Parlamentskorrespondenz Nr. 957 vom 04.12.2007

Nationalrat beschließt Anpassungen an EU-Recht

Von der Gewerbeordnung bis zu den Patentanwälten

Wien (PK) – In den späten Abendstunden nahm der Nationalrat eine Reihe von Gesetzen in Beratung, um sie an die Rechtsentwicklung in der Europäischen Union anzupassen. Unter einem wurden dabei die Änderung der Gewerbeordnung (mit Maßnahmen gegen das Komatrinken), des Konsumentenschutzgesetzes, des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes, des Bilanzbuchhaltungsgesetzes und des Ziviltechnikergesetzes debattiert.

Abgeordneter GRADAUER (F) nahm zum Wirtschaftstreuhandberufsgesetz Stellung und meinte dazu, dabei handle es sich um eine klassische Inländerdiskriminierung. Auch das Bilanzbuchhaltergesetz fand nicht die Zustimmung Gradauers, weil es sich seiner Meinung nach hier um eine Geldbeschaffungsaktion und unnötige Hürden handle. Er brachte in diesem Zusammenhang auch einen Abänderungsantrag ein.

Abgeordneter Dr. MITTERLEHNER (V) sah in der vorliegenden Gewerbeordnungsnovelle zahlreiche Verbesserungen, insbesondere für KonsumentInnen, etwa durch die Einführung eines geschützten Gütesiegels für Meisterbetriebe. Als wichtig erachtete Mitterlehner die Verschärfungen der Bestimmungen hinsichtlich des Ausschanks von Alkohol an Jugendliche. Die Strafen bei Zuwiderhandeln seien stark erhöht worden, fügte er hinzu. Mit der breiten Palette dieser Gewerbeordnungsnovelle werde die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe gestärkt und der Schutz der KonsumentInnen erhöht, so seine abschließende Beurteilung des Gesetzespakets.

Abgeordneter Schalle (B) befürchtete durch die Neuregelung der grenzüberschreitenden Dienstleistungen eine Vermehrung der Schwarzarbeit, da diese für ihn viel zu liberal gestaltet ist. Auch wenn er grundsätzlich die Änderungen der Gewerbeordnung weitgehend befürwortete, merkte er kritisch an, dass für die Länder unnötige Kosten entstünden. Was das Komatrinken betrifft, sind die Neuerungen für ihn nicht ausreichend, zumal die Mehrwertsteuer auf alkoholfreie Getränke immer noch zu hoch sei und die Kontrollen nicht griffen. Es gebe auch keine Bewusstseinsbildung, sagte Schalle, und diese müsse bereits im Kindergarten ansetzen. In erster Linie müsse man seiner Meinung nach aber die Erziehungsberechtigten in die Pflicht nehmen. Aus den genannten Gründen werde das BZÖ den Novellierungen in Dritter Lesung nicht zustimmen.

Abgeordneter Dr. BAUER (S) begrüßte die Regelungen bei den grenzüberschreitenden Dienstleistungen in Bezug auf die Berufsqualifikation, wodurch das System außer Streit bleibe und der Konsumentenschutz gewahrt werde. Die in der Novellierung häufig verwendeten Kann-Bestimmungen lägen im Interesse der Qualität, sagte Bauer.

Abgeordneter ZANGER (F) nahm zum Thema Geldwäsche Stellung und artikulierte unter Heranziehung der Argumentation der ARGE-Daten seine Bedenken. Vor allem befürchtete er Eingriffe in die Privatautonomie und Gewerbefreiheit. Insbesondere kritisierte er die Möglichkeit, Private zu Spitzeldiensten zu verpflichten, wie er sich ausdrückte. Es gebe auch keine ausgefeilten Kontrollmechanismen, bedauerte Zanger. Komatrinken werde man nicht allein mit hohen Strafen begegnen können, fuhr Zanger in seiner Beurteilung der vorliegenden Gesetze fort, vielmehr müsse man bei den Ursachen ansetzen, nämlich bei der Perspektivenlosigkeit der Jugend aufgrund einer falschen Familienpolitik und der Massenzuwanderung.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) konnte die Argumentationskette seines Vorredners in Bezug auf das Komatrinken nicht nachvollziehen. Die  Bedenken der ARGE-Daten hätten jedoch auch die Grünen sehr ernst genommen, bekräftigte Kogler und räumte ein, dass die Grünen hier eine schwierige Güterabwägung vorgenommen hätten. Gerade bei der Geldwäsche sei man aber auch auf die Mitarbeit von Privaten angewiesen, stellte er fest, sonst bekomme man das Problem nicht in den Griff. Man könne nämlich nicht gleich jedem Geschäftsvorgang einen Sheriff beistellen, meinte er pointiert.

