Parlamentskorrespondenz Nr. 381 vom 21.05.2010
Lellouche fordert mehr Transparenz als Konsequenz der Finanzkrise
Wien (PK) – Die Europäische Union befinde sich derzeit in einer Schlüsselphase. Wenn wir Einigkeit gegenüber außen zeigen, dann werde es gelingen, die Krise zu bewältigen, appellierte heute der französische Staatssekretär für europäische Angelegenheiten Pierre Lellouche im Rahmen einer Diskussion mit österreichischen Abgeordneten. Die PolitikerInnen seien aufgerufen, verantwortlich und gemeinsam zu handeln und Vertrauen in die Budgets zu vermitteln, sagte er. Im Hinblick auf eine bessere Budgetdisziplin halte er einen weiteren Souveränitätszuwachs in Brüssel für nicht erforderlich. Was Europa brauche, das sei mehr Transparenz der Regeln.
Lellouche stellte sich dezidiert gegen den Entzug parlamentarischer Rechte. Es sei undenkbar, dass die Kommission in die Entscheidungsbefugnis der nationalen Parlamente eingreift. Unabdingbar ist aus seiner Sicht jedoch ein System, das die budgetären Verpflichtungen der Länder transparent macht und die Einhaltung der Regeln gewährleistet. Außerdem müsse man einen Ort schaffen, wo man darüber offen diskutiert. Auch eine neue Ratingagentur habe sich voll den Transparenzregeln zu unterwerfen. Lellouche räumte ein, dass ihm die Regulierung der Finanzmärkte in Europa zu lange dauert. Frankreich mache sich jedenfalls für ein ehrgeiziges System, wie er sich ausdrückte, stark.
Auch die ehemalige österreichische Außenministerin und ÖVP-Abgeordnete Ursula Plassnik unterstrich die Notwendigkeit, mit einer Stimme zu sprechen. Sie zeigte sich überzeugt davon, dass man nun vor einem weiteren Stück europäischer Identität steht und die Antwort darauf gegeben werden müsse, was wir miteinander und in der Welt sein wollen. Europa brauche keinen Zentralismus, sondern lebe aus der Kraft der Vielfalt, stimmte sie mit dem Gast überein. Auf der Probe stehe das europäische Lebensmodell, das sich nicht nur in einem wirtschaftlichen System genügt, sondern dem Schutz der Vielfalt und Nachhaltigkeit verpflichtet ist.
An der Diskussion nahmen neben Abgeordneter Ursula Plassnik (V) die Abgeordneten Hannes Weninger (S), Andreas Karlsböck, Johannes Hübner (beide F), sowie Alexander Van der Bellen (G) teil.
Pierre Lellouche beschwor die Solidarität innerhalb Europas. Den modernen Herausforderungen könne man nur durch die Einheit der Völker begegnen, dazu gebe es keine Alternative. Auf die von Ursula Plassnik geäußerten Bedenken, die Standpunkte und Perspektiven der kleineren und mittleren EU-Mitgliedstaaten könnten angesichts der deutsch-französischen Achse zu kurz kommen, bemerkte der französische Staatssekretär, niemand wolle ein deutsch-französisches Direktorium. Es sei aber unbestritten, dass die deutsch-französischen Beziehungen für Europa essentiell sind und sich die beiden Gründerstaaten ihrer Verantwortung bewusst seien. Wenn Deutschland und Frankreich getrennte Wege gehen, dann werde Europa scheitern, so seine Überzeugung.
Konkret zur Hilfe von Griechenland stellte Lellouche fest, es sei beim Finanzpaket darum gegangen, Griechenland gegen die Märkte zu schützen. Es bleibe den Griechen jedoch nicht erspart, ihren Haushalt in Ordnung zu bringen und eine geregelte Verwaltung sicherzustellen. Seit Beginn der Wirtschafts- und Finanzkrise habe man gesehen, dass Solidarität in Europa unumgänglich ist. Ein Konkurs Griechenlands hätte unabsehbare Folgen für die Währung und die politische Situation, verteidigte er das milliardenschwere Hilfspaket. Die Einigung vom 7. Mai darüber sei einmalig in Bezug auf die Quantität und revolutionär in Bezug auf eine neue Politik. Selbstverständlich genüge es nicht, Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, man benötige Regeln für die Eurozone und die Union, einen Mechanismus der Budgetüberwachung sowie eine international gültige Regelung der Finanz- und Wirtschaftspolitik.
Der französische Staatssekretär teilte abschließend die Auffassung jener, die meinten, es wäre fatal, wenn die Länder des Balkans als konstitutiver Teil Europas Opfer der Krise wären. Europa gehe mit ausgestreckten Händen und viel Geduld auf die betreffenden Länder zu, betonte Lellouche. Es sei wichtig, diesen eine europäische Perspektive zu geben. (Schluss)