Parlamentskorrespondenz Nr. 444 vom 05.06.2007

Nationalrat debattiert Finanzvorlagen

Kraftfahrrecht, Finanzstrafgesetz, Reisekosten, Übereinkommen

Wien (PK) Die letzten Punkte der Tagesordnung des Nationalrats betrafen Finanzvorlagen. Zunächst wurde das Kraftfahrrechts-Änderungsgesetz debattiert. Abgeordnete Dr. MOSER (G) nannte den Inhalt der geplanten Richtlinienumsetzung unzulänglich und unzureichend. Einzelne Menschen könnten sehr starke Schäden erleiden, daher sei die geplante Schadenssumme viel zu niedrig. Damit bliebe Österreich weit unter dem, was die EU vorschlage. Dies sei nicht einzusehen, so Moser, weshalb sie einen Entschließungsantrag betreffend Anhebung der Schadenssumme einbringe. Sie wies weiters auf den Mangel hin, dass die Opfer von fahrerflüchtigen Radfahrern derzeit nicht entschädigt werden könnten, weshalb sie einen Abänderungsantrag in diesem Sinne einbringe.

Abgeordneter EDER (S) erklärte, dieses Gesetz setze eine EU-Richtlinie um und sorge dafür, dass alle Verkehrsteilnehmer aus EU-Staaten in jedem Fall haftpflichtversichert seien. Hinsichtlich der Schadenssumme zeigte sich der Redner zuversichtlich, dass die geplanten Normen ausreichend seien, hinsichtlich der Fahrradfahrer meinte er, dies sei ein Vice-versa-Fall, denn konsequent weiter gedacht heiße dies, dass auch Fahrradfahrer in eine Haftpflichtversicherung einzahlen müssten. Seine Fraktion werde daher der Regierungsvorlage zustimmen und die Anträge der Grünen ablehnen, wobei er jedoch festhalte, dass man sich die Angelegenheit hinsichtlich der Fahrradfahrer noch genauer ansehen müsse.

Abgeordneter WEINZINGER (F) verwies auf die umfangreiche Agenda, die mit dieser Vorlage geändert werden müsse. Es sei jedoch darauf hinzuweisen, dass es per anno maximal 10 Fälle gebe, wo es zu Großschäden komme. Nicht vergessen dürfe man auch, dass im Zuge der Behandlung dieser Thematik Erhöhungen der Versicherungsprämien zu befürchten seien. Abermals werde so der Autofahrer die Melkkuh der Nation. Die Mehrzahl der Autofahrer sei auf ihr Auto angewiesen, das dürfe man nicht vergessen, zumal der öffentliche Verkehr, bei dem es ab September neuerlich zu Verschlechterungen komme, in vielen Bereichen unzulänglich sei.

Abgeordneter AUER (V) konnte die Befürchtungen seiner Vorrednerin nicht teilen. Dessen ungeachtete sei es notwendig, auch für diese Eventualitäten vorgesorgt zu haben, und die geplante Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie liefere dafür eine solide Grundlage. Besonders wichtig sei die Verdoppelung der bisherigen Deckungssumme, weshalb seine Fraktion für die Vorlage stimme.

Abgeordneter VILIMSKY (F) konzedierte prinzipiell das Bemühen, für Verkehrsopfer eine brauchbare Lösung zu finden, doch erfülle die geplante Novelle diesen Zweck seines Erachtens nach nicht. Durch die Schaffung eines Härtefonds könnte man ohne Probleme die entsprechende Bedeckung sicherstellen. In der geplanten Version sei jedoch mit zusätzlichen Belastungen für die Autofahrer zu rechnen, und hier müsse man sehen, dass ein Grad der Belastung erreicht sei, der eine weitere Steigerung unerträglich erscheinen lasse. Seine Partei lehne als Anwalt der Autofahrerinteressen diese Belastungspolitik für die Autofahrer ab und werde daher auch gegen diese Vorlage stimmen.

Abgeordneter BUCHER (B) schloss sich der Ansicht an, dass die Autofahrer nicht geschröpft werden sollten, doch angesichts der Perspektive von mehr Opferschutz und der geplanten Umsetzung halte er die geplante Maßnahme für prinzipiell richtig und werde ihr daher zustimmen.

Staatssekretär Dr. MATZNETTER wies darauf hin, dass man sich bei der Umsetzung der Richtlinie auch gleich darum bemüht habe, die gesetzlichen Grundlagen neu zu kodifizieren, um den Opferschutz entsprechend zu optimieren. Zudem müsse man sehen, dass in Österreich gar keine Versicherungspolizze mehr angeboten werde, die unter der Mindestsumme liege, die in der Vorlage genannt sei. Hinsichtlich der Fahrräder meinte der Regierungsvertreter, es wäre nicht zumutbar, die gesamte Gruppe in eine Haftpflicht zu nehmen, um so die raren Anlassfälle auszugleichen. Man habe hier eine Novelle mit Augenmaß gemacht, die seines Erachtens nach wohl zu vertreten sei.

