Parlamentskorrespondenz Nr. 560 vom 05.07.2007

Nationalrat: Fragestunde mit Frauenministerin Doris Bures

Themen: Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Kampf gegen Frauenarmut

Wien (PK) - Der Nationalrat startete seine 28. Plenarsitzung heute Morgen mit einer Fragestunde. Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures beantwortete Fragen der Abgeordneten zu den Themenschwerpunkten Flexibilisierung beim Bezug des Kindergeldes, Kinderbetreuungseinrichtungen, Maßnahmen zur Erleichterung des beruflichen Wiedereinstiegs nach der Kinderbetreuung und Maßnahmen gegen die Einkommensschere zwischen Man und Frau, die im Alter oft zu Frauenarmut führt.

Abgeordnete HEINISCH-HOSEK (S): Wie beurteilen Sie aus frauenpolitischer Sicht den Entwurf für eine Novelle zum Kinderbetreuungsgeldgesetz, der seit 14. Juni 2007 in Begutachtung ist?

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Frauenministerin BURES zeigte sich erfreut darüber, dass Eltern künftig leichter darüber entscheiden werden können, wie lange sie bei den Kindern zu Hause bleiben wollen. Das höhere Kindergeld für Frauen, die früher wieder in den Beruf zurückkehren, beseitige die die Benachteiligung von Alleinerzieherinnen, die bisher das Kindergeld verloren haben, wenn sie - gezwungenermaßen - früher wieder in ihren Beruf zurückkehrten. Vorschläge der Sozialpartner für weitere Flexibilisierungen beurteilte die Frauenministerin positiv. Denn es sei wichtig, Frauen die Möglichkeit zu geben, früher wieder in den Beruf zurückzukehren.

Mit Abgeordneter HÖLLERER (V) stimmte die Frauenministerin darin überein, dass Frauen im ländlichen Raum besonderer Unterstützung bedürfen. Deren Hauptprobleme seien mangelnde Mobilität, weil die oft weit entfernt liegenden Arbeitsplätze schwer erreichbar seien, und in Defiziten beim Angebot von Kinderbetreuungseinrichtungen. Ihre Priorität in den Finanzausgleichsverhandlungen werde die Einrichtung einer ausreichenden Zahl qualitativ hochwertiger Kinderbetreuungseinrichtungen sein, kündigte Ministerin Bures an.

Der Klage von Abgeordneter HAUBNER (G), das "Kinderbetreuungsgeld neu" mache in Summe weniger aus als das "Kindergeld alt", hielt die Frauenministerin entgegen, der monatliche Bezug werde fast verdoppelt und Frauen würden nichts verlieren, wenn sie früher in den Beruf zurückkehrten.

Den von Abgeordneter ROSENKRANZ (F) angesprochenen höheren Bedarf an Kleinstkindereinrichtungen werde sie zum Gegenstand bei Verhandlungen mit den Bundesländern machen, sagte die Ministerin - ihr Ziel sei die Vereinbarung von 15a-Verträgen.

Schließlich sprach die Ministerin in ihrer Antwort auf eine diesbezügliche Frage der Abgeordneten ZWERSCHITZ (G) die Erwartung aus, dass das höhere Kinderbetreuungsgeld auch Väter stärker motivieren werde, zumindest einige Monate bei ihren kleinen Kindern zu Hause zu bleiben. Das Argument, die Familie könne auf das Einkommen des Vaters nicht verzichten, werde durch die geplante Novelle jedenfalls kleiner.

Abgeordnete RAUCH-KALLAT (V): Welche Maßnahmen werden Sie konkret zur weiteren Schließung der Einkommensschere setzen?

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Bundesministerin BURES machte zunächst darauf aufmerksam, dass es vor allem Frauen sein werden, die vom 1000-Euro-Mindestlohn, den die Sozialpartner per Generalkollektivvertrag einführen, profitieren werden. Wichtig seien auch die Zuschläge für Mehrdienstleistungen im Rahmen von Teilzeitbeschäftigungen. Denn auch dies trage zu einer höheren Einkommensgerechtigkeit zugunsten von vielen Frauen bei.

Die von der Bundesregierung beschlossene Sonderförderung zur Qualifizierung von Arbeitnehmern im Umfang von 200 Mill. € werde zur Hälfte für frauenspezifische Maßnahmen, vor allem für die Wiedereinstiegshilfe, eingesetzt.

Als wichtigstes Ziel bei der Schließung der Einkommensschere nannte die Ministerin die Verbesserung des Zugangs der Frauen zur Arbeitswelt sowie bessere Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Bedauerlicherweise hätten Maßnahmen in der Vergangenheit dazu geführt, Frauen von der Arbeitswelt zu trennen, hielt die Ministerin fest.

Auf eine diesbezügliche Frage des Abgeordneten BUCHER (B) sprach sich die Ministerin dafür aus, bei der Lehrlingsförderung höhere Beträge für Betriebe vorzusehen, die weibliche Lehrlinge in technischen Berufen ausbilden.

