Parlamentskorrespondenz Nr. 478 vom 22.06.2004
WIE KANN MAN GOOD GOVERNANCE UND NACHHALTIGE POLITIK "VERFASSEN"?
Wien (PK) - Die Arbeit des Österreich-Konvents an einem Entwurf für eine neue Bundesverfassung ist der Anlass einer Tagung mit dem Titel "Good Governance: Neue Qualitäten im Verhältnis von Staat und Bürgergesellschaft", die Nationalratspräsident Andreas Khol heute im Parlament eröffnete. Mitveranstalter sind das Lebensministerium und das Forum Nachhaltiges Österreich. Die Frage lautet, wie Staat und Zivilgesellschaft offen, partizipativ, verantwortungsvoll, effektiv und kohärent zusammenarbeiten können. Dazu kommen auch langfristige ökologische, ökonomische und soziale Aspekte, sodass die Tagungsteilnehmer auch Antworten auf die Frage suchen: Wie können die Prinzipien von "Gutem Regieren" und "Nachhaltiger Entwicklung" integriert und in der Verfassung verankert werden?
Nationalratspräsident Andreas Khol dankte dem Generalsekretär des Lebensministeriums, Werner Wutscher, für die Ausrichtung der Tagung, begrüßte die zahlreichen und namhaften Referenten und zeigte sich erfreut über das große Interesse von Abgeordneten und Konventsmitgliedern an dieser Tagung.
Der Nationalratspräsident ging zunächst auf den Stand der Arbeiten des Konvents ein und äußerte sich - "gegenüber Bedenkenträgern" - positiv und optimistisch zum bisherigen Verlauf der Konventsarbeit: Noch im Juni werden die beiden ausständigen Ausschussberichte vorliegen. "Die erste Runde der Problemformulierung und Konsensbildung haben wir hinter uns gebracht. Der Prozess ist im vollen Laufen und am Ende werden nur wenige gewichtige politische Fragen zur Entscheidung übrig bleiben".
Während der Konvent über die Veränderung der "Hardware der Rechtsordnung" verhandle, sei es wichtig, in der heutigen Tagung über die "Software" zu diskutieren, formulierte Präsident Khol, "nämlich über den Einbau der Bürgergesellschaft in die Verwaltung".
Als Beispiel dafür, wie man abseits der Behördenorganisation gemeinwohlorientierte und leistungsbereite Bürgerinnen und Bürger in die Verwaltung einbauen kann, sodass die Verwaltung nicht Versorgung und Obrigkeitsstaat widerspiegle, sondern gemeinsam Zukunft geplant werden könne, nannte der Nationalratspräsident die Gemeinde Steinbach bei Steyr. Der Ort hat die enormen Struktur- und Arbeitsplatzprobleme, die nach dem Ende des einzigen großen Arbeitgebers auftraten, selbst gelöst. Ohne nach dem Staat zu rufen, ohne zu jammern, hat dort ein aktiver Bürgermeister partizipatorisch eine neue Ortsidee erarbeitet, berichtete Khol. So konnte sich die Gemeinde "am eigenen Zopf" aus der Problemlage herausziehen - heute stellt sie eine Mustergemeinde dar. 150 Gemeinden gehen mittlerweile den "Steinbacher Weg", berichtete der Nationalratspräsident und sah darin "Good Governance" verwirklicht: Nicht josephinische Glückseligkeit durch Verwaltung, sondern leistungsbereite Bürger, die ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen.
Für die zukunftsfähige Verwaltung ist es wichtig, die Bürgerinnen und Bürger zu begeistern, sich um die eigenen Angelegenheiten zu kümmern und Empowerment zu organisieren. Denn von selbst kämen diese Prozesse nicht in Gang. Nicht zuletzt sei es wichtig, Good Governance mit Nachhaltigkeit zu verbinden, dem lebenssichernden Prinzip der modernen Entwicklung, schloss Präsident Khol.
"VOM STAAT UND VOM GLÜCK"
Nach den Begrüßungs- und Einleitungsworten des Nationalratspräsidenten eröffneten Franz Küberl (Präsident des Caritas Österreich und Vorsitzender des Forums Nachhaltiges Österreich) und Dr. Theo Tanner (Generalsekretär der Österreichischen Verwaltungswissenschaftlichen Gesellschaft) den Reigen der Referenten mit Ausführungen zum Thema "Vom Staat und vom Glück".
Dann referierte der Vorsitzende des Konvents-Ausschusses "Verwaltungsreform", Mag. Werner Wutscher, über "Nachhaltige Entwicklung als Richtschnur für Good Governance und Verwaltungsreform".
Das zweite Impulsreferat unter dem Titel "Der aktivierende Staat - Neues Selbstverständnis und Verhältnis zur Bürgergesellschaft" stammt von dem Berliner Publizisten Warnfried Dettling.
"Von der Verwaltung zur Politikgestaltung: Demokratiepolitische Unverträglichkeit oder Europäisierungstrend?" lautet das Thema von Univ.-Prof. Dr. Gerda Falkner (IHS)
Für das letzte Impulsreferat vor der ersten Diskussionsrunde über "Öffentliches Management zwischen Effizienz, Wirkung und BürgerInnennähe" sorgt Bezirkshauptfrau Dr. Wilbirg Mitterlehner (Rohrbach/OÖ). - Die darauf folgende Diskussion wird Prof. Alfred Payrleitner moderieren.
Am Nachmittag werden sich die Tagungsteilnehmer in parallelen Arbeitsgruppen mit Experten des In- und Auslands auf folgende Themen konzentrieren: Verwaltung trifft Zivilgesellschaft: Partnerschaftlichkeit als Voraussetzung für eine zukunftsfähige Entwicklung und (Neue Qualitäten im Verwaltungsmanagement: Politik-Design, Impact Assessment und Evaluation).
Um 16 Uhr wird sich das Plenum der Tagung in einer abschließenden Diskussion der Frage stellen, wie sich Good Governance "verfassen" läßt. (Schluss)