Parlamentskorrespondenz Nr. 552 vom 04.07.2007

Nationalrat macht Weg frei für die 4-Tage-Woche

1.000 ��� Mindestlohn - positiv für Wirtschaftsstandort Österreich

Wien (PK) - Im Rahmen der Diskussion über die Änderung des Arbeitszeitgesetzes ging Abgeordnete Mag. SCHATZ (G) auf die vorgesehenen Änderungen (Anhebung der Normalarbeitszeit auf zehn Stunden pro Tag und der Höchstarbeitszeit auf 12 Stunden pro Tag bzw. 60 Stunden in der Woche, wobei insgesamt eine Dauer von 8 Wochen nicht überschritten werden darf) ein. Ein solcher "Block" könne zudem dreimal im Jahr wiederholt werden. Neu sei auch, dass künftig solche Vereinbarungen auf betrieblicher Ebene oder sogar – wenn es keine Betriebsratsstrukturen gibt - in Einzelverträgen getroffen werden können. Schatz wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass nur 55 % aller österreichischen unselbständigen Arbeitnehmer durch Betriebsräte vertreten werden. Sie befürchtete, dass die Flexibilisierung auf Kosten der Arbeitnehmer gehe, da natürlich die negativen gesundheitlichen Auswirkungen und die Unfallrisiken nach überlangen Arbeitszeiten zunehmen. Den 25-%igen Zuschlag für Mehrarbeit bei den Teilzeitbeschäftigten halte sie zwar für gut, dennoch bleibe diese Arbeitnehmergruppe, die vor allem aus Frauen besteht, weiter benachteiligt. Schließlich brachte sie noch einen Abänderungsantrag ein.

Die Novelle zum Arbeitszeitgesetz beruhe auf einer Vereinbarung zwischen den Sozialpartnern, meinte Abgeordnete CSÖRGITS (S), und dazu stehe sie auch. Sie sei sehr froh darüber, dass es erstmals gelungen ist, einen Mehrstundenzuschlag für Teilzeitbeschäftigte zu erreichen. Weiters beurteilte sie es positiv, dass die Strafen, die in Hinkunft pro Arbeitnehmer gelten und bis zu 3.600 € ausmachen können, erhöht wurden. Der Ausbau der Arbeitszeitflexibilisierung bringe eine Vielzahl von Verbesserungen, war Csörgits überzeugt, da rascher "längere Freizeitblöcke" in Anspruch genommen werden können.

Das vorliegende Gesetz sei ein weiterer Beweis dafür, dass die SPÖ in der Regierung degradiert wurde, meinte Abgeordneter KICKL (F). Unverständlich sei für ihn auch, warum sich die SPÖ-Abgeordneten in weiten Bereichen zu Fürsprechern einer Politik machen, die in wesentlichen Punkten den Interessen der Arbeitnehmer diametral entgegengesetzt ist. Mit dem Arbeitszeitgesetz, das zu Lasten der Beschäftigten gehe, werde die Bedürfnislage der Großkonzerne erfüllt, urteilte Kickl. Dies sei eine Kapitulation vor dem Zeitgeist des Neoliberalismus. Außerdem werde damit auch die unheilvolle Entwicklung in Richtung Teilzeit noch weiter vorangetrieben.

Abgeordneter SCHOPF (S) stellte eingangs klar, dass durch diese Beschlussfassung keine Verlängerung der Arbeitszeit erfolgen wird. Es sei in Hinkunft möglich, zusätzliche Flexibilisierungsmaßnahmen im Bereich der Arbeitszeit einzuführen. Voraussetzungen dafür sind entweder Einigungen zwischen den Kollektivvertragspartnern oder Betriebsvereinbarungen. Man müsse natürlich aufpassen, dass die Flexibilisierung keine Einbahnstraße wird und dass die Einkommen der Beschäftigten nicht reduziert werden. Gerade für Pendler, die weit entfernt von ihrem Arbeitsort leben, sei es positiv, dass nun eine Vier-Tage-Woche eingeführt werden kann. Erfreulich sei auch der erstmalige 25 %-Zuschlag für Teilzeitbeschäftigte.