Abgeordneter Mag. MAIER (S) meinte, im Mittelpunkt dieser Novelle müsse der Schutz von Verkehrsopfern stehen, und hier komme es zu absoluten Verbesserungen in deren Interesse, sodass er den Verlauf der Diskussion nicht nachvollziehen könne. Diese Initiative sei daher zu begrüßen, wobei man durchaus überlegen sollte, ob man einzelne Härtefälle nicht tatsächlich durch einen eigenen Härtefonds bedecken sollte. Die Frage der Fahrräder müsse man differenziert behandeln, die Gefahr einer Prämienerhöhung durch die Versicherungen sehe er hingegen nicht.

Abgeordnete LENTSCH (V) wiederholte die bereits vorgebrachten Argumente und ortete eine substanzielle Verbesserung gegenüber der gegenwärtigen Situation, weshalb die Novelle angenommen werden sollte. Mit dieser der Vorlage zugrunde liegenden EU-Richtlinie zeige sich einmal mehr, dass die EU alles andere als bürgerfern sei und es werde sich zudem auch erweisen, dass doppelt helfe, wer schnell helfe.

Abgeordneter Mag. GASSNER (S) trat ebenfalls für die Annahme der Vorlage ein.

Da zum geplanten Abstimmungszeitpunkt die entsprechenden Anträge der Grünen noch nicht abstimmungsreif vorlagen, verlegte Präsidentin Dr. GLAWISCHNIG die Abstimmung dieses Tagesordnungspunktes an den Schluss der Sitzung.

Finanzstrafgesetz-Novelle : Anpassungen an das Strafprozessrecht

Abgeordneter WEINZINGER (F) erinnerte daran, dass mit 1.1.2008 die neue Strafprozessordnung in Kraft trete, weshalb auch das Finanzstrafrecht entsprechend geändert werde. Da diese Vorgangsweise folgerichtig sei, werde seine Fraktion, wiewohl in der Opposition, dem zustimmen. Dennoch müsse man sehen, dass es einer Harmonisierung im Detail bedürfe, so Weinzinger, der dafür konkrete Beispiele nannte. Grundsätzlich sei es aber ein guter Ansatz, resümierte der Redner.

Abgeordneter Dr. BAUER (S) sprach von einer Konsensmaterie, die konkrete Verbesserungen bringe, da es nun für die entsprechenden Organe leichter sei, konkludent zu handeln. Man dürfe bei dieser Gelegenheit nicht vergessen, dass Personen, die Steuern hinterziehen würden, alle schädigten, weshalb gegen sie entsprechend vorgegangen werden müsse, und insofern sei es von Vorteil, nun klare Verfahrensrichtlinien zu haben.

Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V) kündigte noch weitere Gespräche mit der Kreditwirtschaft über allfällige Klarstellungen hinsichtlich des Bankgeheimnisses an.

Abgeordneter Mag. ROSSMANN (G) ortete nach wie vor Verbesserungsmöglichkeiten in Hinblick auf ein faires Verfahren in Finanzstrafsachen und nannte beispielsweise die Belehrung des Beschuldigten über die Möglichkeit der Beiziehung eines Verteidigers oder auch die Hinterfragung der Sinnhaftigkeit der Überwachung des Kontaktes des Beschuldigten mit seinem Verteidiger.

Abgeordneter BUCHER (B) sprach von einer sehr vernünftigen Maßnahme und kündigte die Zustimmung seiner Fraktion an.

Abgeordneter AUER (V) hielt die Verbesserung der Rechtsstellung des Beschuldigten im Finanzstrafverfahren für notwendig und unterstützte das Gesetz.

Abgeordneter Mag. IKRATH (V) trat ebenfalls für weitere Überlegungen in Bezug auf Nachjustierungen hinsichtlich des Problems des Bankgeheimnisses ein.

Abgeordnete TAMANDL (V) sah noch Handlungsbedarf bei der Betrugsbekämpfung, insbesondere zur Vermeidung des Mehrwertssteuerbetrugs von Unternehmen.

Staatssekretär Dr. MATZNETTER kündigte seine Gesprächsbereitschaft in Sachen Bankgeheimnis an, meinte aber, wenn eine Bank keine Auskunft geben kann, dann komme es ohnehin zu einem ordnungsgemäßen Verfahren, in dem ein Bescheid ausgestellt wird.

Das Gesetz wurde einstimmig angenommen.

Reisekosten-Novelle : verfassungskonforme Neuregelung

Abgeordneter HABERZETTL (S) erläuterte, mit der vorliegenden Novelle werde sichergestellt, dass es nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs zu keiner finanziellen Schlechterstellung hinsichtlich der Steuerfreiheit von Taggeldern für die Arbeitnehmer kommt.

Abgeordneter TAMANDL (V) äußerte sich im Sinn ihres Vorredners und brachte zudem einen Abänderungsantrag ein, mit dem das Inkrafttreten mit 1. 1. 2008 klargestellt wird.

