Parlamentskorrespondenz Nr. 570 vom 30.06.2005

NEUES GESETZ ZUR SICHERUNG DER QUALITÄT VON ABSCHLUSSPRÜFUNGEN

Ausschuss drängt auf einheitliches Berufsbild für Buchhalter

Wien (PK) - Der Wirtschaftsausschuss hat heute einem Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz (970 d.B.) die Zustimmung gegeben, das für Wirtschaftstreuhänder und Revisoren gelten wird. Es stärkt die Selbstverwaltung, indem Prüfungsverordnungen an die Kammer der Wirtschaftstreuhänder delegiert werden. Wettbewerbsnachteile durch die längere Ausbildungsdauer von Wirtschaftsprüfern werden beseitigt, die Qualität der Prüferausbildung wird erhöht. Die Zustimmung erfolgte - unter Berücksichtigung von Abänderungen - mit V-S-F-Mehrheit, die Ablehnung der Grünen begründete Abgeordnete Michaela Sburny mit dem Umstand, dass sich die Geprüften ihre Prüfer selbst aussuchen können. Diese dem "Peer-Review"-Prinzip folgende Praxis habe sich anderswo, etwa an den Universitäten, durchaus bewährt, entgegnete Wirtschaftsminister Martin Bartenstein.

Änderungen im Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, die unter anderem der Abgrenzung der Prüfungstätigkeiten von Revisionsverbänden und Wirtschaftsprüfern dienen, boten den Ausschussmitgliedern Gelegenheit, über die im Einzelnen oft schwer nachvollziehbaren Abgrenzungen zwischen den einzelnen Berufsbildern bei Wirtschaftstreuhändern und Buchhaltern zu diskutieren. Ergebnis dieser Debatte war ein einstimmig angenommener Entschließungsantrag mit der Aufforderung an den Wirtschaftsminister, die Rechte der Selbständigen und der Gewerblichen Buchhalter anzugleichen und die derzeit getrennten Berufe unter der Bezeichnung "Bilanzbuchhalter" zu vereinigen.     

Abgeordneter Christoph Matznetter (S) verlangte moderne Regelungen, die einer Marktwirtschaft gerecht werden. Dem Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz stimme seine Fraktion zu, für problematisch hielt der SP‑Wirtschaftssprecher aber die aufrecht bleibende Unterscheidung zwischen selbständigen und gewerblichen Buchhaltern, die von deren Kunden nicht nachvollzogen werden könne. Matznetter beklagte generell den "Wildwuchs" an kaum unterscheidbaren Berufen, die in verschiedenen Kammern organisiert seien. Die Regierungsvorlage schaffe nun zu den schon bestehenden fünf Berufsständen einen sechsten, den "Wirtschaftsprüfer neu".

Matznetters Vorschlag lautete, sich ein Jahr Zeit zu nehmen, um einheitliche Berufsstände zu schaffen, die erforderlichen Praxiszeiten für den Erwerb der Steuerberatungsprüfung abzukürzen, den Berufsstand der "Buchprüfer" zu kassieren und einen vollen Berechtigungsumfang des Wirtschaftsprüfers einzuführen. Matznetter schlug vor, dazu noch in der nächsten Woche eine gemeinsame Lösung auszuarbeiten. Einer "zünftischen" Regelung werde die SPÖ nicht zustimmen.

Abgeordnete Michaela Sburny (G) wandte sich ebenfalls gegen die Unterscheidung von Gewerblichem und Selbständigem Buchhalter und kündigte die Zustimmung zur Zusammenführung der beiden Berufsbilder an, wie dies im vorliegenden Entschließungsantrag beabsichtigt sei. Den Gesetzentwurf, dem hinsichtlich der vorgeschlagenen Obergrenzen eine Verfassungsklage drohe, werden die Grünen ablehnen. Fragen Sburnys richteten sich auf die Qualitätskriterien der Abschlussprüfungen, ihre Kritik galt dem Umstand, dass sich die Geprüften ihre Prüfer selbst aussuchen können sollen.

Abgeordneter Konrad Steindl (V) zeigte Verständnis für die Argumente der Oppositionssprecher, wies aber zugleich auf Klarstellungen zur Abgrenzung von gewerblichem und selbständigem Buchhalter hin und unterstrich die Notwendigkeit der Qualitätssicherung bei Abschlussprüfungen.

