Parlamentskorrespondenz Nr. 434 vom 25.05.2005

GESUNDHEITSAUSSCHUSS ABSOLVIERT UMFANGREICHE TAGESORDNUNG

Die Themen: MTD-Ausbildung, Kassen-Finanzierung, Tierseuchen

Wien (PK) - Im weiteren Verlauf der Sitzung des Gesundheitsausschusses standen zunächst Vorlagen zu den Themen Ausbildungsreform bei den Gesundheitsberufen, namentlich die einstimmig an das Plenum verabschiedete Einführung von Fachhochschullehrgängen für medizinisch-technische Dienste und Hebammen sowie SP-Anträge zur finanziellen Absicherung des Gesundheitssystems mit Vorschlägen für neue wertschöpfungsorientierte Einnahmen, Maßnahmen gegen die Hinterziehung von KV-Beiträgen durch Schwarzunternehmer und zur Eintreibung ausstehender KV-Beiträge von Betrieben zur Debatte. Die Anträge wurden von der Mehrheit der Koalitionsparteien vertagt. V, F und Gesundheitsministerin Rauch-Kallat bekundeten den Oppositionsparteien aber ihre Bereitschaft, die Diskussion über die Finanzierung des Gesundheitssystems fortzusetzen.

Einen weiteren Schwerpunkt der Sitzung bildeten aus Anlass der weitgehend einstimmigen Verabschiedung des Veterinärrechtsänderungsgesetzes Maßnahmen gegen neue Infektionskrankheiten wie der Vogelgrippe und gegen die Rinderkrankheit Para-Tuberkulose, die erwiesenermaßen im Zusammenhang mit der Entstehung der Krankheit Morbus Cron steht. Dazu verabschiedeten die Abgeordneten einstimmig Ausschussfeststellungen.

Den Vorschlag der SPÖ, die Ratifizierung des Abkommen über Tiergesundheit mit China zu vertagen, um Textmängel zu korrigieren und angesichts neuer internationaler Listen über Tierkrankheiten zu aktualisieren, lehnten die Regierungsparteien mit dem Argument ab, das bilaterale Abkommen sei auch aufgrund der alten Listen - die die Para-Tuberkulose bereits enthalten -, vollziehbar und könne künftig nachverhandelt werden.

BAKKALAUREAT-AUSBILDUNG FÜR MEDIZINISCH-TECHNISCHE DIENSTE UND FÜR HEBAMMEN

Eine einstimmig verabschiedete Regierungsvorlage (950 d.B. ) schafft die Voraussetzungen für Fachhochschul-Bakkalaureatsstudiengänge für gehobene medizinisch-technischen Dienste im MTD-Gesetz und - aufgrund eines von Ausschussobfrau Barbara Rosenkranz vorgelegten Vier-Parteien-Abänderungsantrages - nunmehr auch für Hebammen. Ein SPÖ-Antrag auf unentgeltliche MTD-Ausbildung in allen Bundesländern (276/A[E]) wurde miterledigt.

Ausschussobfrau Barbara Rosenkranz (F) begründet die Einbeziehung der Hebammen in die Fachhochschulausbildung mit ihrer medizinischen Ausbildung und dem hohen Maß an Einfühlungsvermögen und Verantwortung, das von dieser Berufsgruppe verlangt wird.

Abgeordneter Kurt Grünewald (G) stimmte zu und regte an, mögliche Rivalitäten zwischen medizinisch-technischen Diensten und Hebammen mit und ohne Bakkalaureat hintan zu halten.

Abgeordneter Erwin Rasinger (V) sprach von einem wichtigen Schritt, der MTD und Hebammen die Möglichkeit eröffnet, auch im Ausland zu arbeiten.

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat begrüßte die Einbeziehung der Hebammen in die Fachhochschulausbildung und machte auf die Möglichkeit der Nachgraduierung für Akademie-Absolventen/innen aufmerksam.

