Parlamentskorrespondenz Nr. 703 vom 14.07.2006

XXII. Gesetzgebungsperiode einstimmig vorzeitig beendet

Fraktionen ziehen in der letzten Sitzung des Nationalrats Bilanz

Wien (PK) Ein Vier-Parteien- Antrag auf vorzeitige Beendigung der XXII. Gesetzgebungsperiode bzw. der Bericht des Verfassungsausschusses dazu bildeten in Nationalrat die Grundlage einer Debatte, in der von den RednerInnen aller Fraktionen nicht nur – vor einer dicht besetzten Regierungsbank - Bilanz gezogen, sondern auch die Positionen für die Wahlwerbung vor den Nationalratswahlen am 1. Oktober skizziert wurden. Der Auflösungsbeschluss des Nationalrats fiel schließlich einstimmig.

Abgeordneter Mag. MOLTERER (V) zog als erster Redner eine positive Bilanz über die Arbeit der Bundesregierung und eröffnete seine Wortmeldung mit der Feststellung, Österreich stehe heute besser da. In den letzten sechs Jahren habe das Land gewonnen, sein Ansehen in der Welt sei gewachsen, Österreich sei Dank dieser Bundesregierung sicherer, moderner und menschlicher geworden.

Die Regierung sei, so Molterer weiter, offen an die Probleme herangegangen und habe den Mut gehabt, auch heiße Eisen anzugreifen. Die Koalition habe gestaltet und nicht verwaltet, betonte Molterer. Als Leitlinien für die Erfolge nannte der VP-Klubchef klare Zielsetzungen in Richtung Leistungsfähigkeit, soziale Verantwortung und ökologische Verträglichkeit. Der Regierung sei es dabei gelungen, den Haushalt zu sanieren, die Bürger zu entlasten, eine Trendwende am Arbeitsmarkt zu schaffen, in der Altersvorsorge mit dem Drei-Säulen-Modell einen wesentlichen Schritt zu gehen und in der Familienpolitik durch das Kindergeld und die Elternteilzeit Meilensteine zu setzen.

Als große Herausforderung für die nächste Legislaturperiode sah Molterer vor allem die Beschlussfassung einer neuen Verfassung für Österreich, aber auch die Schaffung klarer Spielregeln für die Zuwanderung und Integration. Die Europapolitik wiederum dürfe nicht den Populisten geopfert werden.

Die ÖVP wolle auch nach dem 1. Oktober diesen Erfolgsweg durch eine starke bürgerliche Mitte sichern und werde alles unternehmen, um eine rot-grüne Risikowende von Österreich fernzuhalten. Österreich sei bei Kanzler Schüssel in guten Händen, dies solle auch so bleiben, schloss Molterer.

Abgeordneter Dr. GUSENBAUER (S) bezeichnete das Kabinett Schüssel als Regierung der Rekordarbeitslosigkeit und der höchsten Jugendarbeitslosigkeit in der Geschichte Österreichs und rief Molterer auf, angesichts von einer Million Armutsgefährdeter und 400.000 Menschen in akuter Armut nicht so zu tun, als ob für alle Menschen in Österreich alles in Ordnung wäre.

Neben der Arbeitsmarktpolitik war auch die Steuerpolitik ein wesentlicher Kritikpunkt Gusenbauers. Die Steuerreform habe keinerlei Kompensation für die Belastungen der letzten sechs Jahre gebracht, 800 Konzerne seien die Hauptprofiteure, die große Mehrheit der Bevölkerung habe hingegen nichts von den Maßnahmen gehabt. Die SPÖ verfolge eine Steuerpolitik, bei der alle am wirtschaftlichen Aufschwung teilhaben, und nicht nur einige wenige, bei der die Durchschnittsverdiener und die kleinen Betriebe, die in Österreich investieren, entlastet werden, unterstrich Gusenbauer.

