Parlamentskorrespondenz Nr. 984 vom 15.12.2003
UMWELT UND UMWELTSCHUTZ ALS THEMEN BEIM ÖSTERREICH-KONVENT
Wien (PK) - In den Nachmittagsstunden standen die Umwelt und der Schutz der Umwelt im Mittelpunkt des Hearings beim Österreich-Konvent. Herbert Schaupp (Ökobüro) sprach zum Thema Schutzziele für die Umwelt aus der Sicht des WWF. Naturschutz sei ein wahrer Dauerbrenner in der öffentlichen Diskussion, und trotz vieler Anstrengungen sei auf diesem Gebiet noch immer sehr viel zu tun. Schaupp illustrierte dies am Beispiel des Seeadlers, der zwar immerhin das Bundeswappen ziere, in einigen Bundesländern jedoch nicht geschützt werde. Es brauche daher einheitliche und qualitätsvolle Schutzbestimmungen, um einen wirklich wirksamen Naturschutz erzielen zu können, wobei man vor allem auf die wildlebenden Tiere nicht vergessen dürfe.
Martin Blum (Ökobüro) befasste sich in seiner Wortmeldung mit dem Themenbereich Verkehr und setzte sich dabei mit der Raumordnung auseinander, sich für ein entsprechendes Bundesgesetz einsetzend.
Weiters trat Blum für eine Subventionskontrolle zur besseren Effizienz bei der Subventionsvergabe ein.
Erwin Mayer (Ökobüro) ventilierte eine Fortsetzung der heimischen Antiatompolitik unter Einbeziehung einer europaweiten Strategie zum Ausstieg aus der Atompolitik, sei doch die Energiepolitik mehr und mehr zu einer internationalen Angelegenheit geworden. Man müsse daher die österreichische Antiatomhaltung "nach Brüssel tragen". Zu diesem Zweck sei eine Ministerbindung sinnvoll. Weiters votierte Mayer dafür, bei 100.000 Unterschriften für ein Volksbegehren eine Volksabstimmung verbindlich abzuhalten.
Thorben Becker (Ökobüro) beleuchtete den Themenkomplex Grundrechte in der Verfassung aus der Sicht des Umweltschutzes und trat für ein Grundrecht auf eine saubere Umwelt ein. Mit einem derartigen Grundrecht wäre Österreich Vorreiter in Europa.
Franz Maier (Umweltdachverband) bezeichnete den Österreich-Konvent als einmalige Chance, den Umweltschutz angemessen und ausreichend in der Verfassung zu berücksichtigen. Im Rahmen einer Staatszielbestimmung brauche es eine Verpflichtung zum Umweltschutz, ein Bekenntnis zum Umweltschutz allein reiche für die Erfordernisse der Gegenwart nicht mehr aus, meinte Maier. In diesem Zusammenhang sprach sich Maier gegen eine Privatisierung der Wälder und Seen sowie gegen eine Liberalisierung der Wasserversorgung aus. Es dürfe kein Verkauf der für die Allgemeinheit wichtigen natürlichen Ressourcen erfolgen.
Andreas Tschuguel votierte für eine Grundsatzgesetzgebungskompetenz des Bundes in Sachen Umweltschutz und betrachtete diesen Fragenkomplex in seinem europäischen Rahmen. Man könne einige Kompetenzen im Bereich der Länder belassen, doch die Mindeststandards sollten durch den Bund festgelegt werden.
Gerald Plattner (Umweltdachverband) sprach sich für die Verankerung des Ziels der Nachhaltigkeit in der Verfassung aus und meinte, jede Sektorpolitik müsse dem übergeordneten Ziel der Nachhaltigkeit entsprechen. In diesem Sinn hält er es auch für erforderlich, staatliche Förderungen zu ökologisieren und kontraproduktive Subventionen abzuschaffen. Weitere Forderungen Plattners betrafen die Schaffung einer "Nachhaltigkeitsschnittstelle" zwischen Bund und Ländern - eine Aufgabe, die die Österreichische Raumordnungskonferenz übernehmen könnte -, ein verfassungsrechtlicher Schutz für Wasser, Wald, Berge, Gletscher, Boden und Luft sowie die Erweiterung von Partizipationsmöglichkeiten in Politik und Verwaltung.
Peter Haßlacher (Umweltdachverband) sieht die Notwendigkeit, das Bekenntnis zu einem umfassenden Umweltschutz zu vertiefen und die entsprechende Verfassungsbestimmung in das Bundes-Verfassungsgesetz selbst zu integrieren. Darüber hinaus urgierte er eine verfassungsrechtliche Bestimmung, um Verbandsklagen von Umweltschutzorganisationen zu ermöglichen. Umfassender Umweltschutz sei schließlich nur durch das Zusammenwirken staatlicher und gesellschaftlicher Organisationen möglich, skizzierte er. Im Zusammenhang mit der Frage einer Rechtswege-Garantie ersuchte Haßlacher den Österreich-Konvent, in einem Schlussbericht die Empfehlung aufzunehmen, NGOs in umweltrechtlichen Verfahren Parteistellung einzuräumen.
Die Verankerung des Tierschutzes in der Verfassung mahnte Regina Binder, Bevollmächtigte des Tierschutz-Volksbegehrens, ein. Sie wies darauf hin, dass es sowohl in der Schweiz und in Deutschland als auch im Bundesland Salzburg entsprechende Regelungen gebe, und qualifizierte das immer wieder vorgebrachte Argument, Staatszielbestimmungen seien der österreichischen Bundesverfassung wesensfremd, als "bloße Abwehrstrategie". Eine moderne Verfassung findet ihrer Meinung nach ohne Staatszielbestimmungen nicht das Auslangen. Zudem verwies Binder auf das bereits bestehende Bundesverfassungsgesetz über umfassenden Umweltschutz. Die Verankerung des Tierschutzes in der Bundesverfassung ist für die Tierschutz-Expertin die Voraussetzung für eine Verbesserung des Vollzugs des Tierschutzes. (Schluss Umwelt/Forts. Konvent)