Parlamentskorrespondenz Nr. 227 vom 25.03.2004

EIN RECHNUNGSHOFBERICHT GIBT ANLASS ZU HEFTIGEN DEBATTEN

Wien (PK) - Die Debatte zum Bericht des Rechnungshofes über Teilgebiete der Gebarung des Bundes leitete Abgeordneter Dr. KRÄUTER (S) mit Ausführungen zum EStAG-Skandal ein, wobei er eine Untersuchung der Organhaftung durch den Rechnungshof anregte. Heftige Kritik übte Kräuter an der ÖVP Steiermark, der er „Flucht aus der Verantwortung“ vorwarf. Für dieses Verhalten hätte nun die Bevölkerung zu zahlen, zeigte sich Kräuter empört.

Abgeordneter Dr. LOPATKA (V) erinnerte daran, dass die SPÖ in der Steiermark für den Abschluss der jetzt von ihr kritisierten Abfertigungsverträge zuständig war. Kräuter blende die Rolle seiner eigenen Fraktion aus, meinte er. Dem gegenüber habe Waltraud Klasnic das einzig Richtige getan und mit der Beauftragung des Rechnungshofes für maximale Aufklärung und Transparenz gesorgt, sagte Lopatka.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) sah im EStAG-Skandal die politische Verantwortung der ÖVP angesprochen. Die Klauseln in den Vorstandsverträgen hätten Abfertigungen im Falle einer fristlosen Entlassung verhindern können, meinte er. Die Abfertigungszahlungen qualifiziert Kogler als "Schweigegeld" und sprach die Vermutung aus, der Eigentümervertreter hätte jahrelang „weggeschaut“. Kogler fühlte sich in seiner Kritik durch den Rohbericht des Rechnungshofs bestätigt und meinte, es sei Zeit, den in der EStAG-Affäre zutage getretenen "steirischen Brauch" zu überdenken.

Abgeordnete Dr. BLECKMANN (F) nahm auch die SPÖ in die Verantwortung für den EStAG-Skandal, den sie im rot-schwarzen Proporz begründet sah. Die FPÖ jedenfalls habe damals gegen den Verkauf an die EDF  und für einen Verbleib der Gelder beim Land Steiermark gestimmt, erinnerte sie. Bleckmann begrüßte den Untersuchungsausschuss und drängte im Übrigen auf die Verabschiedung eines Objektivierungsgesetzes in der Steiermark.

Abgeordnete Mag. BECHER (S) kam auf die bildungspolitischen Passagen des Rechnungshofberichts zu sprechen und kritisierte Einsparungen in diesem Bereich. Handstreichartige Stundenkürzungen seien in der Welt des Wissens nicht angebracht, betonte sie.

Abgeordneter GAHR (V) befasste sich mit den Aussagen des Rechnungshofes zur Grenzgendarmerie und stellte fest, den Empfehlungen sei weitgehend Rechnung getragen worden. Wichtig war für den Redner vor allem, dass es zu keiner Auflösung der Bezirkskommandos kommen werde.

Abgeordneter Mag. GASSNER (S) thematisierte die Besoldung der Landeslehrer, denen er dafür dankte, "dass sie freiwillig und unbezahlt mehr tun als sie tun müssten". Ohne dieses Engagement wäre das Funktionieren der Schulen nicht sichergestellt, sagte er.

Abgeordneter NEUDECK (F) fragte pointiert, aus welcher Loge sich Abgeordneter Kräuter die EStAG-Vorgänge anschaut. Klar war für Neudeck, dass die SPÖ in all den Jahren "immer dabei war".

Abgeordneter Ing. KAIPEL (S) sprach sich vehement gegen die Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie aus und warf dem Innenminister zudem Parteipolitik bei Versetzungsfragen vor.

Abgeordneter Mag. DONNERBAUER (V) wies die Kritik der Opposition an der Bildungspolitik zurück und betonte, es habe weder Personaleinsparungen noch Stundenkürzungen gegeben, sondern lediglich eine finanzielle Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern. Es obliege nun den Ländern, über die Verwendung ihrer Mittel zu entscheiden. Schließungen von Volksschulen im ländlichen Raum waren für Donnerbauer kein Thema.

Abgeordneter KRIST (S) zog aus dem Rechnungshofbericht den Schluss, die Regierungsparteien würden Gesetze umgehen und missachten und statt dessen konsequent und zielstrebig ihre eigenen Freunde versorgen.

Abgeordneter DI MISSETHON (V) wies zunächst Abgeordneten Kogler darauf hin, dass der Aufsichtsratsvorsitzende der EStAG deswegen zurückgetreten sei, weil die Frau Landeshauptmann den "Ehrenkodex durchgesetzt hat". Landeshauptmannstellvertreter Voves habe sich in den letzten Monaten beschämend verhalten - das sei das Bild der SPÖ in der Steiermark.

Staatssekretär Dr. FINZ stellte mit Nachdruck fest, dass der Finanzminister auf die Kritik des Rechnungshofes umgehend reagiert habe. Er habe in einem Schreiben an alle im Kompetenzbereich des Finanzministeriums liegenden Gesellschaften auf die zwingende Anwendung und Einhaltung des Stellenbesetzungsgesetzes sowie der Vertragsschablonenverordnung hingewiesen. Weiters habe Grasser eine Stellungnahme des ÖIAG-Aufsichtsratsvorsitzenden Heinzl eingeholt und diese an den Rechnungshof und die Finanzprokuratur weitergeleitet. Nach einem Gespräch mit Fiedler habe Heinzl Korrekturen der Verträge zugesagt und auch durchgeführt, betonte Finz.