Das, wie er sagte, größte Scheitern der Bundesregierung ortete der SP-Klubobmann in der Bildungspolitik, wobei er der Koalition ideologische Verzopftheit vorwarf. Die ÖVP stehe für Bildungsabbau, größere Klassen, weniger Lehrer und weniger Chancen, die SPÖ hingegen verfolge eine Bildungspolitik, die die individuelle Begabungsförderung sicherstellt und eine wahlweise Ganztagsschule beinhaltet.

Heftige Kritik übte Gusenbauer weiters auch an der Gesundheitspolitik – er warf der ÖVP einen Weg in Richtung Zweiklassenmedizin vor -, und an der Pensionspolitik, die seiner Meinung nach von Pensionskürzungen gekennzeichnet war. Insgesamt meinte der Redner, Österreich habe sich Besseres verdient, am 1. Oktober habe die Bevölkerung die Wahl dazu.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) blickte noch einmal auf das Jahr 2000 zurück, und warf Gusenbauer vor, damals das Champagnerglas auf die gewalttätigen Demonstrationen geschwenkt zu haben. Für die Bundesregierung sei es hingegen darum gegangen, den Scherbenhaufen der SPÖ zu beseitigen, den Rekordschuldenstand abzubauen und eine Wende zu schaffen.

Dies sei auch gelungen, meinte Scheibner. Die Koalition habe die Pensionen erhöht und insbesondere für Frauen mehr Pensionsgerechtigkeit ermöglicht, sie habe die Familien mit dem Kindergeld gestärkt und durch die Steuerreform die Bürger entlastet, in der Asylpolitik sei es gelungen, Missbrauch zu verhindern. In der Zukunft werde die Regierung vor der Herausforderung stehen, das Gesundheitssystem auf neue Beine zu stellen, ohne dabei nach dem SPÖ-Konzept bloß die Beiträge zu erhöhen. In der Verfassungsdiskussion wiederum ist nach Meinung Scheibners eine moderne Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern gefragt, moderne Ansätze forderte der Redner auch im Familien- und Eherecht. In der Sicherheitspolitik bekannte sich Scheibner zur vollen Teilnahme Österreichs an einer europäischen Sicherheits- und Verteidigungskomponente und erteilte populistischen Tendenzen eine klare Absage.

Am 1. Oktober gehe es um eine Richtungsentscheidung zwischen einer SPÖ, die, wie es Scheibner ausdrückte, bloß eine Rückkehr zur Schlafwagenpolitik, bei der sie die Posten unter sich aufteilt, anstrebt, und der Fortsetzung einer bürgerlichen Koalition, die Verantwortung für Österreich übernimmt.

Abgeordneter Dr. VAN DER BELLEN (G) begrüßte die Vorverlegung der Nationalratswahl auf 1. Oktober. Die Regierung sei offenkundig "mit ihrem Latein am Ende", sagte er. "Der Saft ist ausgegangen und der Tank ist leer." Vorhandene gute Ideen wie etwa jene von Justizministerin Gastinger im Bereich des Familienrechts würden nicht umgesetzt. Er stimme der Analyse zu, dass Österreich wunderbar sei, erklärte Van der Bellen, "wir alle lieben dieses Land", Österreich sei aber nicht wunderbar, weil es von ÖVP und Freiheitlichen regiert würde.

Im Wahlkampf werden die Grünen Van der Bellen zufolge das hervorheben, worauf sie schon zuletzt immer wieder hingewiesen hätten. Insbesondere trat er für mehr Investitionen im Bereich der Bildung und der Ausbildung, mehr Chancen für Frauen, eine moderne und effiziente Energiepolitik, mehr Unterstützung für neue Selbständige und Ein-Personen-Unternehmen sowie eine effizientere Bekämpfung der Armut in Österreich ein. Die Grünen würden sich allerdings nicht am Schüren von Ausländerfeindlichkeit beteiligen, versicherte Van der Bellen und übte in diesem Zusammenhang scharfe Kritik an FPÖ und BZÖ.

Als wichtiges Anliegen nannte der Chef der Grünen auch die Unabhängigkeit des ORF. Die Glaubwürdigkeit im Informationsbereich sei das größte Kapital des ORF, skizzierte er, werde dieses Kapital verspielt, stehe auch die ökonomische Lebensfähigkeit auf dem Spiel. In Bezug auf die BAWAG-Affäre unterstützte Van der Bellen den Vorschlag von SPÖ-Chef Gusenbauer, wonach ÖGB-Spitzen nicht im Nationalrat sitzen sollen.

