Parlamentskorrespondenz Nr. 504 vom 20.06.2007

Tiertransportgesetz im Gesundheitsausschuss beschlossen

Strengere Bestimmungen für innerstaatliche Transporte

Wien (PK) - Die Bundesregierung hat einen Entwurf für ein neues Tiertransportgesetz 2007 vorgelegt, das die Tiertransportgesetze-Straße, -Luft und –Eisenbahn, deren materielle Bestimmungen durch eine seit dem 5.1.2007 geltende EG-Verordnung zum Großteil obsolet wurden, ersetzen soll. Die EG-Verordnung gibt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, strengere Bestimmungen für innerstaatliche Transporte, bei denen Versand- und Bestimmungsort auf eigenem Hoheitsgebiet liegen, festzulegen.

Im Laufe der Sitzung des Gesundheitsausschusses wurde vom Abgeordneten Franz Eßl (V) ein S-V-Abänderungsantrag eingebracht, der abweichend zu der in der Regierungsvorlage zwingend vorgesehenen durchgehenden Pause von 45 Minuten im Anschluss an eine Beförderung von 4,5 Stunden nunmehr ein höheres Maß an Flexibilisierung der Pausen zum Wohle der Tiere möglich macht: 45 Minuten bieten nicht genügend Zeit für eine Abladung" und bedeuten einen zusätzlichen, unnötigen Stress für die Tiere. Die innerstaatliche Beförderungsdauer wird aber mit 4,5 Stunden begrenzt und es sollte grundsätzlich einer der nächstgelegenen Schlachthöfe angefahren werden. Zeiterstreckungen aus geographischen, strukturellen Gründen oder aufgrund bestehender Verträge seien jedoch notwendig. In solchen Fällen darf die Beförderungsdauer auf maximal 8 oder "im Falle von Transporten, bei denen aufgrund kraftfahrrechtlicher Bestimmungen Lenkerpausen einzuhalten sind, auf 8,5 Stunden verlängert werden. Neu im Abänderungsantrag war auch, dass nunmehr die Landesveterinärdirektoren sowie eine weitere Tierschutzorganisation in den Tierschutzrat aufgenommen werden. Eßl lobte die rasche Vorgangsweise von Ministerin Kdolsky, die in kurzer Zeit ein transparentes und praktikables Tiertransportgesetz vorgelegt hat, bei dem der Tierschutzgedanke im Vordergrund steht. Die Erweiterung des Tierschutzrates um die Landesveterinärdirektoren halte er für sehr positiv und eine Aufwertung des Gremiums, da sie über die praktischen Erfahrungen verfügen und für die Umsetzung des Gesetzes Verantwortung tragen.

Abgeordnete Ursula Haubner (B) sprach von einer notwendigen Novellierung und Umsetzung von EU-Richtlinien, wobei es sowohl um das Wohl der Tiere, als auch um eine praktikable Umsetzung der Vorschriften gehe. Sie schlug jedoch noch einige Verbesserungen, wie z.B. die Verschärfung der Strafbestimmungen, vor. Zu bedenken gab sie auch, dass die Landesveterinärdirektoren weisungsgebunden sind. Der Tierschutzrat sollte ihrer Meinung nach ein unpolitisches, weisungsfreies und unabhängiges Gremium sein.

Abgeordnete Brigid Weinzinger (G) ging zunächst auf ihren Antrag bezüglich Änderung des Tierschutzgesetzes ein, in dem u.a. ein Verbot der Qualzucht, das Verbot der Einfuhr tierquälerisch gewonnener Produkte oder das Verbot von Halten von kupierten Hunden gefordert wird. Ein weiterer G- Entschließungsantrag befasst sich mit der Beseitigung von Missständen bei Tiertransporten, wo insbesondere auf die Problematik der Langzeittransporte hingewiesen wird, die leider keine Ausnahme darstellen.

