Parlamentskorrespondenz Nr. 887 vom 21.10.2009

Die Grünen sehen "System Grasser" und eine aufklärungsunwillige ÖVP

Dringliche Anfrage im Nationalrat

Wien (PK) – Am Nachmittag unterbrach der Nationalrat seine Beratungen über das neue Fremdenrecht, um über eine von den Grünen eingebrachte Dringliche Anfrage an den Finanzminister zu debattieren. Die Dringliche betraf das "System Grasser" und den "Willen der ÖVP, die Machenschaften lückenlos aufzuklären" und umfasste 30 Einzelfragen.

Abgeordneter Werner KOGLER (G) begründete als Erstunterzeichner die Dringliche Anfrage und führte u.a. aus, dass man das Vertrauen in die Institutionen der Republik wiederherstellen müsse. Es gehe nicht um das Aufrollen um des Aufrollens willen, sondern man habe Vorkehrungen zu treffen, damit derlei künftighin nicht mehr so ohne weiteres passieren könne. Es sollte im Interesse der ÖVP liegen, dass manche Dinge aufgeklärt werden, um einen Schlussstrich ziehen zu können. In der Debatte gehe es darum, wie es einem Finanzminister gelungen sei, den ideologischen Schlachtruf "mehr privat weniger Staat" für sich zu verwerten. Merkmal des "Systems Grasser" war es, sehr viele private Freunde auf Kosten des Steuerzahlers zu bedienen. Im Ergebnis gab es "Misswirtschaft durch Freunderlwirtschaft". Es gehe nicht nur um den BUWOG-Skandal, sondern auch darum, dass Grassers Freunde Peter Hochegger und Walter Meischberger in vielen anderen Bereichen mit öffentlichen Geldern versorgt worden seien. Hinzu komme, dass sich der Finanzminister von der Industrie Geld zustecken ließ und nicht einmal die Steuern dafür zahlte.

Kogler erinnerte daran, dass Ernst Karl Plech in den Aufsichtsrat der bundeseigenen Wohnbaugenossenschaften gesetzt wurde, obwohl er einer der mächtigsten und finanzkräftigsten Immobilienmakler war. Das müsse man doch gewusst haben, meinte Kogler, warum wurde dem Treiben zugesehen? Der Hauptschaden bestehe darin, dass offensichtlich der Schlechtbieter den Zuschlag für die BUWG erhalten hat. Meischberger und Hochegger hätten nicht nur Provisionen kassiert, sondern offensichtlich auch auf das Verfahren eingewirkt, wie einer heutigen APA-Aussendung zu entnehmen sei. Der Abgeordnete sprach auch neun Auftritte des Finanzministers bei der KMU-Roadshow an, für die aus dem Steuersäckel 2,4 Mio. € aufgewendet worden seien; Hochegger habe aus der Steuerzahlerkasse 400.000 € erhalten. Mit 2,4 Mio. € hätte man 100 KMU je 24.000 € Starthilfe geben können, betonte Kogler. Hätte die ÖVP Anstand, würde sie die 2,4 Mio. € zurückzahlen. Das sei klassischer Missbrauch gewesen!

Vizekanzler Josef PRÖLL meinte in seiner Beantwortung, er sei zu keinem Zeitpunkt in das Ausschreibungsverfahren involviert bzw. über Details informiert gewesen. Daher wisse er auch nicht, ob es Einflussnahmen gegeben habe oder ob Informationen weitergegeben worden seien.

Im Zusammenhang mit der Entsendung von Plech in die BUWOG und BIG ging Pröll davon aus, dass die geltenden Vorschriften geprüft wurden. Der Rechnungshof habe es in einer Ex-Post-Betrachtung für vorteilhafter gehalten, hätte man jede Gesellschaft einzeln an den jeweiligen Bestbieter verkauft.

Änderungen der Vergabebedingungen, Fristen und Verkaufsmodalitäten habe es im Verlauf des Vergabeverfahrens nicht gegeben; aufgrund der hohen Zinsabschläge in der Höhe von 60 Mio. € für das Zinsänderungsrisiko habe der Bund die Zuschlagsfrist in der zweiten Bieterrunde verkürzt, um den Kaufpreisabschlag zu minimieren. Die Vornahme einer zweiten Anbotsrunde sei deshalb erforderlich gewesen, weil im Rahmen der ersten Anbotsrunde ein Zusatzangebot unterbreitet wurde, welches mit Auflagen versehen war und deshalb nicht hinlänglich bewertet werden konnte.

