Parlamentskorrespondenz Nr. 411 vom 04.05.2006

Finanzausschuss einstimmig für Zukunftssicherung der BAWAG

Opposition will bis Montag offene technische Fragen klären

Wien (PK) - Zur Umsetzung der kürzlich zwischen Bundesregierung und BAWAG- sowie ÖGB-Vertretern vereinbarten Sanierung der BAWAG P.S.K durch eine Bundeshaftung von bis zu 900 Mill. €. verabschiedete der Finanzausschuss auf Antrag der Regierungsparteien heute ein "Bundesgesetz betreffend die Haftungsübernahme zur Zukunftssicherung der BAWAG P.S.K ", großteils einhellig. Die Oppositionsabgeordneten sahen technische Probleme bei einzelnen Bestimmungen, Werner Kogler (G) etwa bei der Ungleichbehandlung von ÖGB und BAWAG bei der Übertragung von OeNB-Anteilen an den Bund gegenüber anderen Sozialpartnern. - Der Gesetzentwurf wird vom Nationalratsplenum voraussichtlich am kommenden Montag, dem 8.5.2006, beschlossen werden und wird den Bundesrat am darauf folgenden Donnerstag, dem 11.5.2006, passieren.

Der Entwurf enthält auch eine Änderung des Nationalbankgesetzes, in dem die bisherige Beschränkung des Bundesanteils der Nationalbank auf 50 % des Grundkapitals entfallen soll. Dies deshalb, weil die eingangs genannte Vereinbarung auch die Übertragung des BAWAG- und ÖGB-Anteils von insgesamt 20 % am Grundkapital der Oesterreichischen Nationalbank an die Republik Österreich enthält. Auch diese Eigentumsübertragung, die durch ein spezielles Ermächtigungsgesetz ermöglicht wird, hat der Finanzausschuss dem Plenum einstimmig empfohlen.

Eingebracht wurde der V-F-Gesetzesantrag im inhaltlichen Zusammenhang (§ 27 GOG) mit der Regierungsvorlage für eine Anhebung des EUROFIMA-Haftungsrahmens der ÖBB von jeweils 1,2 Mrd. € für Kapital und Zinsen auf jeweils 1,975 Mrd. € (1391 d.B. ). Die Bundesbahnen benötigen zusätzliche Lokomotiven und Waggons für den vermehrten Schienenverkehr seit der EU-Osterweiterung. - Diese Vorlage wurde einstimmig verabschiedet.

In der Debatte traten die Abgeordneten unisono für eine einvernehmliche Lösung und für den Verzicht auf parteipolitische Argumentationen ein. Vorweg informierte Finanzstaatssekretär Dr. FINZ den Ausschuss, dass die Vertreter von ÖGB und BAWAG an die Bundesregierung herangetreten waren und um externe Hilfe für den Bestand des Kreditinstituts gebeten hatten. Die Erstellung einer Bilanz für das Jahr 2005 wäre ohne dies Hilfe nicht möglich. Ursache für die selbstverschuldete Notlage der BAWAG seien Hochrisikogeschäfte seit den neunziger Jahren gewesen. Aus Rücksicht auf die 1,3 Millionen Sparer mit Einlagen in der Höhe von 17 Mrd. € sowie auf die 6.000 Mitarbeiter hatte die Regierung keine Alternative als zu helfen. Angesichts von Geldabhebungen von bis zu 100 Mill. € täglich sei eine Sicherung notwendig gewesen: Andernfalls wäre die bestehende Staatshaftung für die PSK und die Einlagensicherung schlagend geworden - die Auswirkungen auf den Bankplatz Österreich wären unabsehbar gewesen, sagte der Finanzstaatssekretär. Die Haftungserklärung der Regierung habe die Situation dann sofort beruhigt, berichtete Finz, die Abhebungen seien bereits auf das normale Maß zurückgegangen.

Staatssekretär Finz bemühte sich, technische Bedenken der Oppositionsabgeordneten Christoph Matznetter, Hannes Bauer und Wolfgang Katzian (alle S) sowie des Abgeordneten Werner Kogler (G) an den Haftungsverpflichtungen für den ÖGB, an der zeitlich mit 1. Juli 2007 befristeten Verkaufsverpflichtung der BAWAG und an der Übertragung der OeNB-Anteile zu zerstreuen. Er appellierte an die Abgeordneten, den Gesetzentwurf als ein Gesamtpaket zu betrachten und warnte davor, dieses "auseinanderzuklauben". Der im Gesetz fixierte Verkauf der Bank sei sinnvoll, weil der Eigentümer nicht in der Lage sei, seiner Bank zu helfen. Die Bank brauche einen starken Eigentümer, der sie unterstütze. Die Bundeshaftung von 900 Mill. € und der Beitrag der Banken in der Höhe von 450 Mill. € reiche nach momentanem Wissensstand aus, um die BAWAG zu sichern.