Was die konkreten Bestimmungen angeht, so machte Weinzinger darauf aufmerksam, dass drei Punkte im Tiertransportgesetz der EU-Verordnung widersprechen. Als Beispiel führte sie an, dass auf EU-Ebene nur eine maximale Transportdauer von 8 Stunden erlaubt sei; eine Verlängerung sei nur dann möglich, wenn Spezialfahrzeuge eingesetzt werden. Sie befürchtete auch, dass die Begrenzung auf 4,5 Stunden "nur auf dem Papier" gültig sei, da es zahlreiche und nicht näher spezifizierte Ausnahmebestimmungen gibt. Kritik übte die Rednerin auch daran, dass die Be- und Entladezeiten, die den größten Stress bei den Tieren verursachen, nicht mehr inkludiert sind. Zu weitreichende Ausnahmen gebe es zudem bei den Schulungsmaßnahmen. Für äußerst problematisch hielt sie Änderungen beim Tierschutzrat, der nicht nur vom Ministerium entmündigt werde, sondern wo sich in Hinkunft die weisungsgebundenen Landesveterinärdirektoren selbst evaluieren müssen. Aus diesem Grund brachte sie auch einen Abänderungsantrag ein.

Auch Abgeordnete Barbara Rosenkranz (F) war der Auffassung, dass das 4,5 Stunden-Limit, das zahlreiche Ausnahmen vorsehe, dem Missbrauch Tür und Tor öffne. Wichtig wäre es auch gewesen, vorzuschreiben, dass man den nächstgelegenen Schlachthof anfahren muss. Sie forderte zudem unter Bezugnahme auf einen Entschließungsantrag ihrer Partei zusätzliche Strafbestimmungen im Tierschutzgesetz.

Abgeordneter Dietmar Keck (S) ging auf die Ausnahmebestimmungen ein und gab zu bedenken, dass es in Österreich sehr abgelegene Bauernhöfe gibt, für die man Vorsorge treffen musste. Trotzdem liege man mit den österreichischen Regelungen noch weit besser als die EU-Verordnung. So wurden etwa der Strafrahmen deutlich erhöht und die Kontrollen ausgeweitet. Was den Tierschutzrat angeht, so gab Keck zu bedenken, dass sich dieser laut seiner Geschäftsordnung Geheimhaltung auferlegt hat, was auch nicht im Sinne des Gesetzgebers sein könne. Seit 2004 habe man nicht gewusst, was er wirklich macht, zeigte Keck auf. Bei den Landesveterinärdirektoren handle es sich um Tierärzte, die primär dem Tierschutz verpflichtet sind, unterstrich er.

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (V) zeigte sich zufrieden mit der Lösung, die u.a. eine notwendige Kompetenzbereinigung bringe. Außerdem solle man nicht übersehen, dass die österreichische Regelung strenger sei als die EU-Vorgaben.

Bundesministerin Andrea Kdolsky erläuterte die Zielsetzungen des Entwurfs, der ihrer Ansicht nach einen ersten großen Fortschritt und wesentliche Verbesserungen beim Tiertransport bringt. Hinsichtlich der Kritik der Grünen gab sie zu bedenken, dass man die realen Verhältnisse berücksichtigen müsse, und wies darauf hin, dass es in manchen Regionen gar keine Schlachthöfe mehr gibt. Der von Pirklhuber angesprochene fahrende Schlachthof könne erst dann bewilligt werden, wenn er alle Sicherheits- und Hygieneauflagen erfüllt. Die im Entwurf vorgesehene Höchstbeförderungsdauer von 4,5 Stunden sei durchaus ambitioniert und könne nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen überschritten werden. Primäres Ziel des Gesetzes sei nicht nur der respektvolle Umgang mit Tieren, sondern auch der Seuchenprävention, erläuterte Kdolsky. Bezüglich der Durchführung der Kontrollen sei sie bereits in Gespräche mit den Ländern eingetreten. Im Sinne des Föderalismus erachtete sie die Einbeziehung der Landesveterinärdirektoren für eine sehr sinnvolle Maßnahme.