Der Kaufvertrag sei von der Rechtsanwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer formuliert worden. Es seien keine Zahlungen des Finanzministers an Walter Meischberger und Firmen bekannt.

Die steuerlichen Belange des Vereins zur Förderung der New Economy seien wie bei jedem anderen Steuerpflichtigen unter Wahrung der abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht vom zuständigen Finanzamt gesetzeskonform behandelt worden.

Die Beurteilung, ob im Zusammenhang mit der Homepage von Grasser eine Steuerhinterziehung vorliege, obliege dem zuständigen Finanzamt. Die Beurteilung erfolge gemäß den Vorschriften des Steuerrechts, der Bundesabgabenordnung und des Finanzstrafrechts.

Die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen sei ein Recht der Abgeordneten. Ihnen obliege die Entscheidung und nicht der Bundesregierung, sagte Pröll und meinte, aus seiner Sicht seien nun der Staatsanwalt und die Justiz am Zug. Die Vorwürfe sind vom Staatsanwalt und von der unabhängigen Justiz restlos aufzuklären. Das Finanzressort werde die Arbeit der Staatsanwaltschaft bestmöglich und intensiv unterstützen.

Abgeordnete Gabriela MOSER (G) erklärte, durch das Nichtbeantworten wichtiger Fragen dokumentiere der Finanzminister, wie wichtig ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss sei. Da sich der Minister der Antwort entschlagen habe, müssten die Fragen an andere Personen gerichtet werden. Der Verkauf der bundeseigenen Wohnbaugesellschaften mit Erfolgshonoraren an den engsten Freundeskreis von Grasser eskaliere laut Moser zum großen politisch/privaten Skandal in der Ära Schwarz-Blau. Es gehe nicht nur um strafrechtliche Belange, sondern auch um einen Politskandal. Die Unvereinbarkeit von Plech sah weder damals Grasser noch sehe sie heute Pröll. Wie kann jemand, der im Geschäftsleben Immobilien erfolgreich kauft und verkauft, zusätzlich mit Verkaufsbereichen vertraut werden, die im Sinne der Republik abgewickelt werden sollen?, fragte Moser. Auch verstand sie nicht, dass Pröll heute dem ehemaligen Finanzminister "die Stange hält", indem er Detailauskünfte verweigert.

Abgeordneter Günther KRÄUTER (S) meinte, die SPÖ habe vorläufig auf einen Untersuchungsausschuss verzichtet, weil Grasser inzwischen Beschuldigter ist. Jede Frage an Grasser in einem Untersuchungsausschuss würde der ehemalige Finanzminister mit einem Hinweis auf ein laufendes Verfahren vom Tisch wischen. Der Untersuchungsausschuss werde kommen, davon war Kräuter überzeugt, aber zum derzeitigen Zeitpunkt sei dieser "sinnlos und kontraproduktiv". Es gelte dann, die politische Verantwortung zu untersuchen. Hätte man seinerzeit im "Kleinen Untersuchungsausschuss" Antworten auf die Fragen bekommen, hätte man die Malversationen im Keim ersticken können.

Abgeordneter Günter STUMMVOLL (V) bedauerte, dass die Grüne Fraktion das scharfe Kontrollinstrument der Dringlichen Anfrage abwerte, indem sie ständig die gleichen Fragen stelle. Einig sei man sich, dass es eine lückenlose Aufklärung geben müsse, der Unterschied zwischen der ÖVP und den Grünen bestehe darin, dass die ÖVP Vertrauen in den Rechtsstaat habe, während die Grünen selber Richter spielen wollten. Es dürfe keine Vorverurteilung, keine Medienjustiz und keine Abgeordneten als Richter geben, strich Stummvoll hervor. Während das gerichtliche Verfahren der Wahrheitsfindung diene, bedeute ein Untersuchungsausschuss immer ein Polittribunal, so Stummvoll.

