Parlamentskorrespondenz Nr. 550 vom 19.06.2009

Alle Menschen verdienen ein Leben in Würde

Wien (PK) – Seit dem Beschluss der Vollversammlung der Vereinten Nationen im Jahr 2000 wird alljährlich am 20. Juni der "Welttag des Flüchtlings" begangen – heuer zum ersten Mal auch im Parlament. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer und die Caritas der Erzdiözese Wien luden zu einer Filmvorführung in das Abgeordneten-Sprechzimmer des Hohen Hauses. Gezeigt wurde der Film "Ein Augenblick Freiheit" des aus dem Iran gebürtigen Regisseurs Arash T. Riahi. Riahi kam im Alter von neun Jahren als Flüchtling nach Österreich, wo seine Eltern eine neue Existenz aufbauten. Er habe den Film in sechs- bis siebenjähriger Arbeit "nicht nur zum Anschauen gemacht", sagte Riahi in einer Pressekonferenz am Vormittag (siehe PK Nr. 549/2009); daher waren die MenschenrechtssprecherInnen der Fraktionen zu Statements im Anschluss an die Vorführung des Films eingeladen.

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer betonte bei ihrer Begrüßung der Gäste – darunter die Eltern des Regisseurs -, dass mit dem Thema Flüchtlinge und Asyl sensibel umgegangen werden müsse. Auch in Zeiten wirtschaftlicher Krisen bedeuten Menschen, die aus den verschiedensten Gründen fliehen, eine Verpflichtung. Auch der Wiener Caritasdirektor Michael Landau betonte, dass "Flucht kein Verbrechen" sei, mit einem "Generalverdacht" gegenüber Asylwerbern sei niemandem gedient. Die entsprechenden Verfahren sollten "rasch und qualitätsvoll" sein, sagte Landau und stellte zur Diskussion, ob nicht die Flüchtlingsagenden besser im Justizministerium anzusiedeln wären.

Im Anschluss an den Film stellten sich PolitikerInnen unter der Moderation von Anneliese Rohrer einer Diskussion – was unter dem Eindruck des Films eigentlich unpassend sei, wie Rohrer meinte. SPÖ-Menschenrechtssprecherin Marianne Hagenhofer, stellte fest, Erkenntnisse wie die beim Betrachten des Films "Ein Augenblick Freiheit" gewonnenen sollten auch in den Gesetzwerdungsprozess Eingang finden. Von der Zivilgesellschaft erwartete sich die Abgeordnete, dass sie im Zuge des Begutachtungsverfahrens für das in Vorbereitung befindliche neue Asylgesetz aufmerksam hinschaue und hinhöre.

Abgeordnete Beatrix Karl (V) erinnerte zunächst an die Tradition Österreichs im Umgang mit Flüchtlingsströmen; der Film habe "der Flucht ein Gesicht gegeben", einzelne Schicksale seien etwas anderes als Asylantenzahlen. Die Abgeordnete führte Zahlen des UN-Flüchtlingshilfswerks an, wonach Österreich in Punkto Aufnahme von Flüchtlingen nicht schlecht dastehe. Es gehe einerseits darum, möglichst rasch Rechtssicherheit zu erzeugen – auch das sei ein Menschenrecht -, anderseits müsse Rechtsmissbrauch so weit wie möglich verhindert werden.

Die Menschenrechtssprecherin der Grünen, Abgeordnete Alev Korun, dankte zunächst Regisseur Riahi für dessen "berührenden und wahrhaftigen Film", um dann sogleich auf die Diskussion um das geplante neue Asylsgesetz zu sprechen zu kommen. Dieses lasse "Massenschubhaft für tausende Asylwerber" erwarten, selbst anerkannten Flüchtlingen könne ihr Status wieder aberkannt werden, wodurch sie ihren Schutz verlören. Die aktuelle Misere habe nicht allein mit der Wortwahl zu tun, sagte die Mandatarin und erinnerte an ein mehrfach belegtes Wort eines früher für Flüchtlingsfragen zuständigen Spitzenbeamten, wonach die Lage für Asylwerber in Österreich so unerträglich gemacht werden solle, dass niemand mehr nach Österreich kommen wolle.

FPÖ-Abgeordneter Bernhard Vock meinte, der Film Riahis zeige auch für Österreich aktuelle Probleme wie Flucht als Geschäft, die Vermittlung falscher Hoffnungen, gefälschte Papiere und falsche Namen. Wirtschaftsflüchtlinge seien keine Flüchtlinge gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention, und Österreich sei heute von sicheren Drittstaaten umgeben. Vock trat dafür ein, die Lage in den Ursprungsländern der Flüchtlinge, z.B. in Afrika, zu verbessern.

Seitens des BZÖ nahm an der Veranstaltung kein Vertreter teil.

Regisseur Riahi fasste seinen Film , in dem er die Geschichten von politischen wie unpolitischen Menschen habe zeigen wollen, in einem Satz zusammen: "Alle Menschen verdienen ein Leben in Würde." Der Film "Ein Augenblick Freiheit" sei auch ein Denkmal für seine Eltern und deren Generation.

Arash T. Riahi, 1972 im Iran geboren, kam 1982 durch die Flucht seiner Eltern vor dem Schah-Regime nach Österreich. Er absolvierte in Wien die Mittelschule sowie ein film- und geisteswissenschaftliches Studium. Er arbeitete für den ORF, vor allem auf dem Gebiet Dokumentation, und erhielt für seine Arbeiten zahlreiche Preise. "Ein Augenblick Freiheit" ist sein erster Spielfilm, für den er mehrere Auszeichnungen – darunter den "Golden Zenith" für das beste Spielfilmdebüt beim Montreal World Film Festival 2008 und den Wiener Filmpreis 2008 – erhielt. (Schluss)