Parlamentskorrespondenz Nr. 889 vom 16.11.2005

Außenpolitische Debatte im Schatten der Visa-Affäre

Nationalrat erteilt zwei Abkommen seine Zustimmung

Wien (PK) Zwei internationale Abkommen standen in den Abendstunden auf der Tagesordnung des Nationalrats: Mit der Republik Slowenien hat Österreich ein Abkommen über die wechselseitige Vertretung beider Staaten durch Vertretungsbehörden hinsichtlich der Erteilung von Visa abgeschlossen. Ziel dieses Abkommens ist es, an Orten, an denen nur einer der beiden Staaten eine Vertretungsbehörde unterhält, die Angelegenheiten des jeweils anderen Staates in Fragen von Visa und ähnlichen Sichtvermerken wahrzunehmen. Ein Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die Korruption liegt nun dem Parlament zur Ratifikation vor. Österreich übernimmt dadurch weltweite Standards in der Korruptionsbekämpfung und bei der Definition des zugrunde liegenden Beamtenbegriffs. Das Vertragswerk bietet darüber hinaus auch die Möglichkeit der Rückführung von durch Korruption entzogenen Vermögenswerten in die Ursprungsländer und weitet die internationale Zusammenarbeit bei der Verfolgung des Delikts aus.

Abgeordneter Dr. SPINDELEGGER (V) nahm die beiden Tagesordnungspunkte zum Anlass, auf die aktuelle Diskussion über die Visa-Affäre einzugehen, und wies Pauschalverdächtigungen mit Nachdruck zurück. Die bedauerlichen Fehlleistungen von Einzelpersonen dürften nicht dazu führen, das österreichische System der Visa-Erteilung in Frage zu stellen. Die Außenministerin habe richtig gehandelt und mit der Justiz zusammengearbeitet und überdies eine Expertengruppe zur Behebung bestehender Missstände eingesetzt. Spindelegger appellierte an die Opposition, keinen Skandal heraufzubeschwören, wo es keinen Skandal gebe.

Abgeordneter SCHIEDER (S) begrüßte das Übereinkommen der UNO gegen die Korruption, hätte sich aber innerstaatliche Maßnahmen Österreichs zur Durchführung erwartet. So wäre für Schieder die Einrichtung einer unabhängigen Stelle zur Korruptionsprävention denkbar, Adaptierungsbedarf ortete er aber auch hinsichtlich des Unvereinbarkeitsgesetzes und der Auskunftspflicht an das Parlament.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) trat für eine lückenlose Aufklärung der Visa-Affäre ein, meinte aber, die Außenministerin habe bereitwillig Auskunft gegeben, die Justiz ermittle bereits, auch sei eine Sonderkommission bereits eingeschaltet. Es bleibe zu hoffen, dass es sich um einen kriminellen Akt von Einzeltätern handelte und kein Anlass für Pauschalverdächtigungen besteht, betonte er.

Abgeordnete Mag. LUNACEK (G) meinte zur Visa-Affäre, es gehe nicht darum, das Außenamt zu desavouieren. Viele Fragen seien aber nach wie vor offen und müssten aufgeklärt werden. Als problematisch bezeichnete Lunacek vor allem die Praxis der Vernichtung von Unterlagen über die Visa-Erteilung durch das Außenamt. In einem Entschließungsantrag forderte sie einen Stopp der Vernichtung dieser Unterlagen bis zur juristischen Klärung der Affäre. 

Abgeordnete Mag. HAKL (V) gab zu bedenken, dass Korruption gerade in manchen Ländern Afrikas nach wie vor "abstruse Blüten" treibe und die Entwicklung der Länder behindere. Österreich leiste in solchen Ländern im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit daher auch keine Budgethilfe, sondern konzentriere sich auf Projektarbeit, die direkt den Armen zugute komme, skizzierte sie. Zur Visa-Affäre merkte Hakl an, Außenministerin Plassnik habe im Außenpolitischen Ausschuss alle Fragen erschöpfend beantwortet und Aufklärung zugesagt.

Abgeordneter Mag. POSCH (S) meinte, es bleibe zu hoffen, dass es sich bei der Visa-Affäre tatsächlich um einen kriminellen Akt von Einzeltätern handle, wie der freiheitliche Klubobmann Herbert Scheibner gemeint habe. Zur begleitenden Kontrolle durch das Parlament trat er dennoch für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ein. Zustimmend äußerte sich Posch zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption.

Staatssekretär Dr. WINKLER nahm zu den Vorwürfen im Zusammenhang mit dem Visahandel Stellung und bekräftigte die Aussage von Außenministerin Plassnik, wonach das Außenministerium an einer umfassenden und vorbehaltlosen Aufklärung der Vorwürfe interessiert sei. Er gab allerdings zu bedenken, dass man sich derzeit erst in der Phase der Vorerhebung und Voruntersuchung befinde. Vehement bestritt Winkler, dass es irgendeine Art von Vertuschung im Außenministerium gegeben habe, und untermauerte dies mit einer chronologischen Auflistung der im Außenministerium gesetzten Maßnahmen nach dem Bekanntwerden erster Vorwürfe.

Abgeordneter Dr. BÖSCH (F) kündigte an, er und seine Fraktionskollegin Barbara Rosenkranz würden dem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zustimmen. Es gehe um das wichtige Thema der Glaubwürdigkeit der Politik in der Frage der Bekämpfung der organisierten Kriminalität, betonte er. Die Untersuchungen der Justiz und des Außenministeriums müssten parlamentarisch unterstützt werden.

Abgeordneter GROSSRUCK (V) setzte sich mit dem Abkommen zwischen Österreich und Slowenien auseinander und begrüßte die neue Zusammenarbeit mit dem südlichen Nachbarn. Die Ablehnung eines Untersuchungsausschusses zur Visa-Affäre begründete er damit, dass hinter den Vorkommnissen kein System stehe, vielmehr handle es sich um Einzelfälle. Sein traditioneller Vierzeiler galt der Außenministerin, der er großes Lob zollte.

Abgeordneter HEINZL (S) sah hingegen, wie er sagte, nicht alle offenen Fragen im Zusammenhang mit der so genannten Visa-Affäre beantwortet. Kritik übte er u.a. daran, dass man mit der Skartierung von Akten im Außenministerium "sehr schnell war" und die Öffentlichkeit falsch informiert worden sei. 

Abgeordnete FELZMANN (V) befasste sich mit dem UN-Übereinkommen gegen Korruption und unterstrich, dieses Übereinkommen sei ein wesentlicher Baustein zur weltweiten Bekämpfung von Korruption. Kein Land sei gegen Korruption gefeit, skizzierte sie, besonders die ärmsten Länder würden aber darunter leiden. Erfreut zeigte sich Felzmann darüber, dass Österreich bei einer Untersuchung von 159 Ländern auf dem zehnten Platz liege, was das Vertrauen der Menschen in die Beamten betrifft. Schwarze Schafe werde man, so die Abgeordnete, nie ausschließen können.

Abgeordneter DONABAUER (V) hielt zur Visa-Affäre fest, Staatssekretär Winkler habe "eindrucksvoll und glaubwürdig" vorgetragen, dass seitens des Außenministeriums alles unternommen werde, um die Vorfälle zu klären. Die Korruption wertete er als große Gefahr für die Demokratie und die Gesellschaft insgesamt. Deshalb müsse man dem wirkungsvoll Einhalt gebieten, mahnte er.

Abgeordneter Dr. BRADER (V) wies die Vorwürfe der Opposition im Zusammenhang mit der Visa-Affäre zurück. Seiner Meinung nach ist es unberechtigt, auf Grund eines Einzelfalls generelle Verdachtsmomente zu äußern. Ausdrücklich begrüßte er das Abkommen zwischen Österreich und Slowenien.

Abgeordneter MURAUER (V) führte aus, es sei tatsächlich so, dass die Korruption Demokratien bedrohe. Der Rechtsstaat und die Volkswirtschaft seien gefährdet. In der Visa-Affäre hat Staatssekretär Winkler Murauer zufolge Klarheit darüber geschaffen, dass Missstände aufgezeigt und abgestellt würden.

Abgeordneter LEDOLTER (V) warf der Opposition "Skandalisierungsversuche" vor. Sie versuche, alle Konsulate zu diskreditieren und in Misskredit zu bringen, beklagte er. Ledolter würdigte dem gegenüber die hoch qualifizierte Arbeit der Beamtenschaft im Außenministerium.

Der Nationalrat erteilte sowohl dem Abkommen zwischen Österreich und Slowenien als auch dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption die Genehmigung. Der Entschließungsantrag der Grünen zur Visa-Affäre blieb in der Minderheit.

(Schluss Außenpolitik/Forts NR)