Abgeordneter Werner KÖNIGSHOFER (F) wies darauf hin, dass die IMMO-Finanz die BUWOG-Wohnungen mit 288 Mio. € in die Bilanz 2004 hinein genommen habe, nach der Aufgabe des Einweisungsrechts im Jahr 2005 waren die BUWOG-Wohnungen in der Bilanz der IMMO-Finanz mit zirka 1,9 Mrd. € bewertet, es gab also eine Wertsteigerung von 1,3 Mrd. €. Das sei eine Größenordnung, die unvorstellbar ist. Da Wiener Immobilienmakler von einem Honorar von 5 % sprechen, fehlte dem Redner ein Betrag von 40 bis 50 Mio. €, der noch ausfindig zu machen sei. Neugierig zeigte sich der Abgeordnete, wie schnell die Staatsanwaltschaft Wien bezüglich Grasser, dem ehemaligen ÖVP-Finanzminister, und Walter Meischberger, der im Frühjahr 1999 aus der Freiheitlichen Partei ausgeschlossen wurde, arbeiten werde.

Abgeordneter Martin STRUTZ (B) kündigte an, das BZÖ werde mit allen ihm zur Verfügung stehenden Kräften zur Aufklärung des Falles Grasser beitragen. Zu klären sei aber auch die Frage, warum die SPÖ nun doch keinen Untersuchungsausschuss verlange. Strutz mutmaßte, die Genossen hätten wegen steuerschonender Veräußerungen in Villach selbst Angst vor Untersuchungen. Die Causa BUWOG sah Strutz als Kriminalfall und als Steuerfall, in dem die Justiz für Klarheit sorgen müsse, wobei sich der Abgeordnete verwundert zeigte, dass die Verdächtigen bei einem Fall dieser Dimension nicht schon längst in Untersuchungshaft genommen worden seien. Aufklärungsbedürftig sei auch die Frage, wie viele Privatisierungen insgesamt von Grasser-Seilschaften abgewickelt wurden, etwa auch bei der Telekom. Strutz wies auch auf Einflussnahmen des Finanzministers und des Wirtschaftsministers auf die Förderungsvergabe hin und drängte auch diesbezüglich auf lückenlose Aufklärung. Alle drei Oppositionsparteien würden in dieser Frage nicht locker lassen. Ein "System Grasser" müsse in Österreich künftig verhindert werden.

Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) kritisierte, wie wenig Minister Pröll zu den dringlichen Fragen gesagt habe. Gerade dadurch habe er aber deutlich gemacht, wie dringend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses sei. Die Frage, wer für den viel zu billigen Verkauf der BUWOG-Wohnungen politisch verantwortlich sei, müsse geklärt werden. Weiters sei zu klären, warum einfache Informationen in diesem Fall 10 Mio. € wert sein können. Für ihn gehe es in diesem Fall längst nicht nur um Freunderlwirtschaft, sondern eindeutig um Korruption. Kritik übte Steinhauser an der ÖVP, die immer Untersuchungsverweigerung betreibe, wenn es um einen ihrer Minister gehe. Die Kritik treffe aber auch die SPÖ, die immer Untersuchungsausschüsse ablehne, wenn die ÖVP solche ablehne.

Abgeordnete Christine LAPP (S) betonte demgegenüber das Recht der SPÖ, selbst zu entscheiden, welchen Zeitpunkt sie für richtig ansehe, eine parlamentarische Untersuchung zu starten. Ihre Abgeordnetenkollegen erinnerte die Abgeordnete an die aufwändige Selbstdarstellung Karl-Heinz Grassers, jenes Finanzministers, der lieber auf Hawai urlaubte, als an Ecofin-Sitzungen teilzunehmen, der auf Kosten des Steuerzahlers in Glanz und Gloria lebte, sich heute aber als Opfer von Verleumdungen sehe. Abgeordnete Lapp befasste sich auch mit der Rolle des ehemaligen FPÖ-Abgeordneten Meischberger im System Grasser, der es den Untersuchungsbehörden unter anderem mit kompliziert verschachtelten Finanzkonstruktionen nicht leicht mache, Licht in das Dunkel der BUWOG-Affäre zu bringen. Die BUWOG-Wohnungen seien den Mietern nur halbherzig angeboten worden, sagte die Abgeordnete und machte auf zahlreiche Kritikpunkte des Rechnungshofs an der BUWOG-Privatisierung aufmerksam. Vor einer parlamentarischen Untersuchung sollte aber die Justiz ihre Ermittlungen abschließen, meinte Abgeordnete Lapp.

