Parlamentskorrespondenz Nr. 535 vom 01.07.2004
NEUREGELUNG DER LEISTUNGSVEREINBARUNGEN MIT UNIVERSITÄTEN
Wien (PK) - Die gemäß Universitätsgesetz zwischen Bund und Universitäten abzuschließenden Leistungsvereinbarungen werden in ein Rechtsschutzsystem eingebettet. Das beschloss heute der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung mehrheitlich mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ. Die Opposition war nicht grundsätzlich gegen die geplanten Änderungen, argumentierte ihre Ablehnung der meisten Passagen im Ausschuss jedoch mit einigen Unklarheiten und Unschärfen einzelner Bestimmungen. Die Abstimmung über die Vorlage unter Berücksichtigung des von ÖVP und FPÖ eingebrachten Abänderungsantrags erfolgte daher getrennt. (414/A)
Notwendig wurde die Novellierung des Universitätsgesetzes 2002 durch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs, der die Bestimmungen über die zwischen dem Bund und den Universitäten abzuschließenden Leistungsvereinbarungen als verfassungswidrig aufgehoben hat. Grund dafür war das Fehlen eines den bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechenden Rechtsschutzsystems. Die Novelle, die auf einem V-F-Antrag basiert, hält an der Leistungsvereinbarung fest, sieht aber vor, dass im Streitfall ein Bescheid zu erlassen ist. Dadurch kommt es zur Aktivierung des Rechtsschutzsystems. Es wird auch Vorsorge für eine bescheidmäßige Erledigung im Falle der Nichteinigung über eine Vereinbarung getroffen.
Sollte über den Abschluss einer Leistungsvereinbarung keine Einigung erzielt werden, knüpft der Entwurf an die bereits gesetzlich vorgesehene Schlichtungskommission an, die zu einer bescheidförmig entscheidenden Kollegialbehörde ausgebaut wird. Diese Schlichtungs- und Schiedsbehörde wird paritätisch von Seiten des Bundes und aufgrund von Vorschlägen der Universitäten beschickt; ihr hat auch ein/e Richter/in anzugehören. Ferner wird gegenüber Bescheiden der Schlichtungskommission der Rechtszug zum Verwaltungsgerichtshof eröffnet.
Ein von ÖVP und FPÖ eingebrachter und von den Abgeordneten beider Fraktionen und damit mehrheitlich angenommener Abänderungsantrag sieht darüber hinaus eine Anpassung der Unvereinbarkeitsbestimmungen für die Mitglieder der Schlichtungskommission an jene für Universitätsräte an.
Ein wichtiger Punkt dieses Abänderungsantrages betrifft die Regelung der Reziprozität bei der Erlassung der Studienbeiträge. In Zukunft sollen nur jenen ausländischen Studierenden die Studienbeiträge erlassen werden, deren zuletzt besuchte Universität mit einer österreichischen Universität ein universitäres Partnerschaftsabkommen abgeschlossen hat. Ein solches abzuschließen, liegt im Ermessen der einzelnen Universitäten. Studierenden der 31 ärmsten Länder soll auf dem Verordnungsweg der Studienbeitrag jedenfalls erlassen bleiben. Die bisherigen Abkommen bleiben aufrecht, wie Bundesministerin Gehrer feststellte.
Abgeordneter Josef Broukal (S) stellte eingangs fest, dass die SPÖ das Universitätsgesetz 2002 grundsätzlich ablehne. Er konstatierte aber aus seiner Sicht sowohl im Antrag als auch im Abänderungsantrag einige Verbesserungen. Dennoch ließen die Neuerungen an Klarheit zu wünschen übrig, sagte Broukal und nannte als Beispiel den Ausdruck "gravierende Veränderungen" im § 13 Abs. 3. Es sei nicht nachvollziehbar, was man unter "gravierend" verstehe und welche Änderungen gemeint seien. Die Veränderungen könnten sich sowohl auf die Situation der Universität als auch auf eine budgetäre Situation des Bundes beziehen. Broukal ersuchte auch um Aufklärung, was genau unter den Kriterien für die Gültigkeit von Leistungsvereinbarungen zu verstehen ist. Seinem Klubkollegen Erwin Niederwieser fehlten präzise Bestimmungen zur Schlichtungskommission.
Dem schloss sich der Wissenschaftssprecher der Grünen Kurt Grünewald an. Auch er forderte eine deutliche Definition des Wortes "gravierend" ein, um einer eventuellen Willkür des Ministeriums vorzubeugen. Weitere Kritikpunkte Grünewalds im Hinblick auf mangelnde Klarheit betrafen die Verpflichtungen aus den Leistungsvereinbarungen, die Parteienstellung in der Schlichtungskommission, die Frage, ob bei Sistierung einzelner Punkte die gesamte Leistungsvereinbarung gekippt wird, und die aus seiner Sicht unzureichende Beseitigung der bestehenden Ungleichstellung von ÄrztInnen.
