Parlamentskorrespondenz Nr. 861 vom 25.11.2004

AUSSENMINISTERIN PLASSNIK ZUM ERSTEN MAL IM BUNDESRAT

Wien (PK) Vor Eingang in die Tagesordnung der Sitzung des Bundesrats gab Bundesratsvizepräsident Weiss bekannt, dass zwei Dringliche Anfragen eingebracht wurden. Die Dringliche Anfrage der Grünen betreffend "Schwarzblaue Umfärbung der Österreichischen HochschülerInnenschaft" an Bildungsministerin Elisabeth Gehrer, die auch von der SPÖ unterstützt wird, wird um 16.00 Uhr zum Aufruf gelangen. Im Anschluss daran wird sich der Bundesrat mit einer Dringlichen Anfrage der SPÖ an Vizekanzler und Verkehrsminister Hubert Gorbach betreffend "Schließungswelle von Postämtern" befassen.

An der Spitze der Tagesordnung des Bundesrats stand eine Erklärung von Bundeskanzler Dr. SCHÜSSEL. Anlass dafür war die kürzliche Ernennung von Ursula Plassnik zur neuen Außenministerin. Schüssel betonte, dass Plassnik hervorragende Voraussetzungen für das Amt mitbringe und ihre Fähigkeiten und Kenntnisse vom Start weg unter Beweis gestellt habe. Die neue Außenministerin verdiene einen Vertrauensvorschuss. "Der Lebenslauf spricht für sich."

Schüssel nutzte seine Erklärung vor dem Bundesrat aber auch dazu, um eine Bilanz der bisherigen Regierungsarbeit zu ziehen. Zur Halbzeit der Legislaturperiode seien von 150 Programmpunkten des Regierungsprogramms bereits 120 umgesetzt worden bzw. würden demnächst abgeschlossen, skizzierte er: Das Budget 2005 sei beschlossen, das Budget 2006 politisch abgehakt, Finanzausgleich und Stabilitätspakt seien vereinbart, die Gesundheitsreform fixiert, die Spitalsfinanzierung außer Streit gestellt und "das Jahrhundertprojekt Pensionsharmonisierung" unter Dach und Fach gebracht.  

Jetzt konzentriere sich die Regierung, so Schüssel, voll auf die zweite Halbzeit. Ihm zufolge gibt es 90 konkrete Reformvorhaben, darunter die Zusammenlegung von Polizei, Gendarmerie und Zollwache, die Änderung des Asylgesetzes, die Umsetzung der EU-Verfassung, die Umsetzung der Bundesheerreform mit einer Verkürzung des Wehrdienstes und des Zivildienstes, die Beteiligung an europäischen Einsatzeinheiten und die Umsetzung der Ergebnisse des Österreich-Konvents.

Darüber hinaus wies der Kanzler auf die bevorstehenden Jubiläen - 10 Jahre EU-Mitgliedschaft, 50 Jahre Staatsvertrag, 60 Jahre Zweite Republik - hin und unterstrich, Österreich arbeite bereits mit Nachdruck an der Vorbereitung der österreichischen EU-Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2006. Überzeugt zeigte sich Schüssel davon, dass Plassniks Amtsvorgängerin Benita Ferrero-Waldner als EU-Kommissarin eine gute Figur machen wird.

Bundesrat BIERINGER (V) gratulierte Ursula Plassnik herzlich zur Bestellung als Außenministerin und meinte, er sei überzeugt, dass Schüssel "so wie immer" eine äußerst kluge und richtige Entscheidung getroffen habe. Das, was die Regierung in den letzten zwei Jahren geleistet habe, kann sich seiner Meinung nach sehen lassen. Er freue sich schon auf den Wahltag 2006, sagte Bieringer, die Bevölkerung wisse die Leistungen zu würdigen und zu schätzen. Österreich sei ein guter Platz zum Leben, Arbeiten und Investieren.

Bieringer zufolge hat die Regierung in einer weltpolitisch nicht gerade einfachen Zeit gezeigt, wie man Probleme anpacke und bewältige. Er verwies u.a. auf die Steuerreform, die Erhöhung der Forschungsausgaben, die Steigerung der Exportquote, den bestehenden Beschäftigungsrekord, die Pensionsharmonisierung und die Einführung des Kindergeldes. Der Standort Österreich sei attraktiver denn je, das wisse er, so Bieringer, als Bürgermeister einer grenznahen Gemeinde aus eigener Erfahrung. Es vergehe kaum eine Woche, wo nicht ein deutscher Unternehmer anklopfe, der seinen Betrieb von Deutschland nach Österreich verlegen wolle und ein Grundstück suche.