Abgeordneter Hermann GAHR (V) sah keinen Grund für die ÖVP, sich vor einer Aufklärung des Falles Grasser zu fürchten. Seine Partei distanziere sich aber von Vorverurteilungen. Die Gerichte seien jetzt am Zug. Der Rechnungshof habe geprüft und Vorschläge zur Verbesserung etwa der Ausschreibungsunterlagen unterbreitet. Eine Begünstigung der BUWOG-Käufer sei aufgrund der RH-Unterlagen aber nicht erkennbar. Die Bieter hätten sich in einem transparenten Verfahren im oberen Bereich ihres Angebotsspielraums bewegt. Von Einflussnahme auf die Preisgestaltung könne keine Rede sein, meinte Gahr und warf den Grünen vor, in dieser Frage den Eindruck erwecken zu wollen, sie hätten die Wahrheit gepachtet. Gahr verlangte eine objektive und faire Untersuchung durch die Justiz ohne Vorverurteilungen.

Für Abgeordneten Johannes HÜBNER (F) war es hingegen nicht nachvollziehbar, wie man einen kritischen Rechnungshofbericht zitieren könne, um zu belegen, dass beim BUWOG-Verkauf alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Da der Fall nur mittels Erhebungen im Ministerium selbst zu klären sein werde, könne man sich nicht auf staatsanwaltliche Untersuchungen beschränken, hielt der Abgeordnete seinem Vorredner entgegen. Außerdem gehe es darum, den Eindruck zu verbessern, den die BürgerInnen durch Skandale wie BUWOG und Eurofighter von der Politik gewinnen müssten. Auch die Rechtspflege werde in diesem Zusammenhang zum Thema, etwa durch die Einstellung von Verfahren mit politischen Aspekten. Der Abgeordnete sah auch dabei Handlungsbedarf und bedauerte ausdrücklich die Säumigkeit der Bundesregierung.

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) erinnerte die ÖVP daran, wie sehr sie Karl-Heinz Grasser als Teil von "Wolfgang Schüssels Superteam", ja als eine Art "Heilsbringer" gefeiert habe. Heute ziehe es Wolfgang Schüssel - "der uns allen Karl-Heinz Grasser als Finanzminister beschert hat" - vor, der Sitzung fernzubleiben und in Tibet, an einem heiligen Berg, Abbitte für diese Fehlentscheidung zu leisten, sagte Grosz pointiert. Der Grasser-Skandal bestätige spät aber doch die richtige Einschätzung Jörg Haiders und Herbert Haupts über den ehemaligen Finanzminister, meinte Grosz und unterstrich, dass das BZÖ den Fall Grasser und Meischberger lückenlos aufgeklärt sehen möchte. Provisionen, Schmiergelder, Ausschreibungen zum Schaden der Republik, Freunderlwirtschaft und ein Schaden von 10 Mio. € - das dürfe in einem Rechtsstaat nicht unaufgeklärt bleiben, schloss Grosz und appellierte an die Justizministerin, für ordentliche Ermittlungen in diesem Fall zu sorgen.

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) meinte, Vizekanzler Pröll habe die Chance vergeben, mit dem System Grasser Schluss zu machen und eine Eiterbeule aufzustechen, die viel zum Politikerverdruss und zum Vertrauensverlust der BürgerInnen gegenüber der Politik beigetragen habe. Späte Ratenzahlungen des Kaufpreises für die BUWOG bedeuteten einen stillen Kredit der Republik an die Käufer, kritisierte Öllinger ebenso wie überhöhte Beratungshonorare, wobei sich die Frage stelle, was an der Privatisierung der BUWOG angeblich so schwierig gewesen sein solle. Bei der Telekom-Privatisierung wurden institutionellen Anlegern Sonderkonditionen geboten, die diesen letztlich Sonderdividenden brachte. Hochegger habe beim Bundesrechnungszentrum ebenso kassiert wie bei der BUWOG- und bei der Telekomprivatisierung. Öllinger sprach auch von einem System Hochegger, dass auf Geben und Nehmen sowie auf Sonderkonditionen für die Freunde Grassers beruht habe. Mit Untersuchungsverweigerung drohe die ÖVP das Vertrauen der BürgerInnen in die Politik zu verspielen, warnte Öllinger.