Abgeordneter Dietmar Keck (S) merkte zum Antrag der Grünen betreffend Novellierung des Bundestierschutzgesetzes an, seine Fraktion könne vielen Punkten dieses Antrags zustimmen. Da es jedoch nicht möglich gewesen sei, etwaige Auswirkungen einiger Punkte zu prüfen, werde die SPÖ den Antrag ablehnen. Gleichzeitig regte Keck allerdings an, in dieser Frage Gespräche zwischen allen Fraktionen aufzunehmen, wobei er sich zuversichtlich zeigte, einen Fünf-Parteien-Antrag zustande zu bringen. Die Skepsis der Grünen in Bezug auf fehlende Versorgungs- und Labestationen für Lebendtiertransporte teilte Keck nicht, er verwies darauf, dass gemäß Regierungsvorlage bis zum 31.12.2007 Krisenpläne zu erstellen seien.

Abgeordneter Franz Eßl (V) bekräftigte, für die ÖVP stehe der Tierschutz im Vordergrund, es gehe aber auch um ein praktikables Gesetz. Vorschlägen, ausschließlich einen Transport zum nächsten Schlachthof zuzulassen, konnte er nichts abgewinnen, das würde ihm zufolge auf eine Monopolstellung von Betrieben hinauslaufen. Gleichzeitig sieht er die Kapazitätsfrage nicht geklärt.

Abgeordnete Brigid Weinzinger (G) kündigte für das Plenum einen Entschließungsantrag zum Gänserndorfer Affenhaus an und appellierte an die Fraktionen, hier eine gemeinsame Lösung zu finden. Weinzinger gab zu bedenken, dass die Haltung der Schimpansen in Gänserndorf in vielen Punkten nicht gesetzeskonform sei.

Ein Experte des Gesundheitsressorts wies in Richtung Abgeordneter Weinzinger die Behauptung zurück, wonach der vorliegende Gesetzesvorschlag nicht der EU-Verordnung entspreche. Seiner Darstellung nach gibt es überdies bereits eine Reihe von Notversorgungsstellen und Labestationen für die Tiere. Eine Erleichterung der Kontrollen erwartet sich der Experte durch die verwendeten Navigationssysteme.

Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage unter Berücksichtigung des V-S-Abänderungsantrages mit den Stimmen der Koalitionsparteien angenommen, der Abänderungsantrag der Grünen wurde nur von der Opposition unterstützt und blieb damit in der Minderheit. Gleichzeitig fassten die Abgeordneten zwei Ausschussfeststellungen. Zum einen wird die Bedeutung des Tierschutzrates unterstrichen, zum anderen festgehalten, dass das Hauptaugenmerk der Kontrollpläne grenzüberschreitenden Tiertransporten und Langstreckentransporten gelten solle. Geht es nach den Abgeordneten, soll es in diesem Bereich eine möglichst vollständige Kontrolle geben.

Sowohl die beiden Entschließungsanträge der Grünen als auch der Entschließungsantrag der Freiheitlichen wurden von der Ausschussmehrheit abgelehnt.

Grüne fordern Importverbot für Genmais "MON863" und mehr Kontrollen

Vom Gesundheitsausschuss mit V-S-Mehrheit vertagt wurden zwei Entschließungsanträge  der Grünen (166/A[E], 75/A[E]) zum Thema Gentechnik. Zum einen geht es Abgeordnetem Wolfgang Pirklhuber und seinen FraktionskollegInnen um ein Importverbot der gentechnisch veränderten Maissorte MON863, zum anderen um verstärkte Kontrollen von Mais, Soja, Reis und ähnlichen Produkten auf nicht zugelassene gentechnisch veränderte Organismen. Gleichzeitig mahnen die Grünen eine gesetzliche Auskunftspflicht zugunsten von KonsumentInnen ein, sollten beanstandete Produkte im Lebensmittelhandel gefunden werden.

