Parlamentskorrespondenz Nr. 897 vom 18.11.2010

Fragestunde mit Wissenschaftsministerin Beatrix Karl

Uni- und Forschungsfinanzierungsfragen im Zentrum des Interesses

Wien (PK) – In der Fragestunde, mit der der Nationalrat seine heutige 85. Plenarsitzung einleitete, stand die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung, Beatrix Karl, den Abgeordneten für Auskünfte über aktuelle Entwicklungen in ihrem Ressortbereich zur Verfügung.  

Abgeordnete Andrea KUNTZL (S): Ist der von Ihnen in der Sitzung des Unterausschusses des Wissenschaftsausschusses vom 13.10.2010 angekündigte "Weisenrat" im Zusammenhang mit der Erstellung eines Österreichischen Hochschulplans schon etabliert bzw. wann wird dies erfolgen?

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Bundesministerin Beatrix KARL teilte mit, der Weisenrat sei noch nicht etabliert, man kenne aber bereits die Namen, es werde nicht mehr lange dauern, bis dieses Gremium in der Öffentlichkeit präsentiert werde. Zu den Auswahlkriterien, auf die sie auch vom Abgeordneten Kurt GRÜNEWALD (G) angesprochen wurde, meinte sie, man habe sich für Personen entschieden, die die österreichische Hochschullandschaft kennen, daneben aber auch über einen europäischen Kontext verfügen.

Was nun den Hochschulplan betrifft, unterstrich Karl die Notwendigkeit, den tertiären Bereich gezielt auszubauen. Zentrale Elemente seien dabei die Studienplatzfinanzierung, ein Bauleitplan sowie ein Infrastrukturplan für die Forschung. Klar war für die Ministerin auch, dass man bei den Massenfächern dringend Aufnahmeverfahren brauche. Diese sollten so rasch wie möglich etabliert werden, damit sie die Universitäten bereits ab dem kommenden Wintersemester anwenden können. Neben einer Neuregelung des Hochschulzugangs setzt Karl, wie sie dem Abgeordneten Heribert DONNERBAUER (V) gegenüber betonte, auf eine weitere Professionalisierung der Studieninformation, plant aber auch budgetäre Sofortmaßnahmen zur Verbesserung der Qualität der Lehre.

Der Bachelor, der vom Abgeordneten Stefan MARKOVITZ (B) angesprochen wurde, sei ein vollwertiger Akademiker, stellte Karl klar und erinnerte an gemeinsame Initiativen mit der Wirtschaftskammer, um diesen Studienabschluss in der Wirtschaft bekannter zu machen.

Auf die Frage des Abgeordneten Andreas KARLSBÖCK (F) nach der Einrichtung einer Med-Uni in Linz und privater Universitäten in Krems und St. Pölten wies die Ministerin auf eine Ärztebedarfsstudie hin, die im Frühjahr 2011 präsentiert wird. Darauf aufbauend werden die Studienplätze an den Universitäten festgelegt, erklärte sie. Zu den privaten Universitäten meinte Karl, wenn die Qualität passt, dann sei jede private Uni willkommen.   

Abgeordnete Katharina CORTOLEZIS-SCHLAGER (V): Für welche Maßnahmen sollen die zusätzlichen Offensivmittel für den Hochschulbereich in der Höhe von jährlich 80 Mio. Euro im Sinne eines qualitativ nachhaltigen Wachstums aufgewendet werden?

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Investiert werde in mehr Qualität durch bessere Studienbedingungen und eine Verbesserung der Lehre, unterstrich die MINISTERIN und kündigte dabei auch einen Schwerpunkt in Richtung der MINT-Fächer an. Weiters gehe es um die Eingliederung von außeruniversitären Einrichtungen in die Universitäten, den Ausbau der Fachhochschul-Studienplätze, einen Neustart der universitären Overhead-Finanzierung sowie um die Mittelverwendung für die Leistungsvereinbarung der Periode von 2013 bis 2015.

Mit Nachdruck trat Karl für ein geregeltes, modernes Zugangsmanagement, die Weiterentwicklung des Stipendiensystems und die private Finanzierungsbeteiligung auch der Studierenden ein. Besonderes Augenmerk werde überdies der Entwicklung einer gemischten Finanzierung aus öffentlichen Mitteln und Mitteln aus dem Bereich der Wirtschaft ein geschenkt werden, betonte Karl auf eine Frage des Abgeordneten Gerhard DEIMEK (F).

Die von der Abgeordneten Ursula HAUBNER (B) gestellte Frage nach der Einrichtung einer Med-Uni Linz beantwortete Karl abermals mit dem Hinweis auf die nächstes Frühjahr vorliegende Ärztebedarfsstudie. Der Abgeordneten Ruperta LICHTENECKER (G) gegenüber versicherte die Ministerin wiederum, dass sie auch Akzente im Bereich von Projekten der Grundlagenforschung bezüglich Klimaschutz und Energieeffizienz setzen werde.    

