Parlamentskorrespondenz Nr. 406 vom 07.05.2008

Neue Marktordnung passiert Nationalrat

Opposition kritisiert Gesetz und Landwirtschaftsminister

Wien (PK) – Am frühen Abend beschloss der Nationalrat mit Mehrheit die neue Marktordnung. In der Debatte kündigte Abgeordneter Dr. PIRKLHUBER (G) einleitend an, seine Fraktion werde die Anpassung der Härtefallregelung für Betriebe, die keine Prämien erhalten, mittragen und begrüßte auch die Einführung von Bagatellegrenzen bei Verstößen gegen die Cross-Compliance-Bestimmungen sowie die Transparenz der Agrarförderungen samt Exportsubventionen. Nachvollziehbar seien für ihn auch die Argumente des Ministers zum Thema Milchquote. Aufrecht bleibe aber die Kritik der Grünen an der Ausgestaltung der ersten Säule der GAP, weil sie es für ungerecht und wettbewerbsverzerrend hielten, manchen Betrieben Prämien zu geben, anderen Betrieben aber nicht. Zum Ausgleich dieser Ungerechtigkeit sei der Härte-Fonds aufzustocken, schlug Pirklhuber vor. Der Redner wandte sich auch gegen die Rodung von Weinanbauflächen und warnte davor, Bauern gleichzeitig Anbau- und Rodungsprämien zu geben. Schließlich trat Pirklhuber dafür ein, die Gentechnik-Freiheit in der Agrarmarktordnung zu verankern. 

Abgeordneter GRILLITSCH (V) sah die Grünen in der Agrarpolitik "weiterzaudern" und bedauerlicherweise auch Regelungen ablehnen, die im Interesse der Bauern ausverhandelt werden konnten. Zu den Vorteilen der neuen Marktordnung für die Bauern zählt für Grillitsch die Möglichkeit, bei Regelverstößen verwarnen zu können, statt strafen zu müssen. Dazu komme die Förderung von Neueinsteigern. Änderungen bei der Betriebsprämie wären unverantwortlich, weil niemand wisse, wie die GAP nach 2013 aussehen werde, meinte Grillitsch, der Verbesserungen für Obst- und Gemüsebauern begrüßte und sich nachdrücklich zur Transparenz in der Förderungspolitik bekannte. Schon heute wollte Grillitsch intensiv darüber nachdenken, wie alternative Förderungsmöglichkeiten für die alpine Milchproduktion aussehen könnten, wenn es die Milchquote einmal nicht mehr geben sollte. 

Abgeordneter DI KLEMENT (F) klagte über unübersichtliche Regelungen im Agrarrecht, die der Bauer ohne juristische Beratung schon lange nicht mehr lesen und verstehen könne. Der Redner wandte sich auch gegen selbstauferlegten Fleißaufgaben bei der Erhebung von statistischen Daten und hielt es für unverständlich, dass Österreich Weinflächen roden soll, weil in Spanien und Italien die Weinqualität nicht stimme. Klement kritisierte zusätzliche Getreideimporte infolge der aktuellen WTO-Runde und wandte sich entschieden gegen die Zerstörung der österreichischen und der europäischen Landwirtschaft. In einem Entschließungsantrag seiner Fraktion forderte der Abgeordnete, die Belastung der Bauern durch bürokratische Cross-compliance-Auflagen auf ein Mindestmaß zu reduzieren.

Abgeordnete BINDER-MAIER (S) erinnerte an die harten Verhandlungen, die auf dem Weg zur Marktordnungsnovelle 2008 geführt werden mussten und forderte den Landwirtschaftsminister auf, bei der Umsetzung für eine gerechte und transparente Verteilung der Mittel zu sorgen. Weiterhin diskutieren will die Abgeordnete die Mutterkuh-Prämie und über die Mitbestimmung des Parlaments bei der Förderung des ländlichen Raums. Ihrem Vorredner stimmte die Rednerin darin zu, das Agrarrecht generell übersichtlicher und leichter verständlich zu gestalten. Für die SPÖ stehe die gerechte Verteilung der Förderungsmittel im Vordergrund, unterstrich Binder-Maier.

Abgeordneter Dr. HAIMBUCHNER (F) kritisierte Minister Pröll als Ankündigungspolitiker. Wenn die Milchquote spätestens 2015 falle, werden ÖVP und Bauernbund Erklärungsbedarf gegenüber den in ihrer Existenz bedrohten Milchbauern haben, prophezeite Haimbuchner. Dasselbe gelte für die Rodung von 4000 ha Weinanbauflächen, die die EU vorschreibe, weil in Spanien und Italien die Weinqualität erhalten werden soll. Kritik übte Haimbuchner auch an demokratiepolitisch bedenklichen Förderungsvergaben durch den Landwirtschaftsminister.

Abgeordneter DOLINSCHEK (B) meinte, er sehe die geplanten Novellierungen im Großen und Ganzen positiv, ergänzte aber, seine Fraktion trete generell für mehr Transparenz in diesem Bereich ein, weshalb man sich mehr als eine Kann-Bestimmung erwarte. Seine Fraktion stehe für klare Qualitätskriterien, und in dieser Hinsicht bedeute die Neuerung einen Vorteil.

