Parlamentskorrespondenz Nr. 681 vom 11.07.2006

Menschenrechtsausschuss: Sämtliche Anträge der Opposition vertagt

Sozialdemokraten verlassen Ausschuss

Wien (PK) – Mit Hilfe ihrer Mehrheit haben heute die Koalitionsfraktionen sämtliche Punkte der Tagesordnung des Menschenrechtsausschusses vertagt. Es handelte sich dabei um zwei Entschließungsanträge der Grünen und drei Entschließungsanträge der Sozialdemokraten. Nach der Vertagung des ersten Antrags zogen sämtliche Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion aus dem Ausschuss aus. Den inhaltlichen Beratungen des Ausschusses war eine Geschäftsordnungsdebatte voran gegangen, bei der die Oppositionsfraktionen Klarheit über das Vorgehen der Regierungsfraktionen zu erreichen suchten und ihren Rückzug aus dem Ausschuss für den Fall der Vertagung des ersten Punktes der Tagesordnung ankündigten.

Vertagt: G-Antrag betreffend Menschenrechtsverletzungen in China

In diesem Entschließungsantrag verlangen die Grünen, die österreichische Bundesregierung möge sich auf bilateraler und internationaler Ebene um eine Verbesserung der Menschenrechtslage in China bemühen, und zwar nicht nur im Wege der "stillen Diplomatie". Die AntragstellerInnen sprechen sich auch für den Fortbestand des Waffenembargos aus, sollte sich die Situation nicht verbessern und treten für ein entschiedenes Vorgehen im Falle von Diskriminierung von in Österreich lebenden chinesischen StaatsbürgerInnen ein.

Staatsekretär Hans Winkler stellte in einer einleitenden Stellungnahme klar, dass im Zuge der regelmäßigen Kontakte mit China "auf allen Ebenen" hinsichtlich der Menschenrechtssituation in China Fortschritte erzielt worden seien. Diesen Dialog gelte es fortzusetzen.

Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) fragte nach Details des genannten Fortschritts, plädierte für einen Vier-Parteien-Antrag und appellierte an die Regierungsfraktionen, nicht den Eindruck zu erwecken, der Nationalrat beuge sich – im Anschluss an ein Gespräch der Menschenrechtssprecher der Fraktionen mit dem Botschafter Chinas in Österreich – irgend einem Druck. Ihre Fraktionskollegin und Ausschuss-Vorsitzende Terzija Stoisits berichtete von diesem Gespräch, das "kein Gespräch der üblichen Art" gewesen sei; sie persönlich würde mit diesem Botschafter daher kein Gespräch mehr führen.

Abgeordneter Matthias Ellmauer (V) wies darauf hin, chinesische Menschenrechts-Aktivisten und Dissidenten hätten es als "kontraproduktiv" eingeschätzt, wenn Österreich in dieser Sache einen Alleingang unternehme und sich für das Schmieden einer Allianz ausgesprochen, die neben der EU auch die USA und Japan umfassen sollte. Er stellte daher den Antrag, den G-Antrag zu vertagen. Ellmauer pflichtete im übrigen der Einschätzung von Stoisits bezüglich des Gesprächs mit dem Botschafter bei. Abgeordneter Maria-Theresia Fekter ortete in der jüngst eröffneten chinesischen Eisenbahnlinie nach Tibet einen Fortschritt in Richtung Öffnung von Tibet. Abgeordnete Elke Achleitner (F) merkte gegenüber den Oppositionsfraktionen an, dass die Regierung einen starken Akzent auf das Menschenrechtsthema gelegt habe.

Abgeordneter Walter Posch (S) verwies auf den von ihm eingebrachten Abänderungsantrag, der durchaus berücksichtige, dass Aktionen gegenüber China nicht auf Einzelfälle abgestellt sein sollten, erkundigte sich aber hinsichtlich Fortschritten in Bezug auf Folter und Todesstrafe.

Staatssekretär Winkler räumte ein, der Umgang des chinesischen Botschafters in dem zitierten Gespräch habe "nicht den diplomatischen Gepflogenheiten entsprochen". Der Menschenrechts-Dialog mit China würde aber sorgfältig evaluiert; es sei wichtig, dass dieser Prozess weitergeführt werde. Zum Bahnbau nach Tibet wolle er sich nicht negativ äußern. Zum Menschenrechtsbericht von Manfred Nowak gebe es zum Teil Zusagen betreffend Umsetzung. Organentnahmen bei exekutierten Häftlingen würden nur nach schriftlicher Zustimmung vorgenommen.

Der Antrag wurde mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen vertagt.

Vertagt: G-Antrag zur Konvention zum Schutz von Wanderarbeitern

Vertagt – nach kurzer Debatte, an der die sozialdemokratischen MandatarInnen nach ihrem Auszug nicht teilnahmen – wurde auch der Entschließungsantrag der Grünen für die Ratifikation der Internationalen Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und Ihrer Familienangehörigen. Die Grünen weisen darauf hin, dass die Konvention vor drei Jahren in Kraft getreten ist und mit Stand 27. April 2005 von 29 Staaten ratifizieret worden ist – allerdings von keinem Industriestaat. Eine Ratifizierung durch Österreich hätte somit Vorbildwirkung, argumentieren die Grünen.

