Parlamentskorrespondenz Nr. 124 vom 28.02.2007

Außenpolitische Tour dHorizont im Außenpolitischen Ausschuss

EZA-Programm und Südtirol-Bericht Unterausschüssen zugewiesen

Wien (PK) – In seiner heutigen Sitzung befasste sich der Außenpolitische Ausschuss des Nationalrates mit dem Programm der Bundesregierung zur EZA und mit dem Südtirolbericht der Bundesregierung. Beide Materien wurden den jeweiligen Unterausschüssen zugeleitet. Zuvor hatte sich das Gremium mit den verschiedenen gegenwärtigen Themen der Außenpolitik in einer aktuellen Aussprache beschäftigt.

Eingangs der Aktuellen Aussprache gab Außenministerin Ursula Plassnik einen Überblick über die Vorhaben und Schwerpunkte der österreichischen Außenpolitik. Das Bundesministerium wolle sie weiter als Vernetzungszentrale in europäischen und internationalen Angelegenheiten verstanden wissen, und es sei ihr ein Anliegen, das diesbezügliche Know-how allen zur Verfügung zu stellen. Das Bekenntnis zur EU habe nach wie vor höchste Priorität und müsse noch stärker im Bewusstsein der Bürger verankert werden. Schwerpunktthema sei dabei der Südosten des Kontinents, gehe es hier doch um eine Wiedervereinigung Europas. Ziel müsse es sein, mit allen Staaten des Westbalkans entsprechende Verträge und Übereinkünfte zu erzielen. Besonderes Augenmerk wolle sie auch auf die Donauregion legen, unterstrich die Ministerin.

Auch die Verbindung zwischen der EU und der UNO sei, so Plassnik, sehr wichtig, sei dies doch eine Gelegenheit, gesamteuropäische Außenpolitik zu machen. Gerade auf diesem Gebiet habe die EU innovative Projekte entwickelt. Weiters gehe es um das Wahrnehmen europäischer Verantwortung durch die EU im Nahen Osten, hier gehe es um innovative Ansätze, aber auch um konkrete praktische Maßnahmen.

Einen weiteren Schwerpunkt stelle der Innenausbau der EU dar. Der deutsche Vorsitz befasse sich mit dem Problemkreis Grundregeln innerhalb der EU, brauche es doch im Gefolge der Debatten um den Verfassungsvertrag eine adäquate Lösung. Deutschland arbeite an einer diesbezüglichen "Choreographie".

Sodann sprach Plassnik den Dialog der Zivilisationen an, für den die UN ein wichtiges Dach darstelle. Österreich setze hier wichtige Akzente, so hinsichtlich der Fokussierung auf Themen wie den europäischen Islam, Frauen, Jugend und Medien. Konkret werde Österreich zu einer Konferenz Frauen im Nahen Osten einladen. Das Thema Frauen habe auch große Bedeutung in den Regionalprogrammen der EZA. Schließlich kam das Regierungsmitglied noch auf Initiativen zur Abrüstung zu sprechen und verwies in diesem Zusammenhang auf die Aktivitäten zum Verbot von Streumunition.

Abgeordnete Gisela Wurm (S) erkundigte sich danach, welche Position die österreichische Bundesregierung hinsichtlich der Beitrittsperspektive der Türkei zur EU einnehme und sprach Maßnahmen gegen den Menschenhandel an. Abgeordneter Wolfgang Großruck (V) wies darauf hin, dass der Ahtisaari-Plan von beiden Seiten abgelehnt werde und wollte wissen, wie man hinsichtlich des Kosovo weiter vorzugehen gedenke. Seines Erachtens sei es wichtig, die gesamte Region in den Blick zu nehmen, eine wirkliche Lösung am Balkan könne es nur im Rahmen eines Gesamtpaketes geben. Schließlich sprach er noch die österreichische Kandidatur für einen Sitz im UN-Sicherheitsrat an und erkundigte sich nach Ergebnissen und Perspektiven hinsichtlich der regionalen Partnerschaften.

Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) begrüßte das Moratorium hinsichtlich Streumunition, meinte aber, hier müssten weitere Schritte folgen. Konkret erkundigte sie sich danach, wie es mit den Beständen des Bundesheeres aussehe. Weiters thematisierte die Abgeordnete die Regionalprogramme sowie Aspekte der EZA und das Budget des Außenamtes. Abgeordneter Reinhard Eugen Bösch (F) kam auf die Frage Atomkraft zu sprechen und ging dabei auf das KKW Temelin ebenso ein wie auf die diesbezüglichen Pläne der Schweiz. Zudem erkundigte er sich, wie Österreich zu der Initiative stehe, Deutsch als Arbeitssprache in der EU zu installieren. Schließlich setzte er sich auch noch mit den Beziehungen zwischen der EU und Russland auseinander. Abgeordneter Herbert Scheibner (B) sprach gleichfalls zu den Themenkreisen Kosovo und Naher Osten sowie zur Frage eines Beitritts der Türkei zur EU und ventilierte überdies ein gemeinsames Asylrecht in der EU. Abgeordneter Josef Cap (S) verwies hinsichtlich Temelins auf den von Bundeskanzler Gusenbauer angeregten interparlamentarischen Dialog zwischen Tschechien und Österreich, an dem auch die Opposition mitwirken könne und solle, was eine neue parlamentarische Kultur, eine neue Form parlamentarischer Zusammenarbeit darstelle.

Abgeordneter Wolfgang Schüssel (V) gratulierte der Außenministerin, dass sich Wien wieder als Standort internationaler Begegnungen bewährt habe. Wien könne hier auch in Zukunft eine bedeutende Rolle spielen. Ein allfälliger Beitritt der Türkei zur EU sei eine Schlüsselfrage für die Identität und Bewegungsfähigkeit der EU. Die von der Außenministerin eingeschlagene Strategie sei hier richtig, auch der interparlamentarische Dialog mit Tschechien sei sinnvoll, man müsse ihn aber mit entsprechend realistischen Erwartungen führen. Im Nahen Osten gebe es nun wieder Chancen, diese sollten genützt werden. Schließlich sprach sich Schüssel für das Verbot der Splittermunition aus und äußerte sich zu internationalen Abrüstungsstrategien.

Abgeordneter Alexander Van der Bellen (G) erkundigte sich danach, ob es für die Kandidatur um einen Sitz im UN-Sicherheitsrat ein entsprechendes Budget gebe und thematisierte die aktuellen Strategien hinsichtlich des Kosovo und den interparlamentarischen Dialog bezüglich Temelin. Abgeordneter Gerhard Kurzmann (F) fragte nach der Entwicklung im Gefolge des österreichisch-slowenischen Kulturabkommens und verwies dabei auf die Lage der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien.

In Beantwortung der Fragen erklärte Plassnik, Österreich sei sehr interessiert an einem positiven Verhältnis zu allen Nachbarn, dies bedeute aber auch, Themen offen ansprechen zu können, über die keine Einigkeit bestehe. Dazu gehörten auch der Dialog mit der tschechischen Republik und mit der Schweiz in Bezug auf die Atomkraft. Generell müsse man sich mit der Frage der friedlichen Natur von Atomprogrammen eingehend befassen, die IAEO leiste hier bereits entsprechende Vorarbeiten.

Der Kosovo könne kein isoliertes Thema sein, es gehe hier um größtmögliche Stabilität in der gesamten Region, daher müsse hier auch besonders besonnen vorgegangen werden. Österreich unterstütze die Aktivitäten Ahtisaaris, Ziel müsse es sein, dass alle Bewohner des Kosovo in Frieden und Sicherheit leben könnten. Derzeit gebe es eine Phase intensiver Konsultationen, diese sollte genutzt werden. Die EU bemühe sich um eine einheitliche Vorgangsweise, Österreich sei hier im Rahmen der regionalen Partnerschaft gefragt. In diesem Zusammenhang verwies die Bundesministerin auch darauf, dass man sich auf die Fortsetzung des Budapester Prozesses geeinigt habe. Es gebe zudem einen Dialog mit Slowenien, zumal Slowenien 2008 die Ratspräsidentschaft innehaben werde.

Plassnik erklärte, sie wäre froh, käme es hinsichtlich des Verbots von Streumunition zu einer einheitlichen gesetzlichen Lösung, Österreich werde zu diesem Thema auch zu einer Konferenz einladen. Sodann erläuterte das Regierungsmitglied die Leitlinien der österreichischen Türkeipolitik und die Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels. Weiters ging Plassnik auf die Pläne hinsichtlich der Entwicklungszusammenarbeit ein und meinte, man müsse zu einer nachhaltigen Erfüllung der Ziele kommen, bedeutsam sei hier aber vor allem der richtige Maßnahmen-Mix. Österreich setze sich dafür ein, dass Deutsch Arbeitssprache in der EU werde, es gelte aber, die Sprachenproblematik praktikabel zu lösen. Zuletzt ging die Ministerin noch auf die US-Raketenprobleme in Mitteleuropa ein und verwies darauf, dass dieses Thema in den verschiedensten Zusammenhängen kontroversiell diskutiert werde.