Bundesrat KONECNY (S) widmete sich zunächst der Regierungspolitik im allgemeinen und kritisierte insbesondere die Pensionsreform. Diese habe den Menschen durch Kürzungen bis zu 20 % die Grundlage für die Altersversorgung weggenommen. Er verteidigte auch den Standpunkt der SPÖ hinsichtlich der Diskussionen im Rahmen des Österreich-Konvents und meinte, man könne nicht eine Verfassungsreform mit einer Ausweitung der demokratischen Elemente anstreben und gleichzeitig die demokratischen Rechte der Österreichischen Hochschülerschaft beschränken. Die Bundesregierung sei auch in Bezug auf die Beschäftigungspolitik nicht erfolgreich gewesen, da die Wirtschaftspolitik keine Beschäftigungsorientierung aufweise und Kürzungen im öffentlichen Dienst vorgenommen worden seien. Die Halbzeitbilanz des Bundeskanzlers könne man daher mit "aufmunternden Worten eines Trainers in der Kabine, wenn man 5:0 hinten liegt", vergleichen, so Konecny.

Konecny mutmaßte, dass seitens der ÖVP und FPÖ die Bundesregierung mit der Republik verwechselt werde, denn wer an den Maßnahmen der Bundesregierung Kritik übe, der werde als Miesmacher gebrandmarkt. Eine solche Vermengung sei aber weder verfassungsrechtlich, noch politisch, noch moralisch gedeckt.

Über die Wahl von Ursula Plassnik als Außenministerin zeigte sich Konecny äußerst zufrieden und unterstrich das Vertrauen der SPÖ ihr gegenüber. Die SPÖ sei bereit, an einer gemeinsamen Außenpolitik mitzuwirken, zumal es möglich sein müsse, in zentralen Fragen zu gründlich analysierten und ehrlich erarbeiteten gemeinsamen Standpunkten zu kommen. Insbesondere begrüßte er die klaren Worte der Ministerin zur Entwicklung in der Ukraine.

Bundesrat Dr. BÖHM (F) begann seine Wortmeldung mit persönlichen Erinnerungen an Ursula Plassnik als Studentin, die er als damaliger Assistent an der Universität kennen gelernt hatte. Aufgrund der zahlreichen positiven Eindrücke setze er nun großes Vertrauen in sie.

Als Außenministerin werde sie zahlreiche neue und belastende Aufgaben zu erfüllen haben. Böhm nannte in diesem Zusammenhang die Frage eines Beitritts der Türkei zur EU, den die FPÖ ablehne, und er dankte Plassnik für ihre diplomatisch gute und dennoch reservierte Haltung. Er schätze es sehr, dass sie den Sorgen der Bevölkerung Verständnis entgegen bringe. Wie sein Vorredner bewertete er die klaren Worte der Ministerin zu den Wahlen in der Ukraine positiv.

Eine weitere Herausforderung werde der militärische Beitrag Österreichs zu einer Eingreiftruppe in der EU darstellen. Schließlich müsse Österreich seine strategische Partnerschaft mit den Nachbarländern ausbauen. Dies sollte nicht nur in politisch-ökonomischem Sinn geschehen, sondern es sei notwendig, auch vermehrt kulturpolitische Maßnahmen zu setzen, die weit über die Kulturinstitute hinausgingen.

Auch Bundesrat SCHENNACH (G) bezeichnete die Ernennung von Ursula Plassnik zur Außenministerin als eine "gute und kompetente Wahl".

Was die Türkei betreffe, so sei er zutiefst davon überzeugt, dass ein Annäherungsprozess stattfinden müsse, denn man könne einem laizistischen Staat wie die Türkei nicht seit den sechziger Jahren etwas versprechen und die Entscheidung dauernd hinausschieben. Die Türkei stelle einen enormen Ordnungsfaktor in der Region und einen Wirtschaftsmotor auch für die früheren sowjetischen Staaten dar. Der Beitrittsprozess werde daher mit einer Integration enden müssen, sagte Schennach, eine Volksabstimmung darüber dürfe es jedoch nicht geben. Eine derart wichtige Frage könne man nicht dem Populismus überlassen, man brauche keine "lex Türkei", sondern ordentliche Verhandlungen. Schennach fügte aber hinzu, dass für ihn der Lückenschluss am Balkan vorrangig sei.

