Parlamentskorrespondenz Nr. 328 vom 21.04.2009
FPÖ gegen neue Steuern, aber für zeitlich begrenzten Solidarbeitrag
Wien (PK) – Die Debatte über den Sicherheitsbericht (siehe PK Nr. 327 /2009) wurde am Nachmittag unterbrochen, um den von der FPÖ eingebrachten Dringlichen Antrag betreffend "Solidarität statt Klassenkampf" in Verhandlung zu nehmen.
Abgeordneter STRACHE (F) warf eingangs seiner Begründung für den Antrag den Regierungsparteien vor, eine katastrophale Politik zu machen. Die Steuerreform verdiene den Namen nicht, und die Budgetrede habe in erster Linie Floskeln enthalten. Strache kritisierte insbesondere das Bankenpaket, dem auch die FPÖ unter falschen Voraussetzungen zugestimmt habe. Bis heute seien die damals gemachten Versprechungen nicht eingehalten worden, wie beispielsweise die Prüfung der Bilanzen durch den Rechnungshof und rechtliche Vorgaben, dass die Mittel ausschließlich der Stärkung des heimischen Markts dienen. Das sei unverantwortlich, sagte Strache. Und nun komme die SPÖ mit ihrer alten Methode, neue Steuern einführen zu wollen und neue Belastungen zu ersinnen. Sie spiele damit wieder den Klassenkampf, habe aber nichts dagegen unternommen, als durch Maastricht der Deregulierungswahn entstand, der erst zur Krise geführt habe. Die SPÖ habe auch die Halbierung der Stiftungssteuern unterstützt und Gehaltskürzungen von hohen BeamtInnen und PolitikerInnen abgelehnt, so die weitere Kritik Straches an der SPÖ.
Die aktuelle Situation erfordere statt neuer Steuern Notmaßnahmen, wie eine wesentlich tiefer greifende Steuerreform und ein wesentlich umfangreicheres Konjunkturpaket, stellte Strache fest. In einer Zeit, wo der Mittelstand zerbrösele, die Kaufkraft sinke und die finanzielle Lage der Klein- und Mittelbetriebe schlecht sei, sei es unverantwortlich, mit Steuerplänen den Mittelstand weiter zu verunsichern. Strache forderte die Senkung der Abgabenquote auf 39 Prozent, die Umsetzung der Vorschläge des Österreich-Konvents und die Halbierung der EU-Beiträge Österreichs. Weiters schlug er vor, die Gehälter von PolitikerInnen und höchsten BeamtInnen als Solidaritätsbeitrag zu kürzen und endlich die Zuwanderung zu stoppen.
Bundeskanzler FAYMANN konterte, der einzige Vorschlag der FPÖ sei es, die Gehälter einiger weniger SpitzenverdienerInnen zu kürzen, und das sei keine alternative Maßnahme in der jetzigen Wirtschaftskrise. Notwendig sei die Rückkehr zu den Prinzipien einer Bilanzierungs-Richtlinie, die die Wirtschaft stärkt und unkontrollierte Spekulationen vermeidet, sowie eine europäische Finanzmarktkontrolle. Die Bundesregierung kämpfe gegen die Krise, sagte Faymann, und verteidigte auch das Bankenpaket. Dieses sei kein Geschenk an die Banken, sondern fordere von diesen eine hohe Gegenleistung. Es sei notwendig, um der Wirtschaft wieder leistbare Kredite zur Verfügung zu stellen. Die FPÖ, die dem Bankenpaket zugestimmt habe, wolle sich offensichtlich aus populistischen Gründen nun davon distanzieren. Um gegen die Arbeitslosigkeit anzukämpfen, habe die Bundesregierung alles mobilisiert, von der Tarifsenkung, die keine Tarifreform darstellt, bis zur Unterstützung der Familien. Damit wolle man die Kaufkraft stärken. Die Bundesregierung habe in ihrem Programm festgelegt, dass die Steuersenkung mit Sparsamkeit und nicht mit neuen Steuern finanziert werde, und dabei werde es auch bleiben, bekräftigte der Bundeskanzler.
Faymann betonte jedoch, man müsse über eine Strukturreform des Steuersystems grundsätzlich diskutieren. Er räumte ein, dass die Steuerbelastung derzeit hoch sei und man rasch in die Progression komme. Es sei daher darüber nachzudenken, wie man die Kurve eventuell abflachen und die Belastungen aus Einkommen- und Lohnsteuer verringern könne. Der Bundeskanzler sprach in diesem Zusammenhang von mehr Steuergerechtigkeit und gab zu bedenken, dass diese Diskussion genauso schwierig sein werde, wie jene zur Verfassungs- und Verwaltungsreform. Abschließend appellierte er an die Zusammenarbeit aller für eine gerechte Gesellschaft.
