Parlamentskorrespondenz Nr. 841 vom 08.11.2007

Nationalrat debattiert über ersten Baukulturreport

Bericht soll im Fünfjahreszyklus erscheinen

Wien (PK) – Der Nationalrat befasste sich sodann mit dem Österreichischen Baukulturreport 2006. Abgeordnete Mag. MUTTONEN (S) unterstrich die Bedeutung des ersten Baukulturberichts, der dem Status quo der österreichischen Baukultur umfassend beleuchte und deutlich mache, dass Baukultur eine Querschnittsmaterie darstelle, an der zahlreiche Ministerien mitwirken. Der Bericht biete nicht nur umfangreiches statistisches Material, sondern spreche auch zahlreiche Empfehlungen an Bund, Länder und Gemeinden aus. Besonders wichtig sei es, Bewusstsein für die Baukultur zu wecken und zu fördern und die Menschen darauf aufmerksam zu machen, dass Baukultur Lebensqualität schaffe. Die Vorsitzende des Kulturausschusses plädierte darüber hinaus für eine stärkere Bundeskompetenz in der Baukultur und beantragte in Form eines S-V-G-Entschließungsantrages die Einrichtung eines Beirates für Baukultur im Bundeskanzleramt und die Fortführung des Baukulturreports.

Abgeordneter MORAK (V) bezeichnete die Architekturpolitik als ein schwieriges aber wichtiges Thema für die Republik und würdigte die Pionierarbeit, die die Autoren des Baukulturberichts geleistet haben. Auf diesem Bericht könne die Architekturpolitik der Zukunft aufbauen, zeigte sich Morak überzeugt, wobei er die breite Thematik der Baukultur umriss, die soziale, kulturelle und ästhetische Aspekte enthalte. Die Behandlung des Baukulturberichts in einer gemeinsamen Sitzung des Bautenausschusses und des Kulturausschusses stellt für Morak ein symbolhaftes Ereignis dar. "Lyrik traf dort auf Prosa und beide gemeinsam treffen heute im Plenum auf die politische Wirklichkeit", formulierte der Abgeordnete und appellierte an seine Kollegen, Baukultur als ein wichtiges Thema der Kulturpolitik, in das auch Landeshauptleute und Bürgermeister stärker einzubeziehen seien. Kritik an der "teuren" Architekturausstellung Österreichs in China wies Morak zurück. Es sei für die österreichischen Architekten wichtig gewesen, sich auf der "größten Baustelle des Universums" präsentieren zu können.

Abgeordneter Dr. ZINGGL (G) sah die Kulturpolitik generell als ein Querschnittsmaterie, ganz besonders aber die Baukultur, in der es unter anderem auch um Raumordnung, Landschaftsschutz, Verkehrsplanung, Ökologie und Ressourcenverbrauch gehe. Eines der vielen Verdienste des vorliegenden Baukulturberichts sei etwa der Hinweis darauf, wie wichtig es sei, die Lebenszyklen der Gebäude zu verlängern. Baukultur dürfe nicht einfach passieren, sie sollte das Ergebnis sorgfältiger Planung sein, sagt Zinggl und begrüßte daher die Einrichtung eines Baukulturbeirats. Mehr Koordination sei wichtig, die 24 Handlungsanleitungen des Baukulturberichts richten sich insgesamt an sieben Ministerien, sagte Zinggl. Der Redner begrüßte auch die angekündigten Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung durch die Bildungsministerin und mahnte zugleich die Verantwortung des Wirtschaftsministers für die Verbesserung der Baukultur in Österreich ein.

Auch Abgeordneter DI KLEMENT (F) lobte den Baukulturbericht und machte auf die Mängel aufmerksam, die der Report in den Bereichen Infrastruktur, Verkehr und Landwirtschaft aufzeige. Klement sprach von einem konzeptiven Vakuum in der Siedlungspolitik und kritisierte mangelnde Kompetenzen der Raumordnungskommission, die auf die Herausgabe von Empfehlungen beschränkt sei. Problematisch sah Klement auch die Bauhoheit der Gemeinden, da die Konkurrenz zwischen den Gemeinden im Bemühen um Erhöhung der Einwohnerzahl und um die Ansiedlung von Unternehmen schädliche Auswirkungen auf die Qualität der Bauten habe. Auch im Bauwesen der Bundesländer fehlten bundeseinheitliche Richtlinien, klagte der Abgeordnete.

Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen befasste sich Klement mit der Zersiedelung als Resultat falsch gesteuerter Wohnbauförderung und zeigte sich skeptisch gegenüber dem geplanten neuen Beirat. Statt neue teure Gremien zu schaffen, sollte man bestehende Kompetenzen besser wahrnehmen, etwa die Verantwortung des Bundeskanzlers. In einem Entschließungsantrag forderte Klement den Bundeskanzler auf, seine Verantwortung bei der Koordination der Baukulturaktivitäten besser wahrzunehmen.

