Parlamentskorrespondenz Nr. 932 vom 24.11.2010

EUCARIS soll Strafverfolgung ausländischer Raser sichern

Verkehrsausschuss setzt auf Prinzip der Gegenseitigkeit

Wien (PK) - Nachdem ein Bericht des Verkehrsministeriums auf Probleme bei der Strafverfolgung ausländischer Verkehrssünder hingewiesen hatte, befasste sich heute auch der Verkehrsausschuss mit diesem Thema. Die Vertreter aller Fraktionen machten übereinstimmend auf die wenig zufriedenstellende Situation aufmerksam und traten für eine Regelung auf EU-Ebene ein. Ein im weiteren Verlauf der Sitzung einstimmig angenommener Antrag der Regierungsparteien, der auch eine Initiative des Abgeordneten Christoph Hagen (B) einbaut, enthielt im Übrigen eine Bestimmung, die die grenzüberschreitende Strafverfolgung ausländischer Verkehrssünder nach dem Grundsatz der Gegenseitigkeit bei der Weitergabe der Lenkerdaten regelt.

Verkehrsministerin Doris Bures stellte klar, gleiches Recht habe für alle zu gelten, es dürfe nicht zwei Gruppen von Verkehrsteilnehmern geben. Mit der Anhebung der Bagatellgrenze auf 70 € und der Ermöglichung der Frontalfotografie habe Österreich die Voraussetzung zur Verfolgung ausländischer Verkehrssünder geschaffen. Bures hielt auch weitere Maßnahmen bis hin zur Beschlagnahme des Fahrzeuges für denkbar, meinte aber, entscheidend sei der Datenaustausch mit den anderen Ländern. Sie setzte dabei auf den Beitritt zum Europäischen Fahrzeug- und Führerscheininformationssystem EUCARIS und sprach sich für entsprechende Verhandlungen auf EU-Ebene aus. Fest stand für die Ministerin, dass die Weitergabe von Lenkerdaten nur unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit stattfinden könne.

Der Bericht wurde bei der Abstimmung einstimmig zur Kenntnis genommen.

Keine Budgetkürzungen bei der Bundesanstalt für Verkehr

Ebenfalls einstimmig zur Kenntnis genommen wurde der Tätigkeitsbericht 2009 der Bundesanstalt für Verkehr, aus dem die Abgeordneten einen rückläufigen Trend bei der Zahl der Verkehrsunfälle ablesen konnten.

Die Abgeordneten Gabriela Moser (G) und Christoph Hagen (B) warnten vor Sparen bei der Sicherheit im Verkehr, während Abgeordneter Gerhard Deimek (F) auf die bereits angekündigte Eisenbahnkreuzungs-Verordnung drängte. Abgeordneter Peter Stauber (S) führte die Verbesserung bei der Sicherheit vor allem auf die verstärkte Kontrolle von LKW durch mobile Prüfzüge zurück.

Verkehrsministern Doris Bures versicherte, es werde zu keinerlei Kürzungen bei der Bundesanstalt für Verkehr kommen, man werde auch im nächsten Budgetjahr auf dem hohen Niveau von 2,6 Mill. €  bleiben. Sie kündigte weiters massive Investitionen in die Eisenbahnkreuzungen  sowie einen Anstieg der Fahrzeugprüfungen bei LKW an.

Verkehrsausschuss beschließt "Feuerwehrführerschein"

In Zukunft werden Mitarbeiter von Feuerwehren und Rettungsorganisationen ihre Einsatzfahrzeuge nach Absolvierung einer Zusatzausbildung auch dann mit der Lenkerberechtigung B lenken können, wenn die Fahrzeuge das für diese Klasse relevante Höchstgewicht von 3,5 t geringfügig überschreiten. Eine vom Verkehrsausschuss mit S-V-F-B-Mehrheit beschlossene Novelle zum Führerscheingesetz, die einen Antrag (1321/A(E)) der Regierungsparteien aufgreift, reagiert damit auf Forderungen aus der Praxis und schafft entsprechende Ausnahmeregelungen im Gesetz. In diese Richtung ging auch ein Antrag (801/A(E)) der FPÖ, in dem Abgeordneter Walter Rosenkranz Ausnahmen für Feuerwehr-Einsatzfahrzeuge bis 5,5 t vorschlug und der mit der Beschlussfassung der Führerscheingesetz-Novelle als miterledigt galt.

Der Antrag der Regierungsparteien, der einstimmig verabschiedet wurde, bringt neben der Präzisierung der Führerscheinregelung für Einsatzfahrzeuge auch Ausnahmen vom Wochenendfahrverbot für Transporte von Frischprodukten, enthält Verschärfungen beim Vormerksystem für Raser und regelt zudem die Strafverfolgung ausländischer Verkehrssünder im Rahmen der Weitergabe der Lenkerdaten bei Vorliegen von Gegenseitigkeit. Letzteres sah auch eine Initiative des Abgeordneten Christoph Hagen (B) vor, die ebenfalls als miterledigt galt. 

Die Abgeordneten Anton Heinzl (S) und Ferdinand Mayer (V) brachten im Zusammenhang mit der Führerscheingesetz-Novelle überdies noch einen Entschließungsantrag ein, der die Möglichkeit der Verkürzung des Entzugs der Lenkerberechtigung bei freiwilliger Ableistung von sozialen Diensten in den Raum stellt und mit S-V-F-G-Mehrheit verabschiedet wurde.

Die Abgeordneten Johann Rädler und Hermann Schultes (beide V) sowie Abgeordneter Hermann Lipitsch (S) begrüßten mit Nachdruck die Regelung des "Feuerwehr-Führerscheins" und meinten, hier werde einem langjährigem Anliegen der Freiwilligen-Organisationen Rechnung getragen. Eine von Rädler eingebrachte und einstimmig angenommene Ausschussfeststellung präzisiert dabei, dass die für die Einschulung notwendigen Fahrten auf öffentlichen Verkehrsstrecken stattfinden.

Abgeordnete Gabriela Moser (G) bemängelte, die Maßnahmen gegen Raser seien immer noch zu halbherzig, äußerte sich aber ebenso wie Abgeordneter Walter Rosenkranz (F) zustimmend zur Führerschein-Regelung für Einsatzfahrzeuge.   

Von einer "guten Lösung" sprach auch Verkehrsministerin Doris Bures, die vor allem die Verschärfungen im Vormerksystem bei Rasern und das Vorgehen gegen ausländische Verkehrssünder hervorhob.

Gemeinsam mit der Führerscheingesetz-Novelle behandelte der Ausschuss eine Reihe von Anträgen der Oppositionsparteien, die aber letztlich keine Mehrheit fanden bzw. vertagt wurden.

Vertagt wurden demnach ein Antrag (67/A(E)) der Abgeordneten Gabriela Moser (G) und ein Vorstoß (1245/A(E)) des Abgeordneten Sigisbert Dolinschek (B), die beide auf verbesserte Sicherheitsbestimmungen für den Schülertransport in Autobussen abzielten. Moser verlangte zudem auch klarere und einfachere Regeln für den Radverkehr (708/A(E)), ihr Antrag war wie die Initiative des Abgeordneten Norbert Hofer (F) auf Änderung der Zählregel im Busverkehr (331/A(E)) ebenfalls Gegenstand eines Vertagungsbeschlusses.

Nicht durchsetzen konnte sich Abgeordneter Christoph Hagen (B) mit seinen Forderungen nach Geschwindigkeitsflexibilisierung auf Autobahnen (1324/A(E) und einem generellen Überholverbot auf zweispurigen Autobahnen (1327/A(E)) die beide in der Minderheit blieben.

Der Bau des Westrings Linz wiederum war Anliegen der Abgeordneten Harald Vilimsky (F) und Rainer Widmann (B) (334/A(E) bzw. 1344/A(E)). Auch hier entschied der Ausschuss auf Vertagung.

Kein Durchkommen für die Anträge der Opposition

Ein weiteres umfangreiches Paket von Anträgen der Oppositionsparteien hatte Forderungen im Zusammenhang mit der ÖBB zum Inhalt. So forderte Abgeordnete Gabriela Moser (G) die Einführung der Vorteilscard im ÖBB-Postbus (989/A(E)) und setzte sich für einen weiteren Antrag ihrer Fraktion betreffend Aufrechterhaltung der Schnellzugverbindungen von Graz nach Linz, Wien, Innsbruck, Salzburg und Maribor ein (1259/A(E)). Hier sei eine Abwertung der Südbahnstrecke und der Verbindungen zwischen den Landeshauptstädten zu befürchten, meinte Moser. Auch Abgeordneter Mario Kunasek (F) stellte die Frage, ob die Südbahnstrecke vor einer Ausdünnung der Verbindungen stehe. Abgeordneter Harald Vilimsky (F) drängte auf E-Ticketing für den öffentlichen Verkehr (1269/A(E)), geschlechtsunabhängige Seniorentarife (1270/A(E)) und die Umsetzung des Österreich-Tickets (495/A(E)). Abgeordneter Christoph Hagen (B) forderte nochmals die Unterstützung eines Antrags des BZÖ für eine vertragskonforme Umsetzung der Koralmbahn bis 2018 (792/A(E)).

Abgeordneter Josef Auer (S) verwies auf die Zuständigkeit der Verkehrsverbünde und der Länder in Tariffragen und bei Vorteilscards sowie auf hohe Kosten der Einführung des E-Ticketing. Er stellte für alle oben angeführten Tagesordnungspunkte Vertagungsanträge, die mit S-V-Mehrheit angenommen wurden. Die Abgeordneten Harald Vilimsky (F) und Christoph Hagen (B) nahmen dies zum Anlass, nicht nur den Anträgen der Opposition ihre Unterstützung auszusprechen, sondern auch prinzipielle Kritik am Umgang der Regierungsparteien mit Oppositionsanträgen zu üben. Die Vertagungen zeigten, dass man an tieferen Debatten nicht interessiert sei. Man könne diese Vorgangsweise den Menschen draußen nur schwer verständlich machen, meinten die Abgeordneten und befanden übereinstimmend, hier finde eine Abwertung der parlamentarischen Arbeit statt.

Verkehrsministerin Doris Bures wies in der Frage der Vorteilscard ebenfalls auf die Tarifgestaltung hin, welche sehr viele Aspekte zu berücksichtigen habe, das Schweizer Modell ließe sich nicht umstandslos übertragen. Die Lösung müsse in den Verkehrsverbünden und den Ländern gefunden werden. Zu den Verkehrsverbindungen auf der Südbahnstrecke hielt sie fest, dass für den Winterfahrplan keine Einschränkung des Stundentaktes vorgesehen sei. In der Frage der Seniorentarife sah sie keinen unmittelbaren Handlungsbedarf. Das E-Ticketing werde in einem Pilotversuch in Vorarlberg demnächst erprobt, die Ergebnisse daraus müsse man abwarten. Zum Koralmtunnel sagte Bures, man halte grundsätzlich am Ziel des Ausbaus der Koralmstrecke fest. Der Koralmtunnel sei aber erst mit dem Semmering-Basistunnel sinnvoll, man müsse die beiden Projekte daher auch zeitlich aufeinander abstimmen.

Der Antrag von Abgeordneter Gabriela Moser (G) (988/A(E)) betreffend wirksame Grenzwerte auf WHO-Niveau zum Schutz vor Fluglärm wurde auf Antrag von Abgeordnetem Hermann Gahr (V) mit S-V-Mehrheit vertagt. Bundesministerin Doris Bures verwies darauf, dass ihr Ressort mit dem Umweltministerium an einer neuen Richtlinie arbeite, die alle Interessen, auch die des Anrainerschutzes, berücksichtigen werde. Abgeordnete Moser betonte, die Grünen hofften auf eine baldige Lösung, die auch den WHO-Kriterien entspreche. Das Problem sei drängend und betreffe die Lebensqualität vieler BürgerInnen.

Schließlich vertagte der Ausschuss auf Antrag von Abgeordnetem Hermann Gahr mit S-V-Mehrheit auch Forderungen Mosers auf Weiterentwicklung der LKW-Maut nach Schweizer Vorbild (294/A(E)). Hier stünden die Kosten der Umrüstung des Mautsystems nicht im Verhältnis zu den zu erwartenden Einnahmen, meinte Gahr. Der Ausschuss behandelte außerdem den Antrag des Abgeordneten Christoph Hagen (B), der gegen weitere Vignettenpreiserhöhungen gerichtet war (1283/A(E)), sowie den Vorstoß des BZÖ auf Einführung einer 6-Monats-Vignette (394/A(E)). Abgeordneter Christoph Hagen (B) stellte die Schweiz mit ihren wesentlich niedrigeren Vignettenpreisen als Vorbild heraus. Abgeordneter Stefan Markowitz (B) verwies zur 6-Monats-Vignette auf eine diesbezügliche Empfehlung der Volksanwaltschaft. Auf Antrag von Abgeordneter Karin Hakl (V) wurden beide Anträge mit S-V-Mehrheit vertagt.

Bundesministerin Doris Bures meinte zur Idee einer 6-Monats-Vignette, in Österreich habe man bereits die in Europa einmalige Regelung des Wechselkennzeichens. Bedarf für eine zusätzliche Vergünstigung für diese Fahrzeuglenker durch eine 6-Monatsvignette sehe sie nicht. Man werde die Frage im Kontext der Budgetdebatte aber noch erörtern. Die Vignettenpreiserhöhung stelle eine moderate gesetzlich vorgeschriebene Indexanpassung dar, hier könne man nicht von einer übermäßigen neuerlichen Belastung von Autofahrern sprechen. Die flächendeckende LKW-Maut sah sie kritisch. Eine solche Maut würde vor allem im niederrangigen Straßennetz die lokale Wirtschaft belasten und keine Verlagerungsseffekte auf die Schiene bringen. Es gebe eine solche Regelung bisher auch in keinem EU-Land, sagte Bures. (Schluss)