Parlamentskorrespondenz Nr. 931 vom 09.12.2004

NATIONALRAT: FINANZAUSGLEICH UND STABILITÄTSPAKT UNTER DACH UND FACH

Dem Finanzausgleich stimmten die Sozialdemokraten zu

Wien (PK) – Das Finanzausgleichsgesetz 2005, die Änderung des Familienlastenausgleichsgesetz es und der Stabilitätspakt 2005 standen hierauf zur Beratung an.

Abgeordneter Dr. MATZNETTER (S) bezeichnete den in Rede stehenden Verhandlungsgegenstand als eines der schwierigsten Kapitel der letzten Jahre. Konkret führe die Politik der Regierung zu großen Belastungen für die Kommunen, denen es an Mitteln für ihre Aufgaben fehle, worunter wiederum die Wirtschaft leide, da die Kommunen für viele Unternehmer ein wichtiger Auftraggeber seien. Aus diesem Grunde könne seine Fraktion dem zweiten Teil dieses Pakets die Zustimmung nicht geben, da die Fiskalpolitik der Regierung falsch sei. Seine Partei stimme unsozialen Belastungen nicht zu und lehne diese Maßnahmen ab.

Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V) war jedoch der Ansicht, dass es sich um das zweitwichtigste Finanzpaket dieser Legislaturperiode handle, "zweifellos ein gewaltiges Paket", mit dem die Quadratur des Kreises gelungen sei, wie die entsprechenden Eckdaten bewiesen. Die Rahmenbedingungen seien stimmig, die Länder und Gemeinden bekämen mehr Mittel und im Gesundheitswesen würden dringend notwendige Strukturreformen angegangen, sodass die Vorgangsweise der Sozialdemokratie in dieser Frage bedauerlich sei. Zur Tabaksteuer brachte der Redner einen Vier-Parteien-Entschließungsantrag ein, wonach die Bundesregierung auch weiterhin gezielte Maßnahmen zur Bekämpfung des Tabakschmuggels setzen solle.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) meinte in Richtung seines Vorredners, Abgeordneter Stummvoll wisse genau, dass eine Quadratur des Kreises mathematisch unmöglich sei. Er selbst vermisst eine klare und geradlinige Herangehensweise an das Thema Finanzausgleich und mahnte mehr Transparenz bei den Verhandlungen ein. Kogler zufolge ist eine grundsätzliche Diskussion darüber notwendig, was nun die zentralen öffentlichen Aufgaben der Länder, der Gemeinden und des Bundes seien.

Fraglich ist für Kogler, ob die Erhöhung der Tabaksteuer tatsächlich Mehreinnahmen von 90 Mill. € bringen wird. Möglicherweise werde der Preiseffekt durch den Mengeneffekt wettgemacht, meinte er. Scharfe Kritik übte Kogler außerdem an den Ländern. Diese wollten, so der Abgeordnete, "kein Jota Verantwortung übernehmen", obwohl man sich in der Theorie immer wieder zur Zusammenführung von Aufgaben- und Einnahmenverantwortung bekenne. Da die Länder zu wenig in die Pflicht genommen würden, könnten die Grünen ihm zufolge auch dem Stabilitätspakt nicht zustimmen.

Abgeordneter BUCHER (F) machte geltend, dass der Finanzausgleich und der Stabilitätspakt Ergebnis wochenlanger Verhandlungen mit allen Beteiligten - Bund, Länder, Städte und Gemeinden - seien. Die Verhandler seien sich ihrer Verantwortung bewusst gewesen, betonte er.

Nach Ansicht Buchers erfolgt ein Kurswechsel bei der Verteilung der zur Verfügung stehenden Finanzmasse. Positiv bewertet er u.a., dass kleine Gemeinden mehr Mittel bekommen, dass für Landeslehrer zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt würden und dass die Wohnbauförderung erhalten bleibe. Insgesamt glaubt Bucher, dass mit dem vorliegenden Finanzausgleichsgesetz der Ausdünnung des ländlichen Raumes Einhalt geboten werden kann. Die zusätzlichen Belastungen im Gesundheitsbereich wertete er als "durchaus moderaten Kompromiss".

Finanzminister Mag. GRASSER wies darauf hin, dass die diesjährigen Finanzausgleichsverhandlungen "besonders schwierig" waren. Alle Gebietskörperschaften hätten versucht, in den letzten Jahren die Ausgabendynamik zu bremsen und Einsparungen vorzunehmen, skizzierte er. Nach vier Jahren des Sparens seien sowohl der Bund als auch die Länder und die Gemeinden unter Druck gestanden. Dazu kämen Mindereinnahmen durch die Steuerreform.

