Parlamentskorrespondenz Nr. 28 vom 22.01.2009

Werbebeschränkungen für Privatfernsehen und -radio gelockert

Nationalbibliothek sammelt künftig auch Online-Publikationen

Wien (PK) - In weiterer Folge wandte sich der Nationalrat Änderungen im Privatfernsehgesetz und im Privatradiogesetz zu, die i n Anlehnung an eine neue EU-Richtlinie Lockerungen bei den Beschränkungen für Fernsehwerbung und Teleshopping in Privatsendern vorsehen.

Abgeordneter Mag. STEFAN (F) bekannte sich grundsätzlich zu einem dualen Rundfunksystem in Österreich, dies sei eine alte freiheitliche Forderung. Dazu müssten den Privatsendern ausreichend Werbemöglichkeiten eingeräumt werden. Stefan zeigte allerdings kein Verständnis dafür, Werbebeschränkungen für Kindersendungen zu lockern und künftig mehr Unterbrecherwerbung zu gestatten. Österreich sei hier großzügiger als andere Länder, skizzierte er und verwies u.a. auf das Werbeverbot in Kindersendungen in Dänemark und Schweden. Ein von Stefan eingebrachter Abänderungsantrag zielt darauf ab, dass Kindersendungen frühestens nach 45 Minuten und maximal einmal durch Werbung unterbrochen werden dürften.

Abgeordneter Dr. WITTMANN (S) machte geltend, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werde eine EU-Richtlinie umgesetzt, die eine Reihe von Liberalisierungen enthalte. Die Novelle sei allerdings nur ein erster Schritt, ein weiterer werde folgen. Es gehe darum, dass die österreichischen Privatsender wettbewerbsfähig bleiben. Bei Werbeunterbrechungen von Kindersendungen ändere sich nur wenig, betonte Wittmann und verwies auf einen geplanten Entschließungsantrag, der auf einen freiwilligen Verzicht von Unterbrecherwerbung im Kinderprogramm abziele.

Abgeordneter PETZNER (B) erklärte, das BZÖ habe sich dem von Wittmann erwähnten Entschließungsantrag angeschlossen. Kinderschutz sei wichtig, bekräftigte er, er helfe aber nichts, wenn es keine klare Kontrolle gebe.

Generell sprach sich Petzner dafür aus, auch dem ORF in der jetzigen schwierigen Phase zu helfen. Insbesondere trat er für eine Lockerung der Werbebeschränkungen für Landesstudios ein, da diese, wie er meinte, vor einem finanziellen Kollaps stünden. Zur Reform des ORF will er eine unabhängige Reformkommission einsetzen, überdies sprach er sich für einen Austausch von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz aus.

ÖVP-Klubobmann KOPF führte aus, die vorliegende Gesetzesnovelle sei ein wichtiger Beitrag zur Sicherung des dualen Rundfunks. Es sei wichtig, die pluralistische Medienlandschaft in Österreich zu erhalten, betonte er.

In einem zweiten Schritt zur Umsetzung der EU-Richtlinie wird es Kopf zufolge auch notwendig sein, das ORF-Gesetz zu adaptieren. Er verwies in diesem Zusammenhang auch auf die vernichtende Kritik des Rechnungshofs am ORF und wertete die Größe der Organe als eines der Probleme. Kopf wandte sich allerdings strikt dagegen, der Politik ein direktes Hineingreifen in den ORF zu ermöglichen.

Abgeordneter Dr. HÜBNER (F) kündigte die Zustimmung der FPÖ zur vorliegenden Gesetzesnovelle an. Er äußerte allerdings die Befürchtung, dass die Lockerung der Werbezeiten für Privatsender Begehrlichkeiten des ORF nach mehr Geld wecken werde. Die FPÖ sei für einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk, sagte Hübner, "allerdings zu vernünftigen Bedingungen und zu vernünftigen Kosten". Der ORF habe sich zu einem "riesigen Monstrum" entwickelt und nicht adäquat darauf reagiert, dass er nicht mehr als Monopolsender 100 % der Zuschauer bediene, sondern nur noch ein Mitbewerber unter mehreren sei.