Abgeordnete Mag. LAPP (S) nahm zu dem Kapitel im Rechnungshofbericht Stellung, das sich mit der Besoldung der Landeslehrer befasst. Die Einsparungen in den letzten Jahren bringen das System ins Wanken und führen es in die pädagogische Steinzeit zurück, meinte die Rednerin. Im Bericht wird auch darauf hingewiesen, dass es in Wien die sparsamste Verwaltung gibt; das Wiener Schulsystem könne sich mit seinen pädogogischen Erfolgen sehen lassen.

Abgeordneter LEDOLTER (V) warf der SPÖ vor, den Rechnungshofbericht dafür zu verwenden, um die eigenen Verfehlungen schön zu reden. Erst dem Kabinett Schüssel I sei es gelungen, die ÖIAG zu entpolitisieren, war der Redner überzeugt. Es wurden grundlegenden Weichenstellungen vorgenommen, wie z.B. die Umsetzung der Schablonenverordnung oder die Diskussion über die Unvereinbarkeitsregeln. Der Rechnungshof habe übrigens festgehalten, dass die Gehälter des Vorstandes durchaus leistungs- und marktkonform sind.

Abgeordneter REHEIS (S) bezeichnete den Rechnungshofbericht als Sittenbild dieser Bundesregierung. So wurde etwa bei der Suche nach neuen Aufsichtsräten bei der ÖIAG in einem nicht offenen Verfahren Personalberater hinzugezogen wurden, obwohl laut Rechnungshof ein offenes Verfahren durchgeführt hätte werden sollen. Außerdem stiegen seit der V-F-Regierungsübernahme die Vergütungen für den Vorsitzenden der ÖIAG um 77 %, für seine Stellvertreter um 85 % und für die übrigen Mitglieder um 100 % an. Wenn die Verträge nun geändert worden sind, wie Finz behauptet hat, dann sollen sie auch auf den Tisch gelegt werden, forderte er.

Abgeordneter Dr. PUSWALD (S) zeigte sich verwundert darüber, wie selbstsicher "diese wunderbare schwarz-blaue Regierung arbeitet". Nicht nur dass die ÖVP nun den EStAG-Skandal den anderen in die Schuhe schieben will, sie wirft auch der SPÖ vor, für alle Fehler den letzten Jahrzehnten verantwortlich zu, obwohl sie selbst mitregiert hat. Da falle ihn nur ein Spruch des Philosophen Bertrand Russell ein: "Der Jammer mit der Menschheit ist, dass die Narren so selbstsicher sind und die Gescheiten so voller Zweifel."

Rechnungshofpräsident Dr. FIEDLER informierte den Abgeordneten Kräuter darüber, dass der Rechnungshof genügend Kapazitäten habe, um die EStAG zu prüfen. Was das persönliche Verschulden der Organe bzw. Organwalter der EStAG betrifft, so habe der Rechnungshof keine Einschätzung vorgenommen; dies müsste in einer weiteren Prüfung vorbehalten bleiben.

Sodann ging Fiedler auf den heute zur Debatte stehenden Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes ein, der sich zu einem sehr großen Teil mit der Bestellung und Abberufung von Aufsichtsräten und Vorständen in öffentlichen Unternehmen befasst. Es war bemerkenswert, dass im Zuge der Prüfung zahlreiche Verstöße sowohl gegen das Stellenbesetzungsgesetz als auch gegen die Vertragsschablonenverordnung vom Rechnungshof festgestellt werden mussten. Nach ausführlichen Diskussionen mit den Abgeordneten und den Vertretern der ÖIAG ist es dem Rechnungshof gelungen, seinen Rechtsstandpunkt verständlich zu machen und schließlich durchzusetzen. Es konnte schließlich ein Ergebnis erzielt werden, mit dem der Rechnungshof zufrieden sein könne, urteilte Fiedler. Es kam nämlich zu einer Änderung jener Verträge, die mit der Schablonenverordnung nicht im Einklang standen. Fiedler appellierte noch an alle Ressortverantwortlichen in den Ministerien, ein Auge darauf zu werfen, dass die Schablonenverordnung eingehalten wird, da der Rechnungshof diesen Bereich nicht ständig prüfen könne.

"Die Republik als Selbstbedienungsladen" könnte als Überschrift für diesen Tagesordnungspunkt stehen, meinte Abgeordnete SCHÖNPASS (S). Es sei nämlich ein Skandal, dass horrende Summen für Beraterfirmen ausgegeben wurden, die nicht einmal ordentliche Leistungen geliefert haben. Die von der Regierung ernannten Manager "fuhrwerken" in den Unternehmen, ohne sich einen Deut um gesetzliche Vorgaben wie etwa die Schablonenverordnung zu kümmern, kritisierte sie.

Auch Abgeordneter FAUL (S) ging auf die aktuelle Situation bei der EStAG ein. EStAG stehe nun für "Ein starker Abgang für Gerhard", führte der Redner weiter aus. Hirschmann habe sich angesichts der Supergagen, der Sonderzahlungen und Abfertigungsansprüche in Millionenhöhe dort sicher wohl gefühlt. Die Vorgänge in der EStAG seien absolut skandalös und die politische Verantwortung dafür liege bei Herbert Paierl, der als Eigentümervertreter nicht gehandelt habe.

Der Bericht wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen. (Schluss)