Bundesminister Dr. PRÖLL zog eine positive Bilanz über die gegenständliche Vorlage und erläuterte deren Hintergründe. Durch diese Novelle würden viele aktuelle Fragen der heimischen Landwirtschaft beantwortet, man könne also mit der gegenständlichen Entwicklung zufrieden sein, würden hier doch qualitative Schritte gesetzt und entsprechende Signale ausgesandt, so Pröll, der sodann auf die Details der Vorlage einging und sich froh zeigte, dass dieser Entwurf so gut gelungen sei.

Abgeordneter ESSL (V) führte gleichfalls Details aus der Vorlage an und zeigte sich mit den geplanten Maßnahmen zufrieden, da alles andere eine Benachteiligung der heimischen Bäuerinnen und Bauern bedeutet hätte. Schließlich sei die Versorgung dank der heimischen Landwirte garantiert, das müsse man auch entsprechend honorieren.

Abgeordneter WIMMER (S) zeigte sich ebenfalls zufrieden mit der Vorlage, beinhalte diese doch wichtige Maßnahmen für die heimischen Bauern, und befasste sich sodann mit der Situation der heimischen Obst- und Milchbauern. Zudem sei es wichtig, die Förderdaten im Sinne größtmöglicher Transparenz in Bälde offenzulegen.

Abgeordneter SCHULTES (V) wies die Kritik der FPÖ zurück und befürwortete das Marktordnungsgesetz in seiner vorliegenden Form als notwendig und sinnvoll, biete dieses doch den heimischen Landwirten die Gelegenheit, ihre Stärken auszuspielen und am europäischen Markt zu bestehen. Schließlich beschäftigte sich der Redner noch mit den heimischen Genossenschaften sowie mit der Biomasse.

Abgeordnete SCHÖNPASS (S) sprach sich für die Offenlegung der Förderungsempfänger aus und zeigte sich zufrieden mit der Absicht des Ministers, dieser Forderung nachzukommen, denn Transparenz für öffentliche Transferleistungen sollte eine Selbstverständlichkeit sein.

Abgeordneter AUER (V) sagte, eine Ordnung des Marktes sei unumgänglich, denn man müsse sich vor Augen führen, wie sich die tatsächliche Entwicklung in der Landwirtschaft darstelle. Die Bauern seien an der Preisspirale völlig unschuldig, sie bräuchten vielmehr die nötige Unterstützung, um ihre Arbeit im Interesse der Konsumenten weiter hervorragend leisten zu können.

Abgeordneter MAYER (S) ging auf drei Aspekte der Vorlage ein, so auf die Schulmilch-Aktion, auf die heimische Weinwirtschaft und auf die Unterstützung von Kleinbauern. Es müsse um Gerechtigkeit im Bereich der Agrarförderung gehen, und die gegenständliche Vorlage entspreche diesem Ziel.

Abgeordnete HÖLLERER (V) setzte sich mit der heimischen Weinwirtschaft auseinander und beleuchtete die Vorlage unter diesem Gesichtspunkt, dabei dem Entwurf einen positiven Befund ausstellend.

Abgeordneter Mag. GASSNER (S) bezeichnete die Novelle der Marktordnung als ganz gut gelungen, wie er sich auch zufrieden hinsichtlich der geplanten Transparenz bei den Förderungen zeigte. Zudem gelte es, darüber nachzudenken, wie man die heimischen Betriebe über 2013 hinaus unterstützen und bewahren könne.

Abgeordneter DI KLEMENT (F) wiederholte den Standpunkt seiner Fraktion in diesem Bereich. Man habe es hier mit problematischen Entwicklungen zu tun, auf die adäquat reagiert werden müsse. Diese Punkte müssten angesprochen und dürften nicht ignoriert werden, mahnte Klement.

Für die Annahme der Vorlage votierten schließlich die V-Mandatare ZWEYTICK, KAINZ und FREUND. Abermals wurden dabei Aspekte wie die Milchquote oder der Weinbau thematisiert. Mit der Vorlage würden den Bauern Sicherheit und Chancen für die Zukunft geboten, so der Tenor der Redner.

In einer zweiten Wortmeldung übte Abgeordneter Dr. HAIMBUCHNER (F) neuerlich Kritik an der geplanten Novelle und trat den Vorwürfen, er lege mangelnde Ernsthaftigkeit an den Tag, mit Entschlossenheit entgegen. Es gelte, den heimischen Landwirten entsprechende Unterstützung angedeihen zu lassen, und genau von diesem Credo lasse er sich leiten.

Die Vorlage wurde in dritter Lesung mehrheitlich angenommen. Der F-Entschließungsantrag fand hingegen nicht die erforderliche Mehrheit. Der Gesetzesentwurf zur Änderung der Referenzmengen-Zuteilungs-Verordnung 2006 wurde wiederum mehrheitlich angenommen.

(Schluss Marktordnung/Forts. NR)