Abgeordneter BROSZ (G) meinte, Unterbrecherwerbung sei für TV-Zuseher nicht besonders angenehm, die Privatsender seien aber von Werbeeinnahmen abhängig. Die vorliegende Gesetzesänderung hält er für notwendig, da ausländische Privatsender mit ihren Werbefenstern viel Geld aus Österreich abziehen. Zur Frage des Kinderschutzes brachte Brosz einen gemeinsamen Entschließungsantrag aller fünf Parteien ein. Demnach soll die Bundesregierung einen freiwilligen Verzicht österreichischer Privatsender auf Unterbrecherwerbung bei Kindersendungen erwirken, unabhängig von deren Dauer.

Als notwendig qualifizierte Brosz eine Reform des ORF, er wandte sich jedoch strikt dagegen, Teile des ORF zu privatisieren oder einen stärkeren Zugriff der Parteizentralen auf den ORF zu ermöglichen. Der Wechsel von Lindner zu ORF-Generaldirektor Wrabetz hat ihm zufolge zu mehr Unabhängigkeit in den einzelnen Redaktionen und einer insgesamt kritischeren Berichterstattung geführt, das solle, unabhängig von strukturellen Veränderungen, so bleiben.

Staatssekretär Dr. OSTERMAYER zeigte sich erfreut darüber, dass es in zwei Punkten Konsens zwischen den Fraktionen gebe: beim Bekenntnis zum dualen Rundfunksystem und beim Bekenntnis zu einem starken öffentlich-rechtlichen ORF. Mit der vorliegenden Gesetzesnovelle sollen ihm zufolge die ökonomischen Möglichkeiten von Privatsendern durch eine Lockerung der Beschränkungen für Werbung und Teleshopping gestärkt werden. Man setze die EU-Richtlinie im Wesentlichen eins zu eins um, sagte Ostermayer, bei der Werbeunterbrechung von Kindersendungen komme es grundsätzlich zu keinen Änderungen. Einen zweiten Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie will Ostermayer im Frühjahr in Begutachtung schicken.

Abgeordneter SCHEIBNER (B) erklärte, seine Fraktion werde die Gesetzesvorlage ablehnen. Man solle die Verantwortung nicht immer der EU zuschieben, kritisierte er, im Übrigen hätte man noch länger Zeit zur Umsetzung der Richtlinie gehabt.

Besonders kritisch beurteilte Scheibner Unterbrecherwerbung bei Kindersendungen. Er zeigte sich auch skeptisch, ob der angestrebte freiwillige Verzicht etwas bringen werde. Generell gab er zu bedenken, dass ausländische Privatsender, die nach Österreich hineinstrahlen, mehr als 12 Minuten Werbung pro Stunde ausstrahlten. An den ORF appellierte Scheibner, mehr auf Qualität zu setzen.

Abgeordneter PRÄHAUSER (S) verwies auf die Notwendigkeit, Privatsendern die Chance zu geben, am Markt überleben zu können. Seiner Meinung nach ist das Privatfernsehgesetz dafür keine gute Grundlage, die Sender würden alleine gelassen. Auch viele Radiosender habe man zugelassen, ohne sich zu überlegen, wie diese ökonomisch überleben könnten. Konkret übte Prähauser daran Kritik, dass auf "Salzburg TV" während der Bundesländersendung des ORF die Scheibe schwarz-weiß flimmern müsse.

Abgeordneter Dr. ZINGGL (G) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion in Dritter Lesung an, beklagte aber, dass die Vorlage insgesamt zur Verschlechterung der Qualität des Mediums führen werde. Insbesondere kritisierte er die Möglichkeit, Kindersendungen durch Werbeeinschaltungen zu unterbrechen, was hingegen z.B. bei Gottesdiensten nicht möglich sei. In Richtung des Abgeordneten Scheibner meinte er, das EU-Gesetz solle Schutz bieten; strengere Regelungen zum Schutz der Kinder wären daher möglich und wichtig. Zinggl brachte einen entsprechenden Abänderungsantrag ein. Durch das Gesetz werde zudem an der Gesamtsituation eine Änderung vorgenommen, weil in der Folge von den Privaten Werbeblöcke nach Belieben eingeschaltet werden könnten. Das Ergebnis sei ein "schlechteres Fernsehen".

