Parlamentskorrespondenz Nr. 879 vom 21.11.2008

Epstein: Seminar über Hilfe für AIDS-infizierte Kinder in Afrika

Prammer für stärkere Nord-Süd-Vernetzung der Entwicklungshilfe

Wien (PK) - Im Vorfeld des Welt-AIDS-Tages am 1. Dezember und der Welt-AIDS-Konferenz, die 2010 in Wien stattfinden wird, hat Nationalratspräsidentin Barbara Prammer heute Vormittag gemeinsam mit Jan Nico Scholten von der Organisation Europäischer Parlamentarier für Afrika (AWEPA) und mit dem UNICEF Austria-Sonderbeauftragten zum Thema HIV/AIDS Rudolf Nagiller im Parlament ein ganztägiges Seminar zum Thema "Schutz von Kindern vor der HIV/AIDS-Epidemie" eröffnet.

Präsidentin Prammer begrüßte in ihren Einleitungsworten nachdrücklich die Kooperation zwischen AWEPA und UNICEF beim Kampf gegen HIV/AIDS und bei der Unterstützung HIV-infizierter Kinder und sah darin ein gutes Signal auf dem Weg zu einer stärkeren Vernetzung der Entwicklungszusammenarbeit zwischen Nord und Süd und für die wachsende Rolle der Parlamentarier in diesem Prozess. Das Thema des heutigen internationalen Seminars sah die Nationalratspräsidentin einerseits im Vorfeld des Welt-Aids-Tages am kommenden 1. Dezember und im Zusammenhang mit der traurigen Feststellung, dass die bisherigen Anstrengungen im Kampf gegen HIV/AIDS zwar in Europa fruchtbar waren, im Süden aber nach wie vor katastrophale Verhältnisse herrschten. Eine Verbesserung sei nur zu erwarten, wenn es gelinge, die Anstrengungen weltweit deutlich zu intensivieren. Kinder leiden unter der Epidemie besonders, entweder weil sie selbst infiziert sind oder ihre Eltern, Verwandten, Freunde und damit alle Lebensperspektiven verlieren. Dabei dürfe Europa nicht untätig zusehen, sagte Prammer und rief zu verstärkter Hilfe auf. In diesem Sinne zähle das heutige Seminar auch zur Vorbereitung auf die Welt-Aidskonferenz, die 2010 in Wien stattfinden werde. Es gelte den internationalen Kampf gegen HIV/AIDS und die Hilfe für die von der Epidemie betroffenen Kinder besser auszurichten.

Vor den vielen internationalen Teilnehmern des Seminars entwickelte die Präsidentin auch Gedanken über historische Zusammenhänge zwischen dem Tagungsort - dem Palais Epstein - und der heutigen Veranstaltung, indem sie daran erinnerte, dass das Palais der sozial engagierten Bankiersfamilie Epstein, eines der ersten an der Wiener Ringstraße, zur Zeit der Monarchie ein Ort des intellektuellen Gedankenaustauschs gewesen sei. Diesem Ursprung des Gebäudes nähere sich das österreichische Parlament auch heute wieder an, sagte Prammer und wies die Seminarteilnehmer auf die Einrichtung der "Demokratiewerkstatt" im Palais Epstein hin, in der es um eine der wichtigsten Zukunftsfragen gehe, die Vermittlung der Werte und Idee von Demokratie und Parlamentarismus an Kinder und Jugendliche.

Scholten: Parlamentarier sollen EZA-Programme kontrollieren   

AWEPA-Präsident Jan Nico Scholten erinnerte an das Eintreten seiner Organisation für Freiheit, Gerechtigkeit und Menschenrechte und bezeichnete die Situation von Millionen Kindern, die unter HIV/AIDS leiden, als eine der größten aktuellen Ungerechtigkeiten. Die Zahl dieser hilfsbedürftigen Kinder wachse mit beängstigendem Tempo, sagte Scholten. Scholten erinnerte an die Beschlüsse der Parlamentarierkonferenzen von Kapstadt und Kampala sowie an den kürzlich beschlossenen Aktionsplan, über dessen Umsetzung 2009 zu berichten sein wird. In dem heutigen Seminar gehe es aus seiner Sicht darum festzustellen, was die europäischen Parlamentarier tun können, um Kindern in Afrika zu helfen, deren Leben und deren Menschenrechte in Frage stehen. Die AWEPA trete dafür ein, die Rolle der Parlamentarier bei der Umsetzung von EZA-Programmen zu verstärken. Parlamentarier sollen deren Durchführung überprüfen, schlug Scholten vor und forderte überdies eine wichtige Rolle für die Parlamentarier bei der Welt-Aidskonferenz 2010.

