Parlamentskorrespondenz Nr. 948 vom 03.12.2007

140 Mill. ��� für Verbesserung des ökologischen Zustands der Gewässer

Diskussion über Klimaschutz und Kyotoziele im Umweltausschuss

Wien (PK) – Im zweiten Teil der Sitzung des Umweltausschusses wurde zunächst der 8. Umweltkontrollbericht einstimmig zur Kenntnis genommen. Mehrheitlich angenommen wurde die Änderung d es Umweltförderungsgesetzes in der Fassung eines Abänderungsantrages, wodurch zusätzlich 140 Mill. € für die Verbesserung des ökologischen Zustands der Gewässer bereitgestellt werden. Einhellige Zustimmung fand noch eine Novelle zum Altlastensanierungsgesetz, der F-Antrag betreffend sukzessive Reduktion des Einsatzes von Tragetaschen aus nicht verrottbarem Kunststoff fand keine Mehrheit.

Achter Umweltkontrollbericht - Fortschritte und Handlungsbedarf

Die Debatte über den Achten Umweltkontrollbericht leitete Bundesminister Josef Pröll mit einem Überblick zu den wichtigsten und aktuellsten Ergebnissen des Berichts ein. Seen, Flüsse und Grundwasser seien in hervorragendem Zustand, die Qualität der Luft konnte hinsichtlich der Schadstoffe SO2 und Ammoniak wesentlich verbessert werden, die diesbezüglichen Ziele für 2010 wurden bereits 2005 erreicht. Auch die Sammelziele der Abfallwirtschaft konnten übertroffen werden und die ergriffenen Maßnahmen gegen das Deponieren unbehandelter Abfälle greifen. Die Landwirtschaft arbeite nach wie vor gentechnikfrei, die biologisch bewirtschafteten Flächen wurden seit 2000 um 30 % vergrößert, der Einsatz erneuerbarer Energieträger habe um 15 % zugenommen.

Handlungsbedarf sah Pröll bei der Bodenqualität, wobei er darauf hinwies, dass der Flächenverbrauch zuletzt bereits wieder zurückgehe. Bei der Luftreinhaltung bereiteten insbesondere die Ozonwerte Sorgen, auch die Stickoxide liegen noch über dem Zielwert. Auch bei den Feinstaubbelastungen sei konsequentes Handeln gemeinsam mit den Bundesländern notwendig.

Beim Klimaschutz liege Österreich abseits vom Zielerreichungspfad, räumte der Minister ein, machte aber darauf aufmerksam, dass in den Jahren 2004 bis 2007 zahlreiche Maßnahmen gesetzt wurden, die bis zur Zielperiode greifen werden. Man müsse aber künftig die Schlagzahl deutlich erhöhen, wobei die politische Verantwortung nicht beim Umweltminister allein liege, sondern auch bei anderen Ressorts und bei den Bundesländern. Er sei aber nach wie vor optimistisch, dass Österreich seine Klimaschutzziele erreichen werde. Konkret trat Pröll für weitere Maßnahmen gegen den Tanktourismus, für die Durchsetzung ökologischer Standards bei der Wohnbauförderung sowie für massive Anreize für emissionsarme Fahrzeuge durch eine Neugestaltung der Normverbrauchsabgabe ein.

Abgeordneter Norbert Hofer (F) befasste sich mit den Maßnahmen für den Klimaschutz und meinte, es sei im Sinne einer angestrebten Energieunabhängigkeit besser in nationale Konzepte zu investieren als in Projekte im Ausland. Mehr Engagement wünschte er sich in den Bereichen öffentlicher Verkehr (z.B. Wahlmöglichkeit zwischen Jahresticket und Pendlerpauschale) sowie bei der thermischen Sanierung im Wohnbau, wo mit relativ geringen Mitteln viel erreicht werden könnte.

Abgeordnete Petra Bayr (S) erkundigte sich danach, ob es Studien gebe, welche Folgewirkungen die globale Erwärmung, die im alpinen Raum noch höher sein wird, auf einzelne Faktoren haben wird. Weiters wollte sie wissen, wie die nationalen Strategien bezüglich Kyoto-Ziele, Biodiversität (Schutzgebiete) und Lärmschutz ausschauen.

