Parlamentskorrespondenz Nr. 278 vom 22.04.2010

Von der Mehrwegflasche bis zur Energiestrategie

Minister Nikolaus Berlakovich in der Fragestunde des Nationalrats

Wien (PK) – Einen weit gespannten Themenbogen sprachen die Abgeordneten in der Fragestunde mit Landwirtschafts- und Umweltminister Nikolaus Berlakovich an, mit der heute die Sitzung des Nationalrats eröffnet wurde.

Abgeordnete Petra BAYR (S): Welche Schritte werden Sie setzen, dem Thema Mehrweg mehr Beachtung zu schenken und so den KonsumentInnen wieder Wahlfreiheit zwischen Mehrweg- und Einwegflaschen zu geben?

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Abgeordnete Petra BAYR (S) erklärte, sie sei sehr besorgt darüber, dass Österreich weit von seinen Klimaverpflichtungen entfernt sei, wobei die Verpackung hier eine zusätzliche Belastung darstelle. Bundesminister Nikolaus BERLAKOVICH antwortete, dass er das Ansinnen der Abgeordneten sehr gut nachvollziehen könne, doch müsse man sehen, dass sich die Konsumenten vermehrt für Einwegflaschen entschieden.

Dem hielt die Abgeordnete entgegen, der Rückgang beim Kauf von Mehrwegflaschen liege daran, dass die Hersteller keine Mehrweggebinde mehr anböten. Hier brauche es daher eine entsprechende gesetzliche Regelung. Der Minister verwies auf die Erstellung einer diesbezüglichen Studie und sicherte eine weitere Überprüfung der Materie zu. In diese Richtung zielte auch eine Zusatzfrage des Abgeordneten Hermann SCHULTES (V), der auch auf das Thema Abfallvermeidung zu sprechen kam, zu dem ihm der Minister sodann konkrete Zahlen lieferte. Gerade in der Abfallwirtschaft erreiche Österreich die Kyoto-Ziele, hielt der Minister fest.

Abgeordneter Stefan MARKOWITZ (B) thematisierte die ökologische Belastung durch Plastiksackerl. Auch hier betonte der Minister die Notwendigkeit, so viel Abfall wie möglich zu vermeiden. Abgeordnete Christiane BRUNNER (G) wollte wissen, wie viel Abfall man mehr vermeiden könne, wenn man alle Potentiale nutzen würde. Abgeordneter Norbert HOFER (F) verwies zudem auf die thermische Abfallverwertung. Diese nannte der Minister einen großen Aspekt der Thematik, wobei er auf die Fernwärme in Wien verwies. Dies habe beachtliches Potenzial, das man auch nutzen wolle.

Abgeordneter Peter MAYER (V): Was sind die Ziele und Hauptinhalte der von Ihnen vor kurzem vorgestellten Initiative "Unternehmen Landwirtschaft 2020"?

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Österreich habe eine sehr junge Landwirtschaft, was bestätige, dass die heimische Politik erfolgreich war, hielt der MINISTER fest, der zudem auf die führende Rolle der Frauen in der Landwirtschaft verwies. Und um auch weiterhin erfolgreich zu sein, habe man eine Strategie entwickelt, betonte das Regierungsmitglied. Man wolle auch in Zukunft eine hochwertige Landwirtschaft, die auch auf dem internationalen Markt kompetitiv sein könne.

Auf eine entsprechende Zusatzanfrage Mayers erläuterte Berlakovich die weiteren politischen Leitlinien. Abgeordneter Gerhard HUBER (B) thematisierte den Futtermittelmarkt und die Gentechnik. Hier nannte der Minister die heimische Biospritproduktion als eine der aktuellen Schwerpunkte. Abgeordneter Wolfgang PIRKLHUBER (G) wollte wissen, welche Maßnahmen der Minister gegen Preisdumping bei den Lebensmitteln setzen wolle. Das Regierungsmitglied antwortete, man habe die Milchpreiskrise durch geeignete Schritte gemeistert, von diesem Beispiel werde man sich auch in den anderen Bereichen leiten lassen.

Abgeordneter Harald JANNACH (F) erkundigte sich nach den Offensiven des Landwirtschaftsministeriums, die vom Bundesminister sodann entsprechend aufgezählt wurden. Auf eine Zusatzfrage des Abgeordneten Gerhard STEIER (S) analysierte der Minister die Lage des heimischen Grundwassers, dabei besonders auf die ökologischen Aspekte der Materie hinweisend. Ein weiterer Gegenstand der Debatte war der Landschaftsschutz, aufgeworfen von Abgeordnetem Maximilian LINDER (o.F.).