Auf eine Frage der Abgeordneten Elisabeth HAKEL (S) kündigte Karl Gespräche mit der Universität Linz und der TU Graz über die Zukunft des Universitätszentrums im Rottenmann an.

Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F): Wie wollen Sie den zusätzlichen Finanzierungsbedarf von mindestens 300 Mio. Euro für die Universitäten ab 2013 abdecken?

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Karl sprach sich für eine stärkere private Beteiligung aus, um den Universitäten ausreichende Mittel zu geben, die Qualität sicher zu stellen und Rahmenbedingungen für den immer stärker werdenden internationalen Wettbewerb zu schaffen. Kündigungen, Standortschließungen oder die Aufgabe einzelner Studienrichtungen seien jedenfalls keine Alternative, betonte sie. Karl wies in diesem Zusammenhang auf den Nachholbedarf Österreichs bei der privaten Beteiligung an den Universitäten hin. So würden im europäischen Durchschnitt 67 % der Kosten von der öffentlichen Hand getragen, während in Österreich dieser Anteil 80 % ausmacht, gab sie zu bedenken.

Der Abgeordneten Andrea GESSL-RANFTL (S) teilte Karl mit, der Anteil der Ausgaben für den Universitätsbereich gemessen am BIP betrage derzeit 1,3 Prozent. Dabei handle es sich fast ausschließlich um öffentliche Mittel, die private Beteiligung finde bloß im Kommabereich statt. Ohne eine Steigerung der privaten Beteiligung werde jedenfalls das Ziel, die Quote auf 2 Prozent des BIP zu erhöhen, nicht zu erreichen sein. Geld sei aber nicht allein entscheidend für die Qualität der Universitäten, Österreich brauche auch bessere Rahmenbedingungen, wie etwa Zugangsregelungen, betonte die Ministerin der Abgeordneten Silvia FUHRMANN (V) gegenüber.

Auf eine Frage des Abgeordneten Gerald GROSZ (B) legte die Ministerin ein Bekenntnis zu transparenten, objektiven Aufnahmeverfahren ab und meinte, es gehe darum, die Rahmenbedingungen in den Massenfächern zu verbessern. Karl plädierte in diesem Zusammenhang für Studienbeiträge in moderater Höhe, die von den Universitäten festgesetzt werden können und auch den Universitäten als Mittel verbleiben.

Um die Grundlagenforschung stärker zu fördern – ein Anliegen des Abgeordneten Kurt GRÜNEWALD (G) – bedürfe es, wie Karl abermals betonte, einer höheren privaten Beteiligung an den Unis. Daher gelte es, stärkere Anreize für die Wirtschaft zu schaffen.

Abgeordneter Kurt GRÜNEWALD (G): Werden Sie einem Budget zustimmen, das im Bereich der außeruniversitären Forschungseinrichtungen eine Reduktion um rund 28 Mio. Euro vorsieht und somit einen kompletten Kahlschlag darstellt?

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Ein Kahlschlag sei nie geplant gewesen, stellte Ministerin KARL mit Nachdruck klar. Vielmehr gehe es um eine Strukturreform im Bereich der außeruniversitären Forschung mit dem Ziel, bestehende Einrichtungen besser in die Universitäten zu integrieren und dadurch mehr Interdisziplinarität sicherzustellen. Die Basisförderung sei nicht mehr zeitgemäß, meinte die Ministerin auch dem Abgeordneten Andreas KARLSBÖCK (F) gegenüber. International zeige sich ein immer stärker werdender Trend zur Zusammenführung und Konzentration von außeruniversitären Einrichtungen nach dem Motto: "Mehr kritische Masse für mehr Exzellenz". Den Vorwurf des Abgeordneten Elmar MAYER (S), sie würde außeruniversitäre Forschungseinrichtungen gering schätzen, wies die Ministerin dezidiert zurück. Forschung dürfe nicht nach dem Gießkannenprinzip finanziert werden. Einziges Kriterium für die Förderung sei die Exzellenz, stellte sie klar.

Auf eine Frage des Abgeordneten Johannes SCHMUCKENSCHLAGER (V) präzisierte Karl, die Strukturreform ziele auf eine Anreizbildung zur Integration von Forschungsexzellenz in bestehende Einrichtungen, aber auch auf die Sicherstellung der Rückflüsse und die Stärkung der Forschungsinfrastruktur im Bereich der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften ab. Exzellenz habe jedenfalls, wie Karl gegenüber dem Abgeordneten Herbert SCHEIBNER (B) betonte, nichts mit der Größe von Forschungseinrichtungen zu tun. Auch kleine Einrichtungen könnten exzellent sein.

Abgeordneter Rainer WIDMANN (B): Fachhochschüler leben mit Aufnahmeprüfungen, Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren, erhalten eine qualitativ hochwertige Ausbildung, sind zufrieden und auf dem Markt hoch gefragt – Hochschüler haben einen freien Hochschulzugang, dank SPÖ, FPÖ und Grünen keine Studiengebühren, eine im internationalen Vergleich schlechte Ausbildung und entsprechende Jobchancen: Wie werden Sie die Universitäten dem Erfolgsmodell der Fachhochschulen annähern?

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Karl trat für einen geregelten Hochschulzugang zu den Massenfächern ein und drängte auf ein transparentes, objektives Aufnahmeverfahren, das auf die Eignung abstellt und nicht auf die soziale Herkunft. Studienbeiträge sollen dabei mit einem treffsicheren Stipendiensystem verknüpft werden. Auf Fragen der Abgeordneten Wolfgang ZINGGL (G), Maximilian LINDER (B) und Peter MAYER (V) betonte Karl, der ungeregelte Hochschulzugang habe versagt. Er sei nicht geeignet gewesen, die im internationalen Vergleich niedrige Akademikerquote anzuheben und habe auch nicht zu einer besseren sozialen Durchmischung geführt. So gebe es an Fachhochschulen trotz Aufnahmeverfahren und Studienbeiträgen eine bessere soziale Durchmischung.

Im Übrigen sprach sich Karl auch dafür aus, den Bildungsbereich gesamthaft zu sehen, um auf das von der Abgeordneten Susanne WINTER (F) beklagte Problem der mangelnden Hochschulreife der Maturanten zu reagieren. Ein größeres berufsbegleitendes Angebot an den Universitäten, wie es von der Abgeordneten Heidrun SILHAVY (S) gefordert wurde, will die Ministerin etwa durch E-learning zur Verfügung stellen.

Abgeordneter Kurt GARTLEHNER (S): Halten Sie es für sinnvoll, die Basisförderung für außeruniversitäre Forschungseinrichtungen ohne vorhergehende ausreichende Evaluierung zu kürzen bzw. zu streichen?

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Abgeordneter Kurt GARTLEHNER (S) erkundigte sich nach der Zukunft der außeruniversitären Forschung. Die Ministerin betonte, es gehe nicht um undifferenziertes Streichen und Kürzen von Mitteln, vielmehr gelte es, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen in die universitären Strukturen einzubinden, um die heimischen Forschungskompetenzen zu bündeln. Auf eine Zusatzfrage des Abgeordneter Bernd SCHÖNEGGER (V) nach den Erfahrungen einer engen Zusammenarbeit solcher Einrichtungen im Ausland, betonte Karl, dass man sich durchaus an solchen Erfahrungen orientieren könne, dessen ungeachtet aber auch eigene Ideen entwickle und umsetze.

Sodann behandelte die Ministerin gemäß einer Zusatzfrage des Abgeordneten Gerhard HUBER (B) die Situation der medizinischen Universität Innsbruck. Um die Exzellenzforschung ging es schließlich noch im Zusammenhang mit einer Zusatzfrage des Abgeordneten Alexander VAN DER BELLEN (G). Abgeordneter Gerhard DEIMEK (F) wies sodann noch auf die prekären Jobchancen von Bachelor-Absolventen hin. Die Ministerin vertrat an dieser Stelle die Ansicht, auch diese hätten hervorragende Berufschancen und meinte, deren Akzeptanz sei nur eine Frage der Zeit, wie sich seinerzeit auch bei der Einführung des Magisters gezeigt habe.

Abgeordnete Karin HAKL (V): Welche Maßnahmen setzen Sie bei der FTI-Strategie des Bundes, insbesondere in den Bereichen Exzellenzcluster, Overhead- und Forschungsinfrastruktur-Finanzierung?

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Abgeordnete Karin HAKL (V) setzte sich mit der Evaluierung der Forschungseinrichtungen auseinander und fragte, welche Maßnahmen zur Verbesserung der Forschungsinfrastruktur geplant seien. Die Ministerin verwies in diesem Zusammenhang auf die Exzellenzinitiative. Die Elitenforschung werde es auch künftig nicht in einer "Light"-Version geben, sicherte Karl zu. Abgeordneter Wolfgang SPADIUT (B) mahnte eine einheitliche Forschungsstrategie ein, zu welchem Zweck die Kompetenzen in einem Ressort gebündelt werden sollten. Die Ministerin kündigte Maßnahmen an, die geeignet seien, der Forschung adäquate Förderung zukommen zu lassen.

Abgeordnete Ruperta LICHTENECKER (G) forderte das Forschungsfinanzierungsgesetz ein, das schon lange angekündigt sei. Karl hielt dieses Gesetz für wichtig und erklärte, sie verfolge dieses Ziel entschlossen weiter. Abgeordneter Christian HÖBART (F) ging im Rahmen einer Zusatzfrage auf Detailaspekte des Stellenwerts von IT ein. Die Ministerin kündigte auf eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Josef AUER (S) an, ihre Partei werde demnächst ein eigenes Bildungskonzept vorlegen. (Schluss)


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