Parlamentskorrespondenz Nr. 339 vom 03.05.2005

AUSSENPOLITISCHER AUSSCHUSS UNTERSTÜTZT FRIEDENSBEMÜHUNGEN IM SUDAN

Außenpolitiker erledigen umfangreiche Tagesordnung

Wien (PK) - Nach der öffentlichen Besprechung der Berichte über die österreichische Außenpolitik im Jahr 2003 und die aktuelle europäische Außenpolitik wandte sich der Außenpolitische Ausschuss gesetzgeberischen Aufgaben zu und machte ein gutes Dutzend Vorlagen plenumsreif. Einstimmig passierten den Ausschuss Verträge für grenzüberschreitende Nuklearinformation mit Weißrussland und gemeinsame Katastrophenhilfe mit Kroatien, Regelungen für den internationalen Urheberrechtsschutz, Satzungsänderungen bei der Weltgesundheitsorganisation und die Unterstützung eines internationalen Gedenktages gegen Genitalverstümmelung.

Aufgrund oppositioneller Initiativen verabschiedete der Ausschuss eine Entschließungen zur Unterstützung des Friedensprozesses im Sudan. Abkommen für Dialog und Zusammenarbeit von EU und mehreren lateinamerikanischen Staaten den Ausschuss stießen auf entwicklungspolitische Bedenken der Grünen. Ein Abkommen betreffend die funktionelle Immunität für die Europäische Verteidigungsagentur (EDA) erzielte die Mehrheit der Regierungsparteien. - Vertagt wurden ein S-G-Entschließungsantrag für ein Streubombenverbot und ein S-Entschließungsantrag für mehr Transparenz bei der Hilfe für Tsunami-Opfer.

NUKLEARINFORMATIONSVERTRAG MIT WEISSRUSSLAND   

Ein Vertrag mit der Republik Belarus regelt den Informationsaustausch über Nuklearprogramme und Strahlenschutz, die Ergebnisse von Strahlenmessungen und den Aufbau eines gemeinsamen Strahlenfrühwarnsystem. Es ist vorgesehen, am Informationsaustausch bei Störfällen auch andere Staaten teilnehmen zu lassen (796 d.B.).

Außenministerin Ursula Plassnik beantwortete Detailfragen der Abgeordneten Werner Kummerer(S) und Wolfgang Großruck (V) und informierte über den multilateralen Notfallschutzplan der zentraleuropäischen Länder sowie über die aus ihrer Sicht starre innenpolitische Lage in Weißrussland. Die EU bemühe sich um Verstärkung der Nachbarschaftspolitik sowie um Kooperation mit der Zivilgesellschaft und prüfe die Einrichtung einer Vertretung der Kommission. - Die Zustimmung erfolgte einhellig.

VERTRAG MIT KROATIEN ÜBER GEGENSEITIGE HILFE BEI KATASTROPHEN

Ebenfalls einhellig wurde ein Abkommen mit Kroatien für die gegenseitige rasche und unbürokratische Hilfeleistung bei Katastrophen und schweren Unglücksfällen verabschiedet. Österreich beabsichtigt, solche Abkommen mit allen Nachbarstaaten abzuschließen (807 d.B.).

Ebenfalls einstimmig passierten folgende Regierungsvorlagen den Ausschuss:

INTERNATIONALER URHEBERRECHTSSCHUTZ

Der WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger (806 d.B.) erhöht den internationalen Urheberrechtsschutz von Künstlern und den Rechtsschutz der Tonträgerhersteller. Der WIPO-Urheberrechtsvertrag ist ein Sonderabkommen zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst mit dem Ziel, die Auswirkungen der modernen Kommunikationstechnologie urheberrechtlich in den Griff zu bekommen. (843 d.B.)

REFORMEN BEI DER WELTGESUNDHEITSORGANISATION

Drei Vorlagen sehen Satzungsänderungen bei der WHO vor. Im Falle rassischer Diskriminierung sollen Staaten aus der WHO ausgeschlossen werden können. Die Zahl der Mitglieder des Exekutivrates wird auf 34 Personen und die Zahl der Sitze der Europäischen Region von sieben auf acht erhöht, die arabische Version der Satzung wird als authentische Fassung anerkannt (844 d.B., 845 d.B. und 846 d.B.).

Ungeachtet seiner Zustimmung meldete Abgeordneter Herbert Scheibner (F) Bedenken dagegen an, die Bevölkerung eines Landes mit der Verschlechterung von Gesundheitsstandards zu bestrafen, wenn sich die Regierung rassistische Diskriminierung zuschulden kommen lasse.