Abgeordneter Josef Broukal (S) kam auf die Auseinandersetzung von Pröll mit dem anerkannten Klima- Experten Professor Stefan Schleicher zu sprechen, der damit rechnet, dass auf Österreich Strafzahlungen in der Höhe von 1,5 Milliarden Euro zukommen, da es die Kyoto-Ziele nicht erfüllt. Welche Berechnungen gebe es seitens des Ministeriums, fragte Broukal.

Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) gab zu bedenken, dass Österreich von der Erreichung der Kyoto-Ziele weit entfernt sei und daher eine Technologieoffensive dringend erforderlich wäre. Während z.B. die Ausweitung des Biolandbaus die Emissionen reduziert habe, werde im Verkehrsbereich viel zu wenig getan, zumal in den nächsten Jahren mit einem weiteren enormen Zuwachs vor allem aus Mittel- und Osteuropa zu rechnen ist. Mehr Mittel verlangte er auch für die Gentechnik-Sicherheitsforschung. Seine Fraktionskollegin Abgeordnete Ruperta Lichtenecker sprach ebenfalls den Klimaschutz an und stellte Fragen hinsichtlich der Retentionsflächen, der Schutzgebiete, des neuen Ökostromgesetzes sowie der Förderung der Biomasse.

Nach Ansicht von Abgeordneten Klaus Hubert Auer (V) gebe es keinen Anlass zu einer Klimawandelhysterie. Österreich habe sich ausgehend von einem hohen Niveau hohe Ziele gesetzt, und vieles wurde bereits getan. So kam es etwa im Zeitraum von 2002 bis 2005 zu einer Steigerung des Anteils an erneuerbaren Energien (ohne Wasserkraft) um 15 %; Österreich liege damit im europäischen Spitzenfeld. Ein wichtiges Anliegen war ihm noch der Wald, der zwar in einem sehr guten Zustand sei, dessen Potential aber noch besser für Biomasse genutzt werden soll.

Abgeordneter Veit Schalle (B) wies darauf hin, dass einerseits der Umstieg von der Straße auf die Schiene gefordert werde, die ÖBB derzeit aber keine Kapazitäten mehr habe und auf ein Jahr hinaus ausgebucht sei. Außerdem sollte man sich überlegen, den Biolandbau in das Zertifikatesystem einzubeziehen, schlug er vor, weil die Biobauern zwei- bis dreimal weniger C02 produzieren als konventionell arbeitende Landwirte.

Abgeordnete Andrea Eder-Gitschthaler (V) wünschte sich ein besseres Bahnangebot für Pendler. Überdies thematisierte sie die Lärmschutzmaßnahmen sowie die Verschmutzung von Hausbrunnen.

Bundesminister Josef Pröll war der Auffassung, dass der Klimawandel und die globale Erwärmung nur global gelöst werden können, weshalb er auch die Förderung von Umweltinvestitionen im Ausland unterstütze. Die Schlüsselfrage für ihn sei, ob es vermieden werden kann, dass so große Staaten wie China und Indien im Rahmen ihres wirtschaftlichen Aufholprozesses dieselben Fehler machen wie die industrialisierten Länder in der Vergangenheit. Bei den Rankings bezüglich der Erreichung der Kyoto-Ziele müsse man bedenken, dass sich manche Länder keine Ziele gesetzt haben oder Staaten gut abschneiden, die auf Atomkraft setzen. Eine große Priorität müsse auf den Verkehrssektor gesetzt werden, war Pröll überzeugt, hier seien gemeinsame Anstrengungen notwendig. Beim Flugverkehr glaube er, dass schnellere Fortschritte beim Emissionshandel zu erzielen wären als bei der Besteuerung von Kerosin.

Dem Abgeordneten Broukal gegenüber stellte er fest, dass Professor Schleicher einige Punkte nicht berücksichtigt habe und daher zu einem anderen Ergebnis komme als sein Ressort. Von den angenommenen 25 Millionen Tonnen an CO2-Ausstoss müsse man 9 Millionen wegrechnen, die aufgrund des JI/CDM-Programms zustande kommen. Weitere Reduktionen ergeben sich durch den Emmissionshandel (4,4 Millionen) sowie Einsparungen im Bereich Abfallwirtschaft (minus 14 %) sowie Landwirtschaft (minus 37 %). Nicht berücksichtigt wurde auch die Beimischung von Ethanol zu Benzin, die seit Oktober gilt. Übrig bleibt dann etwa die Hälfte der ursprünglich angenommen Menge, informierte Pröll. Er sei überzeugt davon, dass aufgrund der Maßnahmen im Rahmen der nationalen Klimastrategie die Restmenge bis  2012 auf Null reduziert werden könne.