Abgeordneter Peter WITTMANN (S) sah Hochegger nicht nur als Berater Karl-Heinz Grassers, sondern auch als Figur im Skandal der Immo-Finanz und Immo-East. Denn die Steuern für die BUWOG-Provisionen seien erst bezahlt worden, nachdem der IMMO-Finanzskandal platzte. Unklare Finanzierungsströme legten es dringend nahe, den Staatsanwalt in aller Ruhe untersuchen zu lassen. Der Abgeordnete rechnete mit einer "sehr dicken Suppe" und sprach die Erwartung aus, der Staatsanwalt werde Anklage erheben. Klar in Abrede stellte Wittmann, die Privatisierung der BUWOG sei ein Erfolg gewesen - tatsächlich sei dies einer der größten Flops der Zweiten Republik, meinte er und rechnete vor, wie groß die Differenz zwischen den erzielbaren und den tatsächlich lukrierten Quadratmeterpreisen für die BUWOG-Wohnungen gewesen sei. Derzeit brauche es keinen Untersuchungsausschuss, am Zug sei jetzt die Staatsanwaltschaft. Das Parlament werde über diese Sache aber noch eingehend zu befinden haben, zeigte sich Wittmann überzeugt.

Abgeordneter Johannes SCHMUCKENSCHLAGER (V) bekannte sich zu einer  lückenlosen Aufklärung des Falles Karl-Heinz Grasser und sprach dabei den Gerichten und der Staatsanwaltschaft volles Vertrauen zu. Zugleich erinnerte Schmuckenschlager daran, dass sich das Parlament mit diesem Fall schon längst befasse, im Rechnungshofausschuss und in Form der Beantwortung schriftlicher Anfragen. Es wäre aber ein Fehler, würde das Parlament selbst zu untersuchen beginnen, solange die Ermittlungen noch von gegenseitigen Schuldzuweisungen der Verdächtigen geprägt seien. Politisch verwahrte sich Schmuckenschlager dagegen, die "Haiderianer" Grasser und Meischberger jetzt der ÖVP unterzujubeln, nur weil dies der FPÖ und dem BZÖ politisch opportun erscheine.

Abgeordneter Christian HÖBART (F) verlangte vehement, das System Grasser auch politisch zu untersuchen. 60.000 Bundeswohnungen seien von Grasser viel zu billig verkauft worden, wobei der Redner von einem abgekarteten Spiel, schwerem Betrug, Amtsmissbrauch und Anstiftung zum Amtsmissbrauch sprach und auf Steuerhinterziehungen rund um Grassers Homepage hinwies. Grasser habe mit Wolfgang Flöttl gemeinsam Yacht-Urlaube verbracht und bei der Meinl-Bank Management-Fees auf Kosten vieler kleiner Anleger bezogen. Auch die Rollen des Lobbyisten Hochegger sowie des Multi-Aufsichtsrats Plech seien dringend aufklärungsbedürftig. Grasser habe die Differenzen zwischen privat und öffentlich nicht eingehalten - der Sumpf, den das "System Grasser" dargestellt habe, sei lückenlos aufzuklären, verlangte Abgeordneter Höbart.

Abgeordneter Christoph MATZNETTER (S) fragte, ob es sich bei dieser Thematik lediglich um eine Kriminalsache handle oder ob es hier auch eine politische Verantwortung zu klären gebe, denn nur diese würde ein Tätigwerden des Parlaments rechtfertigen. Der Redner führte einige Fakten an, die ihn zu dem Schluss brachten, dass der derzeit als wahr anzunehmende Sachverhalt das Parlament nachgerade zur Aktion zwinge. Und doch gelte es vorerst abzuwarten, ob die bisher auf dem Tisch liegenden Behauptungen sich auch wirklich als wahr erwiesen, erst dann sei eine Zustimmung zu einem Untersuchungsausschuss angebracht. Bis dahin seien die Gerichte am Zug.

Abgeordneter Bernhard VOCK (F) verwies darauf, dass die FPÖ 1999 Walter Meischberger ausgeschlossen habe, während Karl-Heinz Grasser 2002 die FPÖ freiwillig verlassen habe. Beide hätten freiheitliche Prinzipien nicht im ausreichenden Maße vertreten, das Gewissen der Partei sei daher rein. Zum Fall selbst fragte er, ob Meischberger und Hochegger vielleicht nur die Spitze des Eisberges seien. Hier brauche es dringend umfassend Aufklärung.