Im Ausschuss wies Abgeordneter Pirklhuber darauf hin, dass die EU-Kommission den Mais MON863 trotz mehrheitlichen Vorbehalts im EU-Agrarministerrat zugelassen habe. Neue Studien zeigten jedoch, dass die von vielen Seiten vorgebrachten gesundheitlichen Bedenken durchaus berechtigt seien, unterstrich er. So hätten bei Ratten Organschäden nachgewiesen werden können. Den Antrag der Grünen wertete Pirklhuber als Unterstützung der österreichischen Position auf EU-Ebene.

Der zweite Entschließungsantrag der Grünen geht darauf zurück, dass im Sommer 2006 gentechnisch veränderter Reis der Sorte LL601 der Firma Bayer in den Handel gelangt ist, obwohl diese Sorte weder in den USA noch in Europa zugelassen war. Verstärkte Kontrollen in Österreich sollen Abgeordnetem Pirklhuber zufolge sicherstellen, dass solche nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Organismen (GVO) oder falsch gekennzeichnete Produkte nicht in den Lebensmittelhandel gelangen. Sollte dies doch der Fall sein, wünschen sich die Grünen eine detaillierte Information der Öffentlichkeit über Produkt, Hersteller und Händler. Auf EU-Ebene wäre es nach Ansicht von Pirklhuber unter anderem notwendig, den damit befassten Kontrollbehörden validierte Testmethoden für GVOs vorzulegen, um ihnen den Nachweis von gentechnischen Verunreinigungen zu ermöglichen.

Die Anliegen der Grünen wurden vom BZÖ und der FPÖ unterstützt. So meinte etwa Abgeordnete Ursula Haubner (B), man dürfte die beiden Anträge nicht auf lange Bank schieben, schließlich gehe es um Lebensmittelsicherheit und Gesundheit. Abgeordnete Barbara Rosenkranz (F) wies auf die Notwendigkeit hin, der "ungeheuer starken" Gentechniklobby entgegenzutreten. Ihr Fraktionskollege Karlheinz Klement äußerte Zweifel an der Bereitschaft der ÖVP, sich des Themas anzunehmen und gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel vorzugehen.

Die Koalitionsparteien begründeten die Vertagung der Anträge damit, dass zunächst die Ergebnisse österreichischer Initiativen auf EU-Ebene abgewartet werden sollten. Abgeordneter Johann Maier (S) machte geltend, dass es in Bezug auf den Mais MON863 eine internationale Diskussion gebe. 

Was die Information der Öffentlichkeit über genverunreinigte Produkte, die in den Handel gelangen, betrifft, unterstrich Maier die Notwendigkeit, hierfür ein rechtliches Instrumentarium zu entwickeln. Eine entsprechende Regelung muss seiner Meinung nach jedoch im Gentechnikgesetz und nicht im Lebensmittelrecht verankert werden, da es auch um Saatgut und Futtermittel gehe. Maier verwies auf eine entsprechende Vereinbarung im Regierungsübereinkommen und zeigte sich optimistisch, eine Einigung zwischen allen Fraktionen zu erzielen. Generell lobte Maier die rege Kontrolle der AGES in Bezug auf gentechnisch veränderte Organismen.

Ein Vertreter des Gesundheitsressorts wies darauf hin, dass das Thema MON863 auf Initiative Österreichs neuerlich auf der Tagesordnung des nächsten EU-Umweltministerrates stehen werde. Wenn Europa auf die Bedenken nicht reagiere, müsse sich Österreich andere Schritte überlegen, meinte er. Zum Thema Kontrolle hielt der Experte fest, die AGES untersuche jährlich 500 Proben auf verbotene Gentechnikkonstrukte. (Schluss)