Nach Meinung Grassers konnte dennoch ein "herzeigbares" Gesamtpaket - Finanzausgleich, Stabilitätspakt und Krankenanstaltenfinanzierung - abgeschlossen werden. Alle Gebietskörperschaften hätten sich zu einer stabilitätsorientierten Finanzpolitik und zu soliden Staatsfinanzen bekannt. Gemäß Vereinbarung werde es im Jahr 2008 wieder einen ausgeglichenen Haushalt geben.

Sowohl für Landeslehrer als auch für finanzschwache Gemeinden sind Grasser zufolge mehr Mittel vorgesehen. Zudem wertete er die vereinbarten Verteilungsschlüssel bei fast allen Bundesabgaben als wesentlichen Erfolg.

Das ausverhandelte Gesundheitspaket enthält Grasser zufolge nicht nur "maßvolle" Einnahmenerhöhungen, sondern auch Ausgabenreduktionen im selben Umfang. Er mahnte in diesem Zusammenhang eine Reduktion der Verwaltungskosten in den Krankenanstalten ein und verwies darauf, dass derzeit jedes vierte Spitalsbett in Österreich leer stehe.

Abgeordneter Mag. HOSCHER (S) bekräftigte, die SPÖ werde dem Stabilitätspakt nicht zustimmen. Er begründete dies damit, dass sich der Bund, wie die Steuerreform und das Budget 2005 zeige, offen zu einer "Klientelpolitik" bekenne, die im Falle des Stabilitätspakts zu Lasten der Länder und der Gemeinden ginge. Ein klares Bekenntnis legte Hoscher zur Wohnbauförderung ab, die seiner Ansicht nach zu 100 % für Wohnbau, Sanierung und Wohnumfeld zweckgewidmet werden sollte. 

Abgeordneter AUER (V) bedauerte, dass das vom Finanzressort vorgeschlagene neue Modell zur Gemeindenfinanzierung nicht bei allen Verhandlern des Finanzausgleiches Zustimmung gefunden habe. Dieses Modell hätte kleinen finanzschwachen Gemeinden mehr Mittel gebracht, ohne dass es für die wenigen Verlierergemeinden große Verluste gegeben hätte, skizzierte er. Generell verlangte Auer, das Parlament künftig deutlich früher in die Finanzausgleichsverhandlungen einzubinden. 

Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) führte aus, bei Verhandlungen kämen notgedrungen Kompromisse heraus. Die Abgeordneten müssten nun herausfinden, "was war der Tauschhandel?". Irritiert zeigte sich Grünewald u.a. darüber, dass ein so wichtiges Reformvorhaben wie die Gesundheitsreform mit den Finanzausgleichsverhandlungen verknüpft wurde. Statt der im Gesundheitspaket vereinbarten neuen Belastungen wäre es seiner Meinung nach zudem besser gewesen, die Höchstbeitragsgrundlage in der Krankenversicherung anzuheben. Davon wären, so Grünewald, nur die wohlhabendsten zehn Prozent der ÖsterreicherInnen betroffen gewesen. 

Abgeordneter NEUDECK (F) unterstrich, bei den Finanzausgleichsverhandlungen sei ein guter Kompromiss gefunden worden. Dieser erlaube eine Fortsetzung der Reformpolitik. Bund und Länder sind seiner Auffassung nach nun aufgefordert, weitere Verwaltungseinsparungen durchzuführen. Zudem liege es an den Länder und Sozialversicherungen, sich in die anstehenden Strukturreformen im Gesundheitsbereich konstruktiv einzubringen.

Abgeordneter Mag. GASSNER (S) erinnerte an eine Aussage von Finanzminister Grasser im Juni, wonach es nicht mehr Geld für Länder und Gemeinden geben werde und die im derzeit geltenden Finanzausgleich verankerten Mittel ein Maximalbetrag seien. Gaßner erklärte, Grasser habe die Wahrheit gesagt, schließlich würde den Gemeinden aufgrund der Steuerreform bis zu den Jahren 2007, 2008 "eine runde Milliarde" fehlen. Mit der Steuerreform werde Geld zu jenen hingeleitet, die es ohnehin haben, und jenen weggenommen, die nichts haben, sagte er.