Abgeordneter Reinhard Mitterlehner (V) sprach von einer vernünftigen, praxisbezogenen Regelung und erläuterte den Abänderungsantrag, der mehr Transparenz und praktikablere Fristsetzungen bringe. Auch Mitterlehner zeigte Verständnis für Matznetters Klagen wegen unübersichtlicher Berufsbilder und zeigte sich gesprächsbereit, in dieser Frage bis zum Ende der Gesetzgebungsperiode zu einem Ergebnis zu kommen. Einem Schnellschuss erteilte der Ausschussobmann aber eine Absage.

Abgeordneter Maximilian Hofmann (F) begrüßte den Willen Matznetters, in der Frage klarerer Berufsbilder etwas weiterzubringen, warnte aber vor der Illusion, allen Wünschen gleichzeitig gerecht werden zu wollen.          

Bundesminister Martin Bartenstein gab zunächst Auskunft über die im Gesetz enthaltenen Kriterien zur Qualitätssicherung von Wirtschaftsprüferkanzleien hinsichtlich Unabhängigkeit sowie Auswahl und Weiterbildung der Mitarbeiter. Für die Prüfungen sei ein Peer-Review-Verfahren vorgesehen, bei dem der Prüfer aus einem Dreiervorschlag ausgewählt werde. Dieses Verfahren habe sich in anderen Bereichen - der Minister nannte als Beispiel die Universitäten - bewährt.

Bei berufsrechtlichen Fragen strebe er grundsätzlich einen breiten Konsens an, sagte Bartenstein, wollte aber ebenfalls keinen "Schnellschuss". Den Entschließungsantrag begrüßte der Minister, erinnerte aber daran, dass das Berufsbild "Gewerblicher Buchhalter" - kein Wirtschaftstreuhandberuf - einst massiv von der SPÖ gefordert worden sei. Für selbständige Buchhalter ohne Matura sei eine zwölfjährige Berufspraxis als Erfordernis zu lange. Auch er halte vernünftige und konsensuale Liberalisierungsschritte für möglich und wünschenswert, sagte Bartenstein.

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf hinsichtlich der Qualitätssicherung von Abschlussprüfungen unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages mit V-S-F-Mehrheit befürwortet.

Die Änderung des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes erzielte, ebenfalls unter Berücksichtung des Abänderungsantrages, die Mehrheit der Koalitionsparteien.

Der Entschließungsantrag zur Lösung der Problematik der Selbständigen und Gewerblichen Buchhalter wurde einstimmig verabschiedet.

GEWERBERECHTSNOVELLE 2005 SOLL VERFAHRENSOFFENSIVE EINLEITEN 


Weiters beschloss der Ausschuss EU-Anpassungen heimischer Gesetze, vor allem der Gewerbeordnung und des Mineralrohstoffgesetzes. Umweltorganisationen werden an Verfahren des integrierten Umweltschutzes (IPPC-Verfahren) beteiligt. Dazu kommen neue Mengenschwellen für kanzerogene Substanzen sowie für Kaliumnitrat und eine stärkere Betonung des Zivilschutzes. Der verstärkte Einsatz vereinfachter Genehmigungsverfahren soll zu der im "Reformdialog für Wachstum und Beschäftigung in Österreich" vereinbarten Verfahrensoffensive beitragen (971 d.B.).

In der Debatte bekannte sich Abgeordneter Johann Moser (S) namens seiner Fraktion zu allen Maßnahmen, die der Verbesserung der Wirtschaftslage und der Beschäftigung dienen. Die Qualität von Betriebsanlagen-Genehmigungsverfahren müsse aber erhalten bleiben, die notwendige Transparenz und die Anrainerrechte seien bei Betriebsgenehmigungen zu wahren.

Abgeordnete Eva Glawischnig-Piesczek (G) stellte in Abrede, dass man Betriebe mit einer Grundfläche von 800 Quadratmetern als Bagatellanlagen bezeichnen könne und beklagte, dass die Parteistellung für NGOs in IPPC-Verfahren auf die so genannten "objektiven Rechte" eingeschränkt und lokale Bürgerinitiativen ausgeschlossen werden. Streitigkeiten, die im verkürzten Verfahren vermieden werden, würden laut Glawischnig‑Piesczek nur auf den - für alle teuren - Zivilrechtsweg verlagert. Die Bauordnung reiche für die Wahrnehmung von Anrainerrechten nicht aus. Die Kritik der Abgeordneten galt auch der Nichteinbeziehung von Schieß‑ und Sprengmittelanlagen in die Seveso-II-Richtlinie.

