Parlamentskorrespondenz Nr. 120 vom 27.02.2007

Richtwert von 25 für Klassenschülerhöchstzahlen

Schmied: Öffentliches Bildungssystem attraktiv gestalten

Wien (PK) – Bundesministerin Claudia Schmied stellte sich heute erstmals den Mitgliedern des Unterrichtsausschusses in einer Aktuellen Aussprache. Dabei fasste sie ihre Ziele als Bildungsministerin zusammen und betonte, ihr sei es ein besonderes Anliegen, das öffentliche Bildungssystem attraktiv zu gestalten und das Image der Lehrerinnen und Lehrer zu erhöhen. Schule soll Freude machen, so Schmied. Bildung, worunter sie Aus- und Weiterbildung verstehe, habe in einer Welt des raschen Wandels, des Wettbewerbs und der Globalisierung Haltung und Orientierung zu vermitteln. Lebensbegleitendes Lernen hält sie für unerlässlich. Schmied unterstrich, ihre politischen Entscheidungen auf der Basis von Grundlagen treffen zu wollen. Dabei werde sie das Gespräch der Betroffenen suchen, versicherte die Ministerin. Entscheidend für die Glaubwürdigkeit gerade in der Bildungspolitik ist für Schmied vor allem der Respekt und die Wertschätzung im politischen Umgang miteinander. Sie habe vor, Zukunftsgespräche über das Bildungssystem zu führen, kündigte Schmied an.

Eines der zentralen Themen in der Aktuellen Aussprache war die Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen, zu dem auch zwei Anträge der Grünen und einer des BZÖ vorlagen. Diese wurden ebenso vertagt wie die Entschließung der Freiheitlichen, wonach der Film "Eine unbequeme Wahrheit" von Al Gore den Schulen zur Verfügung gestellt werden sollte.

Schmied: Mehr Zuwendung für die Schülerinnen und Schüler

Angesprochen von den Abgeordneten Nikolaus Prinz, Gertrude Brinek, Werner Amon (alle V), Martin Graf (F) Dieter Brosz und Barbara Zwerschitz (beide G) auf die Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen, hielt Bundesministerin Schmied fest, dass ab dem Schuljahr 2007/08 beginnend mit den ersten Klassen der Volksschulen, Hauptschulen, des Polytechnischen Lehrgangs und der AHS für die Klassenschülerhöchstzahlen ein Richtwert von 25 gelten soll. Dadurch werde es möglich sein, den Schülerinnen und Schülern mehr Zuwendung zu schenken. Schmied bezeichnete diese Maßnahme als ersten großen Schritt einer Bildungsreform.

Von einer gesetzlichen Festlegung auf 25 sehe man derzeit ab, weil in den angesprochenen Bereichen vor allem Länder und Gemeinden als Schulerhalter tätig sind. In einigen Schulgebäuden werde das Raumangebot zu gering sein, weshalb man in diesen Fällen mehr Fördermaßnahmen, wie z.B. Team- und Gruppenunterricht, anbieten werde. Man habe daher zunächst den Weg des Richtwerts gewählt, um die Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen durch entsprechende Bedarfszuwendungen zu ermöglichen, die an Bedingungen geknüpft seien und deren Erfüllung auch kontrolliert werde. Sie wolle daraufhin Erfahrungen sammeln, sagte Schmied, und diese dann in die gesetzlichen Regelungen, wie Teilungszahlen, Mindestgröße von Klassen etc. einfließen lassen. Momentan arbeite man in ihrem Ressort an einem detaillierten Umsetzungsplan, der eine Kombination aus zusätzlichen Lehrerposten und Fördermaßnahmen vorsehen wird.  

Einen dringenden Handlungsbedarf ortete Schmied an den Berufsbildenden Höheren Schulen und an den Polytechnischen Lehrgängen, wo es eine hohe Dropout-Rate gebe. Dazu lägen zahlreiche Studien und Evaluierungen vor, nun müsse man daran gehen, konkrete Schritte in die Wege zu leiten, sagte Schmied.