Die Forderung der Abgeordneten Dr. BELAKOWITSCH-JENEWEIN (F), dem Kampf gegen die Frauenarmut im ländlichen Raum besonderes Augenmerk zu geben, teilte die Ministerin und fügte hinzu, es sei nicht hinzunehmen, dass Frauen in einem der reichsten Länder der Welt in Armut leben müssen. Wichtig seien die Anhebung der Mindestpensionen und eine erfolgreiche Beschäftigungspolitik - in letzter Zeit entwickle sich der Arbeitsmarkt erfreulicherweise positiv.

Kinder zu haben, stelle für viele Frauen ein Karriererisiko dar, sagte die Frauenministerin auf eine Frage der Abgeordneten Mag. WEINZINGER (G). Dieses Risiko teilten auch Frauen ohne Kinder, weil viele Unternehmen Frauen allein deshalb benachteiligten, weil sie Kinder bekommen könnten. Ihr gehe es darum, solche Verhältnisse transparent zu machen, konkret durch einen jährlichen Bericht darüber, wie sich Einkommen und Arbeitszeiten für Frauen und Männer in den Betrieben entwickelten. Wo sie selbst Einfluss nehmen könne, im öffentlichen Dienst, unterstütze sie die Förderung Frauenkarrieren, sagte die Ministerin Bures.

Der öffentliche Dienst müsse ihrer Meinung nach eine Vorbildrolle bei der Frauenförderung einnehmen, meinte die Frauenministerin. Die Einkommensschere sei im öffentlichen Dienst zwar weniger eklatant, Nachholbedarf sah sie allerdings bei der Förderung von Frauen in höheren Funktionen. Der Anstieg des Anteils von Frauen in der Leitung von Sektionen sei ein ermutigendes Zeichen. Sie werde sich auch dafür einsetzen, mehr weibliche Lehrlinge in den Bereichen EDV und Technisches Zeichnen auszubilden, sagte die für den öffentlichen Dienst zuständige Ministerin.

Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G): Welche Maßnahmen außer einem unverbindlichen Mindestlohn per Generalkollektivvertrag werden Sie setzen, um eine tatsächliche Reduktion der Einkommensschere zwischen Frauen und Männern zu bewirken?

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Frauenministerin BURES erinnerte zunächst daran, dass 30.000 Frauen in 40 Branchen vom Mindestlohn profitieren werden. Darüber hinaus werde die bedarfsorientierte Mindestsicherung zur Einkommensgerechtigkeit für Frauen beitragen. (Dazu auch eine Frage der Abgeordneten CSÖRGITS, S). Einen wichtigen Beitrag zu einer höheren Einkommensgerechtigkeit werde die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie bringen, zeigte sich die Ministerin überzeugt. In der Beschäftigungspolitik sei darauf zu achten, dass die Frauen nicht nur Jobs für ein paar Stunden bekommen, von denen sie nicht leben könnten, sondern Vollzeitarbeitsplätze. In diesem Zusammenhang schlug die Ministerin vor, die Frauen- und Familienfreundlichkeit der Betriebe als Kriterium bei der Vergabe von Wirtschaftsförderungsmitteln heranzuziehen.

Die Frage der Abgeordneten GRANDER (V) nach Maßnahmen zur Förderung von Frauen mit Migrationshintergrund veranlasste die Ministerin zur Ankündigung eines speziellen Berichts über Migrantinnen für den kommenden Herbst. Auch informierte sie über zielgruppenorientierte Programme wie "Mama lernt Deutsch", die in Wien dafür sorgen sollen, die soziale Ausgrenzung von Frauen mit Migrationshintergrund zu überwinden. Das Thema Migration werde auch im nächsten Frauenbericht behandelt werden.

Der Klage des Abgeordneten WESTENTHALER (B), der Mindestlohn für Vollzeitarbeit liege netto nur um 92 € über einer Arbeitslosenmindestsicherung, hielt die Frauenministerin die Feststellung entgegen, man sollte Menschen mit Beschäftigung nicht gegen Menschen ohne Beschäftigung ausspielen. Es gehe vielmehr darum, Arbeitslosigkeit zu verhindern und den Zugang der Menschen zur Arbeitswelt zu erleichtern.

Abgeordneter HOFER (F) erfuhr von der Frauenministerin, dass Ärztekammer und Apothekerkammer signalisiert haben, sich dem Generalkollektivvertrag über einen Mindestlohn anschließen zu wollen.

Abgeordnete ROSENKRANZ (F): Wie viele der Mütter, die das Pensionsalter bereits erreicht haben, haben keinen eigenständigen Pensionsanspruch erworben bzw. werden Sie Maßnahmen setzen, damit auch nichterwerbstätige Mütter in Zukunft Anspruch auf eine eigenständige Pension haben?

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Die FRAUENMINISTERIN listete Maßnahmen auf, die dazu beitragen sollen, die Armut älterer Menschen zu überwinden, etwa die Anhebung der Mindestgrenze bei den Ausgleichszulagen. Auch der Mindestlohn und die Mindestsicherung werden dazu beitragen, dass Frauen künftig im Alter nicht durch die Maschen des Sozialnetzes fallen. Das österreichische Versicherungssystem sei gut, Altersarmut sei aber oft die Folge, wenn Frauen aus dem Erwerbsleben gedrängt werden, daher sei es so wichtig, Beruf und Familie vereinbaren zu können.