Abgeordneter Johann Ledolter (V) begrüßte die Umsetzung der Vereinbarungen des Beschäftigungsgipfels hinsichtlich der Verfahrensbeschleunigung und sprach von einem guten Entwurf im Interesse von Wirtschaft und Konsumenten.

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (S) kritisierte die Beschneidung von Anrainerrechten bei gleichzeitiger Nichtanpassung von Emissionsgrenzwerten an den Stand der Technik. Auch für Oberhaidinger sind 800‑Quadratmeter‑Betriebe keine "Kleinstbetriebe".

Abgeordneter Hannes Bauer (S) warnte vor der, wie er sagte, Illusion, dass die Einschränkung von Parteienrechten zu einer Verfahrensbeschleunigung führe, das Arbeitsinspektorat sollte in die konzentrierten Verfahren von Anfang an einbezogen sein, betonte Bauer.

Abgeordneter Maximilian Hofmann (F) begrüßte hingegen die Ausweitung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens und bat den Minister um Auskunft über die bisherigen Erfahrungen mit dem vereinfachten Verfahren.

Bundesminister Martin Barteinstein bewertete die bisherigen Erfahrungen mit dem vereinfachten Verfahren positiv und zeigte sich überzeugt, dass seine Ausdehnung, die von den Betrieben gewünscht werde, Früchte tragen werde. Die Einbeziehung des Arbeitsinspektorats sei gewährleistet. Andere Möglichkeiten der Verfahrensbeschleunigung wie der Einsatz des integrierten Projektmanagements seien ressortintern in Überlegung. An einem Berufsbild "Behördenmanager" werde gearbeitet. Die Herauslösung der Schieß‑ und Sprengmittelanlagen aus der Gewerbeordnung erklärte der Minister mit der notwendigen Zustimmung der Länder.

Abgeordneter Christoph Matznetter(S) schlug vor, die Zeit bis zur Abstimmung im Plenum zu nutzen, um eine Herabsetzung der Betriebsflächengrenze für vereinfachte Verfahren auf 600 Quadratmeter zu senken und sachliche Kriterien zu fixieren, bei denen die Parteienstellung im Einzelfall bestehen bleibe.

Ausschussobmann Reinhold Mitterlehner (V) zeigte sich darüber gesprächsbereit.

Bei der getrennt durchgeführten Abstimmung stimmte der Ausschuss der Änderung der Gewerbeordnung in der Fassung eines in der Debatte vorgelegten V‑F‑Abänderungsantrages insofern einstimmig zu, als damit Gewerblichen Buchhaltern des Recht zur Vertretung und zur Abgabe von Erklärungen in Angelegenheiten der unterjährigen Umsatzsteuervoranmeldung auf elektronischem Wege bei den Finanzbehörden eingeräumt wurde.

Die restlichen Bestimmungen der Gewerberechtsnovelle 2005 erhielten unter Berücksichtigung des V‑F‑Abänderungsantrages die Zustimmung von ÖVP, SPÖ und Freiheitlichen.   

          

AUSSCHUSS FÜR FORTSETZUNG DES SCHUTZHÜTTENSANIERUNGSPROGRAMMS

Die Abgeordneten Hermann Gahr (V) und Josef Bucher (F) hatten einen Entschließungsantrag zur Weiterentwicklung des Schutzhüttensanierungsprogramms vorgelegt. Ihr Appell an den Wirtschafts- und an den Landwirtschaftsminister lautete,  gemeinsam mit Alpinvereinen und Bundesländern ein mehrjähriges Programm für den alpinen Raum auszuarbeiten. Die Antragsteller unterstreichen folgende Schwerpunkte: ökologische Sanierung von Schutzhütten alpiner Vereine, insbesondere hinsichtlich Energieversorgung, Abwasser- sowie Abfallentsorgung, Brandschutz, Arbeitnehmerschutz, Adaption von Genehmigungsverfahren an die alpinen Gegebenheiten, Wartung des alpinen Wegenetzes, alpine Sicherheit, Vorsorge für Bergung und Erste Hilfe, Schutz von Natur und alpiner Umwelt sowie der alpinen Flora und Fauna, sanfter Tourismus, gesundes Wandern (648/AE).