Bundesminister Dr. BARTENSTEIN griff die von Kogler thematisierte Interessenabwägung auf und meinte ebenfalls, dass diese Maßnahmen notwendig seien, insbesondere vor dem Hintergrund des organisierten Verbrechens und der internationalen Geldwäsche. Einmal mehr kritisierte Bartenstein die unterschiedlichen Jugendschutzgesetze der Bundesländer, vor allem die Tatsache, dass in einigen Bundesländern Schnaps und andere hochprozentige Getränke nur bis zum 16. Lebensjahr verboten sind und nicht bis zum 18. Lebensjahr. Den Vorwurf der Inländerdiskriminierung durch Abgeordneten Gradauer wies Bartenstein zurück. Um sich das heimische Steuersystem anzueignen, müssten sich ausländische WirtschaftstreuhänderInnen und BilanzbuchhalterInnen erst ein großes Knowhow aneignen, argumentierte der Wirtschaftsminister.

Abgeordneter WEINZINGER (F) widersprach Bartenstein und meinte, WirtschaftstreuhänderInnen aus dem benachbarten Bayern drängten schon stark herein. Die heimischen Wirtschaftstreuhänder hätten die kleine und mittelständische Wirtschaft bisher hervorragend betreut, dieses System werde nun durchbrochen, bemängelte er, indem man eine Richtlinie umsetze, die zum Nachteil unserer Wirtschaft sei. Was das Komatrinken betreffe, so lege man nun die Verantwortung auf die kleinen Wirte und nicht auf die Erziehungsberechtigten, kritisierte Weinzinger abschließend.

Abgeordnete STEIBL (V) gab Abgeordnetem Weinzinger insofern Recht, als auch Eltern verantwortlich seien, man sie aber bei ihrer Aufgabe unterstützen müsse. Es gehe auch nicht nur um die Wirte, sondern auch um die Zeltfeste, sagte Steibl und merkte an, diese Novelle sei ein guter Beitrag, die teilweise zahnlosen Jugendschutzgesetze auszubügeln.

Abgeordneter MARIZZI (S) bezeichnete die zur Diskussion stehenden Gesetze als gut, insbesondere habe man mit der Berufsqualifikationsrichtlinie die richtigen Instrumente gefunden. An der Lösung des Problems des Komatrinkens müsse man gemeinsam arbeiten, sagte er. Marizzi sprach sich auch dafür aus, alles zu tun, damit wieder mehr Lehrlinge ausgebildet werden.

Abgeordnete MIKESCH (V) hob die Neugestaltung des Anzeigeverfahrens hervor, was zu einer Verwaltungsvereinfachung führe. Dieser Weg müsse im Interesse der Unternehmen konsequent fortgesetzt werden, forderte sie und unterstützte weiters die Ankündigung des Finanzministers, bis 2012 die Verwaltungskosten für die Betriebe um 25 % senken zu wollen. Sie begrüßte auch die Einführung des geschützten Gütesiegels "Meisterbetrieb", womit bestimmte Qualitätsstandards zum Schutz der KonsumentInnen gewährleistet würden.

Abgeordnete Mag. TRUNK (S) stellte fest, dass die Novelle zur Gewerbeordnung auch aus einer Initiative von Wirten entstanden sei, die ihren Beitrag zur Lösung des Problems leisten wollten. Diese stelle keine Schikane gegen kleine Wirt dar, hielt Trunk fest und unterstrich vor allem auch die Vorbildwirkung von PolitikerInnen.

Abgeordneter STEINDL (V) machte sich im Gegensatz zu Abgeordnetem Weinzinger keine Sorgen um die österreichischen WirtschaftstreuhänderInnen und BilanzbuchhalterInnen. Diese seien hervorragend ausgebildet, sagte er, und verfügten über ausgezeichnete Qualifikationen. Die selbständigen BilanzbuchhalterInnen genössen das Vertrauen der Wirtschaftstreibenden, so seine Überzeugung.

Abgeordneter Mag. MAIER (S) wies auf die zahlreichen Konsumentenschutzbestimmungen in der Gewerbeordnung hin und nannte als ein wichtiges Beispiel dafür den besseren Schutz bei Werbeveranstaltungen und die Verpflichtung zu einer Vermögensschadenshaftpflichtversicherung für ImmobilienverwalterInnen und VermögenstreuhänderInnen. Schließlich brachte er einen Entschließungsantrag betreffend freiwilligen Treuhandrevision für ImmobilienverwalterInnen ein. 

Abgeordneter DI AUER (V) begrüßte die Namensänderung von technischen Büros auf Ingenieursbüros, was zu mehr Wettbewerb führen werde. Auch die Änderungen für die ZiviltechnikerInnen wurden von ihm unterstützt. Er begrüßte weiters die schärferen Maßnahmen im Kampf gegen das Komatrinken.

Abgeordneter KIRCHGATTERER (S) zeigte sich mit dem Gütesiegel "Meisterbetrieb" zufrieden, das die Qualitätsbetriebe unterstütze. Dies werde auch das Ansehen der Betriebe im Ausland steigern und den Standort sichern. Er beklagte abschließend, dass der Mittelstand in den letzten Jahre sträflich vernachlässigt worden und der Verlierer der letzten Steuerreform gewesen sei.

