Parlamentskorrespondenz Nr. 887 vom 16.11.2005

Über Wald- und Weidenutzungsrechte und über WTO-Verhandlungen

Vorlagen aus dem Landwirtschaftsausschuss im Nationalrat

Wien (PK) - Vorlagen aus dem Landwirtschaftsausschuss standen dann auf der Tagesordnung der 127. Sitzung des Nationalrats.

Neuregelung für Wald- und Weidenutzungsrechte

Bei der zur Debatte stehenden Vorlage gehe es im Kern um die Ablösung von Wald- und Weidenutzungsrechten, erläuterte Abgeordneter WIMMER (S). Da die bisherige Regelung vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde, musste eine neue Lösung gefunden werden. In Zukunft wird bei der Ablöse von Nutzungsrechten und bei der Abtretung von Grund der Verkehrswert herangezogen werden. Dies sei seiner Auffassung nach ein riesiges Problem für die betroffenen Bauern, insbesondere für die kleineren Landwirte, und für die Nutzungsberechtigten. Seine Fraktion werde daher dem Entwurf nicht zustimmen.

Abgeordneter ESSL (V) stimmte seinem Vorredner zu, wonach die Einforstungsrechte für die Bauern eine große Bedeutung für die Sicherung ihrer Existenz haben. Er gab jedoch zu bedenken, dass die Gesetzesänderungen deshalb notwendig waren, weil der VfGH einen Paragraphen aufgehoben hat. Der V-F-Abänderungsantrag sehe aber die Stärkung der Dispositionsmöglichkeit der Nutzungsberechtigten sowie Verwaltungsvereinfachungen vor, gab er zu bedenken.

Abgeordneter DI PIRKLHUBER (G) ging auf die geschichtlichen Hintergründe der Einforstungsrechte ein. Interessant sei, auch dass sich gerade die Bundesforste AG als Beschwerdeführer an den Verfassungsgerichtshof gewandt haben. Was nun die Neuregelung angeht, so bezweifle er, dass damit die beste Lösung gefunden wurde. Er hätte sich zum Beispiel vorstellen können, dass bei der Grundübertragung ein Veräußerungsverbot festgelegt wird, wodurch Spekulationsgewinne verhindert werden können.

Abgeordneter SCHEUCH (F) zeigte sich verwundert darüber, dass die Oppositionsparteien, die im Ausschuss der Vorlage zugestimmt haben, nun Kritik am Entwurf äußern. Seiner Meinung nach sei es gelungen, sowohl eine verfassungskonforme als auch eine gerechte Lösung auszuarbeiten.

In vielen Teilen Österreichs gebe es historisch gewachsene und sehr komplexe Besitz-, Nutzungs- und Rechtverhältnisse im land- und forstwirtschaftlichen Bereich, die vielfach auch einer vernünftigen Bewirtschaftung entgegenstehen, erklärte Abgeordneter KEUSCHNIGG (V). Daher sei es sehr wichtig, dass faire Bedingungen für die Entflechtungen geschaffen werden. Die vorliegende Gesetzesnovelle sei eine Reaktion auf ein VfGH-Erkenntnis, das die Einbeziehung des Verkehrswertes bei der Feststellung des Ablösebetrages vorschreibt. Um die Fairness zu wahren, sehe die Novelle aber auch vor, dass auch für das Nutzungsrecht der aktuelle Verkehrswert zu ermitteln ist.

Die Vorlage wurde mit Mehrheit angenommen.

Die österreichische Position zu den WTO-Verhandlungen/Landwirtschaft

Es sei wichtig, dass im Hohen Haus über die Auswirkungen und Konsequenzen der WTO-Verhandlungen, die derzeit voll im Gange sind, ausführlich diskutiert wird, meinte Abgeordneter GRILLITSCH (V). Im wesentlichen gehe es dabei um drei Kernbereiche, nämlich um die Exportsubventionen, die internen Förderungen und um den Marktzugang. Das europäische Modell stehe in Konkurrenz zu einem System, in dem es agro-industrielle Strukturen gibt, wo ökologische und soziale Standards nicht gelten und wo Kinderarbeit erlaubt ist. Ein gutes Beispiel dafür, wie es nach der völligen Liberalisierung aussieht, biete der Kaffee- und Kakaomarkt. Obwohl es keine bäuerlichen Strukturen mehr gibt, sei der Kaufpreis für die Konsumenten nicht gesunken. Die Landwirte seien völlig verarmt, und die Gewinne werden von internationalen Konzernen lukriert. Österreich verlangt daher von der EU eine klare Positionierung bei den WTO-Verhandlungen, denn die europäischen Bauern dürfen nicht auf dem Altar des schrankenlosen Welthandels geopfert werden.

Abgeordneter DI KUMMERER (S) begrüßte im Namen der SPÖ die gemeinsame Entschließung bezüglich der Positionierung bei den WTO-Verhandlungen. Es sei klar, dass den ärmsten Ländern der Welt eine Chance gegeben wurden muss, denn sie müssen in die Lage versetzt werden, den Hunger in ihren Ländern aus eigener Kraft zu bekämpfen. Was die nationale Ebene angeht, so war Kummerer der Auffassung, dass der zur Verfügung stehende Handlungsspielraum nicht ausreichend genutzt wird. Wichtig wäre es vor allem, dass der Verteilungsschlüssel für die Förderungen gerechter gestaltet wird.


Abgeordneter Ing. SCHEUCH (F) nahm zunächst zu den WTO-Verhandlungen Stellung. Es sei wichtig, dass die EU eine konsequente Linie vertritt, denn eine zu nachgiebige Haltung hätte schwerwiegende Auswirkungen für die österreichischen Bauern. Sodann befasste er sich noch mit dem Grünen Bericht, der eine hervorragende Datensammlung und Informationsquelle darstellt. Was die Forstwirtschaft betrifft, so glaube er, dass diesem Wirtschaftszweig - vor allem angesichts der steigenden Rohölpreise - noch immer ein zu geringer Stellenwert eingeräumt wird.

Abgeordnete REST-HINTERSEER (G) freute sich darüber, dass bezüglich der Anliegen der ärmsten Länder der Welt ein Paradigmenwechsel stattgefunden hat. Grund dafür war wohl, dass die österreichischen Zuckerbauern aufgrund der neuen Marktordnung erkannt haben, dass es sehr wohl eine Verbindung zwischen ihrem Leben und jenem der Landarbeiter in Brasilien gibt. Die Rednerin hielt es für prioritär, dass zunächst einmal die für die Entwicklungsländer verheerenden, handelsverzerrenden Exportsubventionen abgeschafft werden.

Zudem sprach sich die Rednerin dafür aus, den fairen Handel zu stärken, den man nicht mit dem freien Handel verwechseln dürfe. Der faire Handel zeitige wichtige Ergebnisse und sei im Interesse der Länder des Südens dringend geboten. Zum dritten thematisierte die Rednerin die Ernährungssouveränität, der gleichfalls eine große Bedeutung zukomme. Jedes Land solle seine althergebrachten Nahrungsmittel selbst produzieren können, ohne dass sie irgendein WTO-Regime daran hindere, forderte die Mandatarin.

Bundesminister DI PRÖLL sprach von einer entscheidenden Phase in Bezug auf die genannten Themen. Deshalb begrüße er den diesbezüglichen Vierparteienantrag ganz besonders, gehe von diesem doch ein klares Signal aus. Es gelte, ganz klar Stellung zu beziehen zu den Fragen, die Europas Landwirtschaft in der nächsten Zukunft beschäftigen werden.

Gerade in dieser Hinsicht hätten die Landwirtschaftsminister klare Antworten gegeben, zeigte sich der Minister überzeugt, der sodann auf die einzelnen Details dieses Themenkatalogs einging. Es gehe darum, dass Europa in den bevorstehenden Verhandlungen Stärke zeige, und diesbezüglich gehe man eng koordiniert und gut aufgestellt in die Debatten. Wenn Hongkong scheitere, dann nicht wegen der Landwirtschaft, sondern wegen anderer Themen, hielt das Regierungsmitglied fest.

Abgeordneter AUER (V) zeigte sich zufrieden darüber, dass es gelungen sei, zu einer gemeinsamen Meinung zu kommen und dankte zudem für den grünen Bericht. Hinsichtlich der bevorstehenden Verhandlungen übte er Kritik an der Haltung der USA in dieser Frage, die selbst genau jene Schritte setzten, die sie bei den Europäern beendet wissen wollten. Hier brauche es wirklich einen fairen Handel, so Auer.

Abgeordnete WALTHER (S) lobte den grünen Bericht als hervorragend und meinte, dieses Werk sei es wert, gelesen und interpretiert zu werden. Zu den WTO-Verhandlungen schloss sich die Rednerin der inhaltlichen Stoßrichtung ihrer VorrednerInnen an. Hier sei im Interesse der Entwicklungsländer einiges gelungen, weitere Schritte seien jedoch erforderlich. Es brauche entsprechende Standards, meinte die Rednerin an die Adresse des Wirtschaftsministers und wünschte dem Landwirtschaftsminister Durchsetzungsfähigkeit gegenüber seinem Kollegen.

Abgeordneter WITTAUER (F) zeigte sich gleichfalls zufrieden damit, dass es gelungen sei, eine einheitliche Linie im Haus zu entwickeln. Europa habe einen Wettbewerbsnachteil, daher müsse es das Ziel sein, einen gemeinsamen Weg zu gehen, um den Entwicklungsländern zu helfen und die diesbezüglichen Verhandlungen erfolgreich zu beenden.

Abgeordneter DI PIRKLHUBER (G) schloss sich der allgemeinen Haltung an und sprach sich gegen jedes Dumping in der Landwirtschaft im Interesse der kleinbäuerlichen Betriebe weltweit aus. Hier sei der Minister gefordert, hielt der Redner fest, der sodann die Argumente seiner Fraktionskollegin vertiefend ausführte. Man habe die Chance auf eine zukunftsorientierte Agrarpolitik, resümierte Pirklhuber.

Abgeordneter FREUND (V) sagte, die heimischen Bauern blickten mit Sorge auf die WTO-Verhandlungen. Ihnen sei in den letzten Jahren viel abverlangt worden. Die Landwirtschaft sei der Grundpfeiler der kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung dieses Landes, man dürfe daher nicht auf die heimischen Bauern vergessen, die dem internationalen Markt ausgesetzt seien. Es müsse ihnen auch in Hinkunft möglich sein, qualitätsvolle Produkte erfolgreich anzubieten.

Abgeordneter FAUL (S) teilte viele der Sorgen seines Vorredners, meinte aber, man könnte in Österreich einiges besser machen. Es gelte auch hierzulande, den Kleinbauern entsprechende Hilfe zu gewähren. Konkret solle man nicht zugunsten der Agrarindustrie in den ÖPUL-Topf greifen, wolle man den Biobauern keinen Schaden zufügen, schloss Faul.

Abgeordneter DI HOFMANN (F) meinte, es sei angenehm, zu einer Konsensmaterie zu sprechen. Es sei wichtig und wesentlich, dass sich die EU in die WTO-Verhandlungen entsprechend einbringe und positioniere. Es brauche faire und transparente Rahmenbedingungen, dienten diese doch dem Konsumenten- und dem Tierschutz ebenso wie den Produzenten und der Produktqualität.

Präsidentin Mag. PRAMMER gab bekannt, dass die Grünen einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses hinsichtlich des Verdachts auf illegalen Handel mit österreichischen Sichtvermerken samt kurzer Debatte stellten. Diese würde im Rahmen einer gemeinsamen Debatte mit dem bereits gestellten Antrag der SPÖ nach Erledigung der Tagesordnung durchgeführt, erklärte die Präsidentin.

Abgeordnete MIKESCH (V) sprach sich für "Waffengleichheit" in einem liberalen Markt aus. Aufgabe der Politik sei das Zusammenwirken von Landwirtschaft und Wirtschaft im Interesse der KMU in der Region sichtbar zu machen. Die Union sei das größte Nachhaltigkeitsprogramm der Geschichte, und dieser Weg sei genau der richtige.

Abgeordneter GRADWOHL (S) drückte seine Zufriedenheit mit dem Umstand aus, dass es gelungen sei, in dieser wichtigen Frage Einigkeit zu erzielen. Ziel müsse es aber auch hier sein, den Menschen in den Mittelpunkt zu rücken, betonte der Redner. Würde man öfter auf die Opposition hören, könnte man öfter Konsens erzielen.

Abgeordneter SCHULTES (V) setzte sich mit der Wertschöpfung im ländlichen Raum auseinander. Erfreut zeigte er sich darüber, dass die SPÖ im Rahmen dieser Vereinbarungen mitgehe, sie sollte sich aber auch für die entsprechenden Ausgleichszahlungen aussprechen. Es sei nötig, nachhaltig und fair zu wirtschaften, und diesem Ziel habe sich die EU nun auch verschrieben.

Die Vorlage wurde mehrheitlich angenommen. Die angeschlossene Entschließung bekam einstimmig die Zustimmung.

(Schluss Landwirtschaft/Forts. NR)