Abgeordneter DOLINSCHEK (B) hielt seinem Vorredner entgegen, dass es sehr wohl zu einer Ausweitung kommt, da für eine bestimmte Zeit eine längere Arbeitszeit möglich sei. In Zukunft können 10 oder 12 Stunden pro Tag bzw. 60 Stunden pro Woche gearbeitet werden; dies sei früher nur mit einer Ausnahmegenehmigung möglich gewesen. Die Arbeiterkammer warne davor, dass es zu einer Zunahme von Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen kommen wird, zeigte Dolinschek auf. Er bezweifle auch, dass der Zuschlag für die Teilzeitbeschäftigten den Arbeitnehmern wirklich zugute kommen wird, da die Arbeitszeit innerhalb von 3 Monaten ausgeglichen werden kann.

Bundesminister Dr. BARTENSTEIN stellte zunächst gegenüber seinem Vorredner fest, dass man den Erfolg der Sozialpartnereinigung auf 1.000 € Mindestlohn ab 1.1.2009 nicht geringschätzen sollte. Dies sei eine sehr positive Entscheidung im Sinne des Wirtschaftsstandortes Österreich. Das umfassende Paket zur Arbeitszeitflexibilisierung basiere auf einer Einigung zwischen den Sozialpartnern und könne nicht einseitig gesehen werden. So wie bereits Abgeordneter Schopf gesagt hat, entspreche es dem Wunsch vieler Arbeitnehmer, eine Vier-Tage-Woche zu haben. Auch Teilzeitjobs seien in den allermeisten Fällen im Interesse der Arbeitnehmer, gab der Minister zu bedenken. Wenn in Zukunft bei Teilzeitbeschäftigungen permanent Mehrarbeit auftritt, dann haben die Arbeitgeber nun einen stärkeren Anreiz, daraus Vollzeitjobs zu machen.

Mit dem vorliegenden Gesetz werden bestehende Arbeitsverhältnisse noch besser abgesichert, zumal auf Auslastungsschwankungen flexibler reagiert werden könne, meinte Abgeordnete STEIBL (V). Positiv bewertete sie auch die Aufwertung der Teilzeitjobs. Sodann ging sie auf einen selbständigen Entschließungsantrag ihrer Partei ein, der u.a. fordert, das Gesetz nach Ablauf von zwei Jahren dahin gehend zu evaluieren, ob sich die Möglichkeit der Erteilung der erforderlichen arbeitsmedizinischen Gutachten durch Arbeitsmediziner bewährt hat oder ob eine spezielle Ermächtigung zur Durchführung derartiger Gutachten sinnvoll erscheint.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) fragte sich, wo die Kraft der Sozialpartner liegen soll, wenn man sich erst heuer auf einen Mindestlohn in der Höhe von 1.000 Euro brutto einigen konnte. Außerdem werde diese Vorlage, die eine Ausweitung der Arbeitszeiten vorsieht, nicht dazu beitragen, das von der EU vorgeschriebene Ziel, die Arbeitsunfälle bis 2012 um 25 % zu senken, zu erreichen. Eine echte Flexibilisierung könne es nur dann geben, wenn der einzelne etwas mitzureden hat und ihm eine größere Gestaltungsfreiheit nach individuellen, persönlichen und familiären Bedürfnissen eingeräumt wird, wie dies auch von der Arbeiterkammer Tirol gefordert wird.

Öllinger wies zudem darauf hin, dass es in der EU-Arbeitszeit-Richtlinie ein Verschlechterungsverbot gibt.

Abgeordnete MIKESCH (V) war überzeugt davon, dass das neue Arbeitszeitgesetz, auf das sich die Sozialpartner geeinigt haben, sowohl Vorteile für die Arbeitnehmer als auch für die Arbeitgeber bringen wird. Aus eigener Erfahrung wisse sie, dass es immer wieder ein großer Wunsch der Beschäftigten war, freie Zeiten besser zu bündeln und eine Vier-Tage-Woche zu ermöglichen. Die neuen Regelungen seien auch im Sinne der vielen Klein- und Mittelbetriebe, die nun auch die Möglichkeit haben, Arbeitszeitvereinbarungen zu treffen.

Abgeordneter Mag. HAUSER (F) war der Auffassung, dass das wirtschaftliche Umfeld für die Arbeitnehmer immer schwieriger werde und dass sich die Lohne ungleichmäßig und schlechter entwickeln als die Gewinne der Unternehmen. Vor diesem Hintergrund sei es daher umso bedauerlicher, dass die Arbeitnehmervertretung so geschwächt sei und sich nicht mehr ausreichend für die Interessen ihrer Mitglieder einsetze. Gerade in einer Zeit, wo die Wirtschaft boome und die Gewinne steigen, sollte auch die arbeitende Bevölkerung ein gerechtes Stück der Einkünfte erhalten, forderte Hauser. Das Arbeitszeitgesetz stelle für ihn eine weitere Verschlechterung der Rahmenbedingungen für die Beschäftigten dar. Schließlich forderte er noch eine Valorisierung der Freibeträge, der außergewöhnlichen Belastungen und der Steuerklassen.

