Parlamentskorrespondenz Nr. 971 vom 01.12.2005

Erfreuliche Entwicklung im Forschungsbereich

Wien (PK) - Im Mittelpunkt des heutigen Wissenschaftsausschusses stand das Thema Forschung und Entwicklung. Grundlage für die Diskussion bildeten der Österreichische Forschungs- und Technologiebericht 2005, eine Aktuelle Aussprache zum Thema "Forschungsstrategie 2010" sowie eine Änderung des Forschungs- und Technologiegesetzes. Abgerundet wurde die Tagesordnung mit einer Novellierung des Tierversuchsgesetzes und einem Abkommen mit China über die gegenseitige Anerkennung von Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich.

Klein- und Mittelbetriebe stärker in die Forschung miteinbeziehen

Wie dem diesjährigen Forschungs- und Technologiebericht (III-152 d.B.) zu entnehmen ist, wird die österreichische F&E-Quote im Jahr 2005, den Schätzungen von Statistik Austria zufolge, voraussichtlich 2,35 % des Bruttoinlandsproduktes (BIP) betragen. Das entspricht einer Erhöhung der Forschungsausgaben um 8 % gegenüber dem Vorjahr.

Für in Österreich durchgeführte F&E wurden insgesamt 5,77 Mrd. Euro ausgegeben, hievon ein Anteil von 2,12 Mrd. Euro aus öffentlichen Mitteln (Bundesmittel 1,74 Mrd. Euro). Noch nicht eingerechnet sind dabei die am Reformgipfel für Beschäftigung vom 1. Mai 2005 von der Bundesregierung verkündete "Forschungsmilliarde", die schon 2005 50 Mill. Euro zusätzlich für direkte Förderungen bringen wird. Äußerst positiv seien, so der Bericht, die bedeutenden Steigerungen sowohl der F&E-Ausgaben als auch die Erhöhung der Anzahl der F&E-betreibenden Unternehmen. Erfreulich sei auch die steigende Anzahl an Forscherinnen und Forschern. Die errechnete jährliche Wachstumsrate zwischen 1998 und 2002 liege bei 6,3 %. Weitere Schwerpunkte des Berichts betreffen die Internationalisierung des österreichischen Innovationssystems mit Fokus auf die heimische Unternehmensforschung, die erfolgreiche Beteiligung Österreichs am 6. EU-Forschungsrahmenprogramm sowie einen Ausblick auf das 7. Rahmenprogramm.

Abgeordnete Gertrude Brinek (V) freute sich darüber, dass man mit dieser Entwicklung über dem EU-Durchschnitt liege. Dem schloss sich Abgeordnete Elke Achleitner (F) an, indem sie von "eklatanten Verbesserungen" sprach, obwohl noch weitere Anstrengungen notwendig sein werden.

Die Abgeordneten aller Fraktionen äußerten sich positiv zur Gestaltung des vorliegenden Berichts, da dieser eine "Fundgrube" wertvoller Daten (Abgeordneter Kurt Grünewald, G) darstelle. Die Abgeordneten Heidrun Walther, Petra Bayr und Johann Moser (alle S) vermissten aber Aussagen über die Auswirkungen der Forschungspolitik auf die Klein- und Mittelbetriebe sowie die Einbeziehung der Forschungsleistungen der Fachhochschulen. Diese Kritik griff Staatssekretär Eduard Mainoni auf, der meinte, die Klein- und Mittelbetriebe seien die Träger der Wirtschaft und schafften Arbeitsplätze. Es sei daher wichtig, sie mit der Forschung zusammenzubringen. Einen wesentlichen Ansatz und Anreiz dazu habe man mit der Möglichkeit geboten, Forschungsförderung auch für die Vergabe von Forschungsaufträgen zu erhalten. Er teilte auch die Meinung von Abgeordneter Bayr hinsichtlich der Fachhochschulen und deren Bedeutung für den Forschungssektor, da deren Absolventinnen und Absolventen als wertvolle und qualifizierte junge Forschungskräfte geschätzt werden. Bundesministerin Elisabeth Gehrer ergänzte, gerade die Forschungsprämie wirke sich für die Klein- und Mittelbetriebe positiv aus und auch deren Zusammenarbeit mit Fachhochschulen habe zur Steigerung der Forschungsanstrengungen dieses Wirtschaftszweigs geführt.