Die Außenpolitik von Bundesministerin Ferrero-Waldner beurteilte er als zu symbolhaft und zu wenig konturiert. Er zeigte sich aber zufrieden über die Erhöhung der Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit (EZA) und brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass die Tradition, Afrika als besonderen Schwerpunkt der EZA zu betrachten, fortgeführt wird. Ablehnend äußerte er sich zu den so genannten "Battle Groups" und bemerkte, eine aktive Neutralitäts-, Krisen- und Außenpolitik erachte er für wesentlich sinnvoller und effektiver.

Hinsichtlich der Bilanz des Bundeskanzlers sah er einige Dinge scheinen aus dem Ruder laufen. Als Beispiel führte er die aktuelle Asyldebatte an. Die Umsetzung der Bundesheerreform sei ins Stocken geraten, die Polizeireform bringe große Verunsicherung und mit der Pensionsharmonisierung sei viel soziale Kälte ins Spiel gebracht worden. Nachdem der Kaufkraftverlust des Pflegegeldes 18 % betrage, sei eine Erhöhung um 2 % äußerst wenig. Von der Steuerreform profitierten nur Großkonzerne, und das Militär in die Justizanstalten zu bringen, stelle aus seiner Sicht einen "abenteuerlichen Versuch" dar. Nach dem ORF, dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger und der ÖIAG komme nun die ÖH dran, um Wahlergebnisse zurecht zu biegen, hielt Schennach fest. Das stelle die Frage des demokratischen Umgangs in diesem Land.

Bundesministerin Dr. PLASSNIK stellte an den Beginn ihrer Ausführungen bewusst das Wort "Kontinuität", da sich die Außenpolitik, die sich auf die Grundkoordinaten Staatsvertrag, Neutralitätsgesetz, 50 Jahre UNO-Mitgliedschaft und zehn Jahre EU-Mitgliedschaft stütze, bewährt habe. Dies gelte es fortzusetzen und weiterzuentwickeln. Plassnik betonte, es sei ihr ein besonderes Anliegen, die Bundesländer in die Außenpolitik einzubinden, zumal acht Länder eine Außengrenze hätten und Wien über einen UNO-Sitz verfüge. Deshalb halte sie den Kontakt zu den Landeshauptleuten für außerordentlich wichtig und in diesem Sinne führe sie auch mit diesen persönliche Gespräche.

Dass Europa weit mehr als eine Wirtschaftsgemeinschaft sei, habe sich bei den zahlreichen Festen an den Grenzen am vergangenen 1. Mai gezeigt. Nun gehe es darum, die Chancen zu nützen, weshalb die regionalen Partnerschaften weiterhin Schwerpunkt der Außenpolitik bleiben würden. Sie, Plassnik, wolle diese regionalen Partnerschaften mit neuem Leben erfüllen.

Die Außenministerin ging auch auf die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine ein, die ihr, wie sie sagte, große Sorgen bereiteten. Die EU habe eine Erklärung abgefasst, wonach sie sich überzeugt zeigt, dass die veröffentlichten Ergebnisse nicht den tatsächlichen Ergebnissen entsprechen und worin die Ukraine aufgefordert wird, die Beanstandungen gemeinsam mit der OSZE zu überprüfen. In diesem Sinne habe sie auch ein Gespräch mit dem ukrainischen Geschäftsträger geführt. Man müsse alles tun, bekräftigte die Außenministerin, um Gewalt zu vermeiden. Sie stehe in ständigem Kontakt mit der Botschaft in Kiew.