Abgeordneter Ewald STADLER (B) erinnerte daran, dass sich die ÖVP seinerzeit um Grasser sehr bemüht habe; nun "fliege er ihnen halt um die Ohren". Ähnliches gelte für die SPÖ, sei doch Hochegger ein Intimus von Kanzler Klima gewesen. Man habe es hier mit Blendern zu tun gehabt, nun räche sich eben, dass man nicht rechtzeitig gegen deren Agieren eingeschritten sei. Im übrigen sei noch bis zum Beginn des BUWOG-Skandals ein Foto von Walter Meischberger auf der FPÖ-Homepage gestanden, das auf dem Geburtstagsfest von H.C. Strache aufgenommen worden sei. Nicht umsonst sei dieser Mann eine "Altlast" der FPÖ. Der Untersuchungsausschuss werde jedenfalls kommen, zeigte sich Stadler abschließend überzeugt.

Abgeordneter Dieter BROSZ (G) hielt fest, dass der Finanzminister in der Causa nicht eindeutig Position bezogen habe. Das eine sei die strafrechtlich relevante Seite der Causa, das andere die politische Verantwortung, und auch die müsse restlos geklärt werden. Ein Untersuchungsausschuss würde Licht in dieses Dunkel bringen, schloss Brosz, er sei ergo unumgänglich.

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

Im Anschluss an die die Debatte über die Dringliche Anfrage der Grünen an den Finanzminister gab es eine kurze Debatte über einen von den Freiheitlichen eingebrachten Fristsetzungsantrag (346/A[E]).

Abgeordneter Werner NEUBAUER (F) erläuterte die Inhalte des Antrags und legte dar, weshalb diesem Antrag eine derartige Bedeutung zukomme. Besonders ging der Redner auf die Geschichte der deutschsprachigen Minderheit in Südtirol nach 1919 ein und erinnerte an die Initiative der Südtiroler Bürgermeister anno 2004. Seitdem sei nichts mehr geschehen. Österreich habe hier aber eine besondere Verantwortung im Rahmen seiner Schutzmachtfunktion und müsse daher endlich tätig werden. Dem diene der vorliegende Fristsetzungsantrag.

Abgeordneter Hermann KRIST (S) meinte, Österreichs Schutzmachtfunktion sei völkerrechtlich verbindlich, zudem habe der Antragsteller bislang selbst nicht signalisiert, dass dem Antrag eine derartige Dringlichkeit zukomme. Man beobachte genau, dass die Tiroler auf beiden Seiten mit beiden Beinen in einer friedlichen Welt leben könnten. Es gebe einen beschlossenen Antrag zu dieser Thematik und keinen erkennbaren Grund, mit einem Mal besondere Dringlichkeit an den Tag zu legen.

Abgeordneter Hermann GAHR (V) verwies auf das langjährige Engagement seiner Partei in der Südtirolfrage. Es brauche hier Geschlossenheit und entsprechenden Konsens, man müsse die Dinge mit politischer Sensibilität angehen. Dabei sollte die FPÖ mitarbeiten, betonte der Redner. Das Südtirolthema sei zu wichtig für Parteipolitik.

Abgeordneter Werner KÖNIGSHOFER (F) unterstrich, vertiefte und bekräftigte die Ausführungen seines Fraktionskollegen. Es brauche klare Signale, alles andere wären nur faule Kompromisse, warnte der Redner.

Abgeordneter Ewald STADLER (B) erklärte, wenn es Österreich mit seiner Schutzmachtfunktion ernst meine, dann solle man diese auch in der Verfassung verankern. Seine Fraktion werde dem Fristsetzungsantrag aus dem simplen Grund zustimmen, dass diese Funktion schon längst in der Verfassung hätte festgeschrieben werden sollen.

Abgeordneter Alexander VAN DER BELLEN (G) beleuchtete die Thematik aus verfassungsrechtlicher Sicht und konstatierte, der gegenständliche Antrag weiche wesentlich davon ab, was der Nationalrat vor fünf Jahren beschlossen habe.

Bei der namentlichen Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wurden 161 Stimmen abgegeben. 47 Abgeordnete stimmten für, 114 gegen den Antrag, der Antrag wurde somit abgelehnt.

(Schluss Dringliche, Forts. NR)