrollieren sei etwas unüblich. Er bedauerte, dass kein Kompromiss zustande gekommen ist, der einen Einbug der Ärzte, der Patienten, der Sozialversicherungsträger und des Ministeriums beinhaltet hätte. In einem Antrag fordern die Grünen nicht nur bessere Qualitätskontrollen in Krankenanstalten, sondern generell eine Qualitätssicherung im österreichischen Gesundheitswesen.

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat wehrte sich dagegen, dass es sich bei der Übertragung der Qualitätskontrolle an eine wissenschaftlichen Beirat um ein Gegengeschäft mit der Ärztekammer gehandelt habe. Diese Maßnahme sei notwendig geworden, weil sämtliche Nicht-Vertragsärzte dann aus der Qualitätskontrolle herausgefallen wären, gab sie zu bedenken. Außerdem handle es sich dabei nur um einen ersten Schritt, der nächste Schritt folge mit der Gesundheitsreform. Es sei nicht der Fall, dass die Ärzte nun sich selbst kontrollieren, denn der wissenschaftlicher Beirat werde paritätisch durch ihr Ressort und die Österreichische Ärztekammer mit Experten besetzt. Es spreche auch nichts dagegen, dass sie einen Vertreter aus dem Hauptverband auswählen könne, führte Rauch-Kallat aus. Überdies werde von beiden Seiten zumindest jeweils eine Person bestimmt, die über Erfahrungen auf dem Gebiet der Wahrnehmung von Patienteninteressen verfügt. Was die Übertragung ärztlicher Tätigkeiten im Einzelfall an Laien betrifft, so sei der Personenkreis im Gesetz genau definiert und auch der Tätigkeitsbereich sei ausführlich beschrieben, zeigte Rauch-Kallat auf.

Hinsichtlich der Forderung nach einem barrierefreien Zugang zu den Arztpraxen schließe sie sich der Meinung von Haidlmayr an, allerdings gehe dies nicht von heute auf morgen. Dies sei ein mittelfristiges Ziel und müsse v.a. bei neuen Arztpraxen verwirklicht werden. Die Ministerin ging dann noch auf den Antrag der Sozialdemokraten ein und wies darauf hin, dass auch quantitative Ziele angepeilt werden, etwa ein flächendeckendes "Mamma-Screening". Die Vorarbeiten zur Gesundheitsreform laufen intensiv und sie hoffe, dass in etwa sechs Monaten ein Entwurf vorlegt werden könne.

Die mit in Verhandlung stehenden Anträge der Oppositionsparteien wurden alle vertagt. Abgeordneter Erwin Rasinger begründete die Vertagungsanträge damit, dass sie alle die Gesundheitsreform betreffen, über die derzeit noch verhandelt werde. (Forts.)