Das Ökostromgesetz, das vom Wirtschaftsministerium ausgearbeitet wird, gehe am 7.1.2008 in Begutachtung, erklärte Pröll, das angestrebte Ziel (15 % Ökostrom bis 2015) könne durch die Erhöhung der Mittel erreicht werden. Er hoffe jedoch, dass es auch den gesellschaftlichen Grundkonsens gebe, dass diese Maßnahme auch mehr Geld koste.

Dem Abgeordneten Hofer pflichtete er bei, dass zusätzliche Maßnahmen für die Pendler und im Bereich der thermischen Sanierung intensiv diskutiert werden. In diesem Zusammenhang gab er zu bedenken, dass aber auch die Wohnfläche pro Person immer höher werde. Beim Hochwasserschutz lehne man sich eng an die Zielsetzungen der EU-Wasserrahmenrichtlinie an; außerdem gebe es einen klaren Auftrag in Richtung Ökologisierung. Was die Biodiversität angeht, so halte er diese Frage – neben dem Klimaschutz – für eine der zentralen Herausforderungen weltweit. Bei Biolandwirtschaft solle der Förderungsschwerpunkt nicht bei den Direktzahlungen liegen, sondern in der Unterstützung der Vermarktung und des Absatzes sowie in der Entwicklung einer österreichischen Biostrategie. Wichtig war ihm auch die Gentechniksicherheitsforschung, da man sich auf eigene Forschungsergebnisse stützen müsse. Erfreut zeigte sich Pröll darüber, dass zusätzliche 25 Mill. €, die aus der ländlichen Entwicklung stammen, für die bessere Nutzung des Potential Waldes eingesetzt werden.   

140 Mill. € für Verbesserung des ökologischen Zustands der Gewässer

Sodann befassten sich die Mandatare mit der Änderung des Umweltförderungsgesetzes, mit der die Bundesregierung auf die Feststellung erheblicher Mängel beim ökologischen Zustand der heimischen Gewässer reagiert. Um nationalen und gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen bei Abflussverhältnissen, Gewässerstruktur (Morphologie) und Durchgängigkeit gerecht zu werden, will der Umweltminister in den Jahren 2007 bis 2015 aus dem Umwelt- und Wasserwirtschaftsfonds Förderungen von insgesamt 140 Mill. € bereitstellen. Damit sollen Durchgängigkeitshindernisse beseitigt, die Auswirkungen von Ausleitungen und Rückstau gemindert, Maßnahmen gegen Schwallauswirkungen gesetzt und morphologisch veränderte Fließgewässerstrecken restrukturiert werden. Restrukturierungen sollen nach diesem Bundesgesetz aber nur dann förderungsfähig sein, wenn sie nicht mit Maßnahmen des Hochwasserschutzes kombiniert sind, weil dafür Förderungsmittel des Wasserbautenförderungsgesetzes zur Verfügung stehen. Die Bundesregierung erwartet - je nach Förderungsnachfrage - Investitionen zwischen 400 und 600 Mill. € und einen Arbeitsplatzeffekt von 4.800 bis 7.200 Arbeitsplätzen. – Bei der Abstimmung wurde Vorlage in der Fassung des Abänderungsantrages mehrheitlich angenommen.  

Abgeordnete Petra Bayr (S) brachte einen Abänderungsantrag ein, der eine Mittelerhöhung für JI/CDM-Maßnahmen vorsah. Ziel des österreichischen JI/CDM-Programms ist es, durch den Ankauf von Emissionsreduktionen aus Joint Implementation (JI) und Clean Development Mechanism (CDM)-Projekten einen Beitrag zur Erreichung des österreichischen Kyoto-Ziels zu leisten. Sie räumte jedoch ein, dass seit kurzem eine Studie vorliege, die teilweise Qualität der Maßnahmen bemängle. Wichtig wäre es ihrer Ansicht nach auch, den Know-how-Transfer in die Entwicklungsländer zu forcieren.

Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) gab zu bedenken, dass sehr viele Mittel im Bereich Siedlungswasserwirtschaft konzentriert sind, die im letzten Jahr gar nicht ausgeschöpft wurden. Zumal nunmehr von einer fast flächendeckenden Kanalisationsversorgung auszugehen ist, könnte er sich mittelfristig eine schrittweise Umschichtung in Richtung Umweltförderungen vorstellen. Außerdem wäre es wichtig, eine angepasste kostendämpfende Strategie anzuwenden.

Abgeordneter Peter Stauber (S) sprach sich gegen eine Umschichtung der Mittel aus, da die Nichtausschöpfung des Fördertopfes auf die Finanzprobleme der Gemeinden zurückzuführen sei. Die Kommunen leiden auch darunter, dass die Förderquote immer geringer wird.

Abgeordneter Karlheinz Kopf (V) hielt die Aufstockung der Mittel für JI/CDM-Maßnahmen für gut, wobei natürlich eine noch stärkere österreichische Beteiligung zu begrüßen ist.

Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) gab zu bedenken, dass Experten von einem massiven Preisanstieg bei den Zertifikaten ausgehen. Dies würde dazu führen, dass jeden Monat ein derartiger Abänderungsantrag eingebracht werden muss. Sie ortete in Österreich einen enormen Nachholbedarf im Bereich der Energieeffizienz und auch bei den erneuerbaren Energien, deren Anteil seit 1997 von 70 % auf 57 % gesunden ist.

Abgeordnete Eva Glawischnig-Piesczek (G) forderte vehement ein "ordentliches Ökostromgesetz", das auch die heimischen Unternehmen im Bereich erneuerbarer Energien unterstütze, die derzeit im Regen stehen gelassen werden. Die zusätzlichen Mittel, die nur für das

JI/CDM-Programm beschlossen werden, hätte man besser in diesen Sektor fließen lassen sollen. Außerdem wies sie darauf hin, dass sich die deutschen Stromkonsumenten aufgrund des dort verabschiedeten Gesetzes 4 Mrd. € erspart haben. 

Abgeordneter Erwin Hornek (V) erklärte in Richtung seiner Vorrednerin, dass Alternativenergien mehr sind als Photovoltaik. Österreich sei beispielsweise bei der Biomasse Vorreiter, seine Gemeinde wurde bereits vielen Jahren für Maßnahmen in diesem Bereich ausgezeichnet. Der Einwand von Broukal, wonach auf dem Sektor Wärmedämmung noch mehr gemacht werden müsse, sei richtig, allerdings gebe es da große Unterschiede zwischen den Bundesländern. Vorarlberg, Steiermark und Niederösterreich etwa seien beispielgebend bezüglich des Passivhausstandards.

Novelle zum Altlastensanierungsgesetz wird einstimmig angenommen

Unter einem wurden die ALSAG-Novelle 2008 (Anpassung an die neue Deponieverordnung) und der F-Antrag betreffend sukzessive Reduktion des Einsatzes von Tragetaschen aus nicht verrottbarem Kunststoff verhandelt. Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) betonte, dass die Novelle zum Altlastensanierungsgesetz Vorteile mit sich bringe, und erkundigte sich nach den Auswirkungen auf den Müllmarkt. - Laut Minister Josef Pröll gibt es keine Auswirkungen. Abgeordneter Norbert Hofer (F) schlug im Zusammenhang mit seinem Antrag vor, gemeinsam mit der Wirtschaft Maßnahmen zu erarbeiten, um die Plastiksackerln durch eine andere Form der Einkaufstüte zu ersetzen.

Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) hielt es für wünschenswert, wenn im Zusammenhang mit der Reduktion der Plastiksackerln Pilotprojekte gestartet werden; der Antrag gehe in die richtige Richtung, unterstrich er. Für die Ausnahmen von der Beitragspflicht interessierte sich Abgeordneter Peter Stauber (S). Sein Fraktionskollege Hubert Kuzdas wünschte Auskunft über den Werkvertrag zur Studie über Biotragtaschen.

Umweltminister Josef Pröll verwies in seiner kurzen Antwort auf die Initiative mit der Firma Spar hinsichtlich der Erzeugung kompostierbarer und wieder verwertbarer Tragtaschen.

Bei der Abstimmung wurde die ALSAG-Novelle unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrages einstimmig angenommen. Der F-Antrag verfiel der Ablehnung durch die beiden Regierungsparteien. (Schluss)