Abgeordneter Maximilian Walch (F) bezeichnete die Konvention zwar als "gute Sache", aber zum einen beträfe sie EU-Kompetenzen, zum anderen würde sie Änderungen im Fremdenrecht erfordern. Auch VP-Abgeordneter Matthias Ellmauer plädierte dafür, weiter den europäischen Weg zu verfolgen. Die beiden G-Mandatarinnen Ulrike Lunacek und Terezija Stoisits hingegen setzten sich dafür ein, dass Österreich ein Zeichen setzen und die Konvention unterzeichnen sollte.

Staatssekretär Winkler hielt dem entgegen, dass die Konvention teilweise in Widerspruch zu EU-Recht stehe und eine "Ratifikation nur um der Ratifikation willen" grundsätzlich abzulehnen sei.

Der Antrag wurde – in Abwesenheit der sozialdemokratischen Abgeordneten – mit den Stimmen der Koalition vertagt.

Vertagt: S-Antrag betreffend Einhaltung des int. Pakts für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

Unter Hinweis auf den im Dezember 1978 ratifizierten Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (WSK) üben Abgeordnete der SPÖ in einem Entschließungsantrag Kritik an der Bundesregierung. Durch die von ihr getroffenen Maßnahmen habe sich die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen weiter geöffnet, atypische Beschäftigungsverhältnisse und geringfügige Entlohnung nähmen zu, die Arbeitslosigkeit sei rasant im Steigen begriffen, ein angemessener Lebensunterhalt könne während der Zeit der Arbeitslosigkeit nicht aufrecht erhalten werden und Erwerbslose könnten das Recht auf Bildung nicht in Anspruch nehmen. Die Antragstellerinnen und -steller fordern daher die Bundesregierung auf, bis Juni 2005 eine Regierungsvorlage auszuarbeiten, damit die in den Artikeln 7, 11 und 13 des genannten Paktes aufgelisteten Grundrechte gesetzlich gewährleistet werden.

Abgeordnete Maria Fekter (V) bemängelte an dem Antrag, er sei hinsichtlich seiner Formulierungen unausgegoren – so sei etwa die Sozialhilfe Länder- und nicht Bundessache, der Antrag richte sich aber ausnahmslos an die Bundesregierung -, inhaltlich sei er aber durchaus begrüßenswert. Da man ihn also nicht ablehnen wolle, ihm aber auch nicht zustimmen könne, beantrage sie eine Vertagung des Antrages. Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) meinte hingegen, gerade die Bundesregierung sollte auf diesem Gebiet tätig werden, der Antrag verdiene daher Unterstützung. Abgeordneter Maximilian Walch (F) wies darauf hin, dass etwa der Themenkomplex "gleiche Löhne für Frauen und Männer" in die Zuständigkeit der Sozialpartner falle, weshalb sich die Frage stelle, ob die Gewerkschaft hier 30 Jahre geschlafen habe. Der Antrag wurde gegen die Stimmen der Grünen vertagt.

Vertagt: S-Antrag betreffend Einrichtung eines Menschenrechtsbeirats

In einem weiteren Entschließungsantrag fordert die SPÖ einen Bericht der Bundesregierung über Fragen betreffend Grundrechte. Antworten wollen die Sozialdemokraten u.a. auf die Fragen des Ob und Wie einer Verankerung von Grundrechten in der Verfassung und der Gleichstellung der Geschlechter, aber auch bezüglich des Kampfs gegen die Armut und eines Menschenrechtsbeirats für die gesamte Vollziehung.

Abgeordnete Maria Fekter (V) kritisierte den Antrag als rein oppositionelle Gräuelpropaganda. Überdies sei die Sozialdemokratie nicht anwesend, um über dieses Thema zu diskutieren, auch dieser Antrag solle daher vertagt werden. Abgeordnete Terezija Stoisits (G) sagte, da es ja nur um eine Berichtlegung gehe, sollte der Antrag angenommen werden. Gegen die Stimmen der Grünen wurde er jedoch vertagt.

Vertagt: S-Antrag betreffend Bundes-Unterstützung von ZARA

Die SPÖ-Abgeordneten befürchten eine Aushungerungspolitik des Bundes gegenüber NGO und Beratungsstellen. Dies betreffe vor allem ZARA (Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit), eine international anerkannte Beratungsstelle für Opfer und ZeugInnen von Rassismus. Diese könne seit Jänner 2005 keine Gehälter mehr ausbezahlen und sei von der Schließung bedroht, kritisieren die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des Entschließungsantrages. Sie fordern daher die Bundesregierung auf, dem Verein ZARA so rasch wie möglich eine entsprechende Unterstützung zukommen zu lassen.

Abgeordnete Terezija Stoisits (G) plädierte für die Annahme des Antrages, da die Beratungsstelle ZARA immer noch dringend Mittel benötige. ZARA sei von großer Bedeutung, sie solle daher entsprechend unterstützt werden. Abgeordnete Elke Achleitner (F) erklärte hingegen, der Verein habe seine Möglichkeiten nicht ausgeschöpft und trotz Erklärungen seitens des Sozialministeriums sei er nicht in der Lage gewesen, korrekte Förderansuchen zu stellen. Man solle also abwarten, ob entsprechende Anträge auch dann abgelehnt würden, wenn sie korrekt eingereicht worden seien, und bis dahin möge der Antrag vertagt werden. Dem schloss sich Abgeordneter Matthias Ellmauer (V) an. Staatssekretär Hans Winkler äußerte sich positiv über die Arbeit von ZARA und wies auf die finanzielle Unterstützung der Beratungsstelle durch das Außenministerium hin. Der Antrag wurde mehrheitlich vertagt. (Schluss)