Bundeskanzler Dr. SCHÜSSEL zog eine positive Bilanz über die vergangenen vier Jahre. Die abgelaufene Gesetzgebungsperiode gehöre zu den spannendsten in der 2. Republik, meinte er und verwies auf markante Eckpunkte wie die historische EU-Erweiterung um zehn neue Mitglieder im Jahr 2004, die Terroranschläge in London und Madrid sowie die Gaskrise zwischen Russland und der Ukraine. Österreich habe sich sehr gut auf Seiten des Friedens positioniert, sagte der Kanzler.

Dass die Regierung mit ihrem Latein am Ende sei, wies Schüssel strikt zurück. Vielmehr seien von 100 Punkten im Regierungsprogramm 98 abgearbeitet und umgesetzt worden. Offen geblieben sei lediglich das Bundesmitarbeitergesetz und die Erarbeitung einer neuen Verfassung, wobei man in der nächsten Gesetzgebungsperiode, so Schüssel, auf den vorliegenden Vorschlägen aufbauen könne.

Zu den Erfolgen der Regierung zählte Schüssel unter anderem die Schaffung von 124.000 neuen Arbeitsplätzen, die Pensionsharmonisierung, die Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die Steigerung der Akademikerquote und die Senkung der Abgabenquote. Konkret habe man etwa die Zahl der ganztägigen Kindergartenplätze von 40.000 auf 70.000 steigern können, 18 % der Bevölkerung hätten mittlerweile einen Fachhochschul- oder Universitätsabschluss. Im Bereich der Umwelt seien 180 Mill. € zusätzlich in den Klimaschutz investiert und Dieselpartikelfilter eingeführt worden. "Nobody is perfect", hielt Schüssel fest, "aber schlecht ist diese Bilanz sicher nicht".

Schüssel verwies darüber hinaus auch auf "gewaltige Weichenstellungen" im Gesundheitsbereich, die Gründeroffensive im Wirtschaftsbereich mit 31.000 Firmenneugründungen, die Senkung der Lohnnebenkosten für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Verkürzung des Zivil- und des Wehrdienstes, die Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie und weitere Schritte zur Steigerung der Sicherheit. Gleichzeitig habe man die Finanzen "im Griff". Lässt man die Schuldenrückzahlungen außer Acht, hat man nach Darstellung des Bundeskanzlers in vier Jahren einen Primärüberschuss von 20 Mrd. € erzielt. Auch EU-Daten und internationale Studien zeigten, dass Österreich nicht schlecht dastehe. Es sei, so Schüssel, eine gute Basis für zukünftige Politik da.

Allgemein hielt der Bundeskanzler fest, die ÖVP spreche keiner politischen Partei in Österreich die Reife ab. Es sei wichtig, dass man mit allen reden könne, die Opposition habe die Politik mit vielen Anregungen und Ideen bereichert. "Bewahren wir uns das auch in der Wahlwerbung", sagte Schüssel. Für seine Ausführungen erhielt der Kanzler lang anhaltende Standing Ovations von der ÖVP.

Abgeordneter GRILLITSCH (V) begann seine Rede mit dem Satz: "Wir können stolz sein auf Österreich und auf die Menschen in Österreich". Bundeskanzler Schüssel lobte er als besten Bundeskanzler der 2. Republik. Das Team um Schüssel habe den Wunsch der Österreicher nach umfassender Sicherheit - auch im Wirtschaftsbereich, am Arbeitsmarkt, in der Bildung und im ländlichen Raum - erfüllt. So sei es mit Steuerreformen und Wachstumspaketen gelungen, den Wirtschaftsstandort Österreich abzusichern und für Investoren attraktiv zu machen.