Abgeordneter Mag. ROSSMANN (G) befürchtete, dass der gegenständliche Initiativantrag abermals verfassungswidrig sein werde, zumal, wie er zu bedenken gab, die Neuregelung mit der vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Bestimmung im Wesentlichen deckungsgleich sei. Wenn die Nettolohneinbußen für die Betroffenen auf Dauer verhindert werden sollen, dann bedürfe es einer Reform des Einkommenssteuergesetzes, betonte Rossmann.

Abgeordneter ZANGER (F) nahm die Reisekostenregelung zum Anlass, kritisch von einer Belastungswelle für die Autofahrer zu sprechen, und forderte in einem Entschließungsantrag als Ausgleichsmaßnahme eine Anhebung des Kilometergeldes auf 50 Cent.

Abgeordneter BUCHER (B) unterstützte die Novelle und meinte, niemand wolle, dass es zu Nettolohneinbußen bei den Arbeitnehmern kommt. Er forderte allerdings die Regierung auf, die unterschiedliche Abgeltung von Aufwandsersätzen zu beseitigen.

Staatssekretär Dr. MATZNETTER widersprach der Kritik des Abgeordneten Rossmann und merkte überdies an, mit diesem Antrag werde Hunderttausenden Arbeitnehmern die Sicherheit gegeben, dass ihre Nettobezüge nicht in Kürze schon deutlich sinken.

Abgeordnete RINNER (S) begrüßte die Regelung ebenfalls aus dem Aspekt der Sicherung der Nettobezüge.

Abgeordneter SCHULTES (V) erinnerte an die zahlreichen Außendienstmitarbeiter, die von dieser Regelung betroffen sind, und dankte dieser Berufsgruppe für ihre Leistungsbereitschaft, die, wie er sagte, zur Weiterentwicklung des Wohlstands beitrage.

Abgeordneter WÖGINGER (V) sah die Novelle vor allem als Sicherheit für Hunderttausende Arbeitnehmer, dass auch künftig ihre Reisekosten steuerfrei ausbezahlt werden können.

Bei der Abstimmung wurde der Antrag in dritter Lesung mit S-V-F-B-Mehrheit angenommen. Der Entschließungsantrag der FPÖ blieb in der Minderheit.

GEF 4, Abkommen mit Albanien, EU-Schiedsübereinkommen

Abgeordneter Dr. KURZMANN (F) sprach sich gegen die Leistung eines weiteren Beitrags zur Wiederauffüllung des Globalen Umweltfazilität-Treuhandfonds aus, in der er die lineare Weiterführung einer Entwicklungshilfepolitik sah, die seiner Meinung nach schon in den vergangenen Jahren gescheitert sei. Es nütze nichts, immer wieder Geld in unterentwickelte Länder hineinzupumpen, das dann dort versickere. Was vor allem Afrika brauche, sei vielmehr Hilfe zur Selbsthilfe, betonte Kurzmann.

Abgeordneter Mag. SCHIEDER (S) hielt es für wichtig, auf die Implementierung der Mittel des Fonds zu achten. So dürfe es nicht zur Bildung von Monokulturen, zur Abholzung des Regenwaldes oder zum Einsatz von Gentechnik kommen, präzisierte er.

Abgeordneter Dr. BÖSCH (F) stellte klar, seine Fraktion wolle mit ihrer ablehnenden Haltung nicht die Ziele des Fonds desavouieren, sondern vielmehr auf die Bedeutung der Prüfung der Effizienz hinweisen.

Abgeordneter Mag. ROSSMANN (S) begrüßte den Beitritt der EU-Mitgliedsstaaten zum Schiedsübereinkommen zur Lösung von Verrechnungskreisproblemen, erhob aber prinzipielle Bedenken gegen die Gruppenbesteuerung und forderte eine entsprechende Evaluierung. Enttäuscht zeigte er sich dabei von der SPÖ, der er vorwarf, ihr Wahlversprechen nach Abschaffung der Gruppenbesteuerung bisher noch nicht verwirklicht zu haben.

Abgeordneter BUCHER (B) unterstützte die Wiederauffüllung, sprach sich aber für eine Evaluierung der Mittel des Fonds und für eine Berücksichtigung österreichischer Unternehmen bei umwelttechnischen Projekten in den Empfängerländern aus.

Abgeordneter Ing. KAIPEL (S) erwartete sich von der Wiederauffüllung der Fondsmittel auch einen erleichterten Zugang österreichischer Unternehmen zu den Märkten in den Entwicklungsländern.

Abgeordnete HAGENHOFER (S) interpretierte das Amtshilfeabkommen mit Albanien als positive Investition in die österreichischen Zollverwaltungen und sah darin auch einen weiteren Schritt, kriminelle Machenschaften hintanzuhalten.

Bei der Abstimmung wurde das Abkommen über die Wiederauffüllung des GEF mit S-V-B-G-Mehrheit angenommen. Das Amtshilfeabkommen mit Albanien sowie das EU-Übereinkommen erhielten einhellige Zustimmung.

Das Kraftfahrrechts-Änderungsgesetz wurde schließlich in dritter Lesung mehrheitlich angenommen. Der Entschließungsantrag der Grünen zu diesem Punkt blieb in der Minderheit. (Schluss)