Abgeordneter Dr. CAP (S) erinnerte daran, dass die Geschäftsführung des ORF im Stiftungsrat mit Stimmen aller Parteien bestellt worden sei. Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk habe es zur Zeit nicht einfach, räumte der Klubobmann ein. Die vielzitierten 100 Millionen seien aber auch Ausdruck der Wirtschaftskrise und müssten genauer betrachtet werden. Ein Teil entfalle z.B. auf die Kosten für die Berichterstattung über die Olympischen Spiele und über die Fußball-Europameisterschaft. Es gehe aber auch um die grundsätzliche Frage nach dem Handlungsspielraum des ORF, auch um Fragen wie Kultur und Identität; es solle daher keine Privatisierung stattfinden, die Kanäle sollten erhalten bleiben. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Hörfunk europaweit an der Spitze liege. Die Pluralität im Stiftungs- und im Publikumsrat solle gewahrt bleiben, plädierte Cap.

Abgeordnete Mag. MUSIOL (G) thematisierte die Unterbrechungsmöglichkeit bei Kindersendungen und zitierte aus einer britischen Studie, die die Folgen von Werbeunterbrechungen auf das Ernährungsverhalten haben. So hätten gerade dicke Kinder um 100 Prozent mehr Süßigkeiten gegessen. Es gehe also nicht nur um Schutz für die Geldbörsen der Eltern, sondern auch für die Gesundheit der Kinder; Hinweise auf die diesbezügliche Verantwortung der Eltern seien nicht ausreichend.

Die Abänderungsanträge der Grünen und der Freiheitlichen blieben in der Minderheit; die Vorlage wurde in der Fassung des Ausschussberichts mit Mehrheit angenommen. In Dritter Lesung wurde die Vorlage ebenfalls mit Mehrheit angenommen.

Der Entschließungsantrag auf freiwilligen Verzicht auf Unterbrecherwerbung bei Kindersendungen durch die Privatsender wurde einstimmig angenommen.

Mediengesetz-Novelle bringt Ablieferungspflicht für Online-Medien

Hierauf befassten sich die Abgeordneten mit einer Ausdehnung der im Mediengesetz bestehenden Anbietungs- und Ablieferungspflicht für gedruckte Publikationen an öffentliche Bibliotheken auf Online-Medien.

Abgeordnete LUEGER (S) wies eingangs auf die dem Gesetzentwurf vorangehende ausführliche Diskussion der Materie hin. Man habe bei dem Gesetz drauf geachtet, zu einem Gleichgewicht in der Berücksichtigung der verschiedenen Interessen zu gelangen, etwa durch ein automatisches elektronisches Sammel- und Ablieferungssystem, wobei man den administrativen Aufwand gering zu halten bestrebt gewesen sei.

Abgeordneter OBERNOSTERER (V) stellte fest, dass mit dem Gesetz in den Sammelbibliotheken die Entstehung von Lücken ebenso verhindert werden solle wie die Überlastung der Unternehmen. Die Medienunternehmer hätten nunmehr mit der Nationalbibliothek einen einzigen Ansprechpartner.

Abgeordneter Dr. FICHTENBAUER (F) beurteilte die Novelle als vernünftig und kündigte die Zustimmung seiner Fraktion an. Die Materie biete aber Anlass, weitere Schritte – etwa beim Verfahrensrecht, insbesondere im Zusammenhang mit dem Opferschutz –in Angriff zu nehmen. Auch werde darüber nachzudenken sein, ob Widerrufangelegenheiten im Strafrecht richtig positioniert seien.

Mit der Novelle sei von der Regierung die bisher "vernachlässigbarste" Materie vorgelegt worden, die um die Mitternacht zum "Durchwinken" geeignet wäre, stellte Abgeordneter Mag. STADLER (B) fest. Er brachte einen Abänderungsantrag ein.

G-Abgeordneter BROSZ bewertete die Frage der Archivierung elektronischer Medien als nicht so unbedeutend wie sein Vorredner. Er kündigte die Zustimmung seiner Fraktion sowohl zur Vorlage als auch zum Abänderungsantrag an.

Die Vorlage fand in der Fassung der Regierungsvorlage einstimmige Zustimmung, die Abänderungsanträge fanden keine Mehrheit. Der Gesetzesvorschlag wurde auch in Dritter Lesung einstimmig angenommen. (Fortsetzung)