Parlamentskorrespondenz Nr. 835 vom 04.11.2005

Viel Lob für die Arbeit der Volksanwaltschaft

Bundesrat erhebt Einspruch gegen Zukunftsfonds-Gesetz

Wien (PK) – Die Mitglieder des Bundesrates beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates betreffend Änderung des Vertrag es mit den Niederlanden über die Binnenschifffahrt keinen Einspruch zu erheben.

Bundesrat MOLZBICHLER (S) signalisierte die Zustimmung seiner Fraktion zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes 2003, zumal die in Aussicht genommene Änderung schon seinerzeit von den Sozialdemokraten angeregt worden sei. Er müsse aber die Frage stellen, ob man sich nicht viele Novellen ersparen würde, würde die Regierung ihre Vorlagen nicht "durchpeitschen", sondern vermehrt auf die Bedenken der Opposition Bedacht nehmen. Die Novellierung gehe - insbesondere bei den Maßnahmen gegen SPAM-Mails - in die richtige Richtung, weitere Schritte müssten jedoch folgen.

Der Präsident begrüßte Staatssekretär außer Dienst Ludwig Steiner und würdigte dessen Tätigkeit im Rahmen des Versöhnungsfonds, für die der Präsident den Dank der Republik abstattete.

Bundesrat Mag. HIMMER (V) schloss an Molzbichler an. Jeder kenne das Problem der SPAM-Mails, die entsprechende Antworten erforderlich machten. Seine Fraktion stimme der Vorlage jedenfalls zu.

Bundesrat SCHENNACH (G) kündigte gleichfalls Zustimmung an und unterstrich die Bedeutung der Inhalte dieser Novelle. Gleich Molzbichler bedauerte jedoch auch der G-Mandatar, dass man diesen Punkt nicht schon früher entsprechend geregelt habe.

Es wurde kein Einspruch erhoben.

Bundesrat WOLFINGER (V) erläuterte die Hintergründe der Änderung des Passgesetz es 1992 und verteidigte die geplanten Maßnahmen als der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger dienlich.

Es wurde kein Einspruch erhoben.

Nächster Verhandlungsgegenstand: das Zukunftsfonds-Gesetz und das Stipendienstiftungs-Gesetz.

Bundesrat Dr. KÜHNEL (V) verwies auf die Vorgeschichte des vorliegenden Entwurfs und erläuterte die beabsichtigten Maßnahmen der Bundesregierung auf diesem Gebiet, die seiner Ansicht nach ganz den ursprünglichen Zielen des Fonds entsprächen. Man habe es hier also mit etwas grundsätzlich Positivem zu tun, weshalb man dieser Vorlage die Zustimmung nicht versagen sollte. Die Opposition möge ihre Haltung daher überdenken, meinte der Redner, zumal doppelt helfe, wer rasch helfe.

Bundesrat KONECNY (S) konzedierte, dass seinerzeit mit diesem Fonds ein wichtiger Schritt für die Opfer gesetzt worden sei, habe man doch mit materiellen Mitteln eine Geste gesetzt. Dabei handle es sich aber um eine Sühneleistung, da wir alle ganz individuell Nutznießer der durch die Zwangsarbeit geschaffenen materiellen Werte wurden, egal, wie der einzelne seinerzeit zu dieser Zwangsarbeit gestanden sei. Die materielle Geste sei dramatisch spät gesetzt worden, wenn auch erfreulicherweise nicht zu spät. Es sei auch richtig, dass die Mittel, die hier nicht verwendet wurden, im Sinne des ursprünglichen Fonds eingesetzt werden sollen. So weit könne seine Fraktion auch vollinhaltlich mit diesem Entwurf mitgehen.

Mit dem geplanten Einspruch gehe es seiner Fraktion auch nicht um eine Verzögerung der intendierten Maßnahmen, sondern darum, dass der Nationalrat sich mit den Einwendungen der Bundesratsmehrheit auseinandersetzen möge. Sodann erläuterte der Redner den inhaltlichen Gehalt der Einwendungen seiner Fraktion. An den Entwicklungen des Kommunismus im Osten Europas gebe es keine Mitschuld Österreichs, weshalb die diesbezügliche Formulierung im Gesetzentwurf unpassend sei. Zudem gehe es darum, durch die parlamentarische Besetzung der entsprechenden Gremien ein gesamtgesellschaftliches Anliegen in dieser Frage zu unterstreichen, und dieses Prinzip sei hier nicht erfüllt, weshalb man diesen Entwurf beeinspruchen werde.