Dem gegenüber argumentierte Abgeordnete Gertrude Brinek (V), mit den vorliegenden Änderungen werde dem Verfassungsgerichtshoferkenntnis entsprochen. Abgeordneter Heribert Donnerbauer (V) ergänzte, dass die Schlichtungskommission zu entscheiden haben werde, was unter "gravierend" zu verstehen ist. Einem derart hochkarätigen Gremium könne man diesen Spielraum durchaus zugestehen. Schließlich stehe der Kommission ein vom Obersten Gerichtshof vorgeschlagener Richter vor, argumentierte Abgeordneter Roderich Regler (V) und Ausschussvorsitzende Magda Bleckmann (F) meinte, dass namhafte Juristen festgestellt hätten, die Änderungen trügen dem Verfassungsgerichtshof und der Rektorenkonferenz Rechnung.
Auch Bundesministerin Elisabeth Gehrer vertrat die Auffassung, dass es nicht möglich sei, alles bis ins kleinste Detail zu regeln. Sie unterstrich, dass die Leistungsvereinbarung in keiner Weise vom Ministerium aufgehoben werden könnte, sondern bei Nichteinigung neu verhandelt werde. Eine Leistungsvereinbarung könne einvernehmlich beschlossen werden und wenn dies nicht der Fall sei, dann entscheide darüber die Schlichtungskommission, der ein Richter oder eine Richterin vorstehe und in der sowohl das Ministerium als auch die Universität mit je zwei Personen vertreten sei, wodurch beide Parteienstellung innehätten. Diese Kommission erlasse dann den Bescheid. Sollte es große Differenzen über eine bestehende Leistungsvereinbarung geben, dann könne man auf jeden Fall einen Feststellungsbescheid verlangen und dann dagegen vorgehen. Damit sei sichergestellt, dass Rechtsmittel möglich sind. Werde nur ein Teil einer Leistungsvereinbarung gekippt, blieben die übrigen Teile weiter in Geltung. Werde eine Leistungsvereinbarung aufgehoben, gelte die vorherige, sollte es sich um die erste Leistungsvereinbarung handeln, dann gelte das Budget des Vorjahres unter Einbeziehung der Erhöhung der Bezüge. Für die Vergütung der Mitglieder der Schlichtungskommission komme das Ministerium auf, stellte Gehrer fest.
Eine ausführliche Diskussion ergab sich auch zu den Plänen betreffend die Erlassung der Studiengebühren. So meinte etwa Abgeordneter Kurt Grünewald (G), es sei unverständlich, dass man nicht bei den staatlichen Abkommen bleibe, da dies einfacher wäre als den Universitäten zusätzliche Bürokratie aufzubürden. Er trat auch dafür ein, den Universitäten die erlassenen Gebühren seitens des Ministeriums zu ersetzen. Vielleicht könnte hier das Außenministerium einen Beitrag leisten, bemerkte Grünewald, da die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit ohnehin sehr niedrig seien.
Dieser Auffassung konnte sich Abgeordnete Gertrude Brinek (V) nicht anschließen, zumal es sich hier um überschaubare Beträge handle. Die nun vorgeschlagene Regelung entspräche der Autonomie der Universitäten und sei gerechter und transparenter. Außerdem könnten Privatuniversitäten in bilateralen Staatsverträgen nicht berücksichtigt werden. Gegen eine Vermischung mit der Entwicklungszusammenarbeit sprach sich Abgeordneter Heribert Donnerbauer (V) aus. Staatliche Verträge nähmen auch nicht auf die tatsächliche soziale Situation der ausländischen Studierenden Rücksicht und es könnte durchaus zu einer Ungleichbehandlung mit sozial schwachen inländischen Studierenden kommen. Abgeordnete Magda Bleckmannn (F) hielt aus ihrer Sicht fest, dass man für alle das gleiche Maß anlegen und die Autonomie der Universitäten beachten sollte.
Bundesministerin Elisabeth Gehrer wies darauf hin, dass auf dem Verordnungswege die 31 ärmsten Staaten genannt würden, von denen die Studierenden keine Studienbeiträge zu entrichten haben. Bestehende Partnerschaften und Verträge blieben aufrecht und dann stünde es noch jeder Universität frei, bilaterale Verträge abzuschließen. Das werde nicht übermäßig viel sein, und damit seien alle Möglichkeiten ausreichend gegeben. (Fortsetzung)