Abgeordnete Petra Bayr (S) brachte die Entwicklungszusammenarbeit zur Sprache und wollte vor allem wissen, wie die dafür vorgesehenen Mittel vorrangig eingesetzt werden.

Kritik übte Abgeordneter Peter Pilz (G) an der Ausfuhr von Kriegsmaterial in den Irak. 85 % der Pistolen, die seit dem Sturz Saddam Husseins in das Land geliefert wurden, kämen aus Österreich, gab er zu bedenken. Kein Verständnis zeigte er auch für eine Ausfuhrbewilligung in Bezug auf Gewehre für den Iran.

Außenministerin Ursula Plassnik bezeichnete es als Ziel der Entwicklungszusammenarbeit, den gestaltbaren Bereich möglichst groß zu halten. Die freiwilligen Beitragszahlungen dürften nicht aus den Augen verloren werden, mahnte sie.

Was die Ausfuhr von Pistolen in den Irak betrifft, stellte die Ministerin klar, dies sei unter dem Gesichtspunkt zu sehen, dass Österreich den Irak beim Aufbau von Sicherheitskräften und rechtsstaatlichen Strukturen und damit auch bei der Ausrüstung der Polizei unterstütze. Die aus Österreich gelieferten Pistolen gehören, wie Plassnik unterstrich, zur Standardausrüstung der Sicherheitskräfte. Die ursprüngliche Ausfuhrbewilligung für bestimmte Gewehre für den Iran stamme hingegen aus dem Jahr 2004 und war Gegenstand eines UN-Projektes zum Grenzschutz an der afghanischen Grenze.

Visa-Gebühren werden erhöht

Mit den Stimmen der Regierungsparteien, der FPÖ und des BZÖ verabschiedete der Ausschuss schließlich eine Änderung des Konsulargebührengesetzes (11 d.B.), die eine Erhöhung der Visa-Gebühren vorsieht.

Kritik zu dieser Vorlage kam von den Grünen. Abgeordnete Ulrike Lunacek befürchtete, dass sich auf Grund dieser Erhöhung viele ärmere Menschen einen Aufenthalt in Österreich nicht mehr leisten werden können. Sie schlug zudem vor, die aus der Maßnahme resultierenden Mehreinnahmen für Integrationsmaßnahmen in Österreich einzusetzen.

Während Abgeordneter Herbert Scheibner (B) 25 € für ein Visum für durchaus leistbar hielt, begrüßte Abgeordneter Anton Heinzl (S), dass nunmehr Visa-Anträge für Kinder unter sechs Jahren sowie Schüler und Studenten im Rahmen von Studienaufenthalten gebührenfrei gestellt werden können.

Um den gestiegenen Verwaltungskosten Rechnung zu tragen, werden die Gebühren für bestimmte Kategorien von Visa angehoben. Die Änderung des Konsulargebührengesetzes 1992 trägt diesem Umstand Rechnung.

Unterausschüsse

Sodann wies der Ausschuss Vorlagen zur Entwicklungszusammenarbeit und zur Autonomieentwicklung in Südtirol den entsprechenden Unterausschüssen zu.

Entwicklungszusammenarbeit (EZA) sei eine wichtige Dimension der Außenpolitik, die nicht zuletzt zur Festigung von Frieden und Sicherheit beitrage. Im Rahmen dieser wolle man sich nun verstärkt auf Schwerpunktländer konzentrieren und diese durch regionale Ansätze noch wirksamer abstützen. Besonderes Anliegen dabei sei es, die Leistungen von Frauen in diesem Bereich anzuerkennen und die Bemühungen um die Herstellung von Gender-Gerechtigkeit in den Einsatz für Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte einzubetten. Dies geht aus dem Bericht über die Fortschreibung des Dreijahresprogramms der Österreichischen Entwicklungspolitik 2006-2008 hervor (III-17 d.B.).

Die Grünen halten das "Entwicklungshelfergesetz aus dem Jahr 1983 für novellierungsbedürftig und verlangen von der Bundesregierung, das Gesetz den geänderten sozialrechtlichen Bedingungen und den geänderten Anforderungen in der Entwicklungszusammenarbeit anzupassen (13/A).

Nach wie vor besitze Südtirol einen besonderen Stellenwert für die österreichische Außenpolitik und stehe international als positives Beispiel für die Lösung eines Minderheitenkonflikts, wobei die Schutzfunktion Österreichs weiterhin ernst genommen werde. In einigen Kernanliegen sei es nun gelungen, letztlich zufriedenstellende Regelungen für die Südtirolautonomie zu finden. Dies geht aus dem Südtirolbericht (III-20 d.B.) hervor, der nun im Unterausschuss diskutiert werden wird. (Schluss)