Parlamentskorrespondenz Nr. 546 vom 23.06.2005

REGIERUNG WIRD MÄNNERBERICHT VORLEGEN

Sozialausschuss vertagt oppositionelle Anträge

Wien (PK) - Eine kontroversielle Debatte entzündete sich heute im Ausschuss für Arbeit und Soziales im Zuge der Debatte über den Entschließungsantrag der beiden Regierungsfraktionen betreffend Vorlage des ersten österreichischen Männerberichts (606/A[E]).

SPÖ und Grüne waren nicht prinzipiell dagegen, einen eigenen Männerbericht zu erstellen, sie kritisierten jedoch, die geplante Vorgangsweise entspreche nicht dem Prinzip des Gender Mainstreamings. Um diesem Kriterium gerecht zu werden, müssten vergleichbare Daten vorliegen, damit die unterschiedlichen Auswirkungen spezieller Problembereiche auf Frauen und Männer herausgefiltert und entsprechende Maßnahmen in die Wege geleitet werden können. Die SPÖ brachte auch einen entsprechenden Abänderungsantrag ein, in dem gefordert wird, analog zum zehnjährigen Frauenbericht einen zehnjährigen Männerbericht vorzulegen, wobei auf vergleichbare Kriterien zurückgegriffen werden soll.

Dem gegenüber argumentierten die Abgeordneten der ÖVP und des freiheitlichen Parlamentsklubs, die Auseinandersetzung mit buben- und burschenspezifischen Bedürfnissen trage zu einer partnerschaftlichen Zukunft und Familienfähigkeit von Jungen bei. Außerdem sei es notwendig, sich mit gravierenden Problemen von Männern, die sich grundsätzlich anders äußerten als bei Frauen, auseinander zu setzen.

Bundesministerin Ursula Haubner sagte zu, in wesentlichen Kapiteln des Berichts die Vergleichbarkeit der Daten herstellen zu wollen.

Bei der Abstimmung wurde der Entschließungsantrag mit den Stimmen der ÖVP und F mehrheitlich angenommen. Der Abänderungsantrag der SPÖ wurde von ÖVP und F abgelehnt und fand somit nicht die erforderliche Mehrheit.

Somit wird die Bundesministerin für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz erstmals im Herbst 2005 einen Männerbericht vorlegen.

Grundsätzlich ist vorgesehen, a nalog zum Familien-, Jugend- und Seniorenbericht alle fünf Jahre einen Männerbericht zu erstellen, wobei die Schwerpunkte auf die Situation der Buben und Männer sowie der Väter gelegt werden sollen. Von der Männerpolitischen Grundsatzabteilung herausgegebene bzw. fertig gestellten Studien, wie Männerarbeit in Österreich, 1. Österreichischer Männergesundheitsbericht, Suizide von Männern in Österreich, Vaterentbehrung, Scheidungsfolgen für Männer sowie Jugendliche Familienfähigkeit unter besonderer Berücksichtigung der Väterthematik, sollen dabei eingearbeitet werden.

In der Debatte ergriff Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (S) als Erste das Wort. Der Antrag der Regierungsfraktionen ist ihrer Meinung nach eine glatte Themenverfehlung. Sie habe grundsätzlich nichts gegen die Erstellung eines Männerberichts, aber dann müssten vergleichbare Kriterien herangezogen werden. Ihrer Meinung nach geht es darum zu klären, wie sich etwa die Bildungspolitik, die Familienpolitik, die Pensionsharmonisierung etc. sowohl auf Männer als auch auf Frauen auswirken.

Ähnlich argumentierte die Vorsitzende des Ausschusses, Heidrun Silhavy (S). Die Problematik des Antrages liege darin, dass Gender Mainstreaming ein Werkzeug darstelle, um zur Gleichstellung von Männern und Frauen zu kommen. Der von der Regierung geplante Männerbericht entspreche diesem Kriterium nicht, denn dazu wäre eine gleiche Ausgangsbasis und eine Vergleichbarkeit der Daten notwendig. Erst dann könnten Rückschlüsse gezogen werden.