Bundesrat Ing. KAMPL (F) meinte, man sollte die 100 Millionen Euro, die an Restmitteln des Fonds übrig geblieben seien, entsprechend dem Entwurf der Bundesregierung aufteilen. Man trage Verantwortung für viele Schicksale, dem trage man mit dieser Geste Rechnung. Die Opposition möge diese Geste nicht durch einen Einspruch verzögern.

Bundesrat SCHENNACH (G) sagte, die Regierungskoalition habe sich diesen Einspruch selbst zuzuschreiben. Die Aufarbeitung der Geschichte müsse ein gemeinsamer Prozess sein, und demgemäß hätte sich seine Fraktion erwartet, dass es eine gemeinsame Entscheidung gebe, welcher Verwendung diese übrig gebliebenen Mittel nun zugeführt werden sollten. Auch hinsichtlich der Kontrolle dieser Fonds seien die Anregungen der Opposition nicht berücksichtigt worden. Es brauche an dieser Stelle einen gemeinsamen Weg, und diese Notwendigkeit mache man mit diesem Einspruch sichtbar, betonte der Redner.

Bundesrat BIERINGER (V) unterstrich die Argumentation seines Fraktionskollegen und appellierte an die Opposition, diese wichtige Maßnahme nicht durch einen Einspruch zu verzögern, weshalb sie ihre Absicht, Einspruch zu erheben, überdenken sollte.

Der Bundesrat erhob mit Stimmenmehrheit gegen die Vorlage Einspruch.

Im Zusammenhang mit dem Tätigkeitsbericht der Volksanwaltschaft 2004 lobte Bundesrat REISENBERGER (S) die Volksanwälte für ihre Arbeit und nannte die Volksanwaltschaft eine der erfolgreichsten Einrichtungen der Republik, an die sich Bürger wenden können, wenn sie sich von der Verwaltung schlecht oder ungerecht behandelt fühlen. An der Spitze der Beschwerden stehe bedauerlicherweise das Justizressort, wo wegen der nach wie vor viel zu langen Verfahren Handlungsbedarf bestehe. Verfahrensverzögerungen werden von vielen Bürgern auch bei der Pensionsversicherungsanstalt beklagt. Bundesrat Reisenberger will sich dafür einsetzen, Menschen zu helfen, die vom Berufsleben in die Pension wechseln. Das deutliche Stadt/Landgefälle beim Beschwerdeanfall veranlasste den Bundesrat zur Aufforderung, die Landbevölkerung verstärkt über die Möglichkeiten der Volksanwaltschaft aufzuklären.

Bundesrat SALLER (V) befasste sich mit Problemen, die beim Besuch sprengelfremder Schulen auftreten können. Dabei analysierte der Bundesrat die Konflikte, die bei Vereinbarungen zwischen Gemeinden zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht auftreten können. Saller hielt fest, dass es nicht möglich sei, in einem privatrechtlichen Vertrag einen Verzicht auf die Schulgeldfreiheit zu vereinbaren, denn dies stünde im Widerspruch zum öffentlichen Recht.

Bundesrat SCHENNACH (G) bezeichnete die Volksanwaltschaft als eine unverzichtbare Einrichtung, an die sich verzweifelte Bürger wenden können. Von den Volksanwälten gehe aber auch eine präventive Wirkung in der Verwaltung aus, weil "niemand von den Volksanwälten vor das Fernsehen gezerrt werden möchte". Auch Bundesrat Schennach klagte über Verfahrensverzögerungen und nannte dazu das Beispiel einer Asylwerberin, die neun Jahre darauf warten musste, das ihr zustehende Recht auf Asyl tatsächlich zugesprochen zu erhalten. Handlungsbedarf sah Schennach auch bei der völlig unzureichenden Hilfe für Verbrechensopfer und unterstützte den diesbezüglichen Appell der Volksanwälte.

Auch Bundesrat Dr. BÖHM (A) zollte den Volksanwälten Anerkennung und Respekt und rief dazu auf, ihre kritischen Anmerkungen ernst zu nehmen. Die Dienstaufsicht im Justizressort sei zu verbessern, um sicher zu stellen, dass Verzögerungen in existenziell wichtigen Verfahren wie Sorgerecht, Besuchsrecht und Erbrecht vermieden werden können. Auch unterstützte Bundesrat Böhm den Vorschlag der Volksanwälte, ihnen die Möglichkeit einzuräumen, bei Gericht Fristsetzungsanträge zu stellen.

