Parlamentskorrespondenz Nr. 322 vom 05.05.2010

Peter Mitterer: Wir müssen Zeugnis geben!

Wien (PK) – Wortlaut der Begrüßungsansprache von Bundesratspräsident Peter Mitterer bei der Gedenkveranstaltung gegen Gewalt und Rassismus:

Sehr geehrte Damen und Herren!

Am 5. Mai 1945 sind die ersten amerikanischen Einheiten im KZ Mauthausen eingetroffen und Häftlinge haben die Kontrolle im Lager übernommen.

Drei Monate zuvor, in der Nacht zum 2. Februar 1945, unternahmen ungefähr 500 Häftlinge einen Ausbruchsversuch, den nur elf von ihnen überleben sollten. Über drei Wochen wurden sie von der SS, dem Volkssturm und Teilen der Bevölkerung regelrecht gejagt. 65 Jahre später, am 2. Februar 2010, sind 66 Schülerinnen und Schüler der Hauptschule Perg, der Hauptschule 18 Linz und des BRG Steyr sowie 16 Lehrlinge der ÖBB den Weg der "Mühlviertler Hasenjagd" nachgegangen. Sie haben sich in den Wochen danach sehr intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt. Der Film, den Sie soeben gesehen haben, dokumentiert das eindrucksvoll. Und ich freue mich sehr, die Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit ihren Lehrerinnen und Lehrern heute im Parlament begrüßen zu können.

Sie berichten, wie eindrucksvoll die Begegnung mit Frau Anna Hackl und Herrn Johann Freudenthaler war, die zu den wenigen gehören, die heute noch in besonders engagierter Weise persönlich Zeugnis von den Ereignissen im Feber 1945 geben. Es ist eine große Ehre, Frau Hackl und Herrn Freudenthaler hier zu begrüßen.

Mit ihnen begrüße ich auch viele andere Menschen, die diese Zeit erlebt und durchlitten haben, die in vieler Weise bis heute unermüdlich Zeugnis davon geben. Einer von Ihnen, Herr Staatssekretär der Republik Polen, Dr. Wladyslaw Bartoszweski, wird heute als Redner zu uns sprechen. Herzlich Willkommen!

Wir sind uns sehr bewusst, dass die Aufgaben, die Sie erfüllen, das Zeugnis, das Sie geben, bald ganz allein in unseren Händen liegen werden. Deshalb ist es wichtig, dass die Opferorganisationen, die Organisationen der Widerstandskämpfer, die vielen Initiativen im Bereich der Schul- und Erwachsenenbildung, Gedenkstätten sowie die Israelitische Kultusgemeinde, Kirchen und andere Religionsgemeinschaften ihr Wirken fortsetzen und sichern. Ich darf ihre zahlreichen Vertreterinnen und Vertreter begrüßen und Ihnen unsere Anerkennung aussprechen.

Der Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus am 5. Mai ist der erste unter den Gedenktagen, die die Republik Österreich begeht. Mit großer Hochachtung begrüße ich den wiedergewählten Herrn Bundespräsidenten Doktor Heinz Fischer, die Frau Präsidentin des Nationalrates Magistra Barbara Prammer und an der Spitze der Bundesregierung Herrn Bundeskanzler Werner Faymann und Herrn Vizekanzler Josef Pröll. Ich begrüße die Abgeordneten zum Nationalrat und die Mitglieder des Bundesrates sowie die Präsidenten und die Präsidentin der Höchstgerichte.

Schließlich begrüße ich die Mitglieder der Kammermusikgruppe Atout, die diesen feierlichen Anlass mit Stücken von Hans Gál und Egon Wellesz umrahmen wird. (Schluss)