Ein besonderes Interesse müsse auch der Stabilisierung der Länder in Südosteuropa gelten, führte Plassnik weiter aus. Südtirol sei ein herausragendes Beispiel für eine erfolgreiche Minderheitenpolitik, daher solle Südtirol weiterhin eine Brücke zwischen Italien und Österreich bleiben. Sie werde alles tun, dass die Autonomie gewahrt bleibe. Als wichtige Aufgaben innerhalb der EU nannte Plassnik die Ratifikation der Verfassung, die Finanzvorschau, den Aufbau der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und die Entwicklung der europäischen Nachbarschaftspolitik. Sie wolle vor allem einen Beitrag zur Friedenssicherung sowie zur Bekämpfung der Armut in der Welt leisten.

In Bezug auf die Türkei hielt Plassnik fest, dass der Beginn von Verhandlungen keinesfalls zu einem sofortigen Beitritt führe und auch kein einziges von vornherein festgelegtes Ergebnis bedeute. Jedenfalls werde das österreichische Parlament das letzte Wort haben.

Abschließend unterstrich Plassnik den Dienstleistungscharakter des Außenministeriums und hob in diesem Zusammenhang besonders die Arbeit des Bürgerservice hervor. Außenpolitik müsse sich auf eine breite Basis stützen, dann könne sie erfolgreich sein, unterstrich Plassnik.

Bundesrat KNEIFEL (V) dankte der Ministerin für ihre Bereitschaft, eng mit den Ländern zusammenzuarbeiten. Sie habe in der Länderkammer heute einen "tollen Start hingelegt". Außenpolitik brauche Vertrauen, Kontinuität und Partnerschaft, meinte Kneifel, und gerade in den letzten Jahren sei Österreich zu einem starken Partner in Europa und der Welt geworden.

Kneifel strich drei ihm wichtige Punkte heraus. Einer betraf die regionale Partnerschaft, die für die Länder eine große Rolle spiele. Als Beispiel nannte er Temelin, wo man auf gutem Weg sei. Blockaden brächten seiner Meinung nach niemanden weiter. Wichtig sei in Zukunft auch die Beziehung der EU zu den Nicht-Kandidatenländern sowie die Entwicklung der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, denn die Friedensdividende sollte auch am Balkan zum Tragen kommen. Als notwendig erachtete Kneifel auch die Kooperation im Donauraum, der eine Schlüsselzone in der europäischen Entwicklung darstelle. Die Donau solle daher auch für die menschliche Nähe genutzt werden, meinte Kneifel. Jedenfalls sei der Erfolg der Außenpolitik daran zu messen, wie viel Sicherheit und Stabilität man den Menschen geben könne. Dies sei aber nur durch ein Miteinander möglich.

Bundesrat Dr. GUMPLMAIER (S) rief den Bundeskanzler auf, das europäische Sozialmodell zu verteidigen und sich für eine humane Gestaltung der Globalisierung einzusetzen. In diesem Sinn sollten, wie er betonte, der Wettlauf der Steuersenkungen gestoppt und die Lissabonner Erklärung mit Inhalten erfüllt werden. Kritisch nahm Gumplmaier zu neoliberaler Politik und Deregulierungstendenzen in der EU Stellung und warnte vor allem vor einer Übernahme der Dienstleistungs-Richtlinie.

Bundesrat Mag. GUDENUS (F) stellte seine Wortmeldung unter das Motto "Österreich zuerst" und meinte, das österreichische Hemd müsse uns näher sein als der europäische Rock. Einem EU-Beitritt der Türkei erteilte Gudenus eine klare Absage, wobei er auf den Umstand hinwies, dass nach wie vor zahlreiche türkische Staatsbürger in Österreich um politisches Asyl ansuchen. Es stelle sich daher die Frage, ob die Türkei überhaupt bereit sei, die Kopenhagener Kriterien zu erfüllen. Hinsichtlich der EU-Verfassung trat Gudenus mit Nachdruck für eine Volksabstimmung ein. Es wäre Ausdruck einer "Arroganz der Macht", diese Frage ohne eine Konsultation der Bevölkerung zu entscheiden, gab er zu bedenken.

Bundesrätin KONRAD (G) erinnerte den Bundeskanzler an das Ziel, den Anteil der österreichischen Entwicklungshilfe auf 0,7 % des BIP zu steigern. Handlungsbedarf ortete sie auch bei der Schaffung eines EU-Bewusstseins durch Forcierung von Austauschprogrammen für junge Menschen. Überdies geht es nach Meinung Konrads auch darum, von einer EU der Eliten abzukommen und sich auf eine EU der Bürger hinzubewegen.

