Parlamentskorrespondenz Nr. 322 vom 05.05.2004

DRINGLICHE ANFRAGE DER SPÖ ZUR LAGE AM ARBEITSMARKT

Wien (PK) – Die Dringliche Anfrage der SPÖ mit dem Titel „Verantwortung der Bundesregierung für die Rekordarbeitslosigkeit in Österreich und die Versäumnisse in der Beschäftigungspolitik“ gelangte um 16.15 Uhr zum Aufruf.

Der Erstunterzeichner der Dringlichen, S-Abgeordneter NÜRNBERGER, kritisierte im Rahmen seiner Begründung, dass seitens des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit keine aktive Arbeitsmarktpolitik betrieben werde. Trotzdem "bejuble" der Minister regelmäßig, wie toll Österreich im Vergleich zu anderen Ländern dastehe. Ein junger Mensch, der monatelang keine Lehrstelle findet, eine Frau, die nach der Kinderpause den Wiedereinstieg nicht mehr schafft, ein älterer Arbeitnehmer, der sich nicht mehr gebraucht fühlt, die wollen keine Vergleiche hören, die wollen von der Regierung konkrete Hilfe, die aber nicht erfolgt, sagte er. Die aktuellen Zahlen seien dramatisch und zeigten, dass jede Altersgruppe, jede Branche und jede Art von Qualifikation von der Untätigkeit des Ministers betroffen sei.

Im April dieses Jahres gab es mehr als 240.000 Menschen, die arbeitslos waren, das sind 4,1 % mehr als im Vorjahr, zusätzlich befinden sich fast 48.000 Menschen in Ausbildungsmaßnahmen, fast 38.000 Jugendliche bis 25 Jahre sind auf Jobsuche, ein Plus von 2,4 %, 5.500 Jugendliche sind in Ausbildungsmaßnahmen und daher auch ohne Job. Bei den Frauen sind es um 7.424 oder 7,3 % mehr, bei älteren Arbeitnehmern fast 46.000 mehr Arbeitslose und in der Altersgruppe zwischen 25 und 45 Jahren nahm die Arbeitslosigkeit um mehr als 12.000 Menschen zu. Prognosen zeigen, dass heuer die 800.000-er Grenze bei der Arbeitslosigkeit überschritten wird, das bedeute, dass jeder dritte Beschäftigte im privaten Sektor damit rechnen muss, einmal im Jahr arbeitslos zu werden. Fast alle dieser rund 800.000 Menschen würden gerne arbeiten, meinte Nürnberger und betonte, es sei unrichtig, dass alle „Tachinierer“ seien.

Nicht zu leugnen sei, dass Arbeitslosigkeit die Verarmungsursache Nummer 1 ist. Menschen, die arbeiten wollen, Menschen, die bereit sind, etwas zu leisten, Menschen, die sich ihren Lebensunterhalt verdienen wollen, verdienen es nicht, dass sie durch die verfehlte Wirtschaftspolitik zu Sozialhilfeempfängern degradiert werden, betonte Nürnberger.

Die Steuerreform, die morgen im Plenum zur Debatte stehen wird, ist laut Nürnberger der nächste Schritt in die Armutsfalle: sie ist sozial ungerecht etwa gegenüber kinderreichen Familien. Will man diesen wirklich helfen, dann möge man nicht den Alleinverdienerfreibetrag erhöhen, sondern die Familienbeihilfe.