Gegenüber Frauen, die sich bewusst dafür entscheiden, die Erziehung ihrer Kinder zu ihrem Beruf zu machen, bekundete die Frauenministerin Respekt und unterstrich, wie wichtig es sei, jedes Lebensmodell zu akzeptieren. Viele Frauen wollten aber Beruf und Familie vereinbaren, dies sei zu unterstützen, weil es für Frauen riskant sei, auf Versicherungsleistungen zu verzichten.

Sie wolle dafür sorgen, dass in einem reichen Land wie Österreich niemand unter die Armutsgrenze fällt, es sei aber auch wichtig dafür zu sorgen, dass jemand, der ein Leben lang gearbeitet habe, eine entsprechende Pension erhalte, sagte Ministerin Bures in ihrer Antwort auf eine Frage des Abgeordneten ÖLLINGER (G).

Das von Abgeordneter BINDER-MAIER (S) angesprochene Pensionssplitting sei auf Antrag möglich, sagte die Ministerin, diese Möglichkeit werde aber nicht in Anspruch genommen, daher sei sie dagegen, das Splitting verpflichtend einzuführen.

Als wichtig bezeichnete die Ministerin Förderungsmaßnahmen zugunsten älterer Arbeitnehmer, wie die Möglichkeit der Altersteilzeit oder das Sabbatical aufgrund der jüngsten Dienstrechtsnovelle (Frage der Abgeordneten Mag. AUBAUER, V).

Die Forderung des Abgeordneten Mag. DARMANN (B) ein Müttergeld nach Kärntner Vorbild einzuführen, veranlasste die Frauenministerin zur Feststellung, dass Österreich bei der Familienförderung einen internationalen Spitzenrang einnehme, beim Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen aber nachhinke, vor allem im Bundesland Kärnten.

Abgeordnete HAUBNER (B): Werden Sie der bevorstehenden Novelle zum Kinderbetreuungsgeldgesetz im Ministerrat Ihre Zustimmung erteilen, auch wenn die von Ihnen öffentlich kritisierte mangelnde Flexibilität mitsamt den negativen finanziellen Auswirkungen für die Betroffenen im Wesentlichen unverändert bleiben?

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Die FRAUENMINISTERIN kündigte an, der Flexibilisierung des Kinderbetreuungsgeldes im Ministerrat gerne zuzustimmen, weil dies den Frauen die Chance gebe, schneller in den Beruf zurückzukehren. Die Begutachtung des Ministerialentwurfs wolle sie nützen, um über weitere Verbesserungen beim Kinderbetreuungsgeld nachzudenken. Die Zuverdienstgrenze werde auf 16.200 € jährlich angehoben. Gegen eine Streichung der Zuverdienstgrenze spreche die Zielsetzung des Kinderbetreuungsgeldes, das Eltern die Möglichkeit geben soll, in den ersten Lebensmonaten ihrer Kinder die so wichtige Beziehungsarbeit zu leisten. Sie könne sich aber vorstellen, statt einer finanziellen Grenze eine Arbeitszeitgrenze für den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes einzuführen, sagte die Ministerin. Abgeordneten DI KLEMENT (F) informierte die Frauenministerin darüber, dass die Flexibilisierung beim Bezug des Kinderbetreuungsgeldes insbesondere alleinerziehenden Frauen helfe, früher in den Beruf zurückzukehren, ohne auf das Kinderbetreuungsgeld verzichten zu müssen.

Abgeordneter ZWERSCHITZ (G) sagte die Ministerin zu, sich in den Finanzausgleichsverhandlungen für die Beseitigung von Defiziten bei den Angeboten für Kinderbetreuung einzusetzen. In diesem Zusammenhang unterstrich Bures die Notwendigkeit, die Kosten für die Kinderbetreuung sozial zu staffeln. Auch dürfe die Kinderbetreuung nicht mit 6 Jahren enden, denn auch Volksschulkinder brauchten Nachmittagsbetreuung, erinnerte die Frauenministerin. Daher zeigte sie sich erfreut über die Ankündigung der Bildungsministerin, das Angebot an Nachmittagsbetreuungsplätzen ab September um 10 % zu erhöhen.

Abgeordneter KRIST (S) erfuhr von der Ministerin, dass sie sich für Übergangsbestimmungen bei der Flexibilisierung des Kinderbetreuungsgeldes für jene Frauen einsetze, die ihr Kind in den nächsten Wochen und Tagen erwarten. Sollten es die Lebensumstände erforderlich machen, sollen Frauen den zunächst gewählten Zeitraum für den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes kurzfristig ändern können.

Die Beratung der Familien über das Kinderbetreuungsgeld und den beruflichen Wiedereinstieg sei wichtig, betonte die Ministerin auf eine diesbezügliche Frage der Abgeordneten STEIBL (V). Darüber hinaus unterstrich die Ministerin ihr Engagement für die Förderung des beruflichen Wiedereinstiegs von Frauen durch berufliche Qualifizierungsmaßnahmen. (Schluss)