Schwerpunkt Sprachförderung und musische Erziehung

Abgeordneter Martin Graf (F), sowie die Abgeordneten Ursula Haubner (B) und Gertrude Brinek (V) sprachen die Problematik der SchülerInnen mit nicht deutscher Muttersprache an und wiesen auf Vorschläge hin, den Anteil dieser Kinder auf 30 % pro Klasse zu begrenzen. Dazu meinte Schmied, sie halte wenig von einer Quotenregelung, die sich auf die Herkunft der Kinder beziehe. Wesentlich für die gemeinsame Entwicklung seien die Deutschkenntnisse, weshalb sie der Sprachförderung ein besonderes Augenmerk schenken wolle. Dabei gehe es aber nicht nur um die Sprachförderung von Kindern mit nicht deutscher Muttersprache, sondern auch um die Förderung deutsch sprechender Kinder, da auch hier große Defizite festzustellen seien. Wesentliches Element der sprachlichen Förderung stelle auch die vorschulisch Erziehung dar, wobei jedoch die Kindergärten in den Kompetenzbereich der Länder fallen. Sie habe sich jedenfalls vorgenommen, Pilotprojekte zu prüfen und eine interministerielle Arbeitsgruppe einzusetzen, die einen Bildungsplan für Kindergärten ausarbeitet.

Als einen weiteren Schwerpunkt ihrer Tätigkeit bezeichnete die Bildungsministerin die verstärkte Förderung der musischen Erziehung. Sie wolle vor allem die Kulturinstitutionen für die Schulen öffnen, um eine stärkere Verknüpfung des Unterrichts mit dem Kunst- und Kulturbereich erzielen zu können. Schmied reagierte mit dieser Aussage auf eine Frage des Abgeordneten Dieter Brosz (G) zu Alternativschulen und versicherte gegenüber Abgeordneter Gertrude Brinek (V), dass sie dabei selbstverständlich an bestehende Projekte anknüpfen werde.

Auf die Nachhaltigkeit schulischer Integration achten

Abgeordneter Franz-Joseph Huainigg (V) und Abgeordnete Christine Lapp (S) thematisierten die schulische Integration behinderter Kinder und deren Nachhaltigkeit, worauf Ministerin Claudia Schmied unterstrich, dass die Nachhaltigkeit der Integration eine gesellschaftspolitische Aufgabe darstelle und das gemeinsame Lernen und die gemeinsame Ausbildung eine zentrale Stellung innerhalb ihrer Vorhaben einnähmen. Vor allem werde in der Lehreraus- und –weiterbildung auf soziale Kompetenz und Integration besonderer Wert gelegt werden.

Weitere Themen der Aktuellen Aussprache betrafen die Frage der Ganztagsschulen und Nachmittagsbetreuung (Abgeordneter Dieter Brosz - G), schulautonome Tage (Abgeordnete Ursula Haubner – B und Abgeordneter Werner Amon -V) sowie die Fortführung der Bildungsstandards, das Bildungsdokumentationsgesetz und die psychologische Betreuung an den Schulen (Werner Amon -V). Schließlich sprach Abgeordneter Erwin Niederwieser (S) die Erwachsenenbildung an, und Abgeordnete Beate Schasching (S) plädierte für vermehrte Berücksichtigung der körperlichen Ertüchtigung in der Schule.

Dazu hielt die Ministerin fest, dass sie die Ausdehnung der Tagesbetreuung beabsichtige, und sie kündigte zum Thema schulautonome Tage einen Schulpartnerschaftsgipfel für den 21. März an. Ihr Ressort werde an den Bildungsstandards weiter arbeiten, bekräftigte sie, wobei es ihr wichtig erscheine, eine wertschätzende Feedback-Kultur zu etablieren. Auf Grund der Kritik am Bildungsdokumentationsgesetz habe sie ein Institut für Rechtsinformatik beauftragt, das gegenständliche Gesetz im Hinblick auf Datenschutz und Bildungsstatistik zu überprüfen. Hinsichtlich der Erwachsenenbildung verwies Schmied auf die Arbeit der Expertenkommission und auf die zahlreichen diesbezüglichen Stellungnahmen. Sie zeigte sich optimistisch, dass noch im April ein entsprechender Bericht vorgelegt werden könne, auf Grund dessen dann auch über konkrete Maßnahmen diskutiert werde.