Der Zuwachs bei der Frauenbeschäftigung sei auf Teilzeit und auf geringfügige Beschäftigung zurückzuführen; am 19. April arbeiteten 572.211 Frauen in Teilzeit, das sind 35,7 % aller arbeitenden Frauen, aber nur 95.000 oder 4,6 % der Männer befanden sich in Teilzeit. Fest steht für den Abgeordneten, dass Frauen die Hauptbetroffenen dieser Politik sind.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. BARTENSTEIN meinte, so zu tun, als ob die Arbeitslosenzahlen nichts mit Wachstum zu tun haben, mag zwar „in die Polemik eines AK-Wahlkampfes“ passen, habe aber mit wirtschaftspolitischer Sachkenntnis nichts zu tun. Auf regionale Unterschiede eingehend, meinte der Ressortleiter, mittlerweile spiele sich ein Drittel der Arbeitslosigkeit in Wien ab, während etwa in der Steiermark die Arbeitslosigkeit um 7 % sinkt. Österreich könne auch nicht abgekoppelt von der internationalen Entwicklung, weder arbeitsmarkt- noch wachstumsmäßig, gesehen werden.

Im europäischen Schnitt liege Österreich recht „vernünftig“. Die EU-Kommission sagt Österreich vorher, dass es in diesem Jahr die niedrigste Arbeitslosenrate der EU 15 haben wird. Bei der Jugendarbeitslosigkeit kann unser Land seit längerem auf die niedrigste Rate verweisen.

Zu den Ausführungen von Nürnberger merkte Bartenstein weiters an, Absetzbeträge kämen auch Kleinverdienern zugute, Freibeträge nur denen, die gut verdienen und einer hohen Steuerprogression unterliegen. Auch teilte er die Ansicht des S-Mandatars nicht, dass die Zunahme der geringfügigen Beschäftigung zu einer Erhöhung der Beschäftigungsquote von Frauen führe. Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse werden weder in die Arbeitslosenquote noch in die Beschäftigtenquote eingerechnet. Bei der Frauenbeschäftigung habe Österreich „exzellente Entwicklungen“ zu verzeichnen: 66 % betrage die Beschäftigungsquote von Frauen nach EU-Kriterien.

Ein Ja sagte der Bundesminister zu den Schulungsmaßnahmen, ja zu neuen Rekordbudgets für das AMS für eine aktive Arbeitsmarktpolitik und auch ja zu einem neuen Beschäftigtenrekord. Nach wie vor stehe er zu seiner Garantie, dass kein Jugendlicher ohne Lehrstelle bleiben soll. Stehe kein Lehrplatz zur Verfügung, dann erhalte er zumindest einen Lehrgangsplatz.

Abgeordnete SILHAVY (S) meinte, die Regierungsparteien sollten einmal „ein Gspür“ entwickeln, wie sich die Menschen, die arbeitslos sind, fühlen. Alle wollen eine konstruktive Politik haben; machen Sie doch eine Politik, die menschlich ist und die Sorgen und Ängste der Menschen nicht ignoriert, forderte sie. Im Zusammenhang mit der Bemerkung Bartensteins, Wien hätte die höchste Arbeitslosenrate, wies die Abgeordnete darauf hin, dass Vorarlberg und Tirol die höchste Zunahme an Arbeitslosigkeit zu verzeichnen haben, und das sei sicherlich auf die Regierungspolitik und nicht auf die Landespolitik zurückzuführen. Das gelte auch für das Bundesland Wien.

Die Ansicht des Ministers, wenn man Schwerpunkte bei den über 50-Jährigen und bei den unter 20-Jährige setzt, dann seien diese Gruppen weniger betroffen, teilte die Rednerin; dass sich das Problem von den 20- zu den 24-Jährigen verlagert, wie Statistiken des Ministerium beweisen, sei aber ein Zeichen für eine falsche Politik. Das sei keine zielführende Maßnahme, sondern lediglich das Überwälzen von Problemen von einer Gruppe auf eine andere. Es dürften keine McJobs, sondern es müssen Arbeitsplätze, von denen die Menschen leben können, geschaffen werden.