GEDENKTAG GEGEN GENITALVERSTÜMMELUNG

Einstimmig beschloss der Ausschuss einen Vierparteienantrag (560/A[E]) für einen internationalen Gedenktag gegen Genitalverstümmelung und unterstrich die Aufforderung, "dieses grausame Ritual für immer auszulöschen".

ABGEORDNETE UNTERSTÜTZEN EINSTIMMIG FRIEDENSBEMÜHUNGEN IM SUDAN 

Die Grünen fordern in einem Entschließungsantrag Regierung und Außenministerin auf, sich bei der sudanesischen Regierung für die Einstellung der Kampfhandlungen in den Darfur-Provinzen, für den Zutritt von Hilfsorganisationen zum Konfliktgebiet, Maßnahmen gegen Kriegsverbrecher und Entwaffnung der Milizen einzusetzen (406/A)

Nach formaler Ablehnung dieses Antrags und der Vertagung eines auf eine Flugverbotszone im Sudan gerichteten G-S-Entschließungsantrages (496/A[E]) beschloss der Ausschuss eine im inhaltlichen Zusammenhang von allen vier Parteien beantragte Entschließung folgenden Inhalts: Politische Unterstützung des Darfur‑Friedensprozesses, Einrichtung einer international überwachten Flugverbotszone für die sudanesische Luftwaffe, Stopp der Kampfhandlungen und der Übergriffe auf die Zivilbevölkerung, Aufstockung und Unterstützung der in Darfur stationierten Einheiten der Afrikanischen Union sowie Sanktionen der EU, falls sich die UN‑Sanktionen als unzureichend erweisen, die Gewalt in Darfur zu beenden. 

OPPOSITION DRÄNGT AUF STREUBOMBEN-VERBOT

Ebenfalls einstimmig vertagt wurde das Verlangen der Opposition auf eine Vorreiterrolle Österreichs beim Verbot von Streumunition und Streubomben. Konkret will sie das Protokoll V der Convention on Conventional Weapons (CCW) ratifizieren, ein unilaterales Moratorium für Einsatz, Produktion, Entwicklung, Lagerung und Handel von Streumunition und Streubomben erklären und das Verbot von Anti-Personenminen um Streumunition erweitern, da deren Blindgänger als Anti-Personenminen anzusehen sind (499/A[E]).

POLITISCHER DIALOG EU-LATEINAMERIKA WIRD INTENSIVIERT

Zwei gleich lautende Abkommen regeln den politischen Dialog und die Zusammenarbeit der EU mit Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Panama (866 d.B.) sowie mit den Mitgliedstaaten der Andengemeinschaft (Bolivien, Ecuador, Kolumbien, Peru und Venezuela) (867 d.B.).

Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) begründete die Ablehnung der beiden Abkommen mit folgenden Argumenten: Freihandelszonen führen oft zu Nachteilen für die lokale Landwirtschaft. Im konkreten Fall werden sozialökonomische Unterschiede der Regionen und insbesondere auch der Krieg in Kolumbien nicht berücksichtigt. - Zustimmung mit V-S-F‑Mehrheit.

WEITERE VORLAGEN

Der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA) und ihren Bediensteten sollen die im EU-Rahmen üblichen Vorrechte und Befreiungen wie funktionelle Immunität und Steuerbefreiung für Gehälter und andere Bezüge gewährt werden (863 d.B.).

Abgeordnete Ulrike Lunacek (G), die einen Vertagungsantrag stellte, und Ausschussobmann Peter Schieder (S) bemängelten, dass das Parlament Immunitäten einer Organisation beschließen soll, ohne je über den Beitritt Österreichs zur Verteidigungsagentur diskutiert zu haben.

Abgeordneter Herbert Scheibner (F) erinnerte daran, dass Österreich seine Teilnahme an der Vorgängerorganisation der Verteidigungsagentur beschlossen habe.

Die Ressortleiterin wies darauf hin, dass die Verteidigungsagentur der Zusammenarbeit im Bereich militärischer Forschung und Entwicklung diene und dass das Parlament über die österreichische Teilnahme eine COREPER‑Berichts informiert wurde. Die Verteidigungsagentur sei Teil der gemeinsamen Außen‑ und Sicherheitspolitik, die österreichische Teilnahme daher verfassungsrechtlich gedeckt. - Nach Ablehnung eines Vertagungsantrages durch die Regierungsmehrheit wurde die Regierungsvorlage mit V‑F‑Mehrheit verabschiedet.

Mehr Transparenz beim Einsatz von Budgetmitteln für die Opfer der Flutkatastrophe in Südostasien verlangen Abgeordnete der SPÖ. Ihr Entschließungsantrag (517/A[E]), der auch Informationen über den Gender-Aspekt der Katastrophenhilfe vorsah, wurde auf Antrag des Abgeordneten Großruck (V) mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt. (Schluss)