Abgeordneter THEMESSL (F) schenkte dem Bundeskanzler nur wenig Glauben, dass die SPÖ derzeit keine Steuern erhöhen wolle. Die SPÖ verwickle sich, so Themessl, in einen Widerspruch, denn einerseits versichere sie immer wieder, den Mittelstand nicht belasten zu wollen, andererseits rede sie von Vermögens- und Erbschaftssteuer. Das vor dem Hintergrund, dass die Abgabenquote in Österreich bei 43 Prozent liegt, und damit an der fünften Stelle in Europa, gleichzeitig aber hinsichtlich der Zunahme am realen Bruttoverdienst nur die vorletzte Stelle innehat. Auch die Tatsache, dass 2,7 Mill. Menschen keine Lohnsteuern zahlen, sei keine gute Botschaft, denn sie zeige, wie viele Menschen von Niedrigstlöhnen leben müssen.
Abgeordneter KRAINER (S) konterte, es sei der FPÖ-Finanzminister Grasser gewesen, dessen Politik zur höchsten Steuer- und Abgabenquote geführt habe. Die FPÖ habe zur Zeit ihrer Regierungsbeteiligung die durchschnittlichen VerdienerInnen mit lediglich 7 € pro Monat entlastet, die jetzige Tarifsenkung bringe 35 € pro Monat. Während die FPÖ die Stock Options eingeführt habe, seien diese nun wieder abgeschafft worden, genauso wie die entnommenen Gewinne. Krainer verteidigte die Diskussion um die Vermögenssteuer, denn man müsse unterscheiden zwischen denjenigen, die arbeiten gehen und Steuern zahlen, und denjenigen, die arbeiten lassen und wenig Steuer dafür bezahlen. Er sehe es daher als eine Notwendigkeit an, unabhängig von der Wirtschaftskrise eine Diskussion über eine Steuerreform mit dem Ziel größerer Steuergerechtigkeit zu führen.
Abgeordneter Dr. BARTENSTEIN (V) unterstrich, die aktuelle Steuerentlastung im Ausmaß von 2 Mrd. € sei die größte Entlastung seit Jahrzehnten. Diese sei gemeinsam mit den Konjunkturpaketen ein richtiger Ansatz, der Krise zu begegnen. Bartenstein bezweifelte, ob es gescheit sei, in diesem Umfeld eine Diskussion um neue Steuern zu entfachen. Er hätte es sich gewünscht, wenn der Bundeskanzler sich klarer gegen jegliche Steuererhöhung ausgesprochen hätte, betonte er. Mit der ÖVP werde es jedenfalls weder neue Steuern noch Steuererhöhungen geben, stellte Bartenstein klar und zitierte eine Studie, wonach Österreich hinsichtlich der Verteilungsgerechtigkeit nach Dänemark und Schweden an dritter Stelle liegt. Das obere Drittel der Bevölkerung komme für 64 Prozent des Steuervolumens auf, das untere Drittel für 9 Prozent, rechnete er vor. Der ehemalige Finanzminister Lacina habe die Vermögenssteuer aus gutem Grund abgeschafft, sagte Bartenstein, außerdem gebe es in Österreich innerhalb bestimmter Fristen eine Vermögenszuwachssteuer. Wenn man Deutschland als Vorbild heranziehe, was man durchaus tun könne, dann müsse man auch sagen, dass dort der Spitzensteuersatz bei 47 Prozent liege, während dieser in Österreich 50 % beträgt, und in Deutschland dieser Satz ab einem Einkommen von 250.000 € zu bezahlen ist. In Österreich komme der Spitzensteuersatz bereits ab 61.000 € zum Tragen.