Besonders erfreut zeigte sich Grillitsch darüber, dass für den Zeitraum von 2007 bis 2013 zusätzliche Mittel für den ländlichen Raum sichergestellt werden konnten. Eine Kürzung der Agrarsubventionen hätte nicht nur negative Auswirkungen auf die Landwirtschaft, sondern generell auf Arbeitsplätze im ländlichen Raum und auf die Sicherheit von Lebensmitteln, warnte er. Auch die Förderung von Breitbandtechnologie habe dazu beigetragen, dass Arbeitsplätze im ländlichen Raum entstanden seien.

Abgeordneter Dr. CAP (S) warf dem Bundeskanzler vor, "etwas zu dick aufgetragen" zu haben. So viel Selbstlob habe er noch nie gehört, meinte er. Das "selbstverliebte Lächeln" Schüssels auf der Regierungsbank signalisiere, "hier bin ich, hier will ich bleiben".

Er stehe nicht an zu sagen, es sei nicht alles schlecht gewesen, erklärte Cap, sonst hätte die SPÖ im Parlament auch nicht so oft zugestimmt. So hob er etwa die Aufhebung der Zwei-Drittel-Blockade bei Schulgesetzen, das Bundestierschutzgesetz und Gesetzesinitiativen im Bereich der Sicherheitspolitik als positiv hervor. Die SPÖ habe sich, so Cap, als konstruktive Opposition verhalten, da für seine Partei Österreich im Vordergrund stehe und nicht "die ÖVP wie für die ÖVP".

Schüssel wäre allerdings mehr Selbstkritik gut angestanden, konstatierte Cap. Vieles sei schließlich nicht gelungen. Kritik übte er unter anderem am Nulldefizit-Kurs, an der Zwei-Klassen-Medizin, an den Einkommenseinbußen für Pensionisten und am Eurofighter-Kauf. Überdies bezweifelte Cap, dass Österreich tatsächlich sicherer geworden sei und verwies etwa auf Unsicherheiten im Bildungsbereich und auf dem Arbeitsmarkt.

Das Lob für die Bundesregierung könne gar nicht groß genug sein, da so vieles an Hürden, Hindernissen und Belastungen "weggeräumt" werden musste, entgegnete Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) ihrem Vorredner Cap. Sie erinnerte daran, dass 130 Mrd. € an Staatsschulden übernommen werden mussten, mit einem Zinsendienst von 7 Mrd. € jährlich. Das Unangenehmste dabei sei, dass 70 % der Gelder, die für die Zinsen bezahlt werden, ins Ausland gehen. Österreich war vor sechs Jahren noch das Schlusslicht in der EU in vielen Bereichen, dies habe sich mittlerweile wesentlich geändert. So sei es u.a. gelungen, das Pensions- und das Gesundheitssystem nachhaltig zu sanieren und – durch die Reform des Fremdenrechts – den ungezügelten Zuzug von Einwanderern zu stoppen.

Die erfolgreiche Wirtschaftspolitik habe dazu geführt, dass sich immer ausländische Unternehmen in Österreich angesiedelt haben, hob Partik-Pablé hervor. Durch verschiedene gut durchdachte Konjunkturbelebungspakete wurde eine sehr positive Entwicklung auch am Arbeitsmarkt eingeleitet. Einen wichtigen Beitrag zu all diesen Maßnahmen habe das BZÖ geleistet, war Partik-Pablé überzeugt; viele Reformen wären ohne den kleinen Koalitionspartner nicht zustande gekommen. Als Beispiele führte sie u.a. die Erhöhung des Pflegegeldes, die Behindertenmilliarde, die Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes, die Zusammenlegung der Exekutive und die Novellierung des Fremden- und Asylgesetzes an.

Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G) befasste sich in ihrer Wortmeldung zunächst mit den umweltpolitischen Versäumnissen der Schüssel-Regierung. Sehr bedauerlich sei, dass das Ökostromgesetz in ein Umweltzerstörungsgesetz umgewandelt wurde und somit nun der Ausbau der Windenergie verhindert wird. Dies sei nicht nur aus energiepolitischer, sondern auch aus wirtschaftspolitischer Sicht ein absoluter Humbug, weil damit eine Wachstumsbranche einfach abgedreht werde. Wenig gehört habe man vom "Schweigekanzler" auch in Sachen Atomenergie, die derzeit in der EU wieder auf dem Vormarsch ist, kritisierte Weinzinger.