Abgeordneter AMON (V) sprach dem Kampf gegen die Arbeitslosigkeit oberste Priorität zu. "Unser Ziel muss die Vollbeschäftigung sein", sagte er und wies den Vorwurf der Opposition, die Bundesregierung tue nichts, als "unhaltbar" zurück. Tatsächlich setze die Bundesregierung gemeinsam mit den Sozialpartnern eine Fülle von Maßnahmen - der Vorwurf, sie würde eine hohe Arbeitslosigkeit bewusst in Kauf nehmen, bezeichnete Amon als "ungeheuerlich". "Was sagen Sie 24 europäischen Regierungen, die höhere Arbeitslosenraten zu verantworten haben als in Österreich", lautete Amons Frage an SPÖ und Grüne. Im sozialdemokratisch regierten Wien dagegen bewege sich die Zahl der Arbeitsplätze auf dem Stand des Jahres 1965, während andere Bundesländer Zuwachsraten von bis zu 30 % aufweisen. Ein ähnliches Bild zeigten die Daten über Insolvenzen und Bruttowertschöpfung, kritisierte der Abgeordnete. "Die SPÖ soll vor der eigenen Tür kehren, denn wo sie regiert, werden die Bedingungen für die Menschen immer schlechter", sagte Amon und wies dabei auch auf die jüngsten Erhöhungen der kommunalen Gebühren in Wien hin.

Abgeordneter DOLINSCHEK (F) warf der SPÖ vor, das ernste Thema Arbeitslosigkeit nicht seriös zu behandeln, dies zeige die  Abwesenheit der SPÖ-Abgeordneten bei der Debatte über ihre eigene Dringliche Anfrage. Es sei das Ziel der Bundesregierung, die Standortbedingungen durch Strukturreformen zu verbessern und damit für mehr Arbeitsplätze und für mehr Einkommen der Arbeitnehmer zu sorgen. Das Ziel die Vollbeschäftigung wiederzuerlangen sei aufrecht, betonte Dolinschek, denn jeder Arbeitslose sei einer zuviel. Den Anstieg der Arbeitslosigkeit infolge der internationalen Konjunkturabschwächung der Bundesregierung anzulasten, wies der Redner zurück. Die Regierung habe hervorragende internationale Vergleichszahlen für ihre Beschäftigungspolitik vorzuweisen. Als positive Zeichen wertete Dolinschek den Rückgang der Verweildauer in der Arbeitslosigkeit von 140 Tagen auf 113 Tage während der letzten fünf Jahre und den Rückgang der Arbeitslosigkeit in den Ländern Kärnten, Steiermark und Burgenland. Die Arbeitslosenrate der Jugendlichen liege in Österreich halb so hoch wie im Durchschnitt der EU, sagte Dolinschek und lobte die Bundesregierung für ihr neues Jugendbeschäftigungsprogramm "jobs4you".

Abgeordneter ÖLLINGER (G) kritisierte das mangelnde Niveau der bisherigen Debatte und warf Abgeordnetem Amon sowie Bundesminister Bartenstein vor, die Situation am Arbeitsmarkt "schönzufärben". Die Behauptung, die Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung habe etwas zur Qualifikation der Arbeitslosen beigetragen, wies der Sozialsprecher der Grünen zurück - er könne lediglich eine Umverteilung der Arbeitslosigkeit erkennen. Falsch sei die Beschäftigungspolitik der Regierung, weil sie sich nur an den Kriterien des Stabilitätspaktes orientiere, analysierte Öllinger. Zudem setze die Regierung ausschließlich auf Deregulierung und Flexibilisierung - auf eine Politik also, die schon in anderen EU-Ländern gescheitert sei. Warum gibt es in der Beschäftigungspolitik keine Sanktionen, klagte Öllinger und warf den europäischen Regierungen vor, "untätig zuzuschauen wie die Arbeitslosigkeit in Europa von Jahr zu Jahr zunimmt." - In einem Entschließungsantrag seiner Fraktion forderte der Abgeordnete schließlich die Einrichtung einer "Arbeitslosenanwaltschaft". Es gelte die Arbeitslosen zu unterstützen. Die Regierung sollte die Arbeitslosigkeit bekämpfen, nicht die Arbeitslosen, lautete die Aufforderung Öllingers. 