Abgeordneter Norbert HOFER (F): Was werden Sie unternehmen, damit die von Vizekanzler Pröll in Eckpunkten angekündigte Steuerreform nicht eine lupenreine Geldbeschaffungsaktion bleibt, sondern zu einer sinnvollen ökologischen Steuerreform wird, die Forschung forciert, Arbeitskosten entlastet und die thermische Sanierung weiter unterstützt?

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Der Abgeordnete zeigte sich besorgt, dass die angekündigte Steuerreform keine positive Auswirkungen auf die genannten Themenfelder haben werde. Der MINISTER hielt dem entgegen, dass man sich noch am Anfang der Debatte befinde. Man strebe eine generelle Ökologisierung des heimischen Steuersystems an, von dem die Gesellschaft in mannigfacher Weise profitieren werde. Die thermische Sanierung stelle dabei einen Schwerpunkt der aktuellen Politik dar, hielt Berlakovich auf eine Zusatzfrage des Abgeordneten fest.

Abgeordneter Josef AUER (S) vertiefte die Thematik der thermischen Sanierung mit einer weiteren Zusatzfrage. Der Minister konstatierte, dass bei einer Ökologisierung des Steuersystems auch ein sozialer Schwerpunkt gesetzt werden solle. Abgeordneter August WÖGINGER (V) wollte sodann wissen, wie die thermische Sanierung weitergeführt werden soll. Abgeordneter Ernest WINDHOLZ (B) sprach die Energieabgabe an und wollte wissen, ob sich der Minister für einen Lenkungseffekt dieser Abgabe einsetzen wolle. Der Minister bejahte dies. Abgeordneter Werner KOGLER (G) fragte, wann der Minister die entsprechenden Vorschläge dem Haus zuleiten werde. Berlakovich erklärte, man befinde sich eben in der Diskussionsphase, danach werde man die so erarbeiteten Vorschläge den Abgeordneten vorlegen.

Abgeordnete Christiane BRUNNER (G): Werden Sie das Wildflusssystem des Lech vor Ableitungen für das ÖBB-Kraftwerke Spullersee schützen?

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Bundesminister BERLAKOVICH sagte, das diesbezügliche Verfahren sei im Laufen. So habe das Land Tirol bereits einen positiven Bescheid zu diesem Thema erlassen, auch vom BM VIT sei grünes Licht gekommen. Man müsse hier alle Aspekte der Frage beleuchten, denn jede Seite habe ein Recht darauf, dass ihre Argumente entsprechend geprüft werden. Brunner wollte in einer Zusatzfrage wissen, wie das Ministerium in wasserrechtlicher Hinsicht entscheiden werde. Berlakovich verwies auf die vereinbarte Nachdenkpause, welcher er nicht vorgreifen wolle.

Abgeordneter Bernhard THEMESSL (F) erkundigte sich, ob auch die Anrainer und Grundstücksbesitzer entsprechend in den Diskussionsprozess einbezogen würden. Der Minister sicherte dies zu, zumal dies schon bisher der Fall gewesen sei. Abgeordneter Elmar MAYER (S) fragte, ob Österreich ohne Ausbau der Wasserkraft seine ehrgeizigen Ziele erreichen könne. Der Minister bekannte sich zum Ausbau der Wasserkraft, doch dürfe das kein genereller Freibrief sein. Jedes Projekt müsse sorgsam geprüft werden.

Abgeordneter Erwin HORNEK (V) sprach den Gewässerbewirtschaftungsplan an und wollte erfahren, welche Ziele dieser beinhalte. Der Minister meinte, es sei gelungen, Ökonomie und Ökologie hier zu vereinen, denn der Plan komme den Zielen beider Seiten entgegen. Abgeordneter Christoph HAGEN (B) meinte, das in Rede gestellte Projekt widerspreche dem genannten Plan, weshalb man sich fragen müsse, warum es noch nicht gestoppt wurde. Der Minister verwies erneut auf die vereinbarte Nachdenkpause.

Abgeordneter Robert LUGAR (B): Wie wollen Sie als Umweltminister verhindern, dass die österreichischen SteuerzahlerInnen mit über 300 Euro im Jahr zusätzlich belastet werden, und damit das Budgetloch durch eine CO2-Steuer gestopft werden soll?

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Der MINISTER entgegnete dem Abgeordneten, dass eine Ökologisierung eines Steuersystems nicht die simple Erhöhung einer einzelnen Steuer meine, sondern dass es um einen zukunftweisenden Umbau des Steuersystems gehe, der natürlich auch unter dem Gesichtspunkt sozialer Ausgewogenheit erfolgen werde.