Eine Alternative zur Bundeshaftung, etwa die von S-Abgeordnetem Johann Moser angesprochene Darlehenshilfe, würde das Bilanzierungsproblem nicht lösen. Die Verkaufsbedingungen seien nicht auf bestimmte Banken zugeschnitten, hielt der Staatssekretär fest, der neue Eigentümer müsse keine Bank sein. Die für den ÖGB vorgesehenen Haftungsbestimmungen seien unvermeidlich, wenn man das Gesetz EU-konform gestalten wolle. Die Details der Haftung des ÖGB und all seiner Teilgewerkschaften werde die Bundesregierung mit dem ÖGB und der BAWAG in Form einer Haftungsvereinbarung treffen. Der Sinn dieser Vereinbarungen bestehe auch darin, den Steuerzahler erst dann in Anspruch nehmen zu müssen, wenn der ÖGB seinen Beitrag geleistet habe. Zugleich unterstrich Finz das Interesse der Regierung am Weiterbestehen des ÖGB.

Kritik an der Bankenprüfung trat der Finanzstaatssekretär entgegen, indem er daran erinnerte, dass die Bank von 1995 bis 2000 trotz bekannt gewordener Karibikgeschäfte nicht geprüft wurden. Daher wurde im Jahr 2001 die Finanzmarktaufsicht geschaffen. Die Aussage des Abgeordneten Werner Kogler (G), der Finanzminister habe den Nationalrat über den Banken-Prüfbericht falsch informiert, wies der Staatssekretär zurück.

Abgeordneter Christoph Matznetter (S) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion zu dem Gesetz an, sah aber dennoch technischen Klärungsbedarf bei den die Haftungsverpflichtung des ÖGB betreffenden Bestimmungen. Außerdem kündigte Matznetter für die Zukunft eine große Diskussion über die Bankenaufsicht an.  

Abgeordneter Werner Kogler (G) befasste sich mit der Frage, ob die gesetzliche fixierte Haftungsverpflichtung für den ÖGB dessen Bilanzierungsfähigkeit gefährden könnte. Außerdem verlangte Kogler, der die Nationalbank nicht als eine Aktiengesellschaft im klassischen Sinn, sondern als eine staatliche Geldbehörde versteht, Gleichbehandlung für alle Sozialpartner, statt die Schwäche des ÖGB dazu zu nutzen, diesen aus der Nationalbank "rauszukaufen".

Ausschussvorsitzender Günter Stummvoll (V) erinnerte daran, dass die Nationalbank nun die Finanzen des ÖGB zu prüfen habe und es eine schiefe Optik ergäbe, würde der zu Prüfende 20-Prozent-Eigentümer am Prüfer sein. Stummvoll zitierte gegenüber der Opposition Expertenaussagen, dass der vorliegende Gesetzentwurf die Bilanzierungsfähigkeit des ÖGB nicht gefährde.

Die Abgeordneten Werner Fasslabend und Jakob Auer (beide V) warnten nachdrücklich davor, aus der Diskussion über die Sicherung der BAWAG Österreichs parteipolitisches Kapital herauszuschlagen zu wollen.

Abgeordneter Thomas Prinzhorn (F) plädierte gemeinsam mit seinem Fraktionskollegen Detlev Neudeck für eine einvernehmliche Lösung, sprach sich für eine klare Trennlinie zwischen BAWAG und ÖGB aus und erinnerte daran, dass man ein Gesetz verabschieden müsse, das EU-konform sei.

Abgeordneter Wolfgang Katzian (S) machte darauf aufmerksam, dass der ÖGB nicht aus einigen Funktionären bestehe, sondern aus tausenden Personalvertretern und Mitarbeitern und man sich die Frage zu stellen habe, ob man auch in Zukunft eine Interessenvertretungsorganisation für die Arbeitnehmer wolle, die zugleich Gesamtverantwortung zu übernehmen bereit sei. Dass setze voraus, die Bilanzierungsfähigkeit des ÖGB zu erhalten.

Abgeordneter Werner Kogler (G) bezweifelte, dass es zweckmäßig sei, einen Zwangsverkauf der BAWAG mit Fristablauf in Gesetzesform zu gießen. Zudem plädierte Kogler dafür, beim Verkauf von OeNB-Anteilen alle Anteilseigner an der Nationalbank - also auch Raiffeisen, Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung - gleich zu behandeln wie ÖGB und BAWAG. Mit diesem Argument lehnte Kogler bei der getrennten Abstimmung die diesbezüglichen Artikel des Gesetzentwurfs ab. (Schluss)