Abgeordneter Hermann Gahr (V) präsentierte zu Beginn der Debatte einen Vier‑Parteien‑Abänderungsantrag, der die Liste der Schwerpunkte um die Verdeutlichung des ökologischen und regionalwirtschaftlichen Potenzials einer mit der Alpenkonvention einschließlich der einschlägigen Protokolle abgestimmten Entwicklung des alpinen Raums ergänzte.

Nach positiven Wortmeldungen der Abgeordneten Dietmar Hoscher (S), Marianne Rest-Hinterseer (G) und Maximilian Hofmann (F) begrüßte auch Wirtschaftsminister Martin Bartenstein den in der Abstimmung einhellig verabschiedeten Entschließungsantrag. Der Minister bekannte sich zu einem mehrjährigen Programm für den alpinen Raum. Bartensteins Lob galt dabei den Bundesländern, die sich an der Fortsetzung des Schutzhüttensanierungsprogramms beteiligen. 

BÜRGERINITIATIVE FORDERT STILLLEGUNG VON KOHLEKRAFTWERKEN


"Aus für die dreckige Kohle" sagt eine Bürgerinitiative, die vor der Klimakatastrophe warnt und Kohlekraftwerke stilllegen oder auf umweltfreundliche Brennstoffe wie Biomasse und  Biogas umrüsten will (15/BI).

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (S) sah das Anliegen der Bürgerinitiative durch die Verabschiedung des Ökostromgesetzes und den zunehmenden Ausstieg der Betriebe aus der Nutzung der Kohle als weitgehend erledigt an. Nach wie vor aktuell sei aber die Forderung nach Erfüllung der Kyoto‑Ziele und mehr Energieeffizienz.

Abgeordnete Eva Glawischnig‑Piesczek (G) hielt die Bürgerinitiative für wichtig, weil die E‑Wirtschaft angesichts steigender Ölpreise verstärkt auf Kohle zurückgreife.

Dieser Aussage widersprach Wirtschaftminister Bartenstein, der anhand des Energieberichts auf rückläufigen Kohleverbrauch, insbesondere von Braunkohle, und auf die Fortschritte bei der Rauchgasentschwefelung hinwies. Bartenstein räumte aber ein, dass der Umstieg von der Kohle auf Erdgas aus Gründen des Klimaschutzes wichtig sei. - Die Bürgerinitiative wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.

GRÜNE FÜR NEUGESTALTUNG DER GÜTEZEICHENVERORDNUNG


Die Grünen wollen die Gütezeichenverordnung in Richtung Transparenz, Übersichtlichkeit, Verlässlichkeit und Qualitätssicherheit reformieren. "Gütesiegeln kommt angesichts der Angebotsvielfalt eine erhöhte Bedeutung für die Orientierung der KonsumentInnen zu", führte Antragstellerin Gabriela Moser (G) in der Erläuterung ihres Antrages aus (349/A[E]).

Abgeordnete Ridi Steibl (V) sprach von einem guten Ansatz und hielt es für wichtig, die Konsumenten etwa über gesunde Ernährung besser zu informieren. Ihren Antrag auf Vertagung der Vorlage begründete die Abgeordnete mit entsprechenden Bemühungen auf EU‑Ebene, sie erwarte im kommenden Jahr einen diesbezüglichen Bericht.

Abgeordneter Johann Moser (S) drängte hingegen auf die Entwicklung eigenständiger österreichischer Vorstellungen für Gütesiegel, das bloße Nachvollziehen von EU‑Normen sei zu vermeiden.

Bundesminister Martin Bartenstein informierte den Ausschuss darüber, dass die Zulässigkeit nationaler Gütezeichen zusätzlich zum europäischen CE‑Zeichen derzeit geprüft werde. Das Ergebnis dieser Prüfung sei abzuwarten. - Der Vertagungsbeschluss erfolgte mit V-F-Mehrheit. (Schluss)