Bundesrat LINDINGER (S) vermisste ein klares Bekenntnis Plassniks zur Neutralität und unterstrich die Bedeutung der Teilnahme österreichischer Soldaten an friedenserhaltenden Einsätzen. Er sah die Ministerin aufgerufen, die Vermittlerrolle Österreichs in internationalen Konflikten wieder stärker zu betonen.

Bundesrat Ing. KAMPL (F) forderte eine stärkere Durchsetzung österreichischer Interessen in der EU und plädierte mit Vehemenz für eine Beseitigung der Benes-Dekrete und der AVNOJ-Beschlüsse, die er als Unrecht bezeichnete.

Bundesrat KRITZINGER (V) konzentrierte sich in seiner Rede auf das Thema Südtirol und appellierte an den Bundeskanzler, sich dafür einzusetzen, dass Italien durch eine Amnestie einen Schlussstrich unter die so genannten "schwarzen Listen" zieht.

Bundesrat GRUBER (S) begrüßte die Regierungsumbildung und nahm darüber hinaus seine Wortmeldung zum Anlass, sich kritisch mit der Politik der Bundesregierung, von der Pensionsharmonisierung über die Postenbesetzungen bis hin zur Steuerreform, auseinander zu setzen.

Bundesrätin Dr. LICHTENECKER (G) setzte sich mit dem Verhältnis Österreichs zu China und Indien auseinander. Bei diesen beiden Ländern handle es sich um dynamische Wirtschaftsräume, die als Handelspartner für Österreich von einigem Interesse seien. Darüber hinaus dürfe man aber auch den Menschenrechtsaspekt nicht vergessen, ebenso brauche es eine klare Haltung zu Umweltfragen.

Bundeskanzler Dr. SCHÜSSEL ging auf die in der Debatte aufgeworfenen Fragen ein und erläuterte die Haltung seiner Regierung zu Aspekten in der Südtirolfrage und zur europäischen Verfassung, wo er eine schwierige Lage ortete. Er, Schüssel, setze sich für eine gesamteuropäische Volksabstimmung ein und meine, man solle nationale Referenden wenigstens hinsichtlich des Zeitrahmens beschränken. Diese Frage sei derzeit aber noch offen, erklärte der Kanzler.

Zudem äußerte sich der Regierungschef zu Fragen von Einsätzen in Krisenregionen. Hier seien UN-Charta, Völkerrecht und OSZE-Charta Richtschnur des Handelns, zunächst aber gelte es, die Voraussetzungen für ein gemeinsames Agieren zu finden. Wenn man wolle, dass Europa im Interesse des Friedens und der Menschenrechte handle, dann müsse man jetzt die dafür nötigen nächsten Schritte setzen, erklärte Schüssel.

Der Europagedanke sollte weiter vertieft werden, bisher bereits vorhandene Programme sollten entsprechend ausgebaut werden, führte der Kanzler weiter aus, dies am Beispiel des Hochschulwesens illustrierend. Europäische und nationale Interessen sollten nicht als Gegensatz begriffen werden, vielmehr sei es gerade im nationalen Interesse, dass Europa funktioniere. Alles, was in Europa geschehe, sei im Interesse Österreichs, betonte der Kanzler. Österreich habe außerordentlich profitiert von der europäischen Entwicklung, das dürfe man nicht vergessen, so Schüssel, der sodann seine Position zur europäischen Integration der Türkei darlegte.

Anschließend ging der Bundeskanzler auf innenpolitische Themen ein, so namentlich auf die Pensionsreform, wo er abermals betonte, dass sich zur gewählten Lösung keine Alternative geboten habe, wenn man die Fehler der Vergangenheit vermeiden und das System für die Zukunft absichern wolle. Anhand konkreter Beispiele erläuterte der Bundeskanzler die von der Regierung gewählte Vorgangsweise und unterstrich die Notwendigkeit dieser Reform, der es entgegen anders lautenden Aussagen nicht am entsprechenden sozialen Augenmaß fehle. Seine Regierung betreibe eben auch keine neoliberale Politik, sondern bediene sich einer Ziel führenden Mischform, mit der man, wie sich zeige, gute Ergebnisse erziele.

(Schluss Plassnik/Forts. BR)

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