Parlamentskorrespondenz Nr. 177 vom 02.03.2006

Ein Kompetenzzentrum für die weißen Pferde

Nationalrat sichert Zukunft der Lipizzaner

Wien (PK) - Zwei Anträge - (731/A(E) und 726/A(E) - boten dem Nationalrat Anlass für eine ausführliche Debatte über die Zukunft der Lipizzanerzucht in Piber.

Abgeordneter GRILLITSCH (V) kritisierte die SPÖ, die seiner Auffassung nach in der gegenständlichen Frage zur Verunsicherung beigetragen habe. Es stehe außer Streit, so Grillitsch, dass der Leitbetrieb Piber erhalten bleibt. Bundesminister Pröll habe für die Absicherung des Betriebes gesorgt und der vorliegende Businessplan habe nicht nur eine strategische Neuausrichtung zum Inhalt, sondern halte dezidiert die Beibehaltung der Zucht fest. Insgesamt soll Piber als Kompetenzzentrum für Pferde und als ökologischer Vorzeigebetrieb für Pferdezucht gestaltet werden. Die Kooperation mit der Höheren Bundeslehranstalt für Land- und Forstwirtschaft sei wichtig, da dadurch interne und externe Ressourcen optimal genützt werden können.

Abgeordnete Mag. GROSSMANN (S) konnte sich dieser, wie sie sagte, "Lobeshymne" nicht anschließen, zumal die Ereignisse seit der missglückten Ausgliederung der Spanischen Hofreitschule dazu keinerlei Anlass gäben. Nach der Ausgliederung sei es mit Piber bergab gegangen und die Finanzlage sei prekär. Man habe in letzter Zeit auch zahlreiche Schlüsselkräfte entfernt, sodass es im Bereich Zucht zu einem Kompetenzvakuum gekommen sei. Darüber hinaus habe es eine Fülle von Managementfehlern gegeben, die man auf dem Rücken von Piber habe austragen wollen. Laut Grossmann habe man sogar überlegt, die Landwirtschaft in Piber aufzugeben. Die Abgeordnete kritisierte in diesem Zusammenhang auch das groß angelegte Sommerquartier für die Lipizzaner in Niederösterreich. All diese Vorkommnisse hätten die Bevölkerung mit Sorge erfüllt und schließlich zu einer parteiübergreifenden Bürgerinitiative geführt. Diesem Druck hätte sich auch die ÖVP nicht widersetzen können, weshalb sie sich dann doch in den Dienst der guten Sache gestellt habe. Sie, Grossmann, freue sich jedenfalls über den gemeinsamen Antrag.

Abgeordneter DI SCHEUCH (F) bemerkte in Richtung seiner Vorrednerin, es sei "faszinierend", wie der vorliegende Kompromiss in Vorwahlzeiten schlecht geredet werden kann. Tatsache sei, dass das Gestüt Piber gerettet ist und deshalb werde der freiheitliche Parlamentsklub diese gute Initiative auch unterstützen.

Abgeordneter Dr. PIRKLHUBER (G) hielt fest, der vorliegende Antrag stelle eine Reaktion auf eine politische Debatte in der Steiermark und Probleme vor Ort dar und schaffe nun Klarheit. Pirklhuber hielt es aber für bemerkenswert, dass man für die Spanische Hofreitschule eine eigenes Gesetz schaffe, dem Parlament jedoch keine einzige Rechtsgrundlage für die gesamte ländliche Entwicklung vorgelegt worden sei. Alles werde nur im Ministerium selbst beschlossen und das, was für die ländliche Entwicklung vorliege, sei ein "tiefschwarzer Pakt". Darin fehlten die Frauenförderung sowie Zielvorgaben. Nachhaltigkeits-Kriterien seien darin viel zu wenig präzise formuliert. Eine Verordnung reiche in diesem zentralen Bereich sicherlich nicht, so der Standpunkt Pirklhubers, und er sah sich darin durch die Spruchpraxis des VfGH bestätigt.

Bundesminister DI PRÖLL zeigte sich erfreut darüber, dass sich alle Fraktionen im Nationalrat darin einig sind, dem Traditionsunternehmen Spanische Hofreitschule auch in Zukunft eine solide finanzielle Basis zu ermöglichen. Was den Standort Piber betrifft, so war auch nach der Ausgliederung immer klar, dass der Weiterbestand gesichert werden muss. Dennoch wurde dieses Thema im steirischen Wahlkampf missbraucht, was seiner Meinung nach äußerst unverantwortlich war. Bedauerlicherweise habe Wien kein Angebot bezüglich eines Sommerquartiers für die Lipizzaner gemacht, führte der Minister weiter aus. Das Land Niederösterreich habe sich dann bereit erklärt und in der Folge wurde der bestmögliche Standort, nämlich Wetzdorf, ausgewählt.

