Parlamentskorrespondenz Nr. 229 vom 25.03.2004
NATIONALRAT STIMMT JUSTIZIELLER ZUSAMMENARBEIT MIT EU-STAATEN ZU
Wien (PK) - Die Hintergründe der Regierungsvorlage zur justiziellen Zusammenarbeit und für die Einführung des europäischen Haftbefehls erläuterte Abgeordnete Mag. STOISITS (G), wobei die Abgeordnete einräumte, dass der Entwurf zum Teil durchaus diskussionswürdig sei, aber wichtige Chancen außer Acht gelassen worden seien. Es brauche noch vertiefender Überlegungen, zum gegenwärtigen Zeitpunkt könnten die Grünen nicht zustimmen.
Abgeordnete Dr. FEKTER (V) sagte, man beschließe hier ein Gesetz auf Basis von Vorgaben der EU und ging auf die entsprechenden Details der Materie ein. Österreich sei bereit, mit allen europäischen Ländern im Justizbereich zusammenzuarbeiten, wolle aber die hohen österreichischen Standards nicht in Frage stellen, weshalb man adäquate Adaptionen vorgenommen habe, sodass man der Vorlage die Zustimmung geben könne.
Abgeordnete Dr. MOSER (G) meinte, diese Vereinheitlichung im Justizbereich habe prinzipiell ja ihren Sinn, doch bestehe auch die Gefahr, dass die Regelung im konkreten Fall nachgerade widersinnig sein könne, da die einzelnen Delikte in den verschiedenen Ländern unterschiedlich geregelt seien, weshalb es hier entsprechende Präzisierungen brauche, um der Vorlage wirklich zustimmen zu können.
Abgeordneter Dr. JAROLIM (S) war froh, dass nach einer Diskussion mit Experten noch ein S-V-F-Abänderungsantrag ausgearbeitet werden konnte, da der Erstentwurf grotesk war. Er brachte sodann einen Abänderungsantrag ein, der u.a. regelt, in welchen Fällen die Vollstreckung eines europäischen Haftbefehls gegen einen österreichischen Staatsbürger unzulässig sei.
Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) hob die Bedeutung der internationalen Vernetzung und Zusammenarbeit im Justizbereich hervor. Ein wichtiges Instrument sei dabei der internationale Haftbefehl, betonte sie. Die geäußerten Bedenken hinsichtlich der Auslieferung österreichischer Staatsbürger konnten durch den Abänderungsantrag nun ausgeräumt werden.
Abgeordneter MIEDL (V) sprach von einer notwendigen und wichtigen Vorlage. Er hoffe, dass alle diesem Gesetz zustimmen werden.
Abgeordnete Mag. WURM (S) bemängelte, dass die EU-Vorgaben in dieser Frage erst so spät und mangelhaft umgesetzt wurden. Sie hätte sich noch eine längere Begutachtungsfrist und eine ausführlichere Diskussion gewünscht. Durch den Abänderungsantrag wurde aber gewährleistet, dass die österreichischen Staatsbürger besser geschützt sind und der Grundsatz "Keine Strafe ohne Gesetz" gewahrt wird.
Einer der wesentlichen Vorteile des europäischen Haftbefehls bestehe darin, dass es zu einer Beschleunigung der Auslieferung komme, konstatierte Abgeordneter Mag. MAINONI (F). Es müssen keine Zentralstellen mehr befasst werden, sondern die Abwicklung erfolge direkt zwischen den einzelnen Gerichten in der EU. Außerdem komme es zu einer effektiveren Verfolgung der Schlepperkriminalität und des Handels von gestohlenen Fahrzeugen.
Bundesminister Dr. BÖHMDORFER sprach von einer sehr schwierigen legistischen Arbeit. Die EU-Vorgaben wurden so umgesetzt, dass gegen den Willen Österreichs kein Inländer ausgeliefert werden könne, unterstrich er. Außerdem habe man eine zusätzliche Übergangsfrist von fünf Jahren erhalten.
Aus kriminalpolizeilicher Sicht ist der europäische Haftbefehl zu begrüßen, erklärte Abgeordneter Ing. KAPELLER (V). Damit könne auch besser auf den Terrorismus reagiert werden, der mitten in Europa Angst, Schrecken und Tod bringe. Nun könne schneller und effizienter gegen grenzenlose Kriminalität vorgegangen werden.
Mit dem europäischen Haftbefehl wurde eine Maßnahme gesetzt, die zur Bekämpfung terroristischer Aktivitäten und Kriminalität beitragen wird, zeigte sich Abgeordneter PARNIGONI (S) überzeugt. Nunmehr wurde auch sichergestellt, dass Österreicher nicht mehr für ein Delikt ausgeliefert werden können, das im Inland nicht strafbar ist. Deshalb werde seine Fraktion dieser Vorlage nun auch gerne zustimmen.
Auch Abgeordneter Dr. PUSWALD (S) begrüßte den Abänderungsantrag, der es ermögliche, dass auch die Sozialdemokraten dem Entwurf zustimmen können.
Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage in der Fassung des S-V-F-Abänderungsantrages mit der verfassungsmäßig erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.
Im Rahmen der Ersten Lesung des S-Antrages 342/A zur Änderung des Bundesstrassengesetzes 1971 plädierte Abgeordnete BAYR (S) für eine Schnellstraßenverbindung zwischen der A 23 und der S 1 im Süden Wiens, um ein hochrangiges Straßennetz für den Gütertransport zu haben und die Anwohner verkehrsmäßig entsprechend zu entlasten.
Abgeordneter PREINEDER (V) hielt dies für einen sehr interessanten Vorschlag und meinte, man sollte über diese Fragen im Verkehrsausschuss diskutieren.
Abgeordnete Dr. LICHTENBERGER (G) zeigte sich gegenüber diesem Projekt skeptisch, zumal hier alte Fehler prolongiert würden. Vielmehr sollte man über einen adäquaten öffentlichen Verkehr nachdenken, um nicht noch mehr privaten Straßenverkehr zu evozieren.
Abgeordneter NEUDECK (F) betonte hingegen die Wichtigkeit dieses Projekts und plädierte ebenfalls für eine entsprechende Debatte im Verkehrsausschuss.
Der Antrag wurde dem Verkehrsausschuss zugewiesen.
Eine weitere Erste Lesung galt S-Antrag 343/A zur Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977. Abgeordnete SILHAVY (S) wies auf die akute Armutsgefährdung von Arbeitslosengeld- und NotstandshilfebezieherInnen hin und sprach sich für eine laufende Valorisierung der genannten Bezüge aus.
Abgeordneter KEUSCHNIGG (V) zweifelte an der Finanzierbarkeit der Forderung der SPÖ und ging davon aus, dass dieses Manko bis zu den Ausschussberatungen nicht behoben werden könne.
Abgeordneter DOLINSCHEK (F) problematisierte ebenfalls die Kosten einer solchen Maßnahme. Es sei aber das Ziel aller, Armut wirkungsvoll zu bekämpfen, man werde sich daher mit dieser Frage im Ausschuss befassen.
Abgeordneter ÖLLINGER (G) plädierte für die Annahme dieser gerechtfertigten Forderung und meinte, man solle diesem Antrag der Sozialdemokraten Rechnung tragen.
Der Antrag wurde dem Arbeits- und Sozialausschuss zugewiesen.
Im Anschluss an diese Sitzung fand eine weitere, 57. Sitzung des Nationalrates statt, die geschäftsordnungsmäßigen Mitteilungen und Zuweisungen diente. (Schluss)