Abgeordneter SCHALLE (B) bezeichnete den Baukulturreport als eine fundierte Grundlage, auf der die Baukulturpolitik aufbauen könne. Kritik übte Schalle an der Wirtschaftskammer, die sich in den Report nicht eingebracht habe, sowie an der zersplitterten Kompetenzlage, die man zumindest im Bereich der technischen Bauordnung überwinden und versuchen sollte, zu bundeseinheitlichen Normen zu kommen. Der Redner bemängelte zu geringe Mittel für die Bauforschung und mahnte mehr Engagement der BIG bei der thermischen Sanierung der Gebäude sowie beim Einsatz der Solarenergie ein. Nach schwedischem Vorbild drängte Schalle auf eine ästhetischere Gestaltung von Lärmschutzwänden sowie auf die Nutzung von Lärmschutzwänden für die Produktion von Solarstrom.

Bundesministerin Dr. SCHMIED schloss sich ihren Vorrednern in der Ansicht an, nun gehe es um die Umsetzung der Anregungen, die der Baukulturreport biete. Für ihr Ressort kündigte die Ministerin an, die Vermittlung der Architektur in den Schulen und Pädagogischen Hochschulen zu intensivieren, und teilte mit, ein Stipendienprogramm für junge Architekten zur Verfügung zu stellen. Ein großes Anliegen sei ihr auch die Qualität der Schularchitektur, sagte die Bildungsministerin, denn durch die Tagesbetreuung werde die Schule immer mehr zu einem Lebensraum der Kinder.

Ministerin Schmied bekannte sich dazu, den Baukulturreport kontinuierlich in einem Fünfjahreszyklus erscheinen zu lassen, und kündigte zudem ein in zweijährigen Abständen erscheinendes Architekturjahrbuch an.

Abgeordnete Mag. BECHER (S) wies darauf hin, dass die heutige Baukultur dafür verantwortlich sei, wie Österreich in Zukunft aussehen werde. Für die Qualität der Baukultur seien auch ausreichende Mittel der Wohnbauförderung maßgeblich, zeigte sich die Rednerin überzeugt und schloss sich der Auffassung der Experten an, die eine Aufstockung der Wohnbauförderungsmittel als notwendig bezeichnet haben.

Abgeordneter Dr. SONNBERGER (V) sprach von einem ausgezeichneten Report, der die Chance für einen Neubeginn in der österreichischen Architekturdiskussion biete, und zeigte sich erfreut darüber, dass der jüngst vereinbarte Finanzausgleich die Wohnbauförderung absichere. Auch Sonnberger plädierte dafür, ökologische Gesichtspunkte in der Baukultur zu berücksichtigen, und würdigte in diesem Zusammenhang die engagierte Arbeit der BIG bei der Erhöhung der Energieeffizienz von Bundesgebäuden und ihr Bemühen um die Verlängerung der Lebensdauer.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) kritisierte, der Bericht bleibe in allgemeinen Bemerkungen stecken, ohne konkrete Maßnahmen wie z. B. die technische Vereinheitlichung der Bauordnungen zu propagieren. In einem Entschließungsantrag forderte sie entsprechende Kompetenzänderungen, die österreichweite Standards für die Bau- und Raumordnungen ermöglichen.

Abgeordneter DR. KURZMANN (F) erkannte Handlungsbedarf im Bereich der Baukultur und forderte die Ministerien auf, ressortübergreifend tätig zu werden. Mit Nachdruck lehnte er aber die Forderung nach der Erweiterung der Bundeskompetenz für die Raumordnung ab, wobei er vor zentralistischen Tendenzen warnte.

Staatssekretärin MAREK betonte, ihr Ministerium nehme die Vorschläge sehr wohl ernst. So werde die Zusammenarbeit mit den ArchitektInnen gesucht, man fördere Projekte nach dem "Best Practice"-Prinzip, auch berücksichtige man den Zusammenhang zwischen Architektur und wirtschaftlicher Rentabilität. Was die Bauordnungen betrifft, wies Marek auf die kompetenzrechtliche Zersplitterung hin, die ihrer Meinung nach aber durchaus sinnvoll ist, gehe es doch darum, bei den Bauordnungen auch auf die topographischen Gegebenheiten Bedacht zu nehmen. In Summe hielt es die Staatssekretärin für notwendig, Synergien zu nutzen und dabei auf die Arbeit des Beirates zurückzugreifen.

Abgeordneter STEIER (S) brachte den Aspekt der Energieeffizienz von Gebäuden in die Debatte ein und sah in diesem Zusammenhang vor allem auch die Wohnbauförderung angesprochen.