Abgeordneter GRILLITSCH (V) meinte, das Abgehen vom abgestuften Bevölkerungsschlüssel hin in eine Aufgabenorientierung sei ein gutes Zeichen. Denn auch die kleinen Gemeinden hätten eine Fülle von neuen Aufgaben zu erfüllen. Es sei daher ein Gebot der Stunde, Änderungen vorzunehmen. Er hätte sich zwar noch mehr Geld gewünscht, aber dennoch sei der Abschluss mit zusätzlich 100 Mill. € für die kleinen ländlichen Gemeinden ein Schritt in die richtige Richtung. Positiv anzumerken sei darüber hinaus, dass die Wohnbauförderung sowie die Investitionen für die Infrastruktur der Wasserwirtschaft gleich blieben.

Abgeordnete SBURNY (G) fragte, warum es die Aufgabenorientierung noch nicht gibt, obwohl diese alle wollten. In diese Richtung sei leider nichts geschehen, auch keine Zusammenfassung der Ausgaben, Einkommen und Aufgaben. Man müsste für die Aufgabenorientierung endlich Kriterien schaffen, forderte sie. Das einzige, was man gemacht habe, sei, den abgestuften Bevölkerungsschlüssel so zu modifizieren, dass kleinere Gemeinden profitieren. Dies sei wenig sinnvoll, bevor nicht geklärt sei, was die Gemeinden als Basis brauchten. Sburny stimmte mit Abgeordnetem Gaßner überein, dass die Gemeinden zu wenig Geld zur Verfügung haben, um die notwendigen Investitionen zu tätigen. Vielleicht, schlug Sburny vor, böte sich jetzt nach Abschluss des Finanzausgleichs eine gute Gelegenheit, in Ruhe gemeinsam über die Kriterien der Aufgabenorientierung nachzudenken.

Abgeordneter DI HOFMANN (F) räumte ein, dass die Gemeinden unter Druck stünden, Veränderungen seien aber nur unter Druck möglich, bemerkte er. Nicht nachvollziehbar hielt er die ablehnende Haltung der SPÖ zum Stabilitätspakt. Er sei prinzipiell für die Einbindung aller Parteien in die Verhandlungen, er fürchte aber gleichzeitig, dass die SPÖ dennoch immer wieder einen Grund für das Nein-Sagen suche.

Abgeordneter Dr. BAUER (S) begründete die Zustimmung der SPÖ zum Finanzausgleich mit der Notwendigkeit, Rechtssicherheit für die Gebietskörperschaften zu schaffen. Ein Grund zum Jubeln sei nicht da. Er glaube auch, dass nun grundsätzliche Überlegungen zum Finanzausgleich angestellt werden müssten, da die Gemeinden immer mehr Aufgaben bei weniger Einnahmen zu erfüllen hätten. Es sollten daher andere Ausgleichsmöglichkeiten geschaffen werden, wobei auch ein regionaler Finanzausgleich und eine Aufgabenorientierung anzustreben wären. Bauer sprach sich in diesem Zusammenhang für die Einsetzung einer Arbeitsgruppe aus.

Bundesminister Mag. GRASSER hielt dem gegenüber fest, dass die Gemeinden im Jahr 2004 6,170 Mrd. € zur Verfügung hätten, im Jahr 2008 stiegen diese auf 7,060 Mrd. €. Das heiße, die Gemeinden werden vom Finanzausgleich profitieren.

Abgeordneter Dr. FASSLABEND (V) brachte einen Abänderungsantrag ein, der auf die Regelungen der Überweisungen aus der Tabaksteuer abzielt und auf den Abschluss der Gehaltsverhandlungen für die öffentlich Bediensteten Rücksicht nimmt. Fasslabend unterstrich die Wichtigkeit des Stabilitätspakts und kritisierte die Haltung der SPÖ, insbesondere jene Dr. Gusenbauers dazu.

Abgeordnete Mag. TRUNK (S) zweifelte die Aussagen des Finanzministers zur Gesundheitsreform, insbesondere zur Neurochirurgie, an. Sie wies auch die Kritik Grassers an Wien zurück, da viele BürgerInnen aus den Bundesländern in Wien Arbeit fänden. In Wien stünden auch Kinderbetreuungsplätze mit Qualität zur Verfügung, sagte sie, nur ein Drittel bezahle die vollen Gebühren und ein Drittel bekäme die Plätze umsonst. Grasser nehme durch den Finanzausgleich den Kommunen Geld weg und gefährde durch mangelnde Investitionsmöglichkeiten die ohnehin dünn gesäten Arbeitsplätze in den Gemeinden.

Abgeordneter GLASER (V) bedauerte, dass kleine Gemeinden noch immer benachteiligt seien. Von einer Umverteilung zu kleinen Gemeinden könne trotz kleiner budgetärer Steigerungen keine Rede sein. Kleine Gemeinden müssten wie größere Impulsgeber sein und eine wirtschaftliche Strategie entwickeln. Es sei daher in Zukunft noch einiges zu tun, aber der Finanzausgleich sei ein Beginn für notwendige Änderungen.