Abgeordneter LUGAR (B) kritisierte den Antrag der FPÖ, da dieser Vorschlag 8,6 Mill. € einbringen würde, und nicht mehr. Das sei eine populistische Forderung und der falsche Weg. Lugar hielt auch die von der SPÖ wieder in Diskussion gebrachte Vermögenssteuer und Erbschaftssteuer für komplett verfehlt und fragte grundsätzlich, wo die SPÖ denn in Zeiten wie diesen einen Vermögenszuwachs sehe. Holen könne man nur etwas bei den Großen, und die seien längst mit ihrem Vermögen "stiften gegangen". Der BZÖ-Abgeordnete verlangte die Umsetzung der Verwaltungsreform und appellierte, einen Konsens zu suchen, was der Staat leisten soll und kann. Er befürwortete auch zukunftsweisende Investitionen, wie etwa in Energiesparmaßnahmen, und hielt es in diesem Zusammenhang auch für durchaus vertretbar, Schulden zum machen. Lugar befürchtete jedoch, dass die Verwaltungsreform nicht zustande kommen wird. Abschließend brachte er nochmals das Modell der Flat Tax zur Sprache.
Abgeordneter Dr. PILZ (G) setzte sich mit dem Thema Vermögenssteuer auseinander. Diese brauche man baldmöglichst, denn ausgabenseitig werde man der Krise nicht Herr werden, und es sei nicht zumutbar, jene noch länger zur Kasse zu bitten, die schon bisher alles finanziert hätten, ohne für die Krise verantwortlich zu sein. Nun sollten erstmals auch die Reichen zahlen, forderte Pilz, der aber andererseits auch dem Antragsteller vorwarf, mit diesem Dringlichen Antrag die Seiten gewechselt zu haben. Mit diesen Initiativen diene die FPÖ nur den Reichsten dieser Republik, nicht aber den viel zitierten "kleinen Leuten". Die Grünen aber träten für eine gerechte Besteuerung ein, welche die Opfer der Krise schütze, und dazu müsse man sich das Geld dort holen, wo es liege: bei den Reichen.
Abgeordneter WEINZINGER (F) wies die Vorwürfe seines Vorredners zurück und erklärte, gerade seine Fraktion spiele nicht das Spiel der Großverdiener, sondern vertrete die Interesse der Bevölkerung. Die Reaktion des Bundeskanzlers habe gezeigt, dass die Linie der FPÖ richtig sei, meinte der Redner, der sodann für eine "echte Verwaltungsreform" votierte.
Abgeordneter Dr. MATZNETTER (S) hielt die ökonomische Theorie der FPÖ für wenig plausibel und meinte, mit diesem Auftritt gehe die FPÖ ihres sozialen Mäntelchens ein wenig verlustig. Die Regierung aber habe just jetzt eine Steuerentlastung beschlossen, die den Beziehern kleinerer Einkommen nütze, die daher sozial gerecht sei und überdies sich auf die Binnennachfrage positiv auswirken werde.
Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V) warnte davor, angesichts der Krise Instrumentarien aus der "Mottenkiste linker Ideologie" auspacken zu wollen. Nicht der kleine Unternehmer, der Arbeitsplätze geschaffen habe, sei der Verursacher der Krise, sondern "raffgierige Wallstreet-Kapitalisten" und die Politik in den USA, hielt der Redner fest. Daraus dürfe man nicht die falschen Schlüsse ziehen, seine Fraktion stehe für Angriffe auf das Eigentum in Österreich nicht zur Verfügung und sage "Nein" zu Vermögens- oder Reichensteuer.
Abgeordneter PETZNER (B) bezeichnete den Antrag der FPÖ als widersprüchlich. Einerseits erkläre man, es sei der FPÖ nicht um neue Steuern oder Abgaben zu tun, andererseits fordere man einen Solidarbeitrag von Spitzenverdienern, also doch eine neue Steuer. Während das BZÖ in Kärnten zeige, wie man gut regiere, werde die FPÖ, die gar nicht regieren wolle, nie an die Regierung gelangen.
Abgeordneter Dr. VAN DER BELLEN (G) hielt den F-Antrag gleichfalls für unausgegoren, da in ihm wesentliche politische und ökonomische Fragen nicht befriedigend beantwortet würden. Einerseits würden durch eine entsprechende Senkung der Abgabenquote zwölf Milliarden € weniger zur Verfügung stehen, andererseits habe die FPÖ keinen Vorschlag, wie dieses Geld substituiert werden solle, denn eine Verwaltungsreform könne einen solchen Ausfall niemals auffangen, betonte der Redner.
Abgeordneter ZANGER (F) übte Kritik an den finanzpolitischen Aussagen aus den Reihen der SPÖ und empfahl vernünftige Schritte, wie sie von seiner Partei vorgeschlagen würden. Konkret brachte der Redner einen Antrag betreffend Kürzung der Gehälter von Politikern und leitenden Beamten um vier Prozent ein.
