Parlamentskorrespondenz Nr. 563 vom 23.06.2009

Vom Milchpreis bis zum Glasfasernetz

Wien (PK) – Aktuelle Fragen der Landwirtschaftspolitik und des ländlichen Raums allgemein standen heute Nachmittag im Mittelpunkt eines Gedankenaustausches deutscher und österreichischer ParlamentarierInnen. Abgeordneter und stellvertretender Ausschuss-Obmann Wolfgang Pirklhuber (G) begrüßte in Vertretung von Ausschuss-Obmann Fritz Grillitsch (V) die aus Mitgliedern des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des deutschen Bundestags bestehende Delegation.

Delegationsleiterin Ulrike Höfken von den Grünen umriss das breite Spektrum der Interessen und Fragen, die dann in dem mehr als einstündigen Gespräch sowohl ausführlich als auch teilweise kontroversiell erörtert wurden. Der Themenbogen reichte von der beide Seiten betreffenden Frage der Zukunft der bäuerlichen Milchwirtschaft über Gen- und Agrotechnik bis hin zu Analogkäse, Klonfleisch und Zukunftsstrategien für den ländlichen Raum – und dies alles im Horizont der europäischen Politik.

Einig war man sich bei dem Gespräch über die Notwendigkeit abgestimmter Vorgangsweisen, etwa in der Milchfrage, auch wenn derzeit das Meinungsbild sowohl europaweit als auch in den einzelnen (Bundes)Ländern und sogar innerhalb der Koalitionsregierungen derzeit noch diffus und die Standpunkte noch nicht geklärt seien. In die Krise seien durch den Preisverfall bei Milch nicht nur die kleinen Betriebe geraten, sondern auch große, die nach allen Regeln der Beratung investiert hätten. Den Verlust von tausenden Familien-Arbeitsplätzen in der österreichischen kleinräumigen Landwirtschaft in den letzten Jahren sah man einerseits durch die deregulierende neoliberale Politik verschuldet (Abgeordneter Pirklhuber, G), andererseits großräumig auch in Managementfehlern begründet (MdB Hans-Michael Goldmann, FDP). Bundesrat Georg Keuschnigg (V/T) äußerte Sorge über die Gefährdung der gewachsenen, nicht zuletzt für den Tourismus wichtigen Kulturlandschaft in Gebirgsregionen durch den Verlust einer flächendeckenden Bewirtschaftung. Übereinstimmung gab es bezüglich der Bedeutung und Dringlichkeit einer Lösung der Milchfrage und hinsichtlich der Feststellung, dass landwirtschaftliche Produkte – z.B. aus dem Biolandbau – "etwas kosten dürfen".

Sorge bereitete den MandatarInnen die Entwicklung auf dem Gebiet der Analogie-Produkte und im Zusammenhang mit Klonfleisch. Die Verwendung des Begriffs "Käse" bei einem Produkt, das kein Gramm Milch enthalte, sei irreführend; entsprechende und lesbare Kennzeichnungen seien nötig, aber nicht ausreichend. Es gelte, im Interesse sowohl der Landwirtschaft als auch der KonsumentInnen, einer Entwicklung zu wehren, an deren Ende "ein Schnitzel ohne jede Muskelfaser" stehe.

Zur Stärkung des ländlichen Raums sorge man jetzt in Österreich durch infrastrukturelle Maßnahmen wie die Erleichterung der Ausstattung mit Glasfaserkabeln vor. Dies sei nach der Breitbandinitiative eine neue Maßnahme als Anreiz für Betriebsansiedlungen, wurde den Gästen die Motivation für die jüngste entsprechende Gesetzesinitiative erläutert. "Bei Breitband haben wir in Deutschland gepennt", kommentierte dies MdB Goldmann sarkastisch.

An dem Gedankenaustausch nahmen auf deutscher Seite neben Delegationsleiterin Ulrike Höfken (Bündnis 90/Die Grünen) die MdB Gerhard Botz (SPD), Hans Michael Goldmann (FDP) und Kirsten Tackmann (Die Linke) teil. Auf der österreichischen Seite des Tisches saßen neben Abgeordnetem Wolfgang Priklhuber (G) die Abgeordneten Gerhard Huber (B) und Wolfgang Zanger (F) sowie die Bundesräte Martin Preineder und Georg Keuschnigg (beide V). (Schluss)