Weiters kam Weinzinger auf die Situation der Frauen in Österreich zu sprechen. Seit dem Antritt der Regierung Schüssel sind 18 Frauen pro Tag arbeitslos geworden, zeigte die Rednerin auf. Außerdem müssen sich immer mehr Frauen mit prekären Beschäftigungsverhältnissen und Teilzeitjobs zufrieden geben. Die Rückkehr in den Beruf werde zusätzlich noch durch das Kinderbetreuungsgeld erschwert, das sich als eine Sackgasse herausgestellt hat. Generell wurde die eigenständige Existenzsicherung von Frauen nicht gefördert. Sie verstehe auch nicht, warum sich eine Partei, die sich christlich-sozial nennt, damit brüsten könne, dass mehr Menschen in Schubhaft genommen bzw. an den Grenzen abgeschoben wurden als bisher und dass Österreich eines der schärfsten Asylrechte in Europa hat.

Er freue sich, dass Österreich heute so gut da steht, und das soll man auch sagen in so einer Debatte, leitete Vizekanzler GORBACH seine Wortmeldung ein. Am Ende einer Legislaturperiode sei es legitim, sich näher anzuschauen, was man alles geschafft und in welcher Weise sich die Indikatoren verändert haben. Die Bundesregierung sei im Jahr 2000 angetreten und musste zunächst einen "großen Reformstau abbauen", der mittlerweile mehr oder weniger abgearbeitet ist, erklärte Gorbach. In Form des BZÖ habe es einen sehr reformfreudigen Koalitionspartner gegeben, weshalb es auch gelungen sei, viele unangenehme Dinge anzugehen. In diesem Zusammenhang erinnerte Gorbach an die Pensionsharmonisierung, die zwei großen Steuerreformen, die Neuorganisation und Internationalisierung der Forschungslandschaft, die Erhöhung der Mittel für Forschung und Entwicklung sowie an die Investitionsoffensive im Infrastrukturbereich.

Österreich sei dadurch in den letzten Jahren "auf die Überholspur gewechselt" und ist heute das viertreichste Land in der EU. Diese Analyse werde durch zahlreiche Indikatoren belegt, wie etwa das Wirtschaftswachstum (in Österreich durchschnittlich 2 %, in der EU 1,8 %), die Arbeitslosenquote (Ö: 4,3 %/EU: 8,8%), die Investitionsquote (Ö: 21,8 %/EU: 19,5 %) oder die Defizitquote (Ö:1 %/ EU: 1,8 %). Auch bei einer internationalen Studie, die 60 Wirtschaftsstandorte in der Welt untersucht hat, sei Österreich vom 17. Platz (2005) auf den 13. Platz (2006) nach vorne gerutscht. Interessant sei vor allem, dass in den letzten Jahren Länder wie Schweden, Holland, Taiwan, Neuseeland etc. überholt werden konnten. Diese Entwicklung werde auch von heimischen Firmen so gesehen, merkte Gorbach an, 91 % der Unternehmen bewerten die Standortbestimmungen als sehr positiv. 58 % der Firmen haben angegeben, dass sie im nächsten Jahr zusätzliche Mitarbeiter anstellen wollen. "Österreich gehe es besser denn je, Schwarz-Orange habe gute Arbeit geleistet für Rot-Weiß-Rot", resümierte der Vizekanzler.