Dem hielt der Abgeordnete entgegen, dass man bislang nur von der Erhöhung der in Rede stehenden beiden Steuern gehört habe. Sei es daher nicht notwendig, weiter als bislang zu denken? Berlakovich erklärte, hier habe man es mit einer verkürzten Berichterstattung durch die Medien zu tun, denn man plane einen weitaus weiter reichenden Maßnahmenmix. Abgeordnete Gabriela MOSER (G) zeigte sich besorgt darüber, dass sich die Regierung nur in Ankündigungen ergehe, ohne konkrete Schritte zu setzen, wie sich gerade bei der thermischen Sanierung zeige. Berlakovich bekannte sich an dieser Stelle zu einer ökosozialen Marktwirtschaft, die sich als der richtige Weg zwischen schrankenlosem Kapitalismus und Kommunismus erwiesen habe.

Abgeordnete Susanne WINTER (F) fragte, wie viel Steuergeld für den Emissions-Zertifikatehandel ausgegeben wurde. Das Regierungsmitglied nannte die entsprechenden Zahlen für sein Ministerium, ergänzte aber, dass dieser Handel nur zum Teil über sein Haus abgewickelt werde. Abgeordnete Andrea GESSL-RANFTL (S) verwies auf arbeitsmarktpolitische Aspekte des Klimaschutzes. Berlakovich betonte hier den internationalen Dialog als Voraussetzung für ein ausgewogenes und akkordiertes Vorgehen aller Beteiligten.

Abgeordneter Kurt GAßNER (S): Inwieweit werden Sie im Zuge einer Neubewertung der landwirtschaftlichen Einheitswerte die Gelegenheit wahrnehmen, für mehr Steuergerechtigkeit – vor allem innerhalb der Bauernschaft – zu sorgen, um damit mehr inneragrarische Solidarität zu Gunsten der Grünland- und Bergbauern sicher zu stellen?

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Bundesminister Nikolaus BERLAKOVICH betonte, schon die Pauschalierung der Steuerleistung, die vor allem den kleinen bäuerlichen Betrieben zugutekommt, sei Ausdruck der Steuergerechtigkeit. Es gehe daher darum, dieses System der steuerlichen Pauschalierung aufrecht zu erhalten. Dazu komme noch, dass kleine Betriebe, wie der Ressortchef dem Abgeordneten Franz Eßl (V) gegenüber feststellte, auch durch Freibeträge, die nicht einer Kürzung unterliegen, gefördert werden.

Mit Nachdruck unterstrich Berlakovich, die Bauern würden keine Steuerflucht betreiben, sondern wie alle anderen Berufsgruppen von der Steuerpflicht erfasst sein. Viele Bauern würden aber mangels eines entsprechenden Einkommens keine Einkommenssteuer zahlen. Dem Abgeordneten Wolfgang Spadiut (B) versicherte der Minister, dass in der Debatte über die Neufestsetzung der Einheitswerte keinesfalls einzelne Gruppen von Bauern gegeneinander ausgespielt werden. Was die Verschiebung der Neubewertung betrifft, begründete Berlakovich dies auf eine Frage des Abgeordneten Harald Janach (F) die Neubewertung mit dem hohen Bürokratieaufwand für die Finanzverwaltung.

Abgeordneter Johannes SCHMUCKENSCHLAGER (V): Was sind die wesentlichen Elemente der Energiestrategie für Österreich?

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Berlakovich bezeichnete die Energiestrategie, die unter Beiziehung einer großen Zahl von Fachleuten aus allen Bereichen ausgearbeitet wurde, als Meilenstein in der Energiepolitik und in der Klimageschichte. Als Schlüsselpunkte nannte er Energieeinsparung und Energieeffizienz, die Energieversorgungssicherheit, die Steigerung der erneuerbaren Energien, die Ökologisierung des Steuersystems, neue Formen der Mobilität und die thermische Sanierung. Den Abgeordneten Rainer Widmann (B), Christiane Brunner (G) und Gerhard Deimek (F) gegenüber präzisierte der Ressortchef, das Papier enthalte 317 konkrete Maßnahmen, die noch gesetzlich umgesetzt werden müssen. Die Palette reiche von der Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien bis 2020 auf 34 %, der Anhebung der Sanierungsrate bei den Gebäuden von einem auf 3 % im selben Zeitraum bis zur Vorgabe von 250.000 Elektroautos in den nächsten 10 Jahren. Das größte Ausbaupotential bei erneuerbaren Energien sah Berlakovich bei der Biomasse und bei der Photovoltaik, wobei letztere, wie er auf eine Zusatzfrage des Abgeordneten Josef Auer (S) zu bedenken gab, noch wettbewerbsfähiger werden müsse.

(Schluss Fragestunde/Forts. NR)