Nagiller: Professionelle Hilfe der UNICEF gibt Hoffnung  

Der HIV/AIDS-Sonderbeauftragte von UNICEF Austria Rudolf Nagiller schilderte zunächst Eindrücke von Afrikareisen, die er als Journalist unternommen habe. Er sei vielen Kindern begegnet, die infolge der HIV/AIDS-Epidemie ihre Kindheit und ihre Entwicklungsmöglichkeiten verloren haben und dringend auf Hilfe angewiesen sind. Er habe bei seiner Arbeit aber nicht nur die zunehmende Verschlechterung in den Lebensverhältnissen von Kindern beobachten müssen, sondern auch die wachsende Hoffnung registriert, die sich auf die professionelle Arbeit der UNICEF richte. Er sei von dieser Arbeit überzeugt, sagte Nagiller, er hoffe auf weitere Fortschritte im Kampf gegen die Epidemie und bei der Hilfe für die betroffenen Kinder. Rudolf Nagiller warnte aber davor, sich auf die Produktion von Papieren zu beschränken, denn Papier sei geduldig, die Kinder in Afrika brauchten aber dringend Hilfe, schloss der UNICEF-Sonderbeauftragte.

Ahrens: Weltweit 2,1 Mio. HIV-infizierte Kinder, 15 Mio. Waisen    

Im Anschluss daran hielt Henriette Ahrens (UNICEF) ein Impulsreferat zum Thema "Kinder und Aids" und berichtete vor allem über die Kampagne "Unite for Childen, Unite against Aids". Noch immer gebe es zu wenig Bewusstsein darüber, in welcher Form Kinder und Jugendliche von der HIV-Erkrankung betroffen sind, meinte Ahrens, weshalb diese weltweite Initiative gestartet wurde. Im Mittelpunkt stehen dabei vier Schwerpunkte, nämlich die Verhinderung der Übertragung der Infektion von den Müttern auf die Babys, die Implementierung einer kindergerechten medikamentösen Behandlung, eine verstärkte Aufklärungsarbeit bei jungen Menschen sowie die Unterstützung und der Schutz der betroffenen Kinder. Ein generelles Problem bestehe darin, dass es in den am meisten betroffenen Ländern, und zwar in den afrikanischen Staaten südlich der Sahara, keine ausreichende Gesundheitsversorgung gibt. Überall dort, wo die Gesundheitsdienste vor allem für schwangere Frauen ausgebaut wurden, konnte auch die HIV-Übertragungsrate erheblich gesenkt werden. Ein weiteres wichtiges Anliegen der UNICEF-Kampagne bestehe darin, möglichst frühzeitige Tests bei den Kindern durchzuführen, weil dadurch die Behandlungserfolge deutlich verbessert werden können. Auch wenn es in manchen Bereichen große Fortschritte gegeben hat, wie etwa bei der Behandlung von HIV-infizierten schwangeren Frauen, der Senkung der Medikamentenkosten um bis zu 45 %, dem Einsatz von innovativen Testmethoden etc., gebe es noch sehr viel zu tun, mahnte die Vertreterin der UNICEF. Ahrens erinnerte abschließend daran, dass weltweit 2,1 Millionen Kinder unter 15 Jahren mit HIV infiziert sind und dass es 15 Millionen HIV-Waisen (unter 18 Jahre) gibt.

Nach der Eröffnung widmeten sich internationale Experten unter der Moderation von Maria Jonas (AIDS-Haus Wien) zunächst der Frage, wie die Parlamente des Südens und des Nordens effektive Maßnahmen zum Schutz von Kindern unterstützen können. Dabei gehe es im Einzelnen um die Stärkung von Gemeinschaften und Familien, den Ausbau von Gesundheits-, Bildungs- und Sozialsystemen, die Mobilisierung finanzieller Ressourcen und um die Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten.

Erfolgreiche Schutzmaßnahmen einzelner Länder werden die Seminarteilnehmer am Nachmittag vorstellen und diskutieren. Es ist geplant, die Ergebnisse der Beratungen durch Martha Miklin von UNICEF Austria als "Richtlinien für Parlamentarier zur Unterstützung von Waisen und verwundbaren Kindern" zu präsentieren. (Schluss)

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung Besuch finden Sie – etwas zeitverzögert – auf der Website des Parlaments im Fotoalbum : www.parlament.gv.at