MASSNAHMEN ZUR QUALITÄTSSICHERUNG VON BLUTPRODUKTEN

Abgeordneter August Wöginger (V) erläuterte den V-F-Antrag 617/A auf Änderung des Blutsicherheitsgesetzes 1999, der der Information der Spender über den beabsichtigten Verwendungszweck ihrer Spende dient . Zudem wird im Einklang mit der EU festgelegt, dass Vollblutspenden gänzlich unbezahlt, ohne Aufwandsentschädigung geleistet werden sollen. Die Qualität von Blutprodukten leide erwiesenermaßen, wenn Spender mit kommerziellen Interessen angesprochen werden. Diese Spender tendierten aus finanziellen Erwägungen dazu, Risiken (bestehende Krankheiten) im Zusammenhang mit ihrer Spende zu verschweigen. Eine Ausnahme bildet der Ersatz von Aufwendungen konkret vorgemerkte Spender seltener Blutgruppen, die zur Abwehr einer akuten Lebensgefahr zur Spende aufgefordert werden.

Die SP-Abgeordneten Erwin Kaipel und Johann Maier erfuhren auf ihre diesbezüglichen Fragen von der Gesundheitsministerin, dass eine Zusammenarbeit Österreichs mit der Paneuropäischen Blutsicherheitsallianz beabsichtigt sei. - Der Antrag wurde einstimmig angenommen.

Ebenfalls einstimmig wurde V-F-Antrag 603/A auf Änderung des Dentistengesetzes verabschiedet. Infolge der Reform der Zahnärzteausbildung laufen die Berufsgruppen der Dentisten/-innen und der Fachärzte/-innen für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde aus. Um ein reibungsloses Überführen der Dentistenkammer in die neue Österreichische Zahnärztekammer zu gewährleisten, beantragen V und F eine Änderung des Dentistengesetzes für eine letztmalige Verlängerung der Funktionsperiode des ÖDK-Vorstands um vier Monate bis Ende 2005. In der Zahnärztekammer werden alle drei zahnärztlichen Berufe: Absolventen des neuen zahnärztlichen Studiums, Zahnärzte/-innen, Dentisten/-innen und Fachärzte/-innen für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde zusammengefasst.

SPÖ-ANTRÄGE ZUR FINANZIERUNG DES GESUNDHEITSSYSTEMS

Im weiteren Verlauf der Ausschusssitzung beschloss die Mehrheit von ÖVP und FPÖ auf Antrag der Abgeordneten Barbara Riener (V) die Vertagung folgender Anträge der Sozialdemokraten, deren Anliegen Abgeordneter Manfred Lackner erläuterte:

Den Krankenversicherungen seien versicherungsfremde Leistungen wie Arbeitsmarkt- und Familienleistungen (z.B. Lehrlingsförderungen, Wochengeld etc.) kostendeckend zu ersetzen. Eine finanzielle Konsolidierung der Kassen könne nämlich nur über Produktivitäts- und Qualitätssteigerungen sowie über die Einführung einer transparenten, gerechten Finanzierung erfolgen (281/A[E]).

Eine Gesundheitsreform zur Erhaltung des Zugangs aller zu Leistungen der Spitzenmedizin setzt die Reduktion der Beitragsschulden von Arbeitgebern bei der Sozialversicherung voraus, argumentierte Lackner weiter. Außerdem müsse die Schwarzarbeit bekämpft werden, um zu gewährleisten, dass alle ihre Beiträge zahlen, argumentierte SP-Abgeordneter Lackner zur Begründung seines Antrages 283/A[E]. Außerdem wies der SPÖ-Gesundheitssprecher drauf hin, dass d er medizinisch-technische Fortschritt und die zu erwartenden demographischen Veränderungen Maßnahmen zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit im Gesundheitssystem und die Erschließung zusätzlicher externer Finanzierungsquellen notwendig machen. Die SPÖ beantragte daher wertschöpfungsorientierte Elemente in der Beitragsgrundlage der DienstgeberInnen zur Finanzierung der Krankenversicherungen und die Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage (546/A[E]).

Schließlich verlangte Abgeordneter Lackner die Reduktion "unsozialer Selbstbehalte" (551/A[E]). Österreich liege mit einer Selbstbehalt-Quote von 18 % der Gesundheitsausgaben mit Finnland, Italien, Griechenland und Portugal im europäischen Spitzenfeld. Außerdem setzte sich Lackner für die Harmonisierung des Beitrags- und Leistungsrechts im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung ein.

Abgeordnete Barbara Riener (V) begründete ihr Verlangung auf Vertagung der Anträge mit der Auffassung, man sollte einerseits die Auswirkungen der jüngsten Gesundheitsreform abwarten und überdies der neuen Führung des Hauptverbandes die Chance geben, ihre Umsetzungskompetenz zu zeigen. Die Bekämpfung der Schwarzarbeit sei ein Thema, das in den Wirtschaftsausschuss ressortiere und dort intensiv debattiert werde.

Abgeordneter Kurt Grünewald (G) unterstützte die sozialdemokratischen Vorschläge, die er für aktuell hielt. Jüngste Jubelmeldungen über eine verbesserte finanzielle Situation der Krankenkassen seien lediglich die Folge von Selbstbehalten und Beitragserhöhungen. Man sollte bald über die vorliegenden Anträge diskutieren.

Abgeordnete Renate Csörgits (S) schloss sich Grünewald an und fügte hinzu, das Defizit der Kassen explodiere nur deshalb nicht, weil die Menschen wegen der hohen Arbeitslosigkeit weniger oft in Krankenstand gehen. Csörgits hielt es für wichtig, über wertschöpfungsorientierte Einnahmen zu diskutieren, das Schwarzunternehmertum zu bekämpfen und die Schulden der Arbeitgeber bei den Krankenkassen einzutreiben.

Abgeordneter Karl Donabauer (V) zeigte die Bereitschaft, über die vorgelegten Anträge zu verhandeln, wobei er auf EU-Studien hinwies, die dem europäischen Gesundheitssystem ohne neue Finanzierungsansätze einen Kollaps voraussagen. Donabauer plädierte dafür, sehr genau darauf zu achten, wohin das Geld im Gesundheitssystem fließe, die Schnittstellenproblematik Bund-Land zu beachten und nicht zu vergessen, dass 40 % der verschriebenen Medikamente nicht verwendet werden.

Abgeordneter Herbert Haupt (F) hielt fest, dass alle Selbstbehalte von der Sozialdemokratie eingeführt wurden, wobei er Selbstbehalte durchaus als sinnvoll bezeichnete, da sie Lenkungseffekte haben. Das Thema der Finanzierung des Gesundheitssystems sei keineswegs beendet, man müsse die Diskussion grundsätzlich fortsetzen. Haupt schlug vor, die Bemessungsgrundlage bei Personenstiftungen zu verbreitern.

Abgeordneter Johann Maier (S) warf ein, es gelte die Zahlungsmoral der Unternehmer zu verbessern, zumal die Schulden der Betriebe bei den Krankenversicherungen Ende 2004 890 Mill. € ausmachten.

Die Warnung des Abgeordneten Günter Stummvoll (V), Krankenkassen könnten Betriebe in die Insolvenz treiben, wies Abgeordnete Renate Csörgits zurück und machte darauf aufmerksam, dass Arbeitnehmern die KV-Beiträge vorweg abgezogen werden.

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat erinnerte an die Warnung der SPÖ, der Abgang in den Krankenkassen werde 2006 1 Mrd. € ausmachen. Dank neuem Geld und Einsparungen sei es gelungen, den Abgang mit 350 Mill. € zu begrenzen. Die Ministerin wies darauf hin, dass das Arzneimittelpaket den Anstieg der Medikamentenkosten um 5 bis 6 % gedrückt habe und sprach sich dafür aus, den guten Weg eines ausbalancierten Mix von Reduzierung der Steigerungsraten und Mittelzuführung über den Ausgleichsfonds fortzusetzen.

THEMA VETERINÄRRECHT UND TIERGESUNDHEIT 

Eine Sammelnovelle zu sechs Gesetzen mit dem Titel Veterinärrechtsänderungsgesetz 2005 (947 d.B. ) setzt EU-Vorschriften um, löst Vollzugsprobleme, etwa durch die Klarstellung behördlicher Melde-, Mitwirkungs- und Auskunftspflichten im Tierseuchengesetz. Die Rinderseuchen Bang, Leukose und IBR/IPV sollen - auch durch Milchproben - besser überwacht werden. Dazu kommen Anpassungen beim Bienenseuchengesetz. Der Einsatz von Hormonen, schilddrüsenhemmenden Stoffen und Beta-Agonisten werden nicht mehr im Lebensmittelgesetz, sondern im Tierarzneimittelkontrollgesetz verankert.

    

Ein Abkommen mit China (943 d.B. ) regelt die Anforderungen an die Tiergesundheit beim Export und Import lebender Tiere sowie von diesen Tieren stammenden Produkten zum Schutz der Landwirtschaft, der Tierhaltung und des Fischereiwesens sowie der menschlichen Gesundheit. Zudem wurde eine enge Zusammenarbeit in Fragen des Veterinärwesens vereinbart.

Eine Mitwirkungsverpflichtung von Tierhaltern bei der Bekämpfung von Tierseuchen, und zwar in allen Materiengesetzen, verlangen SPÖ-Abgeordnete in einem Entschließungsantrag. Sie kritisieren, dass etwa im Rinderleukosegesetz eine derartige Verpflichtung fehlt (136/A[E]).

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) unterzog zunächst den Text des Abkommens mit China einer eingehenden kritischen Analyse, in der er fehlerhafte Formulierungen und den Verweis auf Listen mit Tierkrankheiten zur Sprache brachte, die nicht mehr existieren. Die neue auf internationaler Ebene akkordierte Liste mit Krankheiten sei umfassender und enthalte etwa Fischkrankheiten, die auf den alten Listen nicht enthalten seien. Krainers Forderung: Vertagung der Ratifikation und Nachverhandlung des Abkommens.

Die Befürchtung des Abgeordneten Johann Maier (S), die Paratuberkulose, die laut Abgeordnetem Herbert Haupt (F) an der Entstehung von Morbus Cron beteiligt sei, scheine auf der alten Liste des Abkommens nicht auf, konnte ein Experte des Gesundheitsressorts zerstreuen. Die weiteren Ausführungen des Ressortexperten, es sei zweckmäßig, den mit China erreichten Verhandlungsstand beizubehalten, da das Abkommen trotz der alten Listen problemlos umgesetzt werden könne, unterstützte Abgeordneter Herbert Haupt (F) ausdrücklich, über die neue Liste könne man künftig Nachverhandlungen führen.

Angesichts der Paratuberkulose-Problematik verlangte Abgeordneter Johann Maier (S) eine Vier-Parteien-Entschließung für gesetzliche Maßnahmen als Voraussetzung für eine Zustimmung der Sozialdemokraten zur Veterinärrechtsänderung. Seinen Vorwurf, die Lagerung von Arzneimitteln auf Bauernhöfen werde ungenügend kontrolliert und ermögliche Missbräuche, wies Abgeordneter Karl Donabauer (V) zurück. "Die Bauern werden kontrolliert und gehen sorgfältig mit den Arzneimitteln um", sagte er.

Der Experte des Gesundheitsressorts hielt eine gesetzliche Regelung der Para-Tuberkulose-Problematik nicht für notwendig, eine Verordnung, über die bereits verhandelt werde, sei ausreichend. Dieser Ansicht schloss sich auch Abgeordneter Herbert Haupt an.

Hinsichtlich der von Abgeordnetem Johann Maier angesprochenen Gefahr einer möglichen Ausbreitung neuer Infektionskrankheiten wie der Vogelgrippe, stellte der Gesundheitsausschuss fest, Österreich sollte die Einrichtung eines europäischen Zentrums für Prävention und Bekämpfung von Seuchen unterstützen. Eine weitere Ausschussfeststellung verlangte Maßnahmen zur Eindämmung der Para-Tuberkulose und eine laufende Information der Abgeordneten über die Entwicklung des eines Konzepts zur Ausmerzung des Erregers.

Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage teilweise einstimmig verabschiedet. Abgeordneter Kurt Grünewald stimmte in der getrennten Abstimmung der Änderung des Tierarzneimittelkontrollgesetzes nicht zu, weil es ihm hinsichtlich der Aushändigung von Tierarzneimitteln an Bauern zu großzügig erschien. Die beiden Ausschussfeststellungen wurden einstimmig verabschiedet.

Die Genehmigung des Abkommens mit China empfahl der Ausschuss nach Ablehnung des SP-Vertagungsantrages durch die Regierungsparteien mit V-F-Mehrheit. - Der Entschließungsantrag der Sozialdemokraten blieb in der Minderheit und wurde abgelehnt.

Der Ablehnung verfiel auch der SP-Antrag auf parlamentarische Kontrolle der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit und des Bundesamtes für Ernährungssicherheit (389/A(E)). Das Interpellationsrecht von Nationalrat und Bundesrat sei durch die Ausgliederung weggefallen, argumentierte Antragsteller Abgeordneter Johann Maier (S). - Abgeordnete Barbara Riener widersprach: Die AGES unterliegt der Kontrolle des Rechnungshofes. (Schluss)