Abgeordnete Dr. OBERHAUSER (S) korrigierte eine Aussage der Abgeordneten Schatz, wonach beim ÖGB-Kongress im Jänner über einen Antrag auf Arbeitszeitverkürzung auf 35 Wochenstunden abgestimmt wurde. Was die konkrete Novelle zum Arbeitszeitgesetz angeht, so haben die Sozialpartner "einen ordentlichen Beitrag geleistet", damit es Verbesserungen für die ArbeitnehmerInnen gibt. Wichtig sei für sie auch, dass in Hinkunft die Übertretungen strenger sanktioniert werden. So wurde etwa mit dem Missstand aufgeräumt, dass Betriebe, die unseriöserweise überhaupt keine Arbeitszeitaufzeichnungen geführt haben, nur mit einer kleinen Pauschalstrafe zu rechnen hatten.

Die beste Arbeitspolitik basiere auf einer gleichberechtigten Interessenpartnerschaft zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, erklärte Abgeordnete HAUBNER (B). Die heute zu beschließende Arbeitszeitflexibilisierung orientiere sich aber beinahe ausschließlich an den wirtschaftlichen Bedürfnissen und Gegebenheiten der Arbeitgeber, urteilte sie. Wenn die Arbeitnehmer diese Ausweitung der Arbeitszeit mittragen, dann soll dies auch entsprechend entlohnt werden, wie z.B. durch eine Steuerbefreiung der Überstundenzuschläge, eine Senkung der Kosten des Faktors Arbeit oder eine verstärkte Mitarbeiterbeteiligung. Dazu brachte sie einen entsprechenden Entschließungsantrag ein. Außerdem würden gerade für Frauen und insbesondere für Alleinerzieherinnen neue Barrieren im Bereich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie aufgebaut. Haubner befürchtete auch negative Auswirkungen auf die Gesundheit sowie einen Anstieg der Arbeitsunfälle. Auch die bessere Bezahlung der Mehrarbeit bei Teilzeitjobs sei nur auf den ersten Blick eine Verbesserung, da bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden müssen.

Abgeordneter WÖGINGER (V) begrüßte grundsätzlich die Arbeitszeitgesetznovelle, die auf einer Sozialpartnereinigung beruht. Er wolle noch einmal klar stellen, dass die Flexibilisierung keine Verlängerung der Arbeitszeit darstelle. Gerade etwa die Vier-Tage-Woche sei eine Forderung, die vor allem von Arbeitnehmerseite gekommen ist. Wichtig sei noch, dass es begleitende Beobachtungen hinsichtlich der gesundheitlichen Auswirkungen gibt. Nachdenken sollte man auch noch über die Einführung eines Zeitwertkontos, schlug Wöginger vor.

Abgeordneter Mag. STEINHAUSER (G) meinte, diese Novelle werfe Fragen auf, "die gestellt werden müssen". Zum einen müsse man fragen, warum die Rolle der Betriebsräte bei dieser Gelegenheit nicht entsprechend untermauert wurde, zum anderen gelte es, auf die Familienverträglichkeit zu achten, was hier jedoch nicht im gebotenen Ausmaß der Fall sei, weshalb die Grünen dieses Gesetz ablehnten.

Abgeordneter EHMANN (S) sprach zur Arbeitszeitnovelle, die Verbesserungen mit sich bringe und im Einklang mit der Gesundheitsförderung stehe. Das Gesetz sei wohl durchdacht, es sei daher zu unterstützen.

Positiv bewerteten auch die Abgeordneten Dr. KARL, RIENER und STADLER (sämtlich V) die Materie. Karl betonte dabei den Aspekt der weiteren Arbeitszeit-Flexibilisierung im Rahmen der "Zeitkonten", Riener unterstrich die Notwendigkeit eines zeitgemäßen Arbeitsrechtes, Stadler wiederum verwies auf die Verbesserungen, die für Teilzeitbeschäftigte geplant seien.

Der Entwurf wurde mehrheitlich angenommen; der Abänderungsantrag der Grünen blieb ebenso in der Minderheit wie der Entschließungsantrag des BZÖ. (Forts. BundesvergabeG)