Aus seiner Sicht als Arbeitnehmervertreter komme es vor allem darauf an, dass der Wirtschaftsstandort Österreich gestärkt und die Arbeitsplätze gesichert werden, betonte Abgeordneter Dr. SPINDELEGGER (V). In diesem Bereich wurde in den letzten Jahren auch "wahnsinnig viel getan". Trotz der schwierigen ökonomischen Lage habe man Konjunkturbelebungspakete beschlossen, Steuerreformen durchgeführt und viele Ausbildungsmaßnahmen gefördert. Die Bilanz könne sich auch sehen lassen: 124.000 neue Jobs, Rückgang der Arbeitslosigkeit um 7 % und eine Entwicklung in Richtung Vollbeschäftigung. Sodann wies Spindelegger auf die zahlreichen familienpolitischen Maßnahmen hin, die von der Bundesregierung durchgeführt wurden. Als letzten Punkt sprach er die Sicherheitsfragen an, wo in den letzen Jahren wichtige Akzente gesetzt wurden. Neben dem noch besseren Schutz der Bevölkerung vor Kriminalität ging es um klare Regeln für die Ausländerpolitik (Neuregelung des Fremdengesetzes, des Asylgesetzes und des Staatsbürgerschaftsrechts).

Es sei gut, dass das Ende der Regierung Schüssel in Sicht ist, urteilte Abgeordnete BURES (S). Die Menschen haben es nämlich schon satt, sich die Selbstbeweihräucherung von Seiten der Regierungsbank anhören zu müssen. Ein bisschen Selbstkritik wäre durchaus angebracht gewesen, denn von all diesen großen Erfolgen, die heute aufgezählt wurden, spüren die einfachen Menschen nichts. Die Regierung mache eine abgehobene Politik und sei für eine "soziale Schieflage" in Österreich verantwortlich, meinte Bures. Sie könne zwar nicht auf alle Probleme eingehen, aber sie werde einige gute Gründe anführen, warum die Bundesregierung abgewählt werden soll: die hohe Arbeitslosigkeit (vor allem der extreme Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit), der Verlust an Vollzeitarbeitsplätzen (minus 85.000), die Lehrstellenproblematik (50.000 junge Menschen stehen auf der Straße), das Fehlen einer aktiven Arbeitsmarktpolitik, die Verschlechterungen im Gesundheitssystem ("Zwei-Klassen-Medizin") sowie die Kürzung der Pensionen.

Abgeordnete Dr. BLECKMANN (F) verwies auf den Wahlkampf der SPÖ in der Steiermark und meinte, die darauf folgende Politik der Sozialdemokraten in der Steiermark verheiße für die Bundespolitik nichts Gutes. Sogar Blätter, die der SPÖ nahe stünden, konzedierten, dass die SPÖ weiter vom Kanzleramt denn je entfernt sei. Und das werde durch die jüngsten Entwicklungen nicht anders werden. Ihre Fraktion habe hingegen Reformen umgesetzt, Schulden abgebaut und Österreich wieder wettbewerbsfähig gemacht. Die Bilanz dieser Regierung könne sich sehen lassen, ihre Politik habe Österreich gut getan, diesen Kurs werde man fortsetzen.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) erinnerte an die Wahlversprechen von VP und F vor der Wahl 2002 und resümierte: wie versprochen, so gebrochen. Der Kärntner Landeshauptmann habe 2002 die Regierung gesprengt und Neuwahlen erzwungen, sodass manche Personen, etwa der damalige F-Klubobmann, erklärt hätten: mit ihm nie wieder. 2006 sehe man diese Personen jedoch friedlich wieder vereint. Es sei evident, was diese Koalition zusammenschmiede. Die Allmacht der ÖVP sei unerträglich, es herrsche Ein- bzw. Umfärbung und Postenschacher, Österreich verdiene besseres, es brauche eine andere Politik für dieses Land.

Bundesminister Mag. GRASSER zog Bilanz über die Finanzpolitik der letzten Jahre und erklärte, Österreich sei heute einer der Spitzenstandorte Europas und darauf könne man stolz sein. Österreichs Wirtschaftsdaten seien hervorragend, die Erfolge seien evident, man solle sich die Daten und Fakten einfach ansehen. Österreich habe sich sehr gut entwickelt, und das sei das Verdienst der Politik dieser Regierung. Auch in Zukunft gehe es um eine solide Finanzpolitik, damit Österreich auch 2008 wieder ein Nulldefizit aufweise, da solide Staatsfinanzen die Grundlage für eine weitere Entlastung seien. Man wolle daher auch in Zukunft das Beste für das Land und die Bevölkerung erreichen.

Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V) warf dem Vorsitzenden der SPÖ vor, keinen einzigen konkreten Vorschlag in seiner Rede gebracht zu haben. Die Politik der Koalitionsregierung hingegen habe sich als überaus erfolgreich erwiesen, was auch die ausländische Presse zur Kenntnis genommen habe. Österreich habe große Erfolge erzielt, die Wählerschaft werde dies am 1. Oktober auch entsprechend honorieren. Er sehe der Zukunft jedenfalls optimistisch entgegen, denn seine Partei mache eine Politik für die Zukunft, und diesen Weg werde man auch fortsetzen.

Abgeordnete HEINISCH-HOSEK (S) zog hingegen eine kritische Bilanz der Politik der Regierung. Es gebe einen Widerspruch zwischen den Behauptungen der Regierung und der wirklichen Lage. Die Politik der Regierung sei sozial unausgewogen, gerade die einkommensschwächeren Bevölkerungsgruppen spürten dies. Ihre Fraktion werde hier einen Kurswechsel vornehmen, die Pensionen erhöhen und dafür sorgen, dass es in Österreich wieder mehr soziale Sicherheit geben werde. Konkret sprach die Rednerin die Pläne ihrer Fraktion zur Arbeitsmarkt- und zur Familienpolitik an.

Abgeordneter DI SCHEUCH (F) wies auf das Bawag-Debakel hin und meinte, mit dem dort versenkten Geld hätte man 200.000 Vollarbeitsplätze schaffen können. Die Opposition beschränke sich darauf, das Land krank zu jammern, doch real stehe das Land sehr gut da, wofür diese Bundesregierung die Verantwortung trage. An dieser bürgerlichen Regierung führe denn auch kein Weg vorbei, meinte der Redner, der sodann auf Pläne zur Sicherheits- und Infrastrukturpolitik seitens der Koalitionsparteien einging.

Abgeordnete SBURNY (G) wies auf die Armut im Lande hin, auf die von der Regierung nicht adäquat reagiert worden sei. Hier liege vieles im Argen, die Regierung habe es verabsäumt, hier konkrete Schritte zu setzen. Daher brauche es eine andere Politik, um die Armut in all ihren Erscheinungsformen wirkungsvoll zu bekämpfen.

Bundesministerin HAUBNER sagte, in diesem Land seien in den letzten Jahren viele Maßnahmen zu einer ausgewogenen sozialen Bilanz gesetzt worden, so auch in der Familienpolitik, die sodann von der Ministerin anhand konkreter Details erläutert wurde. Man habe eine verantwortungsvolle Sozialpolitik betrieben und wichtige Schritte umgesetzt, sodass sie eine positive Bilanz ziehen könne, erklärte das Regierungsmitglied, das sodann noch zum Thema Sicherheit im Alter sprach. Und für die Frauen sei von dieser Regierung mehr getan worden als in den 30 Jahren davor von anderen Regierungen getan worden sei.

Abgeordnete FUHRMANN (V) meinte, diese Regierung habe nicht nur für die Frauen, sondern auch für die Jugend viel getan, sodass man auch auf diesem Gebiet eine hervorragende Bilanz ziehen könne, wie sich etwa in der Bildungs- und der Beschäftigungspolitik zeige.

Abgeordneter BROUKAL (S) konstatierte hingegen, dass die Bildungspolitik dieser Regierung gescheitert sei, was der internationale Vergleich belege. Die Bundesregierung solle dafür die Verantwortung übernehmen. Seine Fraktion habe die besseren Pläne, und diese werde man auch umsetzen.

Abgeordneter Dr. BÖSCH (F) erklärte, er freue sich als Freiheitlicher auf den Herbst, denn dann werde es wieder einen eigenen F-Klub geben, und das sei wichtig, da diese Regierung in der Zuwanderungsfrage und hinsichtlich der Bürgernähe der EU versagt habe. Hier brauche es eine klare Politik, und dafür stehe seine Partei.