Abgeordneter DI HÜTL (V) begrüßte es, dass nun nicht nur der Weiterbestand des Gestüts in Piber gesichert, sondern auch der Ausbau zu einer Touristenattraktion gewährleistet ist. Vor allem sei man bestrebt, die neue Zielgruppe Familie anzusprechen, ohne die schon bisherige Klientel zu "verschrecken". Dafür soll ein ausreichendes Marketingbudget zur Verfügung stehen. Der Aufbau einer touristischen Infrastruktur soll mit insgesamt 620.000 € unterstützt werden. Für die Bereiche Haltung und Zucht sind 1,2 Mill. € veranschlagt, informierte Hütl. Die "Lipizzanerwelt Piber" soll am 1. April 2006 eröffnet werden, wobei die Besucher mit folgenden Attraktionen rechnen können: Schauschmiede, Biotop- und Abenteuerbereich, Pferdeschwemme, Wagenremise, Kinderkino, Fohlenstation, Souvenirshop und Gastronomie.

Abgeordneter FAUL (S) war überzeugt davon, dass erst der Entschließungsantrag zum Standort Piber zu einem Umdenken in der Steiermark geführt hat. Wenn man nicht die Notbremse gezogen hätte, wäre eines der wertvollsten Kulturgüter Österreichs fast in den Ruin getrieben worden. Ein "Ministergünstling" wurde als Geschäftsführer eingesetzt, dieser habe aber "grundsätzlich falsche Entscheidungen getroffen", urteilte Faul. Kritik übte der Redner auch daran, dass in Niederösterreich ein neues Sommerquartier bezogen wird, obwohl man noch weitere neun Jahre an den Standort in Wien gebunden ist.

Es sei legitim, sich einige Varianten zu überlegen und dann ein bestimmtes Konzept zu wählen, meinte Abgeordnete Dr. BLECKMANN (F) in Bezug auf die Diskussionen rund um die Weiterentwicklung des Standortes Piber. Sie verstehe nicht, warum es so viel Aufregung um dieses Thema gegeben hat. Mit dem vorliegenden Antrag werde nun ein klarer Weg vorgegeben, der für die gesamte Region von großer Bedeutung sei.

Bei diesem Tagesordnungspunkt gehe es nicht nur um Pferde, sondern um die generelle Ausgliederungspolitik der Bundesregierung, gab Abgeordneter Mag. KOGLER (G) zu bedenken. Es habe sich wieder gezeigt, dass in solchen Fällen immer wieder Personen als Geschäftsführer eingesetzt werden, die keine Ahnung davon haben, wie ein Betrieb zu führen ist.

Dank der Wähler und Wählerinnen des Wahlkreises Steiermark Mitte/Graz Umgebung/Voitsberg sei es ihr gelungen, seit 1994 mit einem Grundmandat im Nationalrat zu sitzen und für diese Region zu arbeiten, leitete Abgeordnete STEIBL (V) ein. Minister Pröll habe erkannt, dass die Weiterentwicklung des Standortes Piber von großer Bedeutung für die Steiermark sei und habe sich tatkräftig dafür eingesetzt.

Es sei eigenartig, dass die SPÖ wie immer einen doppelgleisigen Weg beschreite, erklärte Abgeordneter WITTAUER (F). Vor dem Wahlkampf wurde das Gerücht verbreitet, dass Piber zugesperrt werden soll, nach der Wahl nahmen die Sozialdemokraten wieder eine andere Position ein. Jedenfalls sei die SPÖ daran schuld, dass der Ruf von Piber sehr gelitten habe, hielt Wittauer den S-Mandataren entgegen.


In einer tatsächlichen Berichtigung stellte Abgeordneter FAUL (S) gegenüber seinem Vorredner klar, dass sich die SPÖ immer für einen Aufzuchtsstandort ausgesprochen hat.

Abgeordneter SCHWEISGUT (V) zeigte sich verwundert darüber, wie viele Pferdeexperten es im Hohen Haus gibt. Es sei ganz klar, dass die Ausgliederung eine Erfolgsstory für die Spanische Hofreitschule war. Inzwischen wurden über 10 Mill. € investiert, aus einem Traditionsbetrieb sei ein modernes Unternehmen entstanden. Er ersuchte den Minister darum, auch auf die anderen Pferdezuchten in Österreich nicht zu vergessen.

Abgeordneter DI AUER (V) erinnerte daran, dass die Bundesregierung in den letzten Jahren viel Geld in die Erhaltung und die Erneuerung der Hofreitschule und des Gestüts Piber investiert habe. Sogar der Mitarbeiterstand habe sich in diesem Zeitraum leicht erhöht. Durch die Errichtung eines neuen Sommerquartiers werde die Gesellschaft weiter gestärkt, war Auer überzeugt.

Bei der Abstimmung die dem Ausschussbericht beigeschlossene Entschließung betreffend die Zukunft der Spanischen Hofreitschule und die Standortsicherung des Bundesgestüts Piber einstimmig angenommen. Der (negative) Ausschussbericht über den S-Antrag betreffend Erhaltung und Weiterentwicklung der Lipizzanerzucht in Piber wurde mehrheitlich angenommen.

(Schluss Piber/Forts. NR)