Abgeordnete SILHAVY (S) meinte, die Debatte finde nur deshalb statt, weil die FPÖ fürchte, dass ihr in der Steiermark die Felle davonschwämmen. Real stehe man am Beginn einer Debatte über ein Budget, das auf die Bedürfnisse der Bevölkerung abstelle und der Krise gegensteuere, während sich die FPÖ mit diesem Antrag selbst demaskiere. Die Abgeordnete brachte einen S-V-Entschließungsantrag betreffend strukturelle Steuerreform ein.
Abgeordnete TAMANDL (V) sprach sich gegen eine Vermögenssteuer aus und meinte, sie erwarte sich vom Bundeskanzler eine klare Aussage, wie er zu den Forderungen in seiner eigenen Partei stehe. Sodann setzte sich die Rednerin mit dem heimischen Steuersystem auseinander. Ihre Fraktion werde alles tun, um die Krise zu meistern, der Finanzminister habe dies mit seiner Budgetrede bereits unter Beweis gestellt.
Abgeordneter LINDER (B) warf ein, statt klassenkämpferischem Denken sollte man eher Reformen umsetzen, und erteilte einer Vermögenssteuer eine klare Absage. Diese würde bloß die Kaufkraft schwächen und zu Kapitalflucht führen, auch seien durch eine Vermögenssteuer Einbußen im Tourismus zu befürchten, argumentierte Linder. Als Gegenmodell präsentierte der Redner den Vorschlag einer Flat Tax mit einem einheitlichen, überschaubaren Steuersatz.
Abgeordneter Dr. KÖNIGSHOFER (F) beklagte die Kompliziertheit des Steuersystems und die Höhe der heimischen Steuersätze, forderte aber auch eine Durchforstung des Gebührengesetzes und plädierte insbesondere für die Abschaffung der Kreditvertragsgebühr und der Mietvertragsgebühr. Inakzeptabel war für Königshofer überdies die geplante Anhebung der Gerichtsgebühren, wobei er der Justizministerin empfahl, lieber an anderer Stelle, etwa bei den Dolmetschergebühren für ausländische Rechtsbrecher, zu sparen.
Abgeordneter Dr. KRÄUTER (S) bekannte sich zu einer Verteilungsdiskussion und meinte, die Zeche für die Krise dürften nicht die betroffenen Arbeitnehmer bezahlen. Die Belastung von Häuslbauern und Sparbuchbesitzern schloss Kräuter für seine Fraktion aber kategorisch aus. Der Fokus sei vielmehr bei großen Einkommenszuwächsen, die ohne Arbeit erzielt werden, anzusetzen, stand für ihn fest.
Abgeordneter GRILLITSCH (V) warnte davor, den sozialen Frieden durch Diskussionen über Umverteilung und "Reichensteuer" aufs Spiel zu setzen. In einer Phase der Krise gehe es darum, die Kaufkraft zu stärken und nicht die Menschen zu verunsichern, unterstrich Grillitsch und sprach sich dezidiert gegen die Überlegungen von Franz Voves aus, die er als altmarxistische Ladenhüter bezeichnete.
Abgeordneter DOLINSCHEK (B) forderte eine geringere Besteuerung der Arbeitskraft und die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe und wandte sich entschieden gegen eine Solidarabgabe. Vorstellbar für Dolinschek wäre auch eine Transaktionssteuer auf EU-Ebene. Insgesamt trat er für eine Senkung der Steuer- und Abgabenquote auf unter 40 % ein.
Abgeordneter GRADAUER (F) verlangte in einem Entschließungsantrag die Einführung eines Familiensteuer-Splittingmodells zur Entlastung der Familien, die Beseitigung der kalten Progression, eine Senkung der Steuersätze sowie die Erhöhung des Tarifs für den Spitzensteuersatz von derzeit 60.000 € auf 80.000 €.
Abgeordneter Mag. KOGLER (G) kritisierte, in Österreich würden besonders hohe Vermögen besonders niedrig besteuert. An die Adresse der SPÖ gerichtet meinte er, jetzt gelte es, politisch Farbe zu bekennen, die Einsetzung einer Kommission, wie dies im Entschließungsantrag gefordert werde, reiche nicht, damit würden die Sozialdemokraten bloß "prophylaktisch vor der ÖVP in die Knie gehen".
Bei der Abstimmung wurden der Dringliche Antrag der FPÖ ebenso wie die beiden Entschließungsanträge der FPÖ abgelehnt. Der Entschließungsantrag der Regierungsparteien hingegen wurde mehrheitlich angenommen. (Schluss Dringlicher Antrag/Forts. NR)