Abgeordneter WIMMER (S) merkte an, dass die Gemeinden und Länder zwar auf dem Papier mehr bekämen, aber sie verlören durch die Steuerreform wieder. Dennoch gebe es auch positive Maßnahmen, und deshalb stimme die SPÖ dem Finanzausgleich zu. Wimmer kritisierte die Gesundheitsreform, da diese vor allem die Schwächsten treffe. Wenn ein Drittel der Gemeinden ihren Haushalt nicht ausgleichen könnten, sei es fraglich, wie diese ausgeglichen bilanzieren sollten. Die SPÖ lehne daher den Stabilitätspakt ab.

Abgeordneter Mag. TANCSITS (V) widmete sich dem Gesundheitsteil des Finanzausgleichs, den er als tragbaren Kompromiss bezeichnete. Die ÖVP hätte mehr Gewicht auf einen ausgabenseitigen Sanierungskurs gelegt, bemerkte er. Die SPÖ sei jedoch leider nicht fähig, Kompromisse mitzutragen. Eine durchschnittliche Erhöhung von 87 Cent sei durchaus verkraftbar, so Tancsits. Die ursprünglichen Einsparungsvorschläge hätte er für besser gehalten als die Einsparungen bei den Sehbehelfen. Dieser Vorschlag sei aber von den Gebietskrankenkassen gekommen.

Abgeordneter Mag. LANGREITER (V) sprach sich ebenfalls für eine Aufgabenorientierung in zukünftigen Finanzausgleichsverhandlungen aus. Als wichtig bezeichnet er den interkommunalen Finanzausgleich. Gleichzeitig seien die Länder aufgerufen, die Gemeinden nicht allzu sehr zu belasten. Er begrüßte die Gesundheitsplattformen, da zum ersten Mal die Finanzmittel gemeinsam geplant und gesteuert würden.

Abgeordneter KEUSCHNIGG (V) dankte den Verhandlern des Bundes, dass sich diese für die kleinen Gemeinden so stark eingesetzt haben. Durch sie sei es zu Veränderungen beim abgestuften Bevölkerungsschlüssel gekommen. Man brauche aber ein umfassenderes Konzept zur Verstärkung der ländlichen Räume und um das Service für die BürgerInnen weiterhin zu gewährleisten. Er meinte auch, dass der Nationalrat in Hinkunft stärker in die Finanzausgleichs-Verhandlungen eingebunden werden müsste.

Abgeordnete MACHNE (V) betonte, dass man mit dem vorliegenden Finanzausgleich ein Stück weiter gekommen sei. Sie verstehe die SPÖ nicht, die zwar den Ausgaben des Bundes zustimme, nicht aber den Einnahmen, die jedoch notwendig seien, um den Gemeinden Geld zukommen zu lassen. Ihr Dank galt vor allem Abgeordnetem Jakob Auer, der sich besonders für die kleinen Gemeinden eingesetzt hat. In Osttirol seien die Gemeinden mit den Zuwächsen zufrieden.

Abgeordnete STADLER (V) hob drei Punkte hervor: Die Anhebung des unteren Bereichs des abgestuften Bevölkerungsschlüssels, wodurch kleinen Gemeinden unter die Arme gegriffen werde; die Möglichkeit des interkommunalen Finanzausgleichs und die Sicherung und die Beibehaltung der Wohnbauförderungsmittel. Die Zielsetzung von Bund, Ländern und Gemeinden, einen ordentlichen Haushalt zu gewährleisten, sei mit diesem Finanzausgleich erreicht.

Abgeordneter DI SCHEUCH (F) kritisierte Klaus Auer, der in der Vergangenheit die kleinen Gemeinden in Kärnten verunsichert habe.

Bei der Abstimmung wurde das Finanzausgleichsgesetz 2005 sowie andere damit in Zusammenhang stehende Gesetze in der Fassung des V-F-Abänderungsantrages in getrennter Abstimmung teils mit V-S-F-Mehrheit, teils mit V-F-Mehrheit angenommen. In dritter Lesung wurde das Gesetz mehrheitlich beschlossen.

Der Entschließungsantrag betreffend Bekämpfung des Tabakschmuggels wurde einstimmig verabschiedet.

Die Novelle zum Familienlastenausgleichsgesetz wurde mit Mehrheit beschlossen.

Der Österreichische Stabilitätspakt 2005 wurde ebenfalls mehrheitlich angenommen. (Forts.)