Abgeordneter OBERNOSTERER (V) begrüßte die Novelle der Gewerbeordnung, da es die Verpflichtung aller sei, die Jugend zu schützen. Es sei nicht richtig, dass die Verschärfung der Kontrollen bezüglich Ausweispflicht alleine bei den Wirten hänge bleiben. Allerdings glaube er nicht, dass das Problem des Komatrinkens mit einem Gesetz allein nicht in den Griff zu bekommen ist; wichtig sei vor allem die Vorbildwirkung.

Abgeordneter MUCHITSCH (S) hob die Änderungen im Ziviltechnikergesetz bezüglich Teilzeit sowie die Anrechnung der freien Dienstverträge für die Praxiszeiten positiv hervor. Seine Zustimmung fand auch die Ausweitung der Ausschließungsgründe für die Ausübung eines Gewerbes.

Abgeordneter HÖRL (V) ging auf die Änderungen in der Gewerbeordnung ein und schloss sich inhaltlich seinen Vorrednern an. Aus der Sicht der Wirte stelle es überhaupt kein Problem dar, dass die Strafen erhöht werden, unterstrich er. Eine tolle Sache sei auch das Gütesiegel Meisterbetriebe, denn es könne nicht genug getan werden für die Facharbeiter und die Lehre.

Bei den vorliegenden Gesetzesentwürfen gehe es im wesentlichen um die EU-Qualifikationsrichtlinie und die Dienstleistungsfreiheit, erläuterte Abgeordneter Ing. KUZDAS (S). Es komme zu wesentlichen Erleichterungen, so müssen etwa Erbringer von grenzüberschreitenden Dienstleistungen nicht mehr den schwierigen Qualifikationsnachweis erbringen. 

Abgeordnete SBURNY (G) kündigte an, dass ihre Fraktion den Gesetzesnovellen zustimmen wird. Bei der Diskussion um das Komatrinken gehe es ihrer Meinung nach darum, die Genuss- und Lebensqualität in den Vordergrund zu stellen, und zu verhindern, dass das Zuschütten mit Alkohol nicht noch durch Kampfpreise und einem lässigen Umgang mit dieser Sache unterstützt wird. Was die Umsetzung der Berufsqualifikationsrichtlinie angehe, so sei es positiv, dass es zu mehr Transparenz und Rechtssicherheit komme.

Bei der Abstimmung wurden zunächst die Änderung der Gewerbeordnung sowie der S-V-Entschließungsantrag betreffend Treuhandrevision mehrheitlich beschlossen. Einstimmig angenommen wurde sodann die Änderung des Konsumentenschutzgesetzes; mehrheitlich angenommen wurden die Novellierung des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes, die Änderung des Bilanzbuchhaltergesetzes (die F-Abänderungsanträge verfielen der Ablehnung) sowie des Ziviltechnikergesetzes.

Änderung des Patentanwaltsgesetzes

Abgeordneter Dr. MAIER (V) erinnerte zunächst an seinen Vorschlag, wonach es aus seiner Sicht sinnvoller sei, die Debattenbeiträge schriftlich abzugeben, wenn bei einem Punkt nur Pro-Redner auf der Tagesordnung stehen. Der vorliegende Entwurf trage jüngsten Änderungen des nationalen Rechts auf dem Gebiet des Handels- und Berufsrechts der Rechtsanwälte und Notare Rechnung und diene der Anpassung sowie der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht. Überdies machte er noch Vorschläge für eine allfällige nächste Novelle.

Abgeordneter Ing. GARTLEHNER (S) meinte, dass es Österreich viele Patente gibt, die eigentlich tote Patente sind, da sie nicht genutzt und verwertet werden. Er regte daher eine frühere Herausnahme aus der Schutzzone an, damit Innovationen rasch marktfähig gemacht werden können. Insgesamt war es ihm ein Anliegen, mehr Leben in das österreichische Patentwesen hineinzubringen.

Er könne mit guten Gewissen den Änderungen zustimmen, erklärte Abgeordneter GRADAUER (F). Sodann sprach er noch das Vorhaben der EU an, den geistigen Eigentumsrechten den Vorrang zu geben, was unter Umständen sehr problematisch sein könne. So habe er etwa gehört, dass die Firma Monsanto in 160 Staaten ein Patent auf ein natürlich in Zuchtschweinen vorkommende Gensequenz angemeldet habe.

Seine Fraktion stimme der Vorlage grundsätzlich zu, meinte Abgeordneter SCHALLE (B), bedauerlich sei jedoch, dass bei den Berufsvoraussetzungen dem Ansinnen der Kammer bezüglich einer möglichen Ausbildung in Fachhochschulen nicht berücksichtigt wurde.

Bei der Abstimmung wurde das Patentanwaltsgesetz einstimmig angenommen. (Schluss Wirtschaft/Forts. NR)