Abgeordneter BROSZ (G) meinte, man könne stolz auf dieses Land sein, ohne deswegen die Politik der Regierung gutzuheißen. Es gebe viele Schwachstellen in dieser Politik, seine Fraktion trete hier für eine entsprechende Kurskorrektur ein.

Abgeordneter Mag. POSCH (S) beklagte in seiner letzten Rede vor dem Hohen Haus das Scheitern der Ortstafellösung für Kärnten und bekräftigte nochmals seine Forderung nach einer breiten Lösung, die von allen gesellschaftlich relevanten Gruppen mitgetragen wird. Er bedauerte in diesem Zusammenhang, dass die Kärntner SPÖ an Popularitätsinteressen orientiert sei und eine Politik alten Stils betreibe.

Rückblickend auf die abgelaufene Legislaturperiode begrüßte Posch die Arbeit des Nationalfonds, schränkte allerdings ein, Österreich habe sich mit einer materiellen Leistung seiner Pflicht entledigt, die moralische Schuld am Massenmord an den Juden sei aber durch nichts zu tilgen. Nur eine kritische Selbstreflexion biete die Chance, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und die Konsequenzen zu ziehen.

Mit Nachdruck kritisierte Posch überdies das Fremdenpaket mit den seiner Einschätzung nach restriktiven Maßnahmen sowie Tendenzen in Richtung eines präventiven Überwachungsstaates als Reaktion auf die Bedrohung durch den Terrorismus. Er bekannte sich vehement dazu, konsequent kritische Positionen zu vertreten, "auch wenn es das eigene Mandat kosten kann", und schloss mit den Worten, die Wahrheit sei zumutbar und nicht eine Tochter der Zeit.

Abgeordnete Mag. GROSSMANN (S) verlangte in einem Entschließungsantrag eine Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre bereits für die kommende Nationalratswahl. Die Regierungsparteien würden sich nur wegen ihres schlechten Gewissens weigern, diese Forderung umzusetzen, nachdem sie jahrelang die Jugendlichen ihrer Chancen beraubt haben, sagte Grossmann.

Abgeordnete MANDAK (G) erkannte Defizite bei der Bekämpfung der steigenden Armut in Österreich und warf der Regierung Säumigkeit und die Verdrängung des Problems vor. In der Familienpolitik wiederum teile die Regierung in Verheiratete und nicht Verheiratete, ohne dabei auf die betroffenen Kinder Rücksicht zu nehmen, kritisierte Mandak weiter.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) bekannte sich zur Senkung des Wahlalters, präzisierte aber, diese müsse in einem ersten Schritt auf Landesebene und erst dann auf Bundesebene vorgenommen werden. Den Entschließungsantrag der SPÖ bezeichnete er unter Hinweis auf den Fristenlauf als völlig unrealistisch.

Abgeordnete HAIDLMAYR (G) ortete Versäumnisse der Regierung in der Behindertenpolitik und stellte fest, hier gebe es nichts zum Abfeiern. Sie vermisste vor allem eine Erhöhung des Pflegegelds, die Sicherung eines gerechten Einkommens für die Arbeit von Behinderten und die Umsetzung der Barrierefreiheit von Arztpraxen.

Abgeordneter WALCH (F) attestierte den BZÖ-Ministern einmalige Leistungen für Österreich. Die SPÖ hingegen bezeichnete er als "Penthouse-Partei" und sprach ihr jegliches soziale Herz ab.

Abgeordnete Mag. STOISITS (G) dankte dem Abgeordneten Posch für dessen Engagement in Menschenrechtsfragen und meinte, mit seinem Ausscheiden habe sie einen wichtigen Mitstreiter verloren. Sie appellierte an Posch, so weiter zu machen wie bisher, zumal die österreichische Zivilgesellschaft Menschen wie den scheidenden SP-Mandatar brauche.

Bei der Abstimmung wurde der Antrag auf Auflösung des Nationalrates einstimmig angenommen. Der SP-Entschließungsantrag auf Senkung des Wahlalters fand keine Mehrheit.

(Schluss Auflösung/Fortsetzung Schlussansprache Khol)