Abgeordnete Mag. KUNTZL (S) legte Daten über die Entwicklung des Arbeitsmarktes in Wien vor. Die Arbeitslosigkeit sei nicht in Wien, sondern in Wien und Vorarlberg am stärksten gestiegen. Außerdem habe der Bund in den letzten Jahren in Wien 16.000 Arbeitsplätze abgebaut und gleichzeitig die Dotierung des AMS gesenkt. Mann müsse auch in Rechnung stellen, dass in Wien 200.000 Einpendler aus anderen Bundesländern arbeiten. Wien trage dazu bei, Arbeitsmarktprobleme anderer Länder zu entschärfen, unterstrich Kuntzl und wies auf die steigenden Zahlen an Arbeitsplätzen und auf zunehmende Betriebsgründungen in der Bundeshauptstadt hin.

Die Aussage des Ministers, die Situation der Frauen auf dem Arbeitsmarkt entwickle sich "exzellent", wies die Abgeordnete zurück und machte darauf aufmerksam, dass acht von zehn neuen Arbeitslosen Frauen seien. Dazu kommen die Wirkungen des Kindergeldes, etwa die Verkürzung des Kündigungsschutzes. "Die Frauen wollen raus aus den Kinderzimmern", sagte Kuntzl als Fazit ihrer Auseinandersetzung mit der Familienpolitik aus der "Bartensteinzeit".

Abgeordneter KOPF (V) lehnte es als verwerflich ab, Einzelschicksale von Arbeitslosen im Arbeiterkammer-Wahlkampf politisch einzusetzen. Tatsächlich weise Österreich weniger Arbeitslose auf als jedes andere EU-Land und zeige insbesondere bei der Jugendbeschäftigung Spitzenwerte. Diese Tatsache versuche die Opposition ebenso zu negieren wie die Rekordsummen, die die Bundesregierung für die aktive Arbeitsmarktpolitik einsetze. Derzeit stocke sie die Lehrgangsplätze auf und schaffe im Rahmen von "jobs4you" 8.000 zusätzliche Arbeitsplätze für Jugendliche. Dass das von Minister Bartenstein reformierte AMS heute besser denn je funktioniere, sei insbesondere auch an den Erfolgen im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit älterer Menschen ablesbar. Österreich ist bei den Beschäftigungsdaten die Nummer 1 in der EU, Österreich ist die Nummer 1 bei der sozialen Sicherheit und Weltspitze bei den Bildungsausgaben. Um diese Standards aufrecht zu erhalten sei es notwendig, Wachstumsbremsen zu lösen - dem diene unter anderem die Steuerreform, die das Beschäftigungsniveau heben werde, zeigte sich Kopf überzeugt.

Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) meinte, Abgeordneter Kuntzl sei es nicht gelungen, die triste Situation im sozialistisch regierten Wien zu beschönigen - Wien sei hauptsächlich für die Erhöhung der Arbeitslosigkeit in Österreich verantwortlich. Es stimme auch nicht, dass die AMS-Mittel gekürzt worden seien. "Die SPÖ sollte nicht mit falschen Zahlen operieren", sagte Partik-Pable. "Es ist nicht sehr glaubwürdig, als Oppositionspartei im Parlament alles zu kritisieren, zugleich aber dort, wo Sie die Mehrheit haben, keine Erfolge vorweisen zu können". Wien sei zu langsam, konstatierte die Abgeordnete. Eine praktisch nicht reformierte Verwaltung brauche zu lange, um Genehmigungsverfahren zu erledigen. In Wien mangle es an einer Vorwärtsstrategie, kritisierte Abgeordnete Partik-Pable.