Abgeordneter KAINZ (V) sprach sich gegen ein zentralistisches Raumordnungskonzept aus und würdigte die diesbezüglichen Leistungen der Länder und vor allem der Gemeinden. Konkret dankte er Minister Bartenstein und dem ehemaligen Staatssekretär Morak für ihre Aktivitäten zur Erstellung des Reports, um sich sodann mit der Wohnbauförderung auseinanderzusetzen, diese am niederösterreichischen Beispiel illustrierend.

Abgeordnete Mag. LAPP (S) unterstrich die Bedeutung der Baukultur für die Bevölkerung und nannte den Baukulturreport eine Initiative auf breiter Basis. Der Report zeige wichtige Impulse für die Zukunft auf, wie sich etwa am Beispiel des "Design for all" zeige. Insbesondere sprach sich die Rednerin für barrierefreies Bauen und für ein verstärktes Bewusstsein unterschiedlicher Bedürfnisse bei der Gestaltung der Umwelt aus.

Abgeordneter HÖRL (V) dankte allen, die an der Erstellung des Berichts mitgewirkt haben. Der Bericht habe seine Aufgaben perfekt erfüllt und weise der Baukultur die richtige Richtung. Am Beispiel der Tiroler Bauordnung illustrierte der Redner die bedeutende Rolle der Gemeinden bei der Gestaltung der heimischen Baukultur.

Abgeordneter Mag. SCHIEDER (S) zeigte sich erfreut, dass endlich Bewegung in die heimische Architekturdebatte gekommen sei. Deshalb sei er besonders froh, dass dieser Report heute diskutiert werden könne, sei er doch das in Papier gegossene Ergebnis einer wichtigen Diskussion, die auch adäquat fortgesetzt werde, wie die geplante Einrichtung des Beirats zeige. Positiv sei zudem, dass in Vermittlung und Bildung Akzente gesetzt werden sollen, meinte der Redner.

Abgeordneter SIEBER (V) beleuchtete den Stellenwert der Architektur aus Vorarlberg und verwies auf die Folgeeffekte, welche die dortige Architektur evoziere, sowie auf die internationale Aufmerksamkeit, welche diese erwecke.

Abgeordneter STAUBER (S) fasste die Diskussion zusammen und meinte, der Bericht biete eine hervorragende Grundlage für die weitere Diskussion. Zudem sprach er sich für eine Erhöhung der Wohnbauförderung aus, was nicht nur eine wichtige sozialpolitische Maßnahme wäre, sondern auch der Wirtschaft zugute käme.

Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen. Der Mehrparteien-Entschließungsantrag wurde mehrheitlich angenommen, der F- sowie der G-Entschließungsantrag verfielen hingegen der Ablehnung.

Nächster Tagesordnungspunkt: Schlussdokument betreffend die Verlängerung der Erklärung über die Produktionsphase der Ariane-Träger bis Ende 2008.

Abgeordneter ZWEYTICK (V) erläuterte den historischen Hintergrund der Vorlage und trat für die geplante Vorgangsweise ein, da diese es den Beteiligten ermögliche, eine neue, zeitgemäße Lösung zu finden. Überdies wies der Redner auf die Vorteile hin, die Österreich aus seiner Beteiligung an diesem Projekt erwüchsen.

Abgeordneter GARTLEHNER (S) schloss sich seinem Vorredner an, wies auf die ökonomischen Effekte dieses Projekts hin und plädierte angesichts der Tatsache, dass österreichische Unternehmen davon profitierten, gleichfalls für die Annahme der Vorlage.

Auch Abgeordnete SBURNY (G) sprach sich für den Entwurf aus und verwies dabei auf die Unabhängigkeit, die man im Bereich des Satellitenwesens durch dieses Projekt erhalte.

Abgeordneter DI KLEMENT (F) meinte, es gebe offenbar doch Themen, die sich breitester Zustimmung erfreuten, denn auch seine Fraktion werde für den Entwurf stimmen. Die geplante Vorgangsweise sei nämlich zu begrüßen, zumal angesichts der Tatsache, dass österreichische Unternehmen dabei profitierten. Die Chancen, die sich auf diesem Gebiet böten, müsse man nützen.

Abgeordnete PFEFFER (S) votierte gleichfalls für die Annahme der Vorlage, dabei die ihr innewohnende Thematik ausführlich referierend. Von besonderer Wichtigkeit seien die ökonomischen Effekte, von denen auch der heimische Arbeitsmarkt profitiere.

Abgeordneter SCHEIBNER (B) nannte die stattgehabte Debatte interessant und wies auf die Vorteile hin, die sich hier technologisch und wirtschaftlich ergäben. Wenn man diese nutzen wolle, dann müsse man eben entsprechend dabei sein. Seitens seiner Fraktion gebe es daher eine hundertprozentige Zustimmung.

Die Vorlage wurde einstimmig angenommen. (Forts/Erste Lesungen)