Bei der Abstimmung wurde der Forschungs- und Technologiebericht einstimmig zur Kenntnis genommen. Er wurde damit auch im Ausschuss enderledigt, nachdem ein Antrag des Abgeordneten Erwin Niederwieser (S), diesen auch im Plenum zu behandeln, von ÖVP und F abgelehnt wurde. Der Argumentation Niederwiesers, der Bericht verdiene eine breitere Diskussion in der Öffentlichkeit, begegnete Abgeordnete Gertrude Brinek (V) mit dem Hinweis darauf, dass auch diese Diskussion im Ausschuss öffentlich sei und genügend Zeit bleibe, die wichtigen Themen zu behandeln.

Gehrer: Steuerliche Erleichterungen für Forschungsausgaben haben sich bewährt

Bundesministerin Elisabeth Gehrer unterstrich, der Bericht zeige, dass sich Österreich im Bereich Forschung und Entwicklung enorm weiter entwickelt habe und zwar sowohl durch Anstrengung der öffentlichen Hand als auch durch jene der Wirtschaft. Seit 1999 seien die Forschungsinvestitionen um 53 % gestiegen, die Forschungsquote habe sich in diesem Zeitraum von 1,88 auf 2,35 % erhöht. Gemeinsam mit Dänemark und Belgien liege Österreich damit im Spitzenfeld der Entwicklung. Auch die Relation der Forschungsmittel entwickle sich in die richtige Richtung, nämlich ein Drittel aus der öffentlichen Hand und zwei Drittel aus der Wirtschaft. Prozentuell sieht die Verteilung derzeit 37 % zu 63 % aus. Offensichtlich seien die steuerlichen Erleichterungen in Anspruch genommen worden, sagte Gehrer. Für den Bund bedeute dies laut Angaben des Finanzministeriums einen Steuerentfall von rund 80 Mill. €. Die Bundesregierung habe beschlossen, eine zusätzliche Milliarde zur Verfügung zu stellen, was einen weiteren Schub bringen werde. Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung werde für eine entsprechende Einsetzung der Gelder sorgen.

Diese Aussagen wurden von Staatssekretär Eduard Mainoni bekräftigt. Laut Expertenmeinung sei davon auszugehen, dass man im nächsten Jahr die 2,5 %-Marke erreichen werde. Er gab jedoch Abgeordnetem Kurt Grünewald (G) Recht, der gemeint hatte, eine Steigerung der Forschungsausgaben um 7 % jährlich sei zwar begrüßenswert, notwendig wäre jedoch eine 9%ige Steigerungsrate, um den 3-Prozent-Anteil der F&E-Ausgaben am BIP zu erreichen. Mainoni zeigte sich jedoch zuversichtlich, das Ziel durch die zusätzliche Milliarde zu erreichen. Abgeordneter Grünewald hatte zwar grundsätzlich die Steigerung der Forschungsinvestitionen begrüßt, aber gemeint, man könnte durchaus noch etwas "ungeduldiger sein und mehr auf die Geschwindigkeit setzen".

Die Bedenken des Abgeordneten Wolfgang Zinggl (G), dass die Privatwirtschaft in der Lage sein werde, zusätzlich 1,73 Mrd. € in die Forschung zu investieren, um im Verhältnis zum Staat zwei Drittel der Forschungsförderung zu leisten, teilte Mainoni unter Hinweis auf die steuerlichen Impulse nicht. Es habe sich auch erwiesen, so der Staatssekretär, dass die staatlichen Impulse zur Forschungsförderung die Privatwirtschaft zur Innovation motiviere. Tenor der Unternehmen sei, dass durch die indirekte Forschungsförderung der Forschungs- und Wirtschaftsstandort Österreich gestärkt worden sei.

