Parlamentskorrespondenz Nr. 677 vom 11.07.2006

Vorlagen: Verkehr

Einspruch des Bundesrates gegen Änderungen des Eisenbahngesetzes

Dem Nationalrat liegt nunmehr der Einspruch des Bundesrates vom 6. Juni 2006 gegen die am 23. Mai 2006 beschlossenen Änderungen des Eisenbahngesetzes, des Bundesbahngesetzes und des Bundesgesetzes zur Errichtung einer "Brenner Basistunnel AG" vor.

Die Länderkammer begründet ihren Einspruch zunächst mit einer ihrer Meinung nach vorliegenden unvollständigen EU-Umsetzung: Entgegen den eindeutigen Vorgaben in der Sicherheitsrichtlinie der EU, die ja mit der vom Nationalrat beschlossenen Gesetzesvorlage umgesetzt werden soll, fehlen behördliche Kontroll- und Überwachungsorgane, die für die Sicherheit des Eisenbahnbetriebes zuständig sind, heißt es. Dieses grundlegende und gravierende Problem könne, so weiter, nur durch die Schaffung einer eigenen Eisenbahnsicherheitsbehörde mit ausreichendem Personal mit Kontroll- und Strafbefugnissen, die gemäß der Richtlinie (Artikel 16) auch ausdrücklich nicht an "Fahrwegbetreiber, Eisenbahnunternehmen oder Beschaffungsstellen übertragen oder als Auftrag vergeben" werden darf, beseitigt werden. Die Umsetzung dieser EU-Vorgabe sei unerlässlich, um das Entstehen von Sicherheits-Missständen wie im Straßengüterverkehr auszuschließen. Eine dazu geeignete Regelung oder Gesetzesvorlage fehle jedoch.

Weiters rügt der Bundesrat den Passus, der die Stilllegung von öffentlichen Eisenbahnen wegen "wirtschaftlicher Unzumutbarkeit" neu regelt und die diesbezügliche Entscheidung dem Betreiber der Eisenbahn (Infrastrukturbetreiber) überträgt. Während bisher die Länder durch sehr weit reichende Auflagen Einstellungen letztlich zulasten des Eisenbahnunternehmens verhindert haben, bedeutet dies in Zukunft nach Ansicht des Bundesrates eine weitestgehende Dominanz rein betriebswirtschaftlicher Kalküle, ohne die Möglichkeit des Eigentümers, vor einer Einstellung alle Möglichkeiten für eine Revitalisierung bzw. Erhöhung der Verkehrsleistungen zu verlangen oder mitzugestalten. Dies sei verkehrspolitisch unzumutbar. Dem Vorschlag der Länderkammer zufolge sollte eine endgültige Einstellung erst nach dem Scheitern der Umsetzung eines mehrjährigen Revitalisierungsplanes  und zusätzlich nach einer erfolglosen Suche nach einem Alternativbetreiber möglich sein.

Auf Kritik der Länderkammer stößt schließlich auch die Regelung der  Priorisierung verschiedener Verkehre bei Trassenknappheit. Hier schränke der Beschluss des Nationalrates den Vorrang gemeinwirtschaftlicher Personenverkehre, also des Nah- und Regionalverkehrs im Verhältnis zur bestehenden Regelung deutlich ein, wird in der Begründung des Einspruchs vorgebracht. So sei nunmehr bei Trassenüberlastung der gemeinwirtschaftliche (Personen)Verkehr nur mehr zur Hauptverkehrszeit zu priorisieren. Im Beschluss des Nationalrats fehlen aber Angaben darüber, wann das ist und wer darüber zu befinden hat. Andererseits ignoriere der Beschluss des Nationalrats den Charakter eines Taktverkehrs, der nur dann regelmäßig und zahlreich in Anspruch genommen wird, wenn er immer zu festgesetzten Zeiten verkehrt. Der Bundesrat spricht sich für eine Beibehaltung der bestehenden Regelung aus und warnt überdies, eine Verdrängung des Regionalverkehrs außerhalb der Hauptverkehrszeit durch andere Verkehre würde auch die Attraktivität des Regionalverkehrs zur Hauptverkehrszeit schwächen. (Schluss)