Die psychologische Betreuung an den Schulen werde einer der zentralen Punkte im Rahmen der Zukunftsdiskussion sein, bemerkte Schmied und gab dem Ausschussvorsitzenden Werner Amon Recht, dass derzeit zu wenig präventiv gemacht werde. Die Schule habe auf Grund des zunehmenden Leistungsdrucks mit immer mehr Problemen zu kämpfen, sagte Schmied. Dafür sei auch die Tatsache verantwortlich, dass immer mehr Aufgaben und Themenstellungen an die Schule herangetragen werden. Vielleicht müssen an der Schule der Zukunft die verschiedensten Berufsgruppen tätig werden, meinte die Bildungsministerin.

Anträge der Opposition zur Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen werden vertagt

Die drei Anträge zur Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen wurden sodann vertagt. Der Initiativantrag zur Änderung des Schulorganisationsgesetzes der Grünen sieht die Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen in Volks- und Hauptschulen sowie in Polytechnischen Lehrgängen auf 25 vor. In den Vorschulklassen soll es künftig nicht mehr 17 Schülerinnen und Schüler geben, in den Sonderschulen soll die Höchstzahl je nach der Behinderung der Kinder mit 12, 8 bzw. 7 begrenzt werden. (2/A) Mittels des Entschließungsantrags fordern sie die Bundesregierung auf, dem Nationalrat einen Stufenplan zur Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen an höheren Schulen vorzulegen. (10/A[E])

Ähnlich lauten die Vorschläge der Abgeordneten des BZÖ. Ihre Initiative zur Änderung des Schulorganisationsgesetzes enthält jedoch eine Senkung der Klassenschülerhöchstzahl von 25 nicht nur an den Pflichtschulen, sondern auch an den Allgemeinbildenden Höheren schulen, an den Berufsschulen, an den Berufsbildenden Mittleren und Höheren Schulen sowie an der Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik und der Bildungsanstalt für Sozialpädagogik fordern. An den Vorschulklassen wollen die BZÖ-Abgeordneten eine Höchstgrenze von 17 Schülerinnen und Schülern festlegen. An Sonderschulen soll diese Zahl je nach dem Grad der Behinderung der Kinder zwischen 6 und 12 variieren. (32/A)

Abgeordneter Erwin Niederwieser (S) meinte, man habe über die Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen bereits diskutiert, und die Regierungsfraktionen wollten eine solche Maßnahme ebenso wie die Opposition. Es sei daher sinnvoll, die gegenständlichen Anträge zu vertagen, bis der entsprechende Gesetzesantrag vorliege, um in der dann zu führenden Debatte die genannten Anträge wieder in die Verhandlungen einzubeziehen. Die Abgeordneten Dieter Brosz (G) und Ursula Haubner (B) sprachen sich gegen eine Vertagung aus, weil nicht absehbar sei, wann der Gesetzesantrag komme und zudem ja ohnehin Konsens über die Materie herrsche.

Al Gores Film für die Schulen?

Vertagt wurde schließlich auch der Antrag der Freiheitlichen, Al Gores "An Unconveniant Truth" für alle Schulen anzuschaffen. Sie begründen diese Initiative mit dem Argument, die Veränderungen des Klimas und dadurch ausgelöste Naturkatastrophen seien die Folgen eines zu sorglosen Umganges mit den Ressourcen. Der Film bereite viele wichtige Informationen zu diesem Themenkomplex in verständlicher Form auf. (93/A[E])

Dazu meinte Abgeordnete Christine Muttonen (S), an dieser Stelle brauche es ein umfassendes Maßnahmenpaket, man solle den Antrag daher entsprechend ergänzen und gegebenenfalls überarbeiten. (Schluss)