In einer Tatsächlichen Berichtigung wies Abgeordneter Dr. EINEM (S) die Ausführungen von Dr. Partik-Pable zurück: Für die Arbeitsmarktpolitik sind in Österreich nicht die Bundesländer, sondern ausschließlich der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zuständig, sagte Einem.

Abgeordnete SBURNY (G) wandte sich den zu erwartenden Auswirkungen der geplanten Steuerreform zu und warnte dabei vor Einnahmenausfällen für Länder und Gemeinden. Da diese zu den größten Investoren in Österreich zählen, sei zu befürchten, dass die Mindereinnahmen negative Folgen für Infrastrukturinvestitionen haben werden. Prognosen des Finanzministers, der diesbezüglich Entwarnung gegeben habe, bezweifelte die Abgeordnete und malte ein düsteres Bild für die Zukunft: Knappe Budgets würden dazu führen, dass die Gemeinden den Neubau und die Sanierung öffentlicher Gebäude, insbesondere von Schulen, verschieben werden. Auch die Förderung alternativer Energieproduktionen könnten eingeschränkt werden, warnte Sburny, was zu bedauern sei, weil solche Investitionen besonders arbeitsintensiv sind. "Beenden Sie das finanzielle Aushungern der Gemeinden und reduzieren Sie stattdessen die Förderung von Großbetrieben!" schloss Abgeordnet Sburny.

Abgeordnete HEINISCH-HOSEK (S) wies auf verschiedene Maßnahmen der Stadt Wien im Bereich der Lehrlingsausbildung und Jugendbildung hin. Wirtschaftsminister Bartenstein warf sie hingegen Versäumnisse im Bereich der Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche vor. Die Zahl der Lehrstellensuchenden erhöhe sich ständig, erklärte Heinisch-Hosek, gleichzeitig fehlten Schulplätze in berufsbildenden mittleren Schulen. Die vorgenommene Erhöhung der Zahl der Lehrgangsplätze für Jugendliche ohne Lehrstelle wertete sie als reine Notmaßnahme und als kein Gesamtpaket.

Abgeordnete MAREK (V) hielt der SPÖ im Zusammenhang mit dem Arbeiterkammer-Wahlkampf vor, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einseitig zu informieren. Überdies beklagte sie, dass Gewerkschaft und Arbeiterkammer erfolgreiche Initiativen der Bundesregierung "schlecht reden". Dass Wien ein negativer Ausreißer im Bereich der Arbeitslosigkeit ist, belegen der Abgeordneten zufolge zahlreiche Statistiken. So gebe es nicht nur überdurchschnittlich viele Arbeitslose in Wien, diese seien auch deutlich länger arbeitslos als im österreichischen Durchschnitt. Marek machte darüber hinaus auf Betriebsabsiedlungen aus Wien aufmerksam.

DI HOFMANN (F) beklagte, die Opposition tue so, als ob sie Patentrezepte gegen die Arbeitslosigkeit habe, ohne diese jedoch preiszugeben. Abgeordnetem Nürnberger warf er vor, richtige statistische Werte verzerrt darzustellen und so einen falschen Eindruck von der tatsächlichen Situation zu vermitteln. Hofmann gab zu bedenken, dass es 1998 bei einem BIP-Wachstum von 3,5 % 237.794 Arbeitslose gegeben habe, im Jahr 2003 seien es bei einem BIP-Wachstum von 0,7 % nur um 3.000 Arbeitslose mehr gewesen. Jeder Arbeitslose sei einer zuviel, räumte Hofmann ein, aber die Regierung unternehme alle Anstrengungen, um die Arbeitslosenzahl zu senken.

Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G) wies darauf hin, dass seit April letzten Jahres 9.500 neue Arbeitslose hinzu gekommen seien, davon 7.500 Frauen. Sie ortet darüber hinaus viele Formen versteckter Arbeitslosigkeit und brachte vor, es gebe viele Teilzeitbeschäftigte, die nicht von ihrer Arbeit leben könnten. Gefordert wurde von Weinzinger unter anderem ein Sonderprogramm zum erleichterten Wiedereinstieg von Frauen, aber auch von Männern, nach der Karenz, die Knüpfung wirtschaftlicher Förderungen an Frauenförderpläne in den Unternehmen und die Unterstützung von Unternehmensgründerinnen.

