Parlamentskorrespondenz Nr. 140 vom 20.02.2008
Von der Ortstafelfrage bis zur Grundrechteagentur
Wien (PK) Mit einer aktuellen Aussprache begann eine Sitzung des Ausschusses für Menschenrechte, die heute Nachmittag unter Vorsitz von dessen Obfrau Brigid Weinzinger (G) stattfand. Bei der Aussprache war Staatssekretärin Heidrun Silhavy anwesend, die mit einer Fülle von thematisch weit gespannten Anfragen konfrontiert wurde. Ein Antrag der Grünen auf Ratifizierung des 12. Zusatzprotokolls zur EMRK wurde neuerlich vertragt.
Der Katalog der Fragen betraf u.a. einen nationalen Aktionsplan für Anti-Diskriminierung, Verbesserung der Stellung der Gleichbehandlungs-Anwaltschaft und Reaktionen auf den Missstandsbericht der Volksanwaltschaft (Abgeordneter Steinhauser, G), konkrete Ergebnisse der UN-Konferenz gegen Menschenhandel und die Position Österreichs gegenüber Folter, die auch in demokratischen Staaten wie den USA ventiliert werde (Abgeordneter Kurzmann, F), eine Muttersprachen-Feststellung als Basis der Lösung der Ortstafelfrage in Kärnten, die Position Österreichs zur Verfolgung der Kurden in der Türkei und der aktuelle Stand bezüglich eines Grundrechtekatalogs (Abgeordneter Darmann, B), einen Zeitplan für die Lösung der Ortstafelfrage (Abgeordneter Großruck, V), die Benesdekrete und Initiativen des BKA im Zusammenhang mit Heimatvertriebenen (Abgeordneter Kapeller, V), eine neue Topographieverordnung und Kriterien für die Förderung der Volksgruppen sowohl hinsichtlich Verteilung wie Valorisierung und die Chancen eines Verbandsklagerechts (Abgeordneter Zinggl, G), Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Fakultativprogramm zur Anti-Folterkonvention (Abgeordnete Knoll, S), die aktuelle Situation bzw. Entwicklung bei der Grundrechteagentur (Abgeordneter Glaser, V) und in der Grundrechtedebatte überhaupt (Abgeordnete Csörgits, S), Kriterien für die Übernahme von Personal in den Asylgerichtshof und der Dialog EU-China im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen in Peking (Abgeordnete Weinzinger, G), Maßnahmen im Zusammenhang mit der Sicherung der Menschenrechte im Kosovo (Abgeordneter Hofer, F), ein neues Gewaltschutzprogramm (Abgeordnete Königsberger-Ludwig, S) die Konzentration von Zuständigkeiten bei der Volksanwaltschaft (Abgeordnete Grander, V) sowie die Begnadigung von "Südtirol-Freiheitsaktivisten" zur Sprache (Abgeordneter Neuhauser, F).
Staatssekretärin Heidrun Silhavy verwies auf einen nationalen Aktionsplan, der zwischen den MinisterInnen Bures und Bartenstein verhandelt werde bzw. in Punkto Menschenhandel bereits beschlossen sei. In der Ortstafelfrage erinnerte sie daran, dass die Lösungsvorschläge in der Endphase der Vorgängerregierung nicht die Zustimmung aller Slowenenvertreter gefunden hätten; der Bundeskanzler habe im Juni des Vorjahres Gespräche mit allen Betroffenen geführt, doch habe der Kärntner Landeshauptmann nicht zugestimmt. Das Thema Benesdekrete würde "immer wieder" angesprochen, ein Dialog sei "nicht unrealistisch", die Angelegenheit ressortiere zum Außenministerium. Bezüglich Grundrechtekatalog sei eine Expertenkommission am Werk; man arbeite an einem Vorschlag, der auch Durchsetzungsmechanismen enthalte. Bezüglich eines Verbandsklagerechts zeigte sich Silhavy skeptisch, eine Mehrheit erreichen zu können. Die Staatssekretärin stimmte der Ansicht zu, dass die Volksgruppenförderung angehoben werden solle; die Gelder würden entsprechend fixer Kriterien aufgeteilt. Bezüglich Fakultativprotokoll zur Anti-Folterkonvention sei ein Überwachungssystem vorgesehen. Die Grundrechteagentur habe ihre Arbeit aufgenommen, sei aber noch in der Aufbauphase. Die Entscheidung bezüglich der Übernahme in den neuen Asylgerichtshof werde so erfolgen, dass eine Einarbeitungsphase garantiert sei; zuständig dafür sei das Innenressort. Im Zusammenhang mit dem Gewaltschutzprogramm sprach sich die Staatssekretärin für eine stärkere Einbindung der Opfer aus. Im Kosovo habe die EU den Minderheitenschutz zu ihrem Anliegen gemacht; konkrete Schritte seien Sache des Außenamtes, ebenso Fragen im Zusammenhang mit Südtirol.
Auf Nachfrage erfuhr Abgeordneter Zinggl (G), dass ein Verbandsklagerecht derzeit nicht vorgesehen und daher auch nicht in Verhandlung sei. Hingegen liefen interministerielle Gespräche betreffend Gleichbehandlungs-Anwaltschaft. Zur Forderung des BZÖ nach Erhebung der Muttersprache in Kärnten trug Silhavy nach, dies habe nichts mit dem individuellen Recht auf das Bekenntnis zur Muttersprache zu tun. Für einige der Fragen stellte die Staatssekretärin eine schriftliche Beantwortung in Aussicht.
Zweiter Punkt der Tagesordndung war ein G-Antrag für allgemeinen Diskriminierungsschutz, in dem die Ratifizierung des 12. Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention verlangt wird. Dieses Protokoll sieht ein generelles und umfassendes Diskriminierungsverbot vor. Zahlreiche Staaten haben das Protokoll, das seit 1. April 2004 in Kraft ist, bereits ratifiziert. Der Antrag war zuletzt in der Sitzung des Ausschusses am 27. November des Vorjahres (siehe PK Nr. 910 /2007) vertagt worden. Abgeordneter Albert Steinhauser (G) plädierte dafür, die Ratifizierung voranzutreiben, zumal das Zusatzprotokoll bereits vor Jahren unterzeichnet worden sei. Abgeordneter Norbert Kapeller (V) stellte unter Hinweis auf "innerstaatliche Diskussion" einen Vertagungsantrag, dem sich die Koalitionsfraktionen anschlossen. (Schluss)