Parlamentskorrespondenz Nr. 375 vom 27.04.2006

Kurze Debatte im Plenum zu Tempo 160 km/h

Wien (PK) - Ein Grund für die heutige Debatte liege darin, dass Staatssekretär Mainoni in der Anfragebeantwortung nicht präzise sagen konnte, ob der Test für Tempo 160 km/h auf der A10 in Kärnten zwei oder drei Monate dauert, erklärte Abgeordnete Dr. MOSER (G). Diese Frage sei wichtig, weil wenn der Test drei Monate dauert, dann sei davon auch der Juli, das heißt die Urlaubssaison, betroffen. Moser gab zu bedenken, dass in Österreich Raserei noch immer als Kavaliersdelikt gelte und auch nur geringe Strafen bei Übertretung der Geschwindigkeitsgrenzen verhängt werden.

Gleichzeitig unterlaufe man die aktuelle Kampagne des Innenministeriums, die die Menschen dazu bewegen soll, rücksichtsvoller zu fahren, zeigte Moser auf. Auf der Teststrecke in Kärnten wurde sogar die entsprechende Werbetafel ("Bleib am Leben – Geh vom Gas") entfernt. Umfragen des Kuratoriums für Verkehrssicherheit haben zudem ergeben, dass 85 % der Fahrzeuge auf Österreichs Autobahnen nicht schneller als mit 135 km/h unterwegs sind; die mittlere Geschwindigkeit liege sogar nur bei 120 km/h. Gerade vor diesem Hintergrund müsse man endlich zur Kenntnis nehmen, dass diese Maßnahme unsinnig und ein "großer Anschlag auf die Verkehrssicherheit in Österreich" ist. Moser appellierte noch einmal an den Verkehrsminister, von diesem "Raserwahnsinn" Abstand zu nehmen. Man dürfe nicht vergessen, dass eine Kollision bei 160 km/h tödliche Folgen hat, egal wie gut das Auto technisch ausgestattet ist.

Er wolle die Gelegenheit nutzen, um heute noch einmal den wirklichen Ablauf des Testversuchs darzustellen, meinte Staatssekretär mag. MAINONI. Er erinnerte zunächst daran, dass im Jahr 1974 Tempo 130 km/h in Österreich – sinnvollerweise – eingeführt wurde. In der Zwischenzeit haben sich die Verkehrstechnologien, die Straßenverhältnisse sowie die Ausbildung der Lenker aber wesentlich verbessert. Die Autobahnen wurden gut ausgebaut und mit Pannenstreifen ausgestattet, gab Mainoni zu bedenken. Es wurde auch festgestellt, dass die überwiegende Mehrheit der Verkehrsunfälle auf den Bundes- und Landesstraßen passiere; nur 6 % der Unfälle ereignen sich auf Autobahnen. Raserei sei sicher kein Verkehrsdelikt, unterstrich Mainoni. Es sei notwendig, verstärkt zu kontrollieren, und zwar dort, wo die meisten Unfälle auftreten. Die Kampagne des Innenministeriums sei daher sehr sinnvoll.

Seit einigen Jahren gebe es nun die Section Control, führte Mainoni weiter aus. Dies bedeutet, dass ganze Straßenstrecken abschnittsweise überprüft werden können. Nicht nur die Durchschnittsgeschwindigkeit der Fahrzeuge könne dabei ermittelt werden, sondern auch die tatsächlich gefahrenen Höchstgeschwindigkeiten. Die Überkopfwegweiser tragen weiters dazu bei, die Fahrer rechtzeitig über mögliche Gefahren zu informieren. All diese Rahmenbedingungen waren Voraussetzung für den Entschluss, ein Pilotprojekt auf einer ausgewählten Strecke von rund 13 km in Kärnten zu starten. Es sei auch nicht richtig, dass man dort 160 km/h fahren müsse, hielt er den Grünen entgegen, unter bestimmten Bedingungen könne man zwei Monate lang 160 km/h fahren. Außerdem sei diese Strecke die am besten kontrollierte in ganz Österreich, betonte Mainoni. Diese Maßnahme koste auch keinen zusätzlichen Cent, da das Telematiksystem sowieso in Österreich installiert worden wäre. Nach Ablauf der Testphase (30. Juni 2006) werde dann eine Evaluierung durchgeführt. Schließlich wies er noch darauf hin, dass die Anzahl der Verkehrstoten dank der Maßnahmen der Bundesregierung drastisch gesunken ist, und zwar von 1.079 (1999) auf 765 (2005).

Abgeordneter DI MISSETHON (V) machte darauf aufmerksam, dass 70 % der Verkehrsteilnehmer auf Autobahnen schneller als 130 km/h fahren. Schon jetzt gelte als oberste Priorität, dass die Geschwindigkeit den jeweiligen Bedingungen angepasst werden muss. Auch 130 km/h können bei schlechter Witterung schon zuviel sein, räumte er ein. Wenn die Rahmenbedingungen passen, könne man eventuell auch schneller unterwegs sein. Er sei der Meinung, dass der Test nun einmal abgewartet werden soll, dann könne man genau die Ergebnisse analysieren und sich ein Urteil bilden.

Abgeordneter EDER (S) war der Auffassung, dass sich Autobahnen, wo alte und junge Menschen, erfahrene und weniger erfahrene Fahrer unterwegs sind, für Tests nicht eignen. Auch wenn es richtig sei, dass sich die Technologien verbessert haben, so müsse man nicht gleich wieder an die Grenze des technisch Machbaren gehen, warnte er. Er könne sich auch nicht vorstellen, dass dieser ganze Test nichts koste, zumal auf der ganzen Strecke Überwachungsgeräte aufgestellt werden. Es sei natürlich sehr erfreulich, dass die Zahl der Verkehrstoten in den letzten Jahren zurückgegangen ist. Aber gerade deshalb sollte man bei der bisherigen Verkehrspolitik bleiben, appellierte Eder.

Abgeordneter WATTAUL (F) bezeichnete die "fadenscheinigen Argumente" der Sozialdemokraten als Panikmache. Sie sollen nur dazu dienen, einen erfolgreichen Verkehrsminister schlecht zu machen, bemängelte er. Die Oppositionsredner wissen genau, dass zur Überwachung der Teststrecke ein Computer eingebaut ist und es nur an einigen Tagen, wenn alle Rahmenbedingungen passen, möglich sein wird, 160 km/h zu fahren.

Abgeordnete REST-HINTERSEER (G) war überzeugt davon, dass Tempo 160 km/h "Gift für die Verkehrssicherheit" ist, da hohe Geschwindigkeiten als die häufigsten Ursachen für tödliche Unfälle gelten. Außerdem ist Tempo 160 km/h "Gift für die Klimaschutzziele" und Gift für die AnrainerInnen und lärmgeplagten Menschen, die in der Nähe von Autobahnen leben. Schädliche Auswirkungen habe das höhere Tempolimit auch auf die jüngeren Lenker, die dadurch noch ermutigt werden, schneller zu fahren. Mehr als ein Drittel der getöteten Pkw-Lenker in Österreich sei zwischen 18 und 24 Jahre alt, zeigte Rest-Hinterseer auf. Hohe Kosten verursache auch die Verkehrsbeeinflussungsanlage auf der Strecke (5,2 Millionen Euro), was gerade für ein Land wie Kärnten, das wirtschaftlich nicht gut dasteht, eine große Belastung darstellt. Diese Mittel könnte man viel sinnvoller einsetzen, urteilte Rest-Hinterseer. (Schluss)