Parlamentskorrespondenz Nr. 401 vom 07.05.2008

Nationalrat startet mit Aktueller Stunde zur Energiepolitik

Ölpreis steigt weiter - alle für erneuerbare Energieträger

Wien (PK) - Nationalratspräsidentin Barbara Prammer eröffnete die 58. Sitzung des Nationalrates mit einer Aktuellen Stunde, für die die Grünen das Thema "Gratis-Sonne statt teurem Öl: sozial gerecht verteilen - klimagerecht umsteuern" vorgeschlagen hatten.

Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG-PIESCZEK (G) wies darauf hin, dass der aktuelle Ölpreis von 122 Dollar/Barrel amerikanische Autofahrer an den Tankstellen zu kollektivem Beten für ein Sinken des Ölpreises veranlasse. Damit sei aber nicht zu rechnen, im Gegenteil, Experten erwarteten einen Ölpreis von 200 $ pro Barrel bereits 2009. "Wir sollten das Öl verlassen, bevor es uns verlässt", sagte Glawischnig-Piesczek und fragte Umweltminister Pröll, warum nach wie vor Gas- und Ölkessel aus Mitteln der Wohnbauförderung subventioniert würden, warum noch keine Solarenergiepflicht für jedes Haus gelte und Energiechecks für Haushalte immer noch nicht eingeführt seien. Die Rednerin beklagte weiters die viel zu geringe Förderung öffentlicher Verkehrsmittel und warf der Bundesregierung, insbesondere auch Energieminister Bartenstein, vor, den Menschen nicht aus der Ölpreisfalle zu helfen. Die Regierung verzichte darauf umzurüsten, das Steuersystem zu ökologisieren und habe sich offenbar bereits damit abgefunden, die Klimaschutzziele nicht zu erreichen.

Umweltminister DI PRÖLL bekannte sich entschieden dazu, erneuerbare Energieträger zu forcieren, um dem Klimawandel entgegenzuwirken und die Importabhängigkeit zu reduzieren. Die Darstellung seiner Vorrednerin wies er aber entschieden zurück. Viele der Forderungen, die sie erhebe, seien bereits in Umsetzung. Österreich sei auf diesem Weg gut unterwegs, es habe einen Anteil erneuerbarer Energieträger von 23 % am Energieverbrauch, produziere 60 % seines elektrischen Stroms nachhaltig und habe das BIP-Wachstum vom Energieverbrauch entkoppelt. Seit 1990 habe das BIP um 43 % zugenommen, der Energieverbrauch stieg aber nur um 27 %, die CO2-Emissionen um 15 %.

Beim Wohnbau und bei der effizienteren Nutzung der Raumwärme setzt Pröll auf Verhandlungen mit den Bundesländern. Die Sanierungsquote soll drastisch erhöht werden. Im Klimafonds stehen 9 Mill. € zur Förderung von Pellets-Heizungen zur Verfügung, informierte Pröll. Der Einsatz von Biosprit habe die Reduktion des CO2-Ausstosses um 1 Mill. Tonnen reduziert. Bis 2010 will Pröll den Biospritanteil im Treibstoff auf 10 % erhöhen. In der Stromproduktion will Pröll den Anteil erneuerbarer Energieträger bis 2015 auf 15 % verdoppeln. Der Minister zeigte sich überzeugt, dass es Österreich gelingen werde, sein Klimaschutzziel bis 2012 zu erreichen.

Abgeordnete BAYR (S) trat dafür ein, Sofortmaßnahmen zur Erreichung der Klimaschutzziele - thermische Wohnbausanierung und Investitionen in die Windenergienutzung - mit längerfristigen Konzepten zur Erreichung der Post-Kyoto-Ziele zu verbinden. Dabei drängte sie auf Investitionen im Inland, die die Wertschöpfung erhöhen und Arbeitsplätze schaffen. Eine Absage erteilte Petra Bayr dem Ankauf von Zertifikaten, die immer mehr zu Spekulationsobjekten würden. Österreich sollte eine offensive Rolle im Post-Kyoto-Prozess übernehmen und mit dem Klimaschutzgesetz durch eine kohärente Politik in allen Bereichen einen Meilenstein setzen, verlangte die Abgeordnete. Skeptisch zeigte sich Petra Bayr gegenüber dem Einsatz von Agrosprit, weil er in Konkurrenz zu dringend notwendigen Nahrungsmitteln produziert werde.