Abgeordneter WALCH (F) führte aus, hohe Arbeitslosenzahlen seien wirklich nicht erfreulich, es könne keiner zufrieden sein. Seine Angriffe richtete er in erster Linie gegen die SPÖ. Diese sei für die hohe Verschuldung Österreichs verantwortlich, in guten Zeiten der Hochkonjunktur seien Gelder "verprasst" worden. Kritik übte Walch auch an der Ablehnung der jüngsten Konjunkturbelebungspakete und der Steuerreform durch die SPÖ.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) meinte, es sei notwendig, die Situation am Arbeitsmarkt in größeren Zusammenhängen zu beleuchten. Nicht zuletzt im Hinblick auf erwartbare positive Beschäftigungseffekte erachtet er eine Entlastung bei den lohnsummenbezogenen Abgaben für dringend erforderlich und kritisierte, morgen mit der Steuerreform werde diesbezüglich eine große Chance vertan. Österreich sei im Bereich der lohnsummenbezogenen Abgaben "tragischer Weltmeister", sagte Kogler, doch statt diese zu senken würde die Unternehmensbesteuerung reduziert, wo Österreich international nicht an der Spitze liege.

Abgeordneter RIEPL (S) wies Vorwürfe zurück, Wien könne nicht wirtschaften, und machte auf zahlreiche neue Betriebsansiedlungen aufmerksam. Seiner Auffassung nach wird die Ideologie der Bundesregierung immer klarer: mehr Markt und weniger Staat. Folge seien immer mehr Arbeitslose und immer weniger Lehrstellen. Es gebe zwar einen Minister für Wirtschaft, aber keinen für Arbeit, sagte Riepl.

Der Entschließungsantrag der Grünen betreffend Einrichtung einer Arbeitslosenanwaltschaft blieb in der Minderheit.

KURZDEBATTE ÜBER EINE ANFRAGEBEANTWORTUNG VON MINISTER GORBACH

Abgeordnete Dr. LICHTENBERGER (G) begründete die Thematisierung des Baus der Eisenbahnfernverkehrsstrecke durch das Gasteinertal damit, dass offenbar versucht werde, die Pflicht zur Abhaltung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu umgehen. Das Projekt sei durchaus ein wichtiges und interessantes, sagte sie, es gehe aber nicht an, dieses so lange zu stückeln, bis man einer Umweltverträglichkeitsprüfung entgehe.

Lichtenberger zufolge haben die Grünen sowohl an den Umweltminister als auch den Verkehrsminister eine diesbezügliche Anfrage gestellt. Während der Umweltminister jedoch die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestätigt habe, habe der Verkehrsminister in Zweifel gezogen, dass es sich bei den einzelnen Teilstücken um ein Gesamtprojekt handle. Sie erwartet sich von Staatssekretär Kukacka nun, wie sie sagte, eine klare Antwort. Ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird oder nicht, hat nach Meinung Lichtenbergers für die Anrainerinnen und Anrainer weit reichende Folgen.

Verkehrsstaatssekretär KUKACKA wies eingangs darauf hin, dass die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene eines der wichtigsten verkehrspolitischen Anliegen der Bundesregierung sei. Was das von Lichtenberger angesprochene Projekt betrifft, machte er geltend, dass ein Mediationsverfahren durchgeführt worden sei. In diesem Verfahren seien alle Beteiligten vertreten gewesen, man habe in den zentralen Fragen auch weitgehend Übereinstimmung erzielt.

