Parlamentskorrespondenz Nr. 334 vom 22.04.2009

Norwegens Parlamentspräsident zu Gast im Hohen Haus

Thorbjörn Jagland will paneuropäisches Netzwerk

Wien (PK) - Thorbjörn Jagland, der ehemalige norwegische Ministerpräsident und nunmehrige Präsident des norwegischen Storting, traf heute mit seiner österreichischen Amtskollegin Barbara Prammer zu einem Gedankenaustausch zusammen. Im Mittelpunkt der Unterredung standen dabei europäische Themen, insbesondere die Zukunft des Europarates.

Beide Präsidenten stimmten darin überein, dass intensivere Kontakte zwischen den Parlamenten wünschenswert wären. Man habe viel gemeinsam, und es sei fraglos von Vorteil, sich den globalen Problemen gemeinsam zu stellen und miteinander nach Lösungen zu suchen. Prammer zeigte sich erfreut über die Art, wie in Norwegen die Frauenfrage behandelt werde, und Jagland hielt dazu fest, Frauen brächten nicht nur im politischen Feld, sondern auch in der Wirtschaft neue Sichtweisen und Erfahrungen ein, und davon könne eine Gesellschaft nur profitieren.

Sodann präsentierte Jagland seine Vorstellungen für eine Reform des Europarates. Ziel sollte es, so Jagland, sein, ein paneuropäisches Netzwerk der Geschlossenheit und Zusammenarbeit aufzubauen, das alle Staaten und Bürger Europas auf gleicher Ebene einbeziehe. Der gegenseitige Respekt vor einander sei dabei unabdingbar. Basis dieser verstärkten Zusammenarbeit sollten die gemeinsamen europäischen Werte sein, wie sie in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert seien. Menschenrechte, Demokratie und Rechtstaatlichkeit müssten immer und überall kompromisslos verteidigt werden, erklärte Jagland.

Dazu sei es auch nötig, das politische Mandat des Europarates zu stärken. Besonders ging Jagland dabei auf den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein, bei dem sichergestellt werden müsse, dass er in der Lage ist, effektiv zu arbeiten. Er sollte verstärkt Grundsatzentscheidungen treffen können, die für die nationalen Gerichte als richtungweisend gelten. Besonders ging Jagland dabei auf die Rolle der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ein, die sich immer wieder als wichtige Antriebskraft für die Förderung der europäischen Grundwerte erwiesen habe. Prammer würdigte die bahnbrechenden Aktivitäten der Parlamentarischen Versammlung im Kampf gegen die Todesstrafe und verwies dabei auf den Gedenktag gegen Faschismus und Krieg, mit dem Österreich naturgemäß auch ein starkes Signal für die Einhaltung der Menschenrechte aussende.

Im Vorfeld des Treffens war Jagland mit Mitgliedern der österreichischen Delegation zur Parlamentarischen Versammlung des Europarates zusammengekommen. An diesem Gespräch nahmen von österreichischer Seite die Abgeordneten Sonja Ablinger und Christine Muttonen sowie die Bundesräte Albrecht Konecny (alle S) sowie Franz-Eduard Kühnel (V) teil.

Thorbjörn Jagland, geboren 1950 in Drammen, war von 1992 bis 2002 Vorsitzender der norwegischen Arbeiterpartei. 1996 übernahm er das Amt des Ministerpräsidenten, später avancierte er zu Norwegens Außenminister. Gegenwärtig bewirbt sich Jagland um das Amt des Generalsekretärs des Europarates. (Schluss)