Abgeordneter KOPF (V) setzte sich mit dem Steuerreformkonzept der Grünen auseinander und warnte vor Belastungen von 7 Mrd. €. Zwar versprechen die Grünen den Menschen Entlastungen in Form von Öko-Bonussen und durch die Senkung der Lohnnebenkosten, es stelle sich aber die Frage, wer davon profitieren könne. "Was haben die vielen Betriebe, die keine Mitarbeiter beschäftigen, von einer Senkung der Lohnnebenkosten zu erwarten?", fragte Kopf. Die "Wundertüte" der Grünen, von der alle profitierten und niemand belastet werde, gebe es in der Realität nicht, sie trage auch nichts zur Senkung der CO2-Belastung bei, sagte Kopf. Er plädierte dem gegenüber dafür, Anreize für klimaschonende Investitionen zu schaffen, die Errichtung von Niedrigenergiehäusern zu fördern und die Wasserkraft auszubauen.

Abgeordneter Mag. ROSSMANN (G) vermutete, Abgeordnetem Kopf habe das grüne Steuerreformprogramm nicht richtig gelesen. Die behauptete Zahl von 7 Mrd. € Belastungen sei falsch. Die Grünen wollten nicht nur jene entlasten, die Energie sparen, sondern alle Haushalte und alle Unternehmen, auch die Ein-Personen-Unternehmen. Die Beispiele Dänemarks und Schwedens zeigten, wie erfolgreich dieser Weg sei. Auch das WIFO sprach von einem Schritt in die richtige Richtung, sagte Rossmann und unterstrich die Notwendigkeit, sozial gerecht zu verteilen. Während die Bundesregierung neue steuerliche Privilegien für Stiftungen und Superreiche einführen möchte, litten die Menschen unter steigenden Aufwendungen für Pflege und Bildung und erlitten Einkommensverluste durch die Inflation. Rossmann registrierte einen Trend zu wachsender Ungleichheit und wandte sich einmal mehr gegen die Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer.

Abgeordneter HOFER (F) sah Österreich beim Klimaschutz nicht gut unterwegs und verknüpfte ökologische Fragen mit sozialen Fragen. "Wie kann sich eine Mindestrentnerin die Umrüstung ihrer Heizung oder die thermische Sanierung ihrer Wohnung leisten?", fragte Hofer. Der Abgeordnete drängte darauf, verstärkt heimische Energieträger zu nutzen, statt Scheichs und Oligarchen zu fördern, und verlangte die Weiterentwicklung der Energieproduktionssysteme. Es gehe darum, Wasserkraft, Biomasse, Wind- und Photovoltaik zu forcieren. Hofers Appell lautete: "Wir müssen die Energiewende schaffen".

Abgeordneter SCHALLE (B) warf der Bundesregierung vor, nicht an erneuerbaren Energieträgern, sondern am Schutz von "Verbund" und OMV interessiert zu sein. Veit Schalle hingegen möchte die Sonnenenergie besser nutzen, weil sie 15.000 Mal mehr Energie liefere als die Menschheit derzeit brauche. Auch der Rohstoff für die Solarzellen - Silizium - sei ausreichend vorhanden. Überdies habe Österreich Unternehmen, die bei der Produktion von Solaranlagen international als Marktführer gelten. Österreich sollte sich das deutsche "Erneuerbare Energien-Gesetz" zum Vorbild nehmen, mehr Geld in die Forschung investieren und den Job-Motor Solarenergie besser nutzen. Busse und Taxis in den Städten sollten ausschließlich mit umweltfreundlichen Treibstoffen betrieben werden, lautete eine weitere Forderung Veit Schalles.

Abgeordneter Dr. BAUER (S) zeigte sich überrascht von Klagen der Grünen über den hohen Benzinpreis, den sie selbst einmal gefordert haben. Ihre Kritik wies Bauer mit dem Hinweis darauf zurück, Österreich liege mit einem Anteil der erneuerbaren Energieträger am Energieverbrauch von 23 % weit vor der EU mit 6 % und Deutschland mit 5 %. Auch Abgeordneter Bauer will die Energieeffizienz erhöhen und aus den fossilen Energieträgern aussteigen. Es gehe darum, Gemeinden, Regionen und Staaten energieautark zu gestalten und Investitionen in die Reduktion von CO2-Emissionen mit Mut und Entschlossenheit zu fördern.