Ob und für welche Teilabschnitte der Strecke tatsächlich eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird, steht Kukacka zufolge noch nicht fest, die zuständige Behörde habe noch keine Entscheidung darüber getroffen. Es liege auch noch keine Umweltverträglichkeitserklärung der ÖBB vor. Die ÖBB seien jedenfalls verpflichtet, die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten, betonte der Staatssekretär.

Mit dem Beitritt zur EU habe sich Österreich zum Ausbau der Schieneninfrastruktur und damit auch zum zweigleisigen Ausbau der Tauernbahnstrecke verpflichtet, erinnerte Abgeordneter HAUBNER (V). Durch die Überbelastung der Nord-Süd-Verbindungen komme diesem Projekt eine besondere Bedeutung im Hinblick der Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene zu. Er sei daher erfreut darüber, dass nach der Durchführung eines beispielgebenden Mediationsverfahrens eine Konsenslösung für diese Hochleistungsstrecke im Gasteiner Tal gefunden werden konnte. Dadurch konnte u.a. auch der Kostenrahmen für die umwelt- und sicherheitstechnischen Maßnahmen erhöht werden. Sodann wies er noch darauf hin, dass die Bundesregierung im Generalverkehrsplan ein eindeutiges Zeichen für den Ausbau der Schiene gesetzt habe, zumal 30 Mrd. € für diesen Bereich aufgewendet werden.

Nach Ansicht der Abgeordneten SCHARER (S) stimmen die Ausführungen des Staatssekretärs nicht. Sie wies Kukacka darauf hin, dass der Feststellungsantrag des Landes Salzburg bereits eingebracht wurde. Das bedeute, dass nun das Ministerium entscheiden müsse, argumentierte die Rednerin. Sie erinnerte zudem daran, dass das Projekt im Gasteiner Tal bereits von Minister Caspar Einem initiiert wurde; er habe auch das Mediationsverfahren eingeleitet. Das Land Salzburg bekenne sich zur Hochleistungsstrecke, führte Scharer weiter aus, aber es sei notwendig, dass über die neuen Bedingungen ausführlich mit allen Beteiligten diskutiert werde. Sie bedauerte, dass kein offener Dialog zwischen Bund, Land, ÖBB, Bevölkerung und Anrainern stattfinde; die negativen Auswirkungen der ÖBB-Reform machen sich offensichtlich bereits bemerkbar.

Abgeordneter WITTAUER (F) machte darauf aufmerksam, dass das Projekt im Gasteiner Tal in Europa als eine der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen eingestuft wurde. Außerdem habe sich Österreich zur Adaptierung dieser Strecke im Beitrittsvertrag verpflichtet. Die spezielle Problematik im Gasteiner Tal sei der zweigleisige Ausbau der Nordrampe im Bereich von Bad- und Hofgastein, was auch Gegenstand eines Mediationsverfahren, das mittlerweile erfolgreich abgeschlossen werden konnte, war. Auch für den Lärmschutz wurde gesorgt, betonte Wittauer, dafür wurden insgesamt 5,4 Mill. € ausgegeben.

Abgeordnete REST-HINTERSEER (G) warf dem Staatssekretär vor, unrichtige Aussagen gemacht zu haben. So sei es z.B. nicht wahr, dass das Land Salzburg säumig gewesen ist, erklärte sie, die Unterlagen für die UVP befinden sich nämlich schon seit geraumer Zeit in Wien. Es stimme auch nicht, dass im Generalverkehrsplan ein Ausbau für Badgastein vorgesehen ist. Die Bevölkerung sei äußerst verunsichert, berichtete die Rednerin, und man habe den Eindruck, dass die einzelnen Ortschaften gegeneinander ausgespielt werden sollen. Rest-Hinterseer kritisierte im allgemeinen, dass sich die Bundesregierung, und im speziellen die FPÖ, nicht besonders für die Umwelt, eine ökologische Verkehrspolitik und für die Umsetzung von Anliegen der Bürger interessiere. (Schluss Dringliche/Forts. NR)