Bundesrat Ing. KAMPL (ohne Fraktion) ging auf die unterschiedliche Beschwerdehäufigkeit in den verschiedenen Bundesländern ein und machte darauf aufmerksam, dass die vom Kärntner Landeshauptmann Haider in Klagenfurt eingerichtete Beschwerdestelle, das "Bürgerbüro", großen Zuspruch in der Bevölkerung finde und erfolgreich arbeite.

Volksanwalt Dr. KOSTELKA bezeichnete das Verbrechensopfergesetz, das in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts geschaffen wurde und damals eine moderne Norm darstellte, mittlerweile als überholt. Das europäische Niveau bei der Hilfe für Verbrechensopfer liege unterdessen wesentlich höher. Eine zeitgemäßere Gestaltung wäre dringend notwendig, sagte Volksanwalt Kostelka.

Volksanwältin BAUER berichtete von ihren Erfahrungen bei der Arbeit als Volksanwältin im ländlichen Raum und erinnerte daran, dass die Volksanwälte auch Berichte über die Landes- und Gemeindeverwaltungen an die Bundesländer richten. Diese Berichte lassen erkennen, dass es Verwaltungsbehörden, die nahe am Bürger arbeiten, leichter haben, Entscheidungen zu treffen, die von den Bürgern akzeptiert werden. Den Bundesräten empfahl die Volksanwältin die Lektüre auch dieser Berichte der Volksanwaltschaft.

Einhellige Kenntnisnahme.

Bundesrat LINDINGER (S) dankte im Rahmen der Debatte über die Tätigkeitsberichte des Verwaltungs- und des Verfassungsgerichtshofes für die Jahre 2003 und 2004 den Höchstgerichten für ihre umfassenden Berichte, in denen Regierung und Nationalratsmehrheit aufgefordert werden, die Kritik an "systematisch nur mit Mühe durchschaubaren, grammatikalisch fehlerhaften und sprachlich unpräzisen Gesetzestexten" ernst zu nehmen. Lindinger sprach von Gesetzen, die in der Absicht, den Bürgern so schnell wie möglich Geld aus der Tasche zu ziehen, allzu rasch durch das Parlament gezogen werden. Die Kritik an der Gesetzgebung werde auch durch die große Zahl an Gesetzen untermauert, die vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden. Mehr Sorgfalt in der Legistik sei angebracht, schloss Lindinger.

Bundesrat Dr. KÜHNEL (V) führte die mangelnden Sprachkenntnisse mancher Legisten darauf zurück, dass sie Volksschulen der Kreiskyzeit und Universitäten der Firnbergschen Hochschulreform über sich ergehen lassen mussten. Der Redner fügte hinzu, es sei angesagt, Lesen und Schreiben wieder mehr zu üben als in der Vergangenheit. Mehr Schulung verlangte Bundesrat Kühnel auch für Beamte, die Bescheide erstellen, da die häufige Aufhebung von Bescheiden wegen Rechtswidrigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof nachdenklich stimme. Beim Verfassungsgerichtshof sollte man über eine personelle Aufstockung oder über eine Entlastung des Gerichtshofs nachdenken. 

Bundesrat Dr. BÖHM (ohne Fraktion) konzentrierte sich auf die im Bericht dokumentierte unzumutbare Überlastung der Höchstgerichte. Der Durchschnitt der Verfahrensdauer liege beim Verwaltungsgerichtshof bei 22 Monaten. Große Rückstände weise auch der Verfassungsgerichtshof auf. Abhilfe erwartet sich Böhm beim Verwaltungsgerichtshof durch die Einrichtung von Landesverwaltungsgerichten, wie sie vom Österreich-Konvent konsensual empfohlen werden, und beim Verfassungsgerichtshof von jener umfassenden Verfassungsrechtsbereinigung, über die im Ö-Konvent ebenfalls Konsens bestehe.

Seine letzte Rede vor dem Bundesrat schloss Dr. Böhm mit den besten Wünschen an die Bundesräte für die Zukunft. Er sei von der Unverzichtbarkeit des Bundesrates überzeugt und wünsche ihm die öffentliche Anerkennung, die ihm zustehe.

Der Vorsitz führende Präsident WEISS dankte Bundesrat Dr. Böhm für seine ebenso sachkundige wie sachliche und von hohem Berufsethos getragene Arbeit im Bundesrat.

Bundesrat Mag. GUDENUS wies die Kritik von Bundesrat Kühnel an Bundeskanzler Kreisky und Wissenschaftsministerin Firnberg zurück - sie seien nicht verantwortlich für die schlechte sprachliche Qualität heutiger Gesetzestexte. Eine Verkürzung der Verfahrensdauer bei den Höchstgerichten sei unter den gegebenen Arbeitsbedingungen nicht möglich, sagte Gudenus und wies auch darauf hin, dass der Verfassungsgerichtshof seit dem EU-Beitritt zusätzliche europäische Aufgaben habe. Bundesrat Gudenus appellierte an die Bundesregierung, endlich Maßnahmen zu setzen, um es den Höchstgerichten zu ermöglichen, den Verfahrensrückstand aufzuholen. Eine Verbesserung der Qualität der Gesetzestexte versprach sich Gudenus von der Einrichtung einer Legistikabteilung im Parlament.

Einstimmige Kenntnisnahme.

Gemäß der Tagesordnung gelangten das Anlagenrechtsbereinigung s-Gesetz 2005 und die Änderung der Gewerbeordnung zur Verhandlung.

Bundesrätin Dr. LICHTENECKER (G) konzedierte Fortschritte im Anlagenrecht, die ihrer Fraktion aber nicht weit genug gehen, um den Vorlagen zuzustimmen. Denn die Anrainer von Betriebsanlagen blieben weiterhin nicht ausreichend geschützt. Insbesondere die "Schanigartenregelung" sei ungenügend, weil die Lärmbelästigung der Nachbarn zu wenig beachtet werde.

Bundesrat SCHIMBÖCK (S) sprach ebenfalls von Fortschritten beim Anlagenrecht, klagte aber gleichzeitig über zu lange dauernde UVP-Verfahren. Als vorbildlich bezeichnete er die Wiener Gewerbebehörde, bei der es möglich sei, einen Gewerbeschein innerhalb von 45 Minuten zu erhalten, wenn man die Unterlagen vorweg elektronisch übermittelt. An die Bundesregierung richtete der Bundesrat die Aufforderung, nicht nur Großkonzerne steuerlich zu entlasten, sondern auch Kleinunternehmer wie Gastwirte, von denen immer mehr zusperren müssten, weil die Regierung die Steuerschraube anziehe.  

Bundesrätin ZWAZL (V) verwies in Zusammenhang mit dem vorliegenden Gesetz auf die entsprechenden EU-Richtlinien zur Anlagensicherheit. Nun sollen aufgrund eines EuGH-Urteils auch die Betriebe, die Schieß- und Sprengmittel erzeugen, den Bestimmungen der Gewerbeordnung untergeordnet werden. Zur Kritik der Grünen, die Nachbarn hätten im Störfall keine Parteienstellung, meinte sie, diese Betriebe müssten zur Vermeidung von Unfällen zahlreiche unternehmensinterne Maßnahmen setzen, die von der Behörde geprüft würden. Diese Maßnahmen stünden aber nicht in Zusammenhang mit dem Anlagenrecht. Die Rechtssicherheit werde erhöht, die Anrainer würden in ihren Rechten jedoch nicht beeinträchtigt werden, fasste Zwazl zusammen. Dass die Öffnungszeiten der Gastgärten in den Verantwortungsbereich der Gemeinde fallen, habe der VfGH festgestellt und das halte sie auch für sinnvoll. Kein Bürgermeister werde sich über die Interessen der Anrainer hinwegsetzen, hielt Zwazl den Bedenken der Grünen entgegen.

Bundesminister Dr. BARTENSTEIN schloss sich den Ausführungen seiner Vorrednerin vollinhaltlich an. Die Übernahme für Schieß- und Sprengmittel in die Gewerbeordnung sei der einfachere Weg gewesen. Die Forderung der Grünen, bei den Öffnungszeiten der Schanigärten auf das Einvernehmen mit den Anrainern zu pochen, ginge zu weit, so die Auffassung des Ministers, und würde Schanigärten eher verhindern. Gegenüber Bundesrat Schimböck argumentierte Bartenstein, die Unternehmenssteuerreform begünstige vor allem den Mittelstand und kleinere Unternehmen.

Bei der Abstimmung beschlossen die BundesrätInnen mehrheitlich weder gegen das Anlagenrechtbereinigungs-Gesetz noch gegen die Änderung der Gewerbeordnung Einspruch zu erheben. (Forts.)


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