Auch für Abgeordneten GRILLITSCH (V) lauteten die Stichworte beim Thema Energiewende: Mut, Unternehmergeist und Risikobereitschaft. Die Bundesregierung und Umweltminister Pröll sah Grillitsch bei der Umsetzung des Nachhaltigkeitsprinzips gut unterwegs. Für die Landwirtschaft bedeute dies, Flächen in erster Linie für die Nahrungsmittelproduktion, aber auch für die Energie- und Treibstoffenergie zu nutzen. Im Hinblick auf die Klimaschutzziele sprach Grillitsch die Hoffnung auf eine baldige Einigung über ein neues Ökostromgesetz aus. Schon mit dem bisherigen Ökostromgesetz konnten 3 Mill. Tonnen CO2-Emissionen eingespart werden, die Versorgungssicherheit erhöht und zusätzliche Beschäftigung im Inland geschaffen werden, sagte der Abgeordnete.

Abgeordnete Dr. LICHTENECKER (G) kritisierte Minister Pröll scharf und meinte in seine Richtung, das Märchen vom Klimaparadies könne man abschreiben. Die Energieintensität habe sich seit dem Jahr 2000 verschlechtert, die Haushalte bekämen keinerlei Energiesparberatung und bis heute fehle ein Klimacheck für Gesetze. Lichtenecker forderte eine Energiewende mit dem Ziel, die Energieeffizienz zu steigern und verstärkt Alternativenergien zu fördern. Bei der Energieeffizienz stehe insbesondere die Raumwärme im Vordergrund, sagte sie. Lichtenecker sah auch im Bereich des Verkehrs Handlungsbedarf. Sie forderte bessere Bedingungen und gute Verkehrslösungen für PendlerInnen und schlug in diesem Zusammenhang vermehrte und gezielte Investitionen und eine Erhöhung des Pendlerpauschales vor. Seitens der Grünen stellte die Rednerin klar, dass ihre Fraktion immer für die Forcierung von Biogas eingetreten sei und die Grünen nie eine Erhöhung des Benzinpreises auf 20 bis 25 Schilling gefordert hätten.

Abgeordneter DI KLEMENT (F) sah ebenfalls eine negative Entwicklung der Klimapolitik. Dies zeige sich daran, dass der Anteil an erneuerbarer Energie zurückgegangen ist. Statt Umweltpolitik herrsche Chaospolitik. Eine Beimischung von 10 % Biosprit hielt Klement aufgrund der vorhandenen Anbauflächen für unrealistisch. Der FPÖ-Abgeordnete kann auch dem Zertifikatehandel nichts abgewinnen, da dadurch die Industrie dem Druck ausweiche und aus Europa abwandere. Außerdem ist nach seiner Auffassung der positive Effekt des Ökostromgesetzes durch die letzten zwei Novellen zerstört worden. Klement sprach sich daher für einen eigenen Ausschuss im Parlament aus, der sich mit Energiefragen beschäftigt. Er verlangte den Ausbau von entsprechender Infrastruktur und öffentlichen Netzen und riet der Regierung, sich am Beispiel der Lösung in Deutschland zu orientieren. Außerdem sollten sich seiner Meinung nach die Parteien aus der Umklammerung durch die Energiekonzerne befreien.

Abgeordneter SCHEIBNER (B) hielt es für eine wichtige und notwendige Zielsetzung, nicht nur die Spekulation in der Ölindustrie hintanzuhalten sondern auch Profiteuren der Umweltspekulationen einen Riegel vorzuschieben. Denn auch beim Klimaschutz gebe es große Spekulationen, sagte Scheibner, anders könne man sich beispielsweise die Steigerungen bei Holz oder Energie aus Windkraftwerken nicht erklären. ExpertInnen würden heute in einem Gutachten A sagen, morgen in einem anderen B. Der Diesel, früher so hoch gepriesen und propagiert, gehöre heute zu den stärksten Umweltbelastungen und der Diesel sei auch teuer geworden. Beim Biosprit müsse man sich fragen, ob dieser wirklich zukunftsträchtig ist. All dies hätten aber die KonsumentInnen teuer zu bezahlen. Scheibner fehlt auch eine EU-Kampagne gegen die großen Umweltverschmutzer in der Welt, wie die USA und China. Österreich hingegen wolle immer Musterschüler sein, was aber nicht funktioniere. Abschließend forderte Scheibner höhere und gezieltere Investitionen in die Forschung.    

(Schluss Aktuelle Stunde/Forts. NR)