Parlamentskorrespondenz Nr. 775 vom 22.09.2009
Ein Film als Beitrag zum Verständnis der europäischen Geschichte
Wien (PK) – Sie sind annährend gleich alt, der Film und das österreichische Parlament. Während Theophil Hansen seinen Prachtbau plante und mit dem Bau begonnen wurde, führten auch die Bemühungen, "laufende Bilder" zu erzeugen, zum Durchbruch. Über ein Jahrhundert musste allerdings vergehen, bis das österreichische Parlament Ort der österreichischen Erstaufführung eines großen Kinofilms werden konnte. Heute Abend ist es so weit: Im historischen Sitzungssaal des Parlaments wird Nationalratspräsidentin Barbara Prammer mehrere hundert Gäste zur Präsentation von Michael Hanekes Film "Das weiße Band" begrüßen.
Es ist nicht irgendein Film, der im Parlament präsentiert wird. In Cannes konnte Haneke mit seinem Meisterwerk die Goldene Palme erringen. Kürzlich wurde der Film auch für den Auslands-Oscar vorgeschlagen. Hanekes Film kann auch als künstlerischer Beitrag zum Verständnis der jüngeren europäischen Geschichte gesehen werden: Das rigide patriarchalische System in Mitteleuropa zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit seinem spezifischen Wertekanon, in dem Selbständigkeit und Kritikfähigkeit gegenüber Unterordnung und Gehorsam sekundär blieben, führten mit in die Katastrophe und zu Millionen von Opfern.
Aus dieser Sicht ist das Parlament ein besonders geeigneter Ort einer Spielfilm-Präsentation. Es ist dies ein weiterer Beitrag zur Öffnung des Parlaments und zu seiner Verankerung als Ort des Zeitgesprächs und des gesellschaftlichen Diskurses, wie Nationalratspräsidentin Barbara Prammer das Parlament noch deutlicher etablieren möchte.
Michael Hanekes "Das weiße Band" kommt am 24. September in die österreichischen Kinos. (Schluss)