Auch Abgeordneter Karl Öllinger (G) hielt aus seiner Sicht fest, dass der Männerbericht, so wie man ihn vorhabe zu erstellen, nichts mit der Methode des Gender Mainstreamings zu tun habe. Notwendig wäre, die Vergleichbarkeit von Lebenssituationen von Männern und Frauen in speziellen Problembereichen herzustellen. Als Beispiel nannte Öllinger die wesentlich höhere Suizidgefährdung bei Männern. Hier wäre es von Interesse, auf welche Weise Frauen Konflikte besser bewältigen. Öllinger fürchtet auch, dass nun Männern das selbe drohe wie den Frauen, nämlich nur unter dem Mutter-Vater-Aspekt gesehen zu werden. Seine Klubkollegin Theresia Haidlmayr schloss sich dem voll inhaltlich an.

Seitens der ÖVP zeigte sich Abgeordneter Werner Fasslabend über die "automatisierten Reaktionen" der SPÖ überrascht. Es sei "beschämend", meinte er, herumzustreiten, ob der Bericht dem Gender Mainstreaming gerecht werde oder nicht. Tatsache sei, dass Männer etwa in Bezug auf die Gesundheit, auf die Lebenserwartung, auf Alkoholkonsum und infolge von Scheidungen mit gravierenden Problemen konfrontiert seien, die sich einfach anders gestalteten als bei Frauen. Daher sei es notwendig, sich damit speziell auseinander zu setzen.

Abgeordnete Ridi Steibl (V) unterstrich, es gehe darum, unterschiedliche Entwicklungen und Bedürfnisse von Frauen und Männern aufzuzeigen. Nachdem seitens der SPÖ und der Grünen Zweifel aufgetaucht waren, ob es demnächst auch einen Frauenbericht geben werde, bekräftigte Steibl, dass dieser sicherlich vorgelegt werde. Daher würde der Männerbericht eine gute Ergänzung vor allem in Hinblick auf das Thema Väterkarenz, Papamonat, Scheidungen und gemeinsame Obsorge darstellen. Auch Abgeordnete Christine Marek (V) unterstrich die Notwendigkeit, einen Schwerpunkt auf die Väterrolle zu legen, zumal es immer mehr AlleinerzieherInnen gebe.

Abgeordneter Herbert Haupt (F) räumte die Notwendigkeit ein, den Frauenbericht und den Männerbericht kompatibel zu gestalten. Gender Mainstreaming sei nicht nur ein Frauenthema, sagte er. Gerade was die Beteiligung der Männer an der Erziehung betreffe, werde hier ein wichtiges Thema des Gender Mainstreamings angesprochen. Scheidungs- und Beziehungsprobleme dürften nicht nur aus der Sicht der Frauen gesehen werden. Auch Haupt thematisierte die hohe Suizidgefährdung als ein männliches Problem.

Bundesministerin Ursula Haubner wollte den Bericht als ein Instrument sehen, um vorhandene Probleme besser in den Griff zu bekommen. Sie könne jedenfalls keinen Widerspruch zum Gender Mainstreaming erkennen. Seit fünf Jahren hätten in der Männerpolitik interessante Weichen gestellt werden können, so die Ministerin, und auch auf Grund von Gesprächen auf EU-Ebene wisse sie, dass der Ansatz, sich auch den Problemen der Männer zu widmen, richtig sei. Eine wesentliche Frage dabei sei die Mitwirkung der Väter an der Erziehung, aber auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie dürfe nicht ausschließlich den Frauen aufoktroyiert werden. Weitere Themen müssten die Gesundheit der Männer sowie die Buben- und Burschenarbeit in der Bildung betreffen. Aus der Diskussion nehme sie auf jeden Fall mit, dass es notwendig sei, in wesentlichen Kapiteln die Vergleichbarkeit der Daten herzustellen.

Im Anschluss an diese Debatte wurden die Verhandlungen über folgende Anträge der Opposition mit den Stimmen der Abgeordneten der ÖVP und des Freiheitlichen Parlamentsklubs mehrheitlich vertagt:

S-Antrag betreffend pensionsrechtliche Anrechnung von Zeiten, in denen Notstandshilfe wegen Anrechnung des Partnereinkommens nicht zur Auszahlung gelangt auch für "Über 50-jährige" (503/A[E])

S-Antrag betreffend rasche Verbesserung der finanziellen Situation für BezieherInnen niedriger Pensionen (553/A(E))

G-Antrag betreffend An­hebung der Mindestpensionen auf die Armutsgefährdungsschwelle (585/A(E))

G-Antrag betreffend Beseitigung der Ungleichbehandlung im Bereich Rehabilitation (106/A(E))

G-Antrag betreffend Pflegegeldanspruch im Antrags- und Sterbemonat (255/A(E)). (Schluss)