Opposition befürchtet Parteipolitik in Seibersdorf und kritisiert Kompetenzzersplitterung

Die Opposition kritisierte die noch immer vorhandene Kompetenzzersplitterung. So meinte etwa Abgeordneter Erwin Niederwieser (S), dass die Bemühungen um die Vereinfachung der Forschungsförderung trotz Neuorganisation nicht erfolgreich gewesen seien. Ähnlich die Argumentation der Abgeordneten Johann Moser und Melitta Trunk (beide S). Abgeordneter Kurt Grünewald (G) räumte zwar Verbesserungen bei der Forschungsförderung ein, urgierte aber eine Bündelung auf ministerieller Ebene. Seiner Meinung nach sollten alle Projekte über die Fonds abgewickelt werden. Dazu hielt Staatssekretär Eduard Mainoni fest, dass die Zusammenarbeit exzellent funktioniere und es nicht zwingend sei, die universitäre und außeruniversitäre Forschung zu bündeln. Vielmehr zeigten die Beispiele anderer europäischer Länder, dass bei einer derartigen Zusammenführung nicht gewünschte Schwerpunktsetzungen entstehen und vor allem die Grundlagenforschung in den Hintergrund gedrängt wird. Er könne auch die Kritik an der Forschungsförderung nicht nachvollziehen, da ihm immer wieder bestätigt werde, wie sinnvoll und effizient sich die Zusammenführung der Forschungsförderungsinstitutionen erwiesen habe.

Ein strittiges Thema stellte Seibersdorf dar. Die Abgeordneten Erwin Niederwieser, Johann Moser und Robert Rada (alle S) warfen der Regierung vor, mit Hilfe von Strukturänderungen Parteipolitik zu betreiben und einen dritten Geschäftsführer einzusetzen, um "Leute zu versorgen". Dies widerspreche der immer wieder geäußerten Versicherung, man wolle entpolitisieren. Rada fügte kritisch hinzu, dass offensichtlich Teile der hoch qualifizierten Forschungsstätte Seibersdorf, wie zum Beispiel die Isotopeneinrichtungen, zurückgefahren werden. Staatssekretär Mainoni wehrte sich gegen derartige Vorwürfe und bekräftigte, dass Seibersdorf hervorragende Arbeit leiste und über ausgezeichnete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfüge. Es habe sich aber erwiesen, dass die Zusammenarbeit der Geschäftsführer nicht optimal funktioniere. Dieses Problem könne durch den Pensionsantritt eines der Geschäftsführer gelöst werden. Es bedürfe auch einer Optimierung der Gesellschaftsform, weshalb man eine Studie in Auftrag gegeben habe. Der Aufsichtsrat und die Gesellschaftsversammlung werde sich auf dieser Grundlage über eine Neustrukturierung und einen Reformprozess einigen. Keinesfalls habe hier die Parteipolitik das Wort, sondern es würden nur qualifizierte Personen nach einer internationalen Ausschreibung zum Zug kommen. Man werde ihn beim Wort nehmen können, bekräftigte Mainoni.

Ziel ist Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen

Abgeordneter Johann Moser (S) stellte in seiner Wortmeldung auch den Zusammenhang zwischen Forschungspolitik und Privatisierungen her und unterstrich die Notwendigkeit, die Headquarters in Österreich zu halten. Dem gegenüber führten Privatisierungen dazu, dass etwa deutsche Konzerne darüber bestimmten, ob und inwieweit in den österreichischen Standorten geforscht wird. Er vermisste auch innovative Aspekte im Rahmen des Bundesvergabegesetzes. Hier würden 37 Mrd. € ausgegeben, es fehlten aber entsprechende Evaluierungen. Diese forderte auch seine Klubkollegin Melitta Trunk ein. Moser meinte auch, dass die Regierungspolitik zu sehr "Lissabon-fixiert" sei. Das Erreichen einer F&E-Quote von 3 % am BIP sei zwar erstrebenswert, man müsse gleichzeitig aber die Frage stellen, was man damit bewirken wolle. Das Ziel könne doch nur sein, auch die Arbeitslosigkeit wieder zu senken, meinte er.

Dazu hielt Staatssekretär Eduard Mainoni fest, dass es bei der Lissabon-Strategie selbstverständlich um die Sicherung der Arbeitsplätze, um sozialen Wohlstand und Wirtschaftswachstum gehe. Die Vergangenheit habe aber gezeigt, dass der Staat daran gescheitert sei, Arbeitsplätze zu schaffen. Daher müsse man das Wirtschaftswachstum fördern. Das derzeitige strukturelle Problem liege darin, dass man zur Senkung der Arbeitslosigkeit ein Wachstum von 2,5 % brauche, von dem man derzeit weit entfernt sei. Daher investiere man verstärkt in Forschung und Entwicklung. Die Kritik an der ÖIAG könne er keinesfalls nachvollziehen, da sie ein Musterbeispiel für sinnvolle Umstrukturierung, Headquarter-Strategie und die Schaffung von Arbeitsplätzen darstelle.

Auf die Bemerkung des Abgeordneten Kurt Grünewald (G), man müsse mehr Wert auf die Grundlagenforschung und auf die Humanressourcen in der Forschung legen, meinte Mainoni, Grundlagenforschung und angewandte Forschung könnten nur gemeinsam zu einem guten Forschungsklima führen. Bundesministerin Elisabeth Gehrer wies in diesem Zusammenhang auf das 7. Rahmenprogramm der EU hin, das mit einer neuen Säulenstruktur unter anderem die Grundlagenforschung erstmals finanziere und die Mobilität sowie die Forschungsinfrastruktur fördere.

Abgeordneter Erwin Niederwieser (S) hinterfragte den Verordnungsentwurf zu den so genannten Formelbudgets und hielt es für problematisch, dass man sich lediglich an den Einnahmen orientiere. Dazu führte Bundesministerin Elisabeth Gehrer aus, dass dieser mit der Rektorenkonferenz und den Betroffenen abgesprochen sei, die Forschung mit 20 % bedacht werde, aber innerhalb der elf Kriterien auch Studienabschlüsse und Studiendauer berücksichtigt würden. Auch Abgeordnete Gertrude Brinek (V) vertrat die Auffassung, dass die gute Mischung aus Geisteswissenschaften und Naturwissenschaften gewahrt sei.

Eine besondere Bedeutung maßen die Abgeordneten Erwin Niederwieser (S), Gertrude Brinek und Andrea Wolfmayr (beide V) der Kreativwirtschaft bei, wobei Brinek hier die maßgebende Initiative von ÖVP-Frauen hervorhob. Sie trat aber dafür ein, sich Beispiele aus dem Ausland anzusehen. Abgeordnete Elke Achleitner (F) sprach auch die Tatsache an, dass sich der Anteil der Forscher und Forscherinnen von 4,8 auf 6,1 unter 1.000 Beschäftigten erhöht habe. Dies sei sicherlich auch dem Offensivprogramm zu verdanken, bemerkte dazu Abgeordnete Brinek. Achleitner thematisierte auch das Projekt Brain Power Austria, mit dem österreichische WissenschafterInnen aus dem Ausland wieder nach Österreich geholt werden sollen. Abgeordneter Mainoni erläuterte, dass sich dieses Projekt sehr erfolgreich entwickelt habe, über 350 Interessierte seien bereits registriert, 12 hätten bereits vermittelt werden können. Man nehme sich auch besonders der Förderung von Frauen in der Forschung an und werde dazu im Rahmen der österreichischen Ratspräsidentschaft am 16. und 17. Mai 2006 gemeinsam mit der EU-Kommission eine Tagung abhalten.

Bundesministerin Elisabeth Gehrer bekräftigte auch auf Grund einer Anfrage der Abgeordnete Melitta Trunk (S), dass Exzellenzzentren nicht aus dem Topf der Universitäten oder der Forschungsförderung bezahlt würden, und man die Mittel zusätzlich gemeinsam mit Bundesländern und Wirtschaft aufbringen werde. Es sei wichtig, dass sich Österreich positioniere, sagte sie, denn auf EU-Ebene plane man ein European Institute of Technology. Wer zuerst die Initiativen setze, werde auch zum Zug kommen.

Staatssekretär Eduard Mainoni machte schließlich darauf aufmerksam, dass die Weltraumforschung und das Galileo-Projekt einen Schwerpunkt der österreichischen Ratspräsidentschaft darstellen werde, da davon wichtige Impulse für die Forschung ausgingen. Weltraumforschung sei eine Wachstumsbranche, weshalb man sich verstärkt diesem Bereich zuwenden werde, beantwortete er eine Frage der